Am Dienstag wurden wir mit der Abteilung Integration vertraut gemacht. Diese richtet sich an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Johanna, eine der Utvecklingssekreterare (Entwicklungssekretärin), so nennt man hier die zuständige Sozialarbeiterin im Amt und zwei Teamleiterinnen aus zwei Unterkünften für unbegleitete Minderjährige, Anna und Ajsher, informierten uns ausführlich über ihre Arbeit. In Malmö sind die Ankünfte minderjähriger Flüchtlinge rapide gesunken, so dass die Heimplätze auch mit Jugendlichen, welche andere Problemlagen haben, belegt werden. Am Nachmittag haben wir dann zwei der Einrichtungen besucht.
Zum Feierabend habe ich mir die St. Pauls Kirche angeschaut. Wer nach Malmö kommt, sollte dieser unbedingt einen Besuch abstatten.
Am Mittwochvormittag haben uns Anna und Helena einen Einblick in die Abteilung, welche sich hauptsächlich mit Umgangsberatung, familiengerichtlichen Verfahren bei Trennung und Scheidung sowie gerichtlichen Verfahren, Kinder in Pflegefamilien betreffend, gegeben. Die unterschiedlichen Bereiche werden in separaten Teams bearbeitet. Die Arbeit der Sozialarbeiter*innen, welche für die familiengerichtlichen Verfahren zuständig sind, ist sehr ausführlich und langwierig, ähnlich der eines Verfahrensbeistandes in Deutschland.
Am Nachmittag haben wir die Plattform Malmö besucht. Wir wurden sehr freundlich von Fiona und Martin empfangen und umfangreich per PowerPoint Präsentation über die Arbeit dieser Abteilung des Bereiches Soziale Ressourcen informiert. Plattform Malmö hat eigene Räumlichkeiten nahe des Zentrums. Die Plattform Malmö richtet sich vor allen Dingen an Kinder ab 12 Jahren, Jugendliche und junge Erwachsene. Plattform Malmö vereint mehrere verschiedene Beratungsangebote unter einem Dach, so z.B. die Arbeit der Streetworker, Angebote für straffällige Jugendliche und junge Erwachsene sowie „Maria Malmö“, eine Anlaufstelle für Drogenabhängige, um nur ein einige zu nennen.
Am Vormittag des 7.11.2019 treffen wir uns mit Simon Bloomfield (Kristinas Mann) in der Abteilung für ambulante und stationäre Hilfen im Stadtteil Väster (West). Simon ist Psychotherapeut und klinischer Supervisor und einer von 14 Mitarbeiter*innen, welche Beratung für Familien mit Kindern im Alter zwischen 0 und 18 Jahren durchführen. Der Zugang zur Beratungsstelle erfolgt zu 95 % über den Sozialen Service. Der Fokus der Beratung liegt auf der Prävention, Motivation und Akzeptanz, unterschiedlicher Sichtweisen in der Erziehung. Dabei kommen verschiedene Methoden zur Anwendung, wie z.B. Marte Meo. Sein Kollege Gustav hat im Anschluss etwas über seine Arbeit mit den Pflegestellen, von der Entscheidung über eine Unterbringung eines Kindes bis hin zum Prüfungsprozess potentieller Pflegeeltern, berichtet. Diese müssen in Schweden hohe Standards erfüllen.
Zum Lunch waren wir in Enebacken eingeladen, dem einzigen stationären Angebot für Kinder außerhalb von Pflegefamilien. Hier haben wir Sophie, Momo und eine junge Frau aus Island, die hier ihr Praktikum absolviert, getroffen. Enebacken umfasst insgesamt vier Häuser. In drei Häusern finden sehr intensive, ambulante Angebote für Familien statt. Im Haus „Lärkan“ – Lerche gibt es insgesamt 8 Plätze für Familien mit Kindern von 0 bis 12 Jahren, d.h. die Kinder werden immer zusammen mit ihren Eltern, bzw. einem Elternteil untergebracht. Der Zugang erfolgt über den Sozialen Service. Die Aufnahme ist freiwillig, ist aber oft die letzte Alternative zur Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie. Die Familien leben hier durchschnittlich 9 Monate und werden im Anschluss noch weiterhin ambulant betreut.
Danach stellte uns Annelie die Projekte ALMA und ALVHA vor. Das sind sehr intensive, ambulante Angebote, welche sich an psychisch kranke Eltern mit Kindern zwischen 0 bis zum Schuleintritt wenden. Dieses Beratungszentrum ist das Einzige in Malmö und das einzige dieser Art in Schweden.
8.11.2019 Heute Vormittag steht ein Besuch des Familjenstöd Malmö auf unserem Plan. Zuerst einmal werden wir von der Leiterin Ingrid zum gemeinsamen Frühstück mit einem Teil ihres Teams eingeladen. Dabei tauschen wir erste Informationen aus. Die Frauen interessiert natürlich sehr, was zwei Sozialarbeiterinnen aus Berlin nach Malmö „verschlägt“. Danach erzählt uns Ingrid etwas mehr über die Arbeit der ambulanten Familienhilfe, welche in Schweden eine 80-jährige Tradition hat .Die Unterstützung richtet sich an Eltern und deren Kinder bis zum 1.Lebensjahr. Der Zugang zu einer Familienhilfe erfolgt über den Sozialen Service, ist aber auch über andere Wege wie z.B. Krankenhäuser, Hebammen möglich. Eltern könne sich auch direkt an Familjenstöd wenden, wenn sie Hilfe brauchen. Ingrid berichtete, dass ein Großteil ihrer Klient*innen z.B. unter psychischen Problemen leidet, alleinerziehende Mütter sind, keine Arbeit haben oder sozial isoliert leben.
Inhaltlich geht es bei der Familienhilfe hauptsächlich um praktische Unterstützung bei der Versorgung und Betreuung des Kindes. In Malmö gibt es derzeit 24 Familienhelferinnen. Diese müssen Berufs- und Lebenserfahrung aufweisen.
Am Nachmittag waren wir in einem Sprakcafé, (eigentlich wird das Wort mit einem kleinen Kreis über dem 1. „A“ geschrieben, das dann wie ein „O“ gesprochen wird). Dieses findet in GARAGET statt, einem riesigen Gebäude, an eine ehemalige Fabrikhalle erinnernd, in der mehrere Angebote vereint sind, u.a. eine Bibliothek, ein Bio-Café, eine Kreativ-Werkstatt für Kinder sowie Beratungsangebote. Begrüßt wurden wir von Ulla-Britt, der Mutter von Kristina Bloomfield und Osa, der Koordinatorin des Sprachen Cafés. Erstmalig wurde für uns ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt, Detlef Schulze. Er ist 74 Jahre alt, in Berlin geboren, lebt seit über 50 Jahre in Schweden und war selbst als Sozialarbeiter in Malmö tätig. Das Sprachen Café findet jeweils dienstags von 18:30 Uhr bis 20:30 Uhr und freitags von 13 Uhr bis 15 Uhr statt. Der Großteil der Besucher sind Migranten aus Somalia, dem Sudan und anderen arabischen Staaten. Es gibt insgesamt 30 Volontäre. Das sind
ehrenamtliche Helfer, wie Ulla-Britt und Detlef, die jeweils zu zweit eine Gesprächsgruppe unterstützen. Am Freitag waren so viele Leute da, dass an mehreren Tischen Gespräche stattgefunden haben. Anliegen der Sprach Cafés ist es, durch gemeinsames Sprechen die schwedische Sprache zu üben, Informationen zu erhalten und soziale Kontakte zu knüpfen. Es ist ein sehr wertvolles Angebot zur Unterstützung der Integration von Menschen aus anderen Nationen. So geht wieder eine ereignisreiche Woche zu Ende.
Mein Fazit, Malmö ähnelt in vielem Berlin. Vielleicht fühle ich mich hier deswegen schon ein bisschen zu Hause ;-). Die Probleme, mit denen die Sozialarbeiter*innen hier konfrontiert werden, sind ähnlich denen unseren in Berlin, aber der Umgang damit und die Unterstützungsangebote unterscheiden sich teilweise. Und leider ist es so, dass auch hier oft zuerst an den dringend notwendigen sozialen Projekten gespart wird. Zum Glück gibt es überall Menschen, die sich mit Herz und hohem Engagement für soziale Gerechtigkeit einsetzen!