Drucksache - DS/1769/VII  

 
 
Betreff: Gedenktafel für Ilse Stöbe, Frieda Stöbe und Kurt Müller
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:KulturBezirksamt
   
Drucksache-Art:Dringliche BeschlussempfehlungVorlage zur Kenntnisnahme (Abb.)
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
15.10.2015 
49. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
21.01.2016 
52. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Dringliche BE Kultur PDF-Dokument
VzK (Abb.) PDF-Dokument

Die Bezirksverordnetenversammlung hat beschlossen:

 

Die BVV beschließt folgenden Text einer Gedenktafel für Ilse Stöbe, Frieda Stöbe und Kurt Müller und ersucht das Bezirksamt, sie am ehemaligen Ort der Wohnung der Genannten, Frankfurter Allee 202 nach alter Nummerierung, anzubringen:

Vorderseite, unter einem Familienfoto:

Ilse Stöbe, 19. Mai 1911 – 22. Dezember 1942, Berlin-Plötzensee

Frieda Stöbe, 15. August 1881 – 19. Januar 1944, Konzentrationslager Ravensbrück

Kurt Müller, 2. Februar 1903 – 26. Juni 1944, Brandenburg-Görden

Lebten seit 1932 in der Frankfurter Allee 202 (alte Nummerierung).

Rückseite:

Die im Arbeitermilieu des Berliner Ostens aufgewachsene llse Stöbe arbeitet seit 1928 am liberalen Berliner Tageblatt und wird 1930 Sekretärin des Chefredakteurs Theodor Wolff. Sie ist mit dem Redakteur und Kommunisten Rudolf Herrnstadt befreundet, der mit dem sowjetischen militärischen Nachrichtendienst zusammenarbeitet. 1935 geht Ilse Stöbe nach Warschau und beginnt als Journalistin für Schweizer Zeitungen und Anfang 1939 auch für deutsche Zeitungen zu arbeiten.

Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges kehrt Ilse Stöbe nach Deutschland zurück. Im Mai 1940 wird sie Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes. In Berlin setzt sie die von Rudolf Herrnstadt begonnene Zusammenarbeit mit dem Diplomaten Rudolf von Scheliha fort. Von ihm erhält sie zahlreiche Informationen über den bevorstehenden Überfall auf die Sowjet­union und leitet sie an die sowjetische Botschaft weiter. Ihre Warnungen werden von Stalin ignoriert.

Mit dem Einfall deutscher Truppen bricht der Kontakt nach Moskau ab. Der Nachrichten­dienst der Roten Armee versucht vergeblich, mit Ilse Stöbe wieder Kontakt aufzunehmen. Davon erfährt die Gestapo und nimmt sie am 12. September 1942 fest. Am 14. Dezember werden Ilse Stöbe und Rudolf von Scheliha vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 22. Dezember in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Im Januar 1943 helfen die Mutter Frieda Stöbe und der Bruder Kurt Müller von der Depor­tation bedrohten Juden. Die Schwester von Frieda Stöbe, Anna Stappenbeck, versteckt sie in ihrem Haus in Schönwalde bei Berlin. Nach der Aufdeckung wird Frieda Stöbe im September 1943 verhaftet, Ende 1943 in das KZ Ravensbrück verschleppt und kommt dort am 19. Januar 1944 um. Kurt Müller, ebenfalls im September 1943 festgenommen, wird wegen Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet. Die Familie Stöbe ist ausgelöscht.

Von 1971 bis 1990 war eine Berufsschule in Lichtenberg nach Ilse Stöbe benannt.

 

 

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Am 12. November 2015 wurde in der Frankfurter Allee 233 zu Ehren von Ilse Stöbe, ihrer Mutter Frieda Stöbe und ihrem Bruder Kurt Müller eine Gedenktafel enthüllt und der Öffent­lichkeit übergeben. Der Text der Tafel entspricht dem BVV-Beschluss.

 

Damit erfährt Ilse Stöbe als Person des Widerstands gegen den Nationalsozialismus, zusam­men mit ihrer Mutter Frieda und ihrem Bruder Kurt Müller, eine öffentliche Würdigung in Lichtenberg. Seit 1932 lebte die Familie Stöbe in der Frankfurter Allee 202 (alte Nummerie­rung). Mit ihrer Verhaftung, Verschleppung und Ermordung wurde die Familie durch den NS-Verfolgungs- und Vernichtungsapparat ausgelöscht.

 

Das Bezirksamt begrüßte zur Enthüllung der Gedenktafel die Leiterin des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes und den Vorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Nazi­regimes, Dr. Hans Coppi, der die Laudatio hielt. An der Einweihung nahmen etwa 40 weitere Gäste teil, darunter eine Schulklasse der Schule am Rathaus. Die große Resonanz wurde seitens des Auswärtigen Amtes als im Berlin-weiten Vergleich sehr positiv hervorgehoben.

 

 
 

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