Drucksache - 0510/VII  

 
 
Betreff: Zu Auswirkungen der zeitweiligen Schließung des Bürgeramtes Mahlsdorf für Bürgerinnen und Bürger
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der PiratenparteiBzStR BürgFM
Verfasser:Richter, Stephan 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beantwortung
27.09.2012 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf vertagt   
25.10.2012 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Große Anfrage PDF-Dokument
2. Schriftliche Beantwortung PDF-Dokument

Auf der Website des Bezirks erfährt man auf der Seite des Bürgeramts Mahlsdorf, dass dieses ab dem 28

Zu der o. g. Großen Anfrage gibt das Bezirksamt wie folgt Auskunft:

 

1. Welche Möglichkeiten wird es für Menschen mit Behinderungen in Mahlsdorf geben, um auf kurzen, barrierefreien Wegen weiterhin Leistungen der Bürgerämter in Anspruch nehmen zu können?

 

Für Menschen mit Mobilitätshandikap wird es nach wie vor die Möglichkeit geben in den Bürgerämtern Helle Mitte und Biesdorf sowie in der Marzahner Promenade ihr Anliegen vorzutragen.

 

Für einen Großteil der Mahlsdorfer Bürgerinnen und Bürger ist der Weg nach Biesdorf oder in die Helle Mitte nicht weiter als in das bisherige Bürgeramt Mahlsdorf, so z.B. wenn man an der Grenze zum Nachbarbezirk Köpenick wohnt oder an der Grenze zum Ortsteil Hellersdorf. Nach Untersuchungen des Fachbereichs kommen ca. 50 % der Besucher des Bürgeramts Mahlsdorf aus dem Siedlungsgebiet Mahlsdorf. Ca. 25 % kommen aus der Großsiedlung Hellersdorf und etwa 15 % der Besucher kommen aus dem Siedlungsgebiet Kaulsdorf.

 

Wie viele dieser Besucher aufgrund eines Handikaps in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, wurde allerdings nicht untersucht.

 

2. Welche Maßnahmen ergreift das Bezirksamt, um eine kurzfristige Bedienung von Kunden mit akuten Problemen (Diebstahl von Dokumenten, etc.) trotz des nach wie vor eingeschränkten Betriebs der Bürgerämter (Bedienung mit vorheriger Terminvereinbarung) sicher zu stellen?

 

So wie es in der Vergangenheit üblich war, wird es auch in Zukunft dabei bleiben, dass Menschen in Not oder bei besonderer Hilfebedürftigkeit, etwa bei Dokumentenverlust durch die Beschäftigten der Bürgerämter nicht abgewiesen werden. Diese unmittelbare Hilfe war nicht nur im Bürgeramt Mahlsdorf gut organisiert.

 

3. Welche Maßnahmen wird das Bezirksamt nach der zeitweiligen Schließung des

Bürgeramts Mahlsdorf ergreifen, um den momentan eingeschränkten Betrieb aller Marzahn-Hellersdorfer Bürgerämter (Bedienung nur mit vorheriger Terminvereinbarung) aufzuheben und den Normalbetrieb langfristig wieder herzustellen und zu sichern?

 

Hauptursache der derzeitigen Problemlagen in den Bürgerämtern ist die anhaltend schwierige Personalsituation. Insbesondere ab dem Jahre 2010 stieg der Krankenstand erheblich an und die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die die Bürgerämter aufsuchten erhöhte sich gleichzeitig. Bis zum Jahre 2010 war die Personalsituation zwar sehr angespannt, das anwesende Personal reichte aber aus, um einen halbwegs befriedigenden Betrieb in den vier Standorten aufrecht zu erhalten.

 

Um diesen Zustand wieder zu erreichen, müssen zwei grundsätzliche Möglichkeiten verfolgt werden.

 

Zum einen muss die Personalsituation in den Bürgerämtern wieder verbessert werden. Zum anderen muss versucht werden, die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die das Bürgeramt aufsuchen zu reduzieren, indem ihnen alternative Möglichkeiten zur Erledigung ihrer Anliegen geboten werden.

 

Mit der zeitweiligen Einstellung des Betriebes im Bürgeramt Mahlsdorf kann die Personal-decke an den drei anderen Bürgeramtsstandorten verstärkt werden. Hierdurch stehen mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung, um dort die Anliegen zu bearbeiten. Hierdurch wird die als „belastend“ empfundene Situation in diesen Standorten auf mehr Schultern verteilt, in dem bestimmte Arbeitsabläufe optimiert werden können.

 

Im Ergebnis von zwei Workshops haben die Beschäftigten der Bürgerämter Lösungen erarbeitet, so dass ab dem 1.10.2012 deutlich mehr Termine angeboten werden können.

 

Zum Beispiel wurde bereits jetzt an den Standorten Helle Mitte, Biesdorf und Marzahner Promenade der Tresen neu organisiert. Die Bürgerinnen und Bürger ziehen sich dort keine Wartemarken mehr, sondern müssen zunächst an den Empfangstresen kommen und tragen dort ihr Anliegen vor. Mit den Mitarbeiterinnen am Tresen wird dann überprüft, ob die notwendigen Unterlagen und Dokumente, die für das jeweilige Anliegen benötigt werden, vorhanden sind. Sofern dies der Fall ist, bekommen die Bürgerinnen und Bürger eine Terminkarte, auf der ein konkreter Zeitpunkt vermerkt ist, zu dem der Bürger bedient wird. Dieser Termin wird dadurch ermittelt, in dem die Mitarbeiterin die Bürgerinnen und Bürger in das elektronische System einträgt und der nächste mögliche Bearbeitungstermin dort gebucht wird. Bisher wurden diese Terminkarten per Hand ausgefüllt. Wir haben aber drei Terminmarkendrucker bestellt, um die Tresen zukünftig damit auszustatten.

Durch dieses Verfahren erfahren die Mitarbeiterinnen unmittelbar, was der Bürger oder die Bürgerin möchte, was deutlich zur Entspannung der Situation beiträgt. Da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Allzuständigkeit arbeiten, müssen sie folglich sämtliche 60 Dienstleistungen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen präsent haben. Wenn der Mitarbeiter erst durch den Bürger erfährt, was dieser für ein Anliegen hat, dann steigt der Stress im Vorfeld, da immer auch ein wenig die Angst da ist, die speziellen Anforderungen gerade dieses Anliegens nicht im Kopf zu haben, was natürlich etwas peinlich gegenüber den Bürgern ist.

 

Und auch der Bürger muss nicht mehr im Zweifel ein bis zwei Stunden warten, nur um zu erfahren, dass ihm notwendige Unterlagen fehlen oder sein Foto nicht den Anforderungen an ein biometrisches Foto entspricht. Da den Bürgerinnen und Bürgern verlässlich mitgeteilt werden kann, wann sie mit ihren Anliegen gehört werden können, kann die Wartezeit anders genutzt werden, wodurch die Warteräume deutlich leerer sind. Termine für diese Spontankunden gibt es in der Regel am selben oder am nächsten Tag.

 

An den Wartemarkenautomaten können nur noch Wartemarken für die Abholung von Dokumenten oder die Ausgabe von Berlin Pässen gezogen werden. Für diese Fälle wurden extra Bedienlinien eingeführt, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesondert bearbeitet werden. Diese Bürgeranliegen gehen in der Regel schnell zu bearbeiten und entlasten dadurch zusätzlich die bisher angespannte Situation in den Warteräumen.

 

Ich möchte hier besonders erwähnen, dass die Anregungen für diese Neuorganisation des Tresens zum Teil aus den Reihen der BVV kamen.

 

Der Verordnete Herr Kamin von der CDU-Fraktion hat in Gesprächen und schriftlichen Zuarbeiten seine Ideen und persönlichen Erfahrungen aus der Kraftfahrzeugzulassungsstelle mit uns geteilt und uns so maßgeblich bei der Ausarbeitung dieser Maßnahmen unterstützt, wofür ich mich ausdrücklich bedanke.

 

4. Was plant das Bezirksamt, um den Normalbetrieb (durchgängige Bedienung von Kunden ohne vorherige Terminvereinbarung) der Bürgerämter in Marzahn-Hellersdorf nach der Wiedereröffnung des Bürgeamts Mahlsdorf sicherzustellen?

 

Neben der Verbesserung der Personalsituation ist die zweite verfolgte Strategie die Reduzierung der Besucherzahlen in den Bürgerämtern durch Schaffung von interessanten Alternativangeboten. Ausgehend von der Beobachtung, dass zunehmend mehr Menschen bereit sind traditionelle Verhaltensweisen zugunsten neuer internetbasierter Vertriebsformen aufzugeben, prüfen auch die Bürgerämter, ob sie Teile des bisherigen Massengeschäftes durch Schaffung neuer elektronischer Verfahren ergänzen oder ersetzen können. Viele Bürgerinnen und Bürger besitzen heute Girokonten bei Banken, die keine eigenen Filialen mehr unterhalten oder haben ihre Kraftfahrzeuge bei Versicherungsgesellschaften versichert, die ausschließlich über das Internet zu erreichen sind. Und die geänderten Einkaufsverhalten über Internetversandhäuser wie Amazon, haben zur Insolvenz traditioneller Warenhausketten wie Quelle oder Neckermann geführt.

Dies zur Kenntnis nehmend haben wir uns entschlossen gemeinsam mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg und der Senatsverwaltung für Inneres ein Projekt anzustreben, um die bisherigen traditionellen Bürgerämter zu Bürgerzentren weiterzuentwickeln. Ein Teilbereich dieser Bürgerzentren soll auch in der Bereitstellung von Bürgerterminals bestehen, an denen die Bürgerinnen und Bürger Verwaltungsverfahren, die sie bisher bei einer Sachbearbeiterin im Bürgeramt beantragt haben, zukünftig selbst an den Bürgerterminals beantragen können. Derzeit prüfen die Projektpartner welche der im Land Berlin angebotenen Dienstleistungen geeignet erscheinen, um hierfür in Betracht zu kommen. Denkbar sind die Beantragung von Wohngeld, die Beantragung von Wohnberechtigungsscheinen, Berlin Pässen, das An- oder Ummelden bei Wohnungswechsel oder was immer möglich wäre. In Verbindung mit dem neuen elektronischen Personalausweis, der über eine Signatur und einen individuellen PIN-Code verfügt, kann es möglich sein, Verwaltungsverfahren über Bürgerterminals oder sogar online zu beantragen, bei denen bisher das persönliche Erscheinen Voraussetzung war um die Personenidentität zu gewährleisten.

 

Durch den möglichen Einsatz dieser neuen elektronischen Verfahren kann erreicht werden, dass deutlich weniger Besucher als bisher Termine für ein persönliches Gespräch mit den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern in den Bürgerämtern benötigen.

 

Erste Erfahrungen mit den verfahrensunterstützenden Terminals werden die Bürgerämter ab November 2012 sammeln können. Ab dann – und auch das wird in Berlin einzigartig und neu sein – werden neue Selbstbedienungsterminals in den Bürgerämtern in Marzahn-Hellersdorf aufgestellt, an denen die Bürgerinnen und Bürger, die einen Reisepass oder Personalausweis beantragen möchten selbstständig ihre Daten eingeben können, ihre Unterschrift leisten können, ihre Fingerabdrücke einscannen können und ein biometrisches Foto von sich erstellen lassen können. Hierdurch können die Bürger selbstständig wesentliche Verfahrensschritte bei der Beantragung von Reisepässen und neuen elektronischen Ausweisen selbst erledigen und die durchschnittliche Bearbeitungsdauer zusammen mit dem Sachbearbeiter deutlich verkürzen. Im Termin mit dem Sachbearbeiter wird dann nur noch der Fingerabdruck erneut eingescannt und die Person mit  dem eingescannten Foto verglichen. Wer diesen Dienst in Anspruch nehmen möchte, entlastet hierbei natürlich die Mitarbeiter in den Bürgerämtern und kann eventuelle Wartezeit sinnvoll nutzen. Die erhobenen Daten werden mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger bis zu drei Tagen gespeichert und können von jedem Bürgeramt im Bezirk aufgerufen werden.

 

5. Welche Anstrengungen hat das Bezirksamt unternommen, um für die Bürgerämter in Marzahn-Hellersdorf mehr Personal bereitzustellen bzw. eine höhere Zuweisung von den zuständigen Stellen dafür zu erhalten?

 

Bis zum Jahr 2010/11 war von keiner "Unterbesetzung" der Bürgerämter die Rede. Schwierig wurde die Situation von dem Zeitpunkt an, als die tatsächliche Anwesenheit in den

Bürgerämtern aufgrund der Erhöhung der Krankheitsquote auf 66% gesunken ist und der Kundenstrom relativ konstant zu den Vorjahren blieb und zusätzlich neue Aufgaben von der Senatsverwaltung für Inneres auf die Bürgerämter übertragen wurden. Die Forderung nach mehr Personal für die Bürgerämter wurde im Zusammenhang mit der Einführung des neuen elektronischen Personalausweises gegenüber den Senatsverwaltungen Inneres und Finanzen von allen zwölf Bezirken erhoben. Von der Senatsverwaltung für Inneres wurde diese Forderung auch sehr ernst mit den Bezirken untersucht. Gemeinsam mit SenIn und SenFin wurde der tatsächliche Mehraufwand für die Ausstellung eines elektronischen Personalausweises auf zusätzliche 11,6 Minuten pro Ausweis erkannt. Hieraus folgte in einem komplizierteren Berechnungsschlüssel der reale Personalmehrbedarf für die Bezirke. Die Senatsverwaltung für Inneres scheiterte jedoch genauso wie die zwölf Bezirke an der harten ablehnenden Haltung der Senatsverwaltung für Finanzen. Zum Schluss versuchte der RdB vergeblich im Frühjahr dieses Jahres einen weiteren Vorstoß um zusätzliches Personal für die Bürgerämter zu erhalten. Nach meiner Einschätzung ist von den zuständigen Senatsverwaltungen Inneres und Finanzen kein zusätzliches Personal mehr zu erwarten. Die Bezirke haben nach meiner Ansicht sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erfolglos ausgeschöpft. 

 

Im Jahr 2012 ist die tatsächliche Anwesenheit in den Bürgerämtern weiter gesunken (60-63%), die Anzahl der Kunden jedoch gestiegen.

 

Das derzeitige Defizit liegt bei insgesamt 6 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter. 2 Stellen sind vorhanden und müssen nachbesetzt werden, das Besetzungsverfahren läuft derzeit. (die "Stufe 1" (ZeP) war erfolglos, die interne Ausschreibung (Stufe 2) geht Anfang der nächsten Woche an Pers, 4 weitere Stellen wurden als Mehrbedarf angemeldet).

 

Parallel zu diesen Maßnahmen erfolgen natürlich auch Gespräche mit den erkrankten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) um Möglichkeiten zu erkunden, den sehr hohen Krankenstand zu senken.

 

 

 

St. Richter

Bezirksstadtrat für Bürgerdienste

und Facility Management

 
 

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