Drucksache - 0446/VI  

 
 
Betreff: Zur BIOGUT-Entsorgung in Marzahn-Hellersdorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksverordneteBzStR ÖkStadt
Verfasser:Lüdtke, Norbert 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
   Beteiligt:Bezirksverordnete
   BzStR ÖkStadt
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beantwortung
28.06.2007 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Mündliche Anfrage BV Brettin PDF-Dokument
2. schriftliche Beantwortung, BzStR ÖkStadt PDF-Dokument

Frage 1:

Frage 1:

Weshalb ist der Bezirk Marzahn-Hellersdorf nur zu einem geringen Teil am Anschluss BIOGUT-Entsorgung beteiligt?

 

Frage 2:

Welche Maßnahmen sind zur flächendeckenden BIOGUT-Entsorgung geplant?

 

Ich übersende den direkt sich thematisch auf die Anfrage beziehenden Abschnitt aus dem Jahresbericht des Rechnungshofes von Berlin 2007:

 

„Fortgesetzt unwirtschaftliche Sammlung von Bioabfällen

 

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) führen im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungspflicht die getrennte Sammlung von Bioabfällen in Berlin durch. In einem auf Veranlassung des Senats von den BSR in Auftrag gegebenen Gutachten wird festgestellt, dass dies vermeidbare Kosten von 6,3 Mio. € pro Jahr verursacht, ohne dass ein eindeutiger ökologischer Vorteil gegeben ist. Die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung hat das Abgeordnetenhaus über die wesentlichen Ergebnisse des Gutachtens nur unzureichend informiert. Der Rechnungshof empfiehlt, dass die Bioabfallsammlung eingestellt wird.

 

 

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) führen im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgungspflicht die getrennte Sammlung von Bioabfällen, derzeit ganz überwiegend im Innenstadtbereich, durch. Der Rechnungshof hatte die Wirtschaftlichkeit der Sammlung und Verwertung von Bioabfällen bereits in den Jahren 1998 und 2001 geprüft (vgl. Jahresberichte 1999 T 552 bis 567 und 2002 T 414 bis 424). Das Abgeordnetenhaus hatte den Senat daraufhin aufgefordert zu berichten, wie vom Jahr 2005 an mit der Sammlung von Bioabfällen verfahren werden soll. Infolgedessen legte der Senat mit Beschluss vom 1. April 2003 fest, dass zu untersuchen sei, wie die Entsorgung der häuslichen Bioabfälle über das Jahr 2005 hinaus sichergestellt werden kann. Die BSR beauftragten im September 2003 ein Team mit der Gutachtenerstellung zum Thema „Szenarien der Bioabfallsammlung in Berlin“. Der letzte Teil der Studie, für die insgesamt 124 000 € ausgegeben worden sind, wurde im September 2004 vorgelegt. Der Rechnungshof nahm dieses Gutachten zum Anlass, sich erneut mit der Thematik zu befassen.

 

Nach einem Vergleich verschiedener Szenarien (Fortführung der Bioabfallsammlung in bisheriger Form, Einstellung, Optimierung und Ausweitung, je nach Stadtquartieren differenzierte Bioabfallsammlung) unter ökonomischen und ökologischen Aspekten kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass „jede Form der Bioabfallsammlung ... auch unter optimierten Bedingungen kostenintensiver als die vollständige Abschaffung“ sei. Die Einstellung der Sammlung sei ökonomisch gegenüber dem Ist-Zustand sowie der Optimierung vorteilhafter. Die Gutachter bezifferten die Kostenreduzierungen beim Verzicht auf die Bioabfallsammlung gegenüber dem Status quo mit Gesamtkosten von 13,6 Mio. € auf 6,3 Mio. € jährlich. Selbst bei einer Optimierung ergebe sich noch ein Reduzierungspotenzial von 3,5 Mio. € pro Jahr. Die Sammelmengen befänden sich immer noch auf einem konstant niedrigen Niveau. So seien 80 v. H. der Bioabfallgefäße im Innenstadtbereich nur zum geringen Teil gefüllt; die Sammelfahrzeuge enthielten im Durchschnitt nur knapp die Hälfte des zulässigen Ladegewichts.

 

Zum ökologischen Nutzen stellen die Gutachter fest, dass der getrennten Bioabfallsammlung „kein übergreifender, eindeutiger ökologischer Vorteil gegenüber der hochwertigen Restmüll-Beseitigung zuzuschreiben“ sei. Dies beruhe u. a. auf den strengen Abluftreinigungsvorschriften für Müllverbrennungsanlagen und Mechanisch-Physikalische Stabilisierungs-Anlagen, dem hohen energetischen Nutzungsgrad moderner Müllverbrennungsanlagen, dem Deponierungsverbot für unbehandelten Siedlungsabfall seit dem 1. Juni 2005 und dem hohen Schadstoffeintrag in den Boden durch Kompost. Die ökobilanziellen Daten, bezogen auf Energie und Emissionen, bildeten kein zwingendes Argument für die getrennte Erfassung und Verwertung von Bioabfällen. Eine technisch hochwertige Restabfallentsorgung sei hierzu eine gleichwertige Alternative.

 

Trotz der festgestellten erheblichen wirtschaftlichen Nachteile und einem nicht eindeutigen ökologischen Vorteil der Bioabfallsammlung sprechen sich die Gutachter in einer Schlussempfehlung für deren Beibehaltung unter optimierten Bedingungen aus. Als Argumente für die Empfehlung werden die Problematik, die Einstellung der Öffentlichkeit verständlich zu machen sowie die Vorbildfunktion Berlins als Bundeshauptstadt aufgeführt. Diese Empfehlung steht jedoch im Widerspruch zu den vorher im Gutachten

 

detailliert dargelegten ökonomischen und ökologischen Bewertungen der untersuchten Szenarien und ist auch angesichts der geringen Akzeptanz (vgl. T 221) nicht plausibel.

 

In ihrem Schreiben an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vom 4. April 2005 (rote Nr. 2982) hat die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung wesentliche Aussagen des Gutachtens ganz oder im Wesentlichen unberücksichtigt gelassen. So ist der Hinweis auf den nicht nachgewiesenen ökologischen Vorteil der Sammlung gegenüber der Einstellung nicht enthalten. Die Einstellung der Bioabfallsammlung (und integrierte Behandlung mit dem Restabfall) wird lediglich kurz und unkommentiert erwähnt, ohne dies als Alternative zu ihrer Beibehaltung (mit Optimierungen) weiter zu erörtern, obwohl das Gutachten feststellt, dass eine Einstellung wirtschaftlich günstiger sei als jede Form der Beibehaltung auch unter optimierten Bedingungen. Der Rechnungshof hat diese unzureichende Unterrichtung des Parlaments beanstandet und erneut empfohlen, die Bioabfallsammlung einzustellen.

 

Die Senatsverwaltung hat entgegnet, dass Mehrkosten der Bioabfallsammlung von 2 € pro Einwohner und Jahr für eine umweltgerechte Verwertung sozial verträglich seien. Der Rechnungshof hält eine rechnerische Verteilung der Mehrkosten über alle Einwohner jedoch nicht für aussagefähig, da die einzelnen Haushalte sehr unterschiedlich von Entgelten für die Bioabfallsammlung betroffen sind. Zudem ist die Sozialverträglichkeit kein Kriterium des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG).

 

Der Senatsverwaltung zufolge würden Forschungen zahlreiche positive und wertgebende Eigenschaften von Bioabfallkompost - insbesondere Humushaushalt der Böden und Erosionsminderung - belegen, die aus methodischen Gründen im Gutachten nicht berücksichtigt worden seien. Dem Gut-achten ist jedoch zu entnehmen, dass positive Effekte der Humuswirtschaft in die ökologische Betrachtung einbezogen wurden. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Vor- und Nachteile von getrennter Bioabfallsammlung einerseits und Miterfassung über die Restabfalltonne andererseits ökologisch die Waage halten.

 

Die Umsetzung der Empfehlung des Rechnungshofs, die Bioabfallsammlung einzustellen, käme nach Auffassung der Senatsverwaltung einem Verstoß gegen die bundesgesetzlich verbindlichen Vorgaben gleich. Dem Rechnungshof ist zwar bekannt, dass im KrW-/AbfG der Verwertung von Abfällen grundsätzlich der Vorrang vor deren Beseitigung gegeben wird. Dieser Vorrang ist jedoch nicht absolut, denn die Verwertung muss nach § 5 Abs. 4 KrW-/AbfG auch wirtschaftlich zumutbar sein, d. h. die mit der Verwertung verbundenen Kosten dürfen nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären. Die Kosten von Sammlung, Transport und Verwertung der Bioabfälle betragen laut Gutachten 13,6 Mio. € jährlich; eine Abfallbeseitigung über die Restabfalltonne würde dagegen nur entsprechende Kosten von 7,3 Mio. € jährlich verursachen. Die Mehrkosten der getrennten Bioabfallsammlung betragen also 6,3 Mio. € und verdoppeln fast die Kosten, ohne dass ein Zusatznutzen nachgewiesen ist. Damit ist die Bioabfallsammlung wirtschaftlich nicht zumutbar.

 

Der Rechnungshof beanstandet zusammenfassend, dass die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung das Abgeordnetenhaus nur unzureichend informiert und bei ihren Empfehlungen die Wirtschaftlichkeit außer Acht gelassen hat. Bei ökologischer Gleichwertigkeit von Fortführung und Einstellung der Sammlung von Bioabfällen ist es aus Sicht des Rechnungshofs geboten, die wirtschaftlichste Variante zu wählen und damit die Haushalte von vermeidbaren Mehrkosten zu entlasten.

 

Der Rechnungshof empfiehlt daher, dass die Bioabfallsammlung eingestellt wird.“

 

 

Soweit aus dem Bericht des Rechnungshofs. Die Aussagen dürften sehr erschöpfend sein. Sachlich ist noch hinzuzufügen, dass für die Abfallsammlung (einschließlich BIOGUT) die SenGesUmV zuständig ist. Der Bezirk hat weder die Zuständigkeiten noch die Mittel, um da etwas zu bewegen.

 

 

 
 

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