Drucksache - DS/0817/V
Das
Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen: 1. Die mit
Bezirksamtsbeschluss 3/244/00 vom 31.10.2000 festgelegten Mietobergrenzen für
Bestandswohnraum nach Modernisierung und Instandsetzung und die
Sozialplanstandards bei der Betreuung sanierungsbetroffener Mieter werden
fortgeschrieben. 2. Zur angemessenen
Wohnraumversorgung sanierungsbetroffener Mieter sowie von gebietsansässigen
Haushalten mit dringendem Wohnraumbedarf dürfen nach Modernisierung und
Instandsetzung von Bestandswohnraum in den beiden Lichtenberger
Sanierungsgebieten für 50% der Wohnfläche je Aufgang, mindestens aber für den
aus dem Objekt heraus begründeten Wohnraumbedarf im Hause, in den ersten drei
Jahren nach Bezugsfertigkeit die nachfolgenden Mietobergrenzen (netto kalt)
nicht überschritten werden: Wohnungen unter 40 m² Wohnfläche 4,00
€ / m² Wohnungen mit 40 bis unter 60 m² Wohnfläche 3,85 € /
m² Wohnungen mit 60 bis unter 90 m² Wohnfläche 3,75 € /
m² Wohnungen mit 90 und mehr m² Wohnfläche 3,65
€ / m² 3. Die
Eigentümer haben dem Bezirksamt ein Belegrecht für die nach Nr. 2 preisgebundenen
Wohnflächen einzuräumen. Die preisgebundene Wohnfläche ist einzelnen Wohnungen
zuzuordnen. Die Auswahl der Wohnungen soll einen nach Wohngeschoss,
Ausrichtung, Ausstattung, Größe, Grundriss, Zimmerzahl repräsentativen
Querschnitt möglichst passgenau abbilden. 4. Wird dem
Bezirksamt das Belegrecht für besonders nachgefragte Wohnungen eingeräumt, so
soll das Bezirksamt die Quote der preisgebundenen Wohnfläche im Gegenzug auf
bis zu 30% reduzieren. Eine dementsprechende Reduzierung der Quote kann auch in
dem Maße erfolgen, wie das Bezirksamt eine Mietenbindung von mehr als drei
Jahren für bestimmte Wohnungen benötigt oder aus sozialplanerischen Gründen für
einzelne Haushalte eine niedrigere Mietobergrenze festsetzt. 5. Zur
Sicherung einer angemessenen Wohnraumversorgung der Bestandsmieter ist gemäß
§180 BauGB in Verbindung mit den Sozialplanrichtlinien des Landes Berlin ein
Sozialplanverfahren für die sanierungsbetroffenen Haushalte durchzuführen.
Bestandteil des Sozialplanverfahrens ist der Abschluss von rechtsgültigen
Modernisierungsvereinbarungen zwischen den Bestandsmietern und dem Vermieter,
die den sozialen Sanierungszielen nicht widersprechen. Die für die
Sozialplanverfahren zuständige Stelle im Bezirksamt stellt die Sozialpläne
fest. Die festgestellten Sozialpläne sind für den Eigentümer bindend. Die
Durchführung und Überwachung der festgestellten Sozialpläne ist durch
kontinuierliche Beratung und Betreuung zu gewährleisten. 6. Die
Mietobergrenzen, Belegungsbindungen und Sozialplanfestlegungen sind durch einen
zwischen Bezirksamt und Eigentümer zu schließenden städtebaulichen Vertrag im
Sinne des § 145 Abs. 4 Satz 3 BauGB zu sichern. Kommt ein derartiger Vertrag
innerhalb der Bescheidfristen des § 145 (1) BauGB nicht zustande, soll eine sanierungsrechtliche
Genehmigung des Vorhabens nur unter der aufschiebenden Bedingung erteilt
werden, dass ein solcher Vertrag vor Maßnahmenbeginn abgeschlossen wird. 7. Unter
Geltung dieses Beschlusses abgeschlossene oder im Bindungszeitraum substantiell
geänderte Wohnungsmietverträge sind der zuständigen Stelle im Bezirksamt
vorzulegen. 8. Werden
beabsichtigte Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, für die noch keine
sanierungsrechtliche Genehmigung beantragt ist, vom Eigentümer angekündigt oder
anderweitig bekannt, so soll die zuständige Stelle eine aufsuchende
Mieterberatung beauftragen. Unzulässige Baumaßnahmen sind mit
ordnungsrechtlichen Mitteln zu unterbinden. 9. Anträge,
die ab dem Tage des Bezirksamtsbeschlusses im Bezirksamt eingehen sowie
Anträge, die am Tage des Bezirksamtsbeschlusses noch nicht prüffähig vorliegen,
unterliegen den Regelungen dieses Beschlusses. 10. Dieser
Beschluss soll innerhalb von drei Jahren durch eine aktuelle Sozialstudie
dahingehend überprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Beschlussfassung
noch bestehen bzw. ob eine Fortschreibung oder Aufhebung dieses Beschlusses
erforderlich ist. Berlin,
den
Emmrich Lompscher Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadträtin
für Stadtentwicklung Begründung zu 1)+2) Seit dem
Bezirksamtsbeschluss vom 31.10.2000 haben sich die Sozialstruktur der
Wohnbevölkerung, das Wohnraumangebot, die Förderung der Altbaumodernisierung
und Altbauinstandsetzung und die rechtliche Beurteilung des bisherigen
Mietobergrenzeninstrumentariums soweit verändert, dass eine Fortschreibung der
Mietobergrenzen und Sozialplanstandards unerlässlich erscheint. In ihrem Schlussbericht
“Sozialstruktur und Mietentwicklung in den Lichtenberger Sanierungsgebieten
Kaskelstraße und Weitlingstraße 2002” stellt TOPOS Stadtforschung u.a. fest,
dass über 80% der erfassten Haushalte bereits in Vollstandardwohnungen mit Bad,
Innentoilette und Heizung wohnen. Deren durchschnittliche Nettokaltmieten
liegen auch Dank der fortwirkenden Förderbindungen und Mietobergrenzen je nach
Wohnungsgrößenkategorie um 0,23 bis 0,80 €/m² unter den entsprechenden
Mittelwerten des Berliner Mietspiegels 2003 für die östlichen Bezirke und
müssen als vergleichsweise moderat bezeichnet werden. Andererseits hat sich die Entmischung
der Wohnbevölkerung insofern verstärkt, als dass sich die einkommensschwachen
Bevölkerungsteile mehr und mehr in den nicht modernisierten Gebäuden und
Wohnungen konzentrieren. Hier liegen die Durchschnittseinkommen bei nur noch
73,5% der Einkommen der Mietspiegelbevölkerung. Es ist mit Blick auf die
Zielgenauigkeit des Instrumentariums geboten, die soziale Abfederung des
Sanierungsprozesses nicht länger an der gesamten Gebietsbevölkerung
auszurichten, sondern auf die Bedürfnisse der Haushalte in den noch nicht auf
Vollstandard modernisierten Wohnungen zuzuschneiden, zumal das Mietobergrenzen-
und Sozialplaninstrumentarium nur im Zusammenhang mit der sanierungsrechtlichen
Genehmigung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zur Anwendung
kommt. Seit Berlin im Jahre 2002 seine
Förderung von Altbaumodernisierungen und –instandsetzungen eingestellt hat,
können Investoren vor allem noch auf zinsverbilligte Darlehen der Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW), auf erhöhte steuerliche Absetzungen nach § 7h des
Einkommensteuergesetzes oder auf Zuschüsse nach § 3 des
Investitionszulagengesetzes zurückgreifen. Die Höhe der erzielbaren Mieten
spielen für die Refinanzierbarkeit und damit Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen
seitdem eine noch bedeutendere Rolle. Mit Urteil VG 13 A 424.01 hat das
Berliner Verwaltungsgericht für ein Vorhaben in Friedrichshain-Kreuzberg
entschieden, in Sanierungsgebieten seien behördliche Mietobergrenzen zum Schutz
der angestammten Wohnbevölkerung vor Verdrängung unzulässig. Zugleich hat das
Gericht die Auffassung des Bezirks bestätigt, dass für die Durchführung von
Sanierungsmaßnahmen vom Eigentümer verlangt werden kann, dem Sozialplan
entsprechende Vereinbarungen – z.B. zu den Mieten – mit den Mietern zu treffen. Aus den vorgenannten Gründen sollen
die Mietenbegrenzungen auf den bedürftigen Personenkreis zugeschnitten und
dabei die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen gewahrt werden. Folgende wesentliche Veränderungen beinhaltet der
vorliegende Beschluss:
TOPOS hat im Rahmen der Sozialstudie
ermittelt, dass 40% der Haushalte in Teilstandardwohnungen keine
Auszugsabsichten hegen und weitere 18% zwar nicht im selben Haus, aber im
Wohngebiet verbleiben möchten. Wegen des üblichen Leerstandes in den zu sanierenden
Objekten und den Differenzen in der Passgenauigkeit zwischen Wohnraumangebot
und Nachfrage reichen durchschnittlich ca. 50% der fertig werdenden Wohnungen
aus, um jedem bleibewilligen sanierungsbetroffenen Haushalt eine angemessene
Wohnung sichern zu können. Entscheidet sich im Einzelfall ein höherer
Prozentsatz der Mieter eines Hauses für den Verbleib im selben Objekt, so muss
dieser schon wegen seiner gültigen Mietverträge im Objekt versorgt werden
können. Nicht selten führen Bauschäden und
Instandhaltungsrückstände in den unsanierten Objekten zu unhaltbaren Zuständen.
Um auch solchen Betroffenen, bei denen eine Modernisierung und Instandsetzung
des Gebäudes nicht unmittelbar bevorsteht, einen Verbleib im Wohngebiet zu
ermöglichen, bedarf es auch der Sicherung eines Wohnraumangebots für derart
dringend zu versorgende Fälle. zu 3) Um den sanierungsbetroffenen Haushalten den
entsprechenden Ersatzwohnraum anbieten zu können, muss sich der Bezirk ein
Belegrecht für die benötigte Wohnflächenquote sichern. Damit dies nicht
überwiegend unbeliebte oder weniger attraktive Wohnungen sind, ist es wichtig,
Zugriff mindestens auf einen repräsentativen Querschnitt des Angebots zu
bekommen. Da zum Zeitpunkt der sanierungsrechtlichen Genehmigung des Vorhabens
nur die sanierungsbetroffenen Mieter des selben Hauses, nicht aber der sonstige
Ersatzwohnraumbedarf aus den Gebieten, bekannt sind, muss das Belegrecht
mieterunabhängig gelten. zu 4) Je
passgenauer die tatsächlich angebotenen Wohnungen für die typischen und konkreten
sanierungsbetroffenen Haushalte sind, desto weniger Wohnungen müssen für die
Versorgung von Sanierungsbetroffenen vorgehalten werden. Besonders gefragt sind
z.B. kleine Zweizimmerwohnungen oder familiengerechter Wohnraum ab vier
Zimmern. Unbeliebt sind Erdgeschosswohnungen in unattraktiver Lage. Bedarf es im Einzelfall
weitreichenderer Sozialplanbeschränkungen hinsichtlich der Miethöhe oder
Mietenbindung, soll sich die Wirtschaftlichkeit des Objektes dadurch nicht
unangemessen verschlechtern. zu 5) In Nr. 3 des
Senatsbeschlusses “Leitsätze zur Stadterneuerung in Berlin” vom 31. August 1993
heißt es u.a., dass “die Verdrängung insbesondere einkommensschwacher
Bevölkerungsgruppen” und “individuelle Härten für anpassungsunfähige Haushalte”
zu vermeiden seien. Diese Sozialplangrundsätze wurden konkretisiert durch den
Bericht zu den vorbereitenden Untersuchungen und der Vorlage zum
Senatsbeschluss über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 18.
November 1994 und den Sozialplanrichtlinien Berlins. Im Verlaufe des Sozialplanverfahrens
lässt der Bezirk durch eine eigentümerunabhängige Mieterberatungsgesellschaft
u.a. klären, ob der betroffene Haushalt während der Baumaßnahmen in der Wohnung
verbleiben kann, welche Zwischenumsetz- oder Ersatzwohnung seinen Bedürfnissen
und Möglichkeiten entspricht und in welcher Weise finanzielle und andere Härten
vermieden oder gemildert werden können. Die sanierungsrechtliche Genehmigung
der Baumaßnahmen soll nur unter der aufschiebenden Bedingung erteilt werden,
dass der Eigentümer mit den jeweiligen Bestandsmietern vor Beginn der
Baumaßnahmen derartige ggf. auch einklagbare privatrechtliche Vereinbarungen
abgeschlossen hat. zu 6)+7) Durch das
Rechtsgutachten “Soziale Sanierungsziele und Mietobergrenzen” von Prof. Dr. Schmidt-Eichstaedt
vom 27.08.2001 wurde die Auffassung des Bezirksamts bestätigt, dass die
Mietobergrenzen, Belegungsbindungen und Sozialplanfeststellungen am ehesten
durch einen Städtebaulichen Vertrag zwischen Eigentümer und Bezirksamt
gesichert werden können. Zu den Vertragsinhalten heißt es u.a. “Die Erfüllung
dieser Pflichten muss durch geeignete Sicherungsinstrumente im Vertrag
gewährleistet werden. Als Sicherungsinstrument käme z.B. die Vereinbarung einer
Vertragsstrafe in Frage, die so hoch sein muss, dass sie etwaige Gewinne aus
Mietverträgen zu vertragswidrigen Konditionen zumindest aufwiegt; die Zahlung
der Vertragsstrafe könnte durch Hinterlegung oder durch Bankbürgschaft mit den
üblichen Klauseln (Verzicht auf die Einrede der Vorausklage usw.) abgesichert
werden. Die Bürgschaftsurkunde ist erst nach Ablauf der Bindungsfrist
freizugeben, sofern der Eigentümer durch Vorlage der Mietverträge nachweist,
dass er sich vertragskonform verhalten hat. Teilfreigaben während der
Bindungsfrist sollten möglich sein.” zu 8) Nicht selten
ist ein erheblicher Teil der Mieter bereits vor einer förmlichen Ankündigung
von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ausgezogen. Eine derartige
ungesteuerte und selten sozialplangerechte Entmietung ohne ausreichende Beratung
und Betreuung der betroffenen Mieter widerspricht den Sanierungszielen. Deshalb
sollen die Mieter bereits dann aufgesucht werden können, wenn erste Tatbestände
oder Indizien auf bevorstehende Maßnahmen hindeuten. Nicht genehmigte
Baumaßnahmen sind zu unterbinden, ggf. auch durch Anordnung von Baustops. zu 10) Die Eigentümer
haben einen Anspruch darauf, dass die Durchsetzung der sozialen Ziele der
Sanierung unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel erfolgt. Deshalb ist
das Instrumentarium in angemessenen Fristen an die jeweilige
Schutzbedürftigkeit der Betroffenen anzupassen. |
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