Drucksache - DS/0265/VI  

 
 
Betreff: Qualitätssicherung in der Hilfeplanung im Jugendamt Lichtenberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR FamJugGesBzStR FamJugGes,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
26.04.2007 
7. Sitzung in der VI. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin überwiesen   
Jugendhilfeausschuss Entscheidung

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument
Anlage  

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

1. Einordnung des Teilprojektes Hilfeplanung

 

Im Bezirk Lichtenberg wurde mit der o. g. Kooperationsvereinbarung und den nachfolgenden grundsätzlichen Dokumenten (Beschluss des Jugendhilfeausschusses zur Einführung der Sozialraumorientierung vom September 2004, Projektplanung zur Implementierung der Sozialraumorientierung vom November 2005) ein Prozess in Form eines bezirklichen Projekts initiiert, der veränderte bzw. neue inhaltliche Anforderungen mit Fragen nach lebensweltlich orientierten Strukturen und notwendigen Qualifizierungen verzahnt.

 

Neben Teilprojekten zur Veränderung der Binnenstruktur des Jugendamtes und einer damit verbundenen veränderten Aufgabenstellung der Jugendhilfe im Bezirk entstanden drei gemeinschaftliche Teilprojekte der freien und öffentlichen Jugendhilfe:

 

Das Teilprojekt Basis 2 widmete sich der fallbezogenen Ressourcenmobilisierung durch den Leistungserbringer der freien Jugendhilfe im konkreten Einzelfall.

Das Teilprojekt PAZI (Präventive Angebote zur Integration junger Menschen und ihrer Familien im Vorfeld von Hilfen zur Erziehung) ist für die Umsetzung von Ideen an der Schnittstelle von fallspezifischer und fallunspezifischer Arbeit verantwortlich, die gleichzeitig eine Schnittstelle zwischen den Hilfen zur Erziehung und der Jugendsozialarbeit darstellt.

Das Teilprojekt Hilfeplanung beschäftigte sich mit der Hilfeplanung in der konkreten Einzelfallhilfe als gemeinsames Anliegen der freien und öffentlichen Jugendhilfe im jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnis Leistungsberechtigte, Leistungserbringer und Leistungsgewährer. Dieses Teilprojekt erarbeitete das vorliegende Qualitätshandbuch.

 

2. Fachliche Anforderungen an den Hilfeplanungsprozess

 

Der Hilfeplan als Koordinierungs- und Kontrollinstrument der individuellen Hilfen zur Erziehung erfordert nach § 36 SGB VIII das Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und die kontinuierliche Beteiligung der Leistungsberechtigten.

 

Die gesetzlichen Anforderungen an das Verfahren für den Prozess der Planung und Durchführung von Hilfe zur Erziehung und Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfe für junge Volljährige sind in den gleichnamigen Ausführungsvorschriften vom 31.05.2005 für den öffentlichen Träger der Jugendhilfe in Berlin genauer geregelt.

Für die Leistungserbringer sind im Berliner Rahmenvertrag für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe (BRVJug) in der Fassung vom 15.12.2006 grundsätzliche Voraussetzungen für eine gute Qualität in den Hilfen beschrieben.

 

Das Zusammenwirken von öffentlichen und freien Trägern im Prozess der Hilfeplanung bestimmt den Verlauf und die Wirkung von Hilfen zur Erziehung und hat damit eine wesentliche Bedeutung für die Steuerung. Um nicht in jedem Einzelfall grundsätzliche Strukturen, Verfahren und Inhalte neu zu verhandeln, ist ein gemeinsames Verständnis über die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe erforderlich.

Mit dem Ziel, dieses zu entwickeln, wurde ein Prozess auf den Weg gebracht, der gemeinsame Verabredungen zu den einzelnen Phasen des Hilfeplanungsprozesses und gemeinsame Standards zu Verfahren und Dokumenten in einem Handbuch zur Qualitätssicherung der Lichtenberger Leistungsgewährer und Leistungserbringer definiert und verbindlich festschreibt.

 

3. Prozessgestaltung des Teilprojektes Hilfeplanung

 

Ausgehend von Erkenntnissen des Bundesmodellprojektes „Hilfeplanung als Kontraktmanagement?“[1] und mit wissenschaftlicher Begleitung von Herrn Prof. Dr. Schrapper von der Universität Koblenz-Landau wurden die Eckpunkte und Rahmenbedingungen des Prozesses bestimmt.

Die großen Meilensteine des zweijährigen Projektes von April 2005 bis Februar 2006 waren drei Fachtagungen, auf denen sich 140 Mitarbeiter/-innen von freien Trägern und Mitarbeiter/-innen des öffentlichen Trägers (sozialpädagogische Fachkräfte, Leitungskräfte des Jugendamtes, Koordinator/-innen und Geschäftsführer/-innen der freien Träger) aktiv mit den Inhalten des nun vorliegenden Qualitätshandbuches auseinandersetzten.

Die Etappen waren gekennzeichnet von intensiver Arbeitgruppentätigkeit, die von einer Steuerungsgruppe, bestehend aus den drei Sprechern der AG Hilfen zur Erziehung nach     § 78 SGB VIII und drei Vertretern des Jugendamtes, koordiniert und von Herrn Prof. Dr. Schrapper fachlich begleitet wurde.

Auf der ersten Tagung im Oktober 2005 setzte Herr Prof. Dr. Schrapper mit seinem Referat zu „Anforderungen und Standards qualifizierter Hilfeplanung“ grundlegende Akzente für den gesamten Prozess.

Die wesentlichen inhaltlichen Schwerpunkte des Hilfeplanverfahrens wurden herausgestellt und zu Aufträgen für die paritätisch besetzten Arbeitsgruppen zusammengefasst.

 

Die Arbeitsgruppe Hilfeplanverfahren betrachtete die Schnittpunkte innerhalb des Hilfeplanverfahrens von Beginn der Hilfe nach der Entscheidung im Jugendamt über die Phase der Umsetzung der Hilfe bis zur Beendigung der Hilfe mit Evaluation des gesamten Hilfeverlaufs im Einzelfall.

 

 

 

 

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Die Arbeitsgruppe Schnittstellen erarbeitete Standards zum Umgang mit den Institutionen und Bereichen, die nur zeitweise am Hilfeplanverfahren beteiligt sind, wie z. B. Kita, Schule, Psychiatrie oder Gerichte.

 

Die Arbeitsgruppe Fallübergreifende Regelungen befasste sich mit dem Beschwerde- und Konfliktmanagement und mit Regelungen zur Sicherung von Vereinbarungen über den Einzelfall hinaus.

 

Die zweite Tagung unter der Überschrift „Wir sind auf dem Weg – sind wir auf dem richtigen Weg“ diente der Vorstellung und Diskussion der bisher erarbeiteten Zwischenergebnisse mit weiteren Mitarbeiter/-innen vom Lichtenberger Leistungsgewährer und Leistungserbringern von Hilfen zur Erziehung, die nicht unmittelbar am Prozess beteiligt waren.

 

Die Arbeitsgruppe Hilfeplanverfahren stellte den Ablauf der Fallzugangsphase einer Hilfe zur Erziehung beim freien Träger und zum Ablauf der Ausgestaltung der Hilfe vor, in der die gemeinsamen Verabredungen an entscheidenden Punkten des Hilfeplanverfahrens festgehalten wurden. Leitfäden für die Durchführung von Hilfekonferenzen und für die Berichterstattung des freien Trägers zu Hilfeverläufen wurden vorgelegt.

 

Die Arbeitsgruppe Schnittstellen präsentierte eine Zusammenstellung von möglichen Kooperationspartnern und Vorschläge zu gemeinsamen Standards im Umgang mit Schulen, Kitas, Psychiatrie etc. im Hilfeplanverfahren.

Die Arbeitsgruppe Fallübergreifende Regelungen beschrieb Verabredungen zum Beschwerde- und Konfliktmanagement sowie Hinweise für die Sicherung von verabredeten Abläufen und Vereinbarungen über den Einzelfall hinaus.

Die Mitglieder der Steuerungsgruppe stellten den Teilnehmer/-innen eine mögliche Struktur des Handbuches zur Diskussion.

 

Alle Teilnehmer waren sich zu diesem Zeitpunkt schon einig, dass die Verständigung über gemeinsame Verabredungen und Standards ein fortlaufender Prozess sein muss und künftig mit der Pflege des Handbuches und gemeinsamen Fortbildungsveranstaltungen gekoppelt sein sollte.

Um diesen Aspekt bei der Fertigstellung des Handbuches zu berücksichtigen, widmete sich insbesondere die Steuerungsgruppe der Beschreibung des Prozesses der Fortschreibung und Pflege des Qualitätshandbuches nach Beendigung der Projektphase.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden in einer gemeinsamen Arbeitstagung der drei Gruppen zusammen geführt und aufeinander abgestimmt, so dass die Struktur des Qualitätshandbuches abschließend verabredet werden konnte.

 

4. Beendigung des Teilprojektes und Ausblick

 

Auf der Abschlusstagung im Februar 2007 wurde mit der feierlichen Übergabe des Qualitätshandbuches an alle Beteiligten der gesamte Prozess des Teilprojektes beendet.

Mit ihrer Unterschrift erklärten die Vertreter/-innen der an der Erarbeitung des Qualitätshandbuches beteiligten Institutionen und Einrichtungen sowie des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe im Bezirk Lichtenberg für die Verbreitung und Einhaltung der beschriebenen Vereinbarung zu sorgen und aktiv zur Weiterentwicklung der Standards beizutragen.

 

Es ist ein gemeinsames Werk entstanden, dass den Beginn eines Prozesses widerspiegelt, in dem sich freie und öffentliche Jugendhilfe im Interesse der Leistungsberechtigten aufeinander zu bewegt, mehr Verständnis für die Arbeit des anderen entwickelt und eine gemeinsame Sprache gefunden haben.

Die Teilnehmer schätzten die fach- und sachbezogene Auseinandersetzung, die offenere, transparentere Kommunikation und sprachen sich für eine Fortsetzung solcher Prozesse aus.

Herr Prof. Dr. Schrapper würdigte die geleistete Arbeit, in dem er besonders den Prozess des wertschätzenden Miteinanders in den Mittelpunkt stellte, der sich durch hohe Fachlichkeit und sachliche Argumentation auszeichnete, Auseinandersetzung zuließ und zu einem abgestimmten Ergebnis kam.

 

Ausgehend von den Grundprinzipien des Qualitätsmanagements ist Qualität auch in sozialpädagogischen Prozessen der Beratung, Unterstützung und Hilfe kein objektives Merkmal, sondern muss von allen Beteiligten jeweils konkret bestimmt werden.

Die im Handbuch beschriebene Qualität des Hilfeplanverfahrens ist daher eine ständige Aufgabe, die von allen Beteiligten, hier den Leistungserbringern und dem Leistungsgewährer, dauerhaft sicher zu stellen ist.

Für die Fortschreibung und Pflege des Handbuches wurde die Bildung eines Qualitätszirkels vereinbart, der sich aus den bisherigen Mitgliedern der Steuerungsgruppe zusammensetzen soll. Der Qualitätszirkel wird für die Überprüfung und Weiterentwicklung der in diesem Qualitätshandbuch verabredeten Vereinbarungen zur Qualität im Hilfeplanverfahren zwischen Leistungsgewährendem und Leistungserbringer des Bezirkes Lichtenberg verantwortlich sein. Die Arbeitsinhalte des Qualitätszirkels werden sich aus den Erfahrungen, Fragen und Hinweisen der Mitarbeiter/ -innen im Umgang mit den Inhalten des Qualitätshandbuches ergeben.

 

Das Qualitätshandbuch und seine Fortschreibung sind bereits jetzt zu wesentlichen Bestandteilen der Arbeit im Alltag der Leistungsgewährer und Leistungserbringer von Hilfen zur Erziehung im Bezirk geworden.

 

Berlin, den                    2007

 

 

Emmrich                                                                                             Räßler-Wolff

Bezirksbürgermeisterin                                                                    Bezirksstadtrat

 

Anlage

Handbuch – Qualitätssicherung in der Hilfeplanung Berlin Lichtenberg – Version 1.0 vom 28.02.2007



[1] Bundesmodellprojekt zur Fortentwicklung des Hilfeplanverfahrens unter der Leitung der Universität Koblenz, Prof. Dr. Christian Schrapper in Kooperation mit den Forschungsinstituten Start gemeinnützige Beratungsgesellschaft mbH, Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. und Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. – Bestandteil einer Gesamtinitiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2002-2005

 
 

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