Auszug - Schwerpunkt: Umgang mit Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Lichtenberg und Strategien zu deren Vermeidung  

 
 
28. Sitzung in der VI. Wahlperiode des Ausschusses Soziales/Mieterinteressen
TOP: Ö 4
Gremium: Soziales/Mieterinteressen Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 19.11.2008 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 20:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Lichtenberg, Raum 100 (barrierefrei)
Ort: Möllendorffstraße 6, 10367 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss

Das Bezirksamt informierte über seine Arbeit auf dem Gebiet der Vermeidung von Wohnungslosigkeit und stellte aktuelle Zahlen vor (siehe Anlage 1)

Das Bezirksamt informierte über seine Arbeit auf dem Gebiet der Vermeidung von Wohnungslosigkeit und stellte aktuelle Zahlen vor (siehe Anlage 1). Insbesondere wurde darauf verwiesen, dass der Umgang mit dem Thema Obdachlosigkeit nur bezirksübergreifend geschehen kann.

 

Das Ausschussmitglied Herr Werksnies berichtete über seine Arbeit bei der Kältehilfe, die ebenfalls bezirksübergreifend arbeitet und mit 36.000 Euro im Jahr durch den Senat (aber ausgereicht durch den Bezirk) unterstützt wird. Es gibt eine relativ konstante Anzahl von Obdachlosen, die man nicht auf den einzelnen Bezirk beziehen kann. Er machte deutlich, dass Obdachlosen nur geholfen werden kann, wenn sie selbst dabei mithelfen. Es gibt eine Dunkelziffer derer, die keinen Kontakt mit Ämtern wollen.

 

Herr Sander erläuterte aus der Sicht der Schuldnerberatung den Umgang mit Klienten, die Mietschulden haben. Die Zahl der Schuldner ist gestiegen, die Anzahl von Mehrfachschuldnern nimmt zu. dabei dominieren die Kombinationen von Miet- und Energieschulden mit anderen Schulden und führen zu resignativem Umgang mit den Anforderungen der Gläubiger. Eine Schuldnerstelle wird in der Regel erst aufgesucht, wenn ein Ausweg nur noch durch äußeres Eingreifen möglich ist.

Als besondere Probleme, die zu Mietschulden führen, wurden benannt:

-          ausstehende Lohnzahlungen,

-          sehr viel schnellere Kündigung durch Vermieter, wenn zweimal die Miete nicht gezahlt wird,

-          riesige Probleme bei Leistungsübergängen,

-          Selbstständige mit Aufstockung, die keine Einkommensunterlagen beibringen können,

-          100-Prozent-Sanktionen durch das JobCenter, besonders bei unter 25-Jährigen.

 

Die Zusammenarbeit zwischen Schuldnerberatung und JobCenter klappt in Lichtenberg gut. Das Wochenangebot zur Schuldenberatung im JobCenter durch professionelle Berater – Lichtenberg ist der einzige Bezirk, der das Wochenangebot durchhält – hat sich bewährt.

 

Zum Thema äußerten sich weitere 9 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung.

 

-          Seitens des Bezirksamtes wurde auf die Entwicklung der Mietschulden, der Räumungsklagen, Vollzugsmitteilungen und Mietübernahmen eingegangen.

-          Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die genannten Probleme in Lichtenberg bei Anerkennung von Schwankungen relativ stabil sind, eine gravierende Zurückdrängung nicht erfolgte und nicht zu erwarten ist.

-          Es ist kein bemerkenswerter Anstieg der Obdachlosigkeit seit Einführung von Hartz IV nachweisbar.

-          Dunkelziffer bei Obdachlosigkeit ist unschätzbar, da sich die Betroffenen nicht in einem Gebiet aufhalten, sondern von Betreuung zu Betreuung gehen.

-          Frauenobdachlosigkeit ist unauffälliger als die der Männer und so auch schwerer zu erfassen.

-          Ein schwieriges Problem ist, dass Alleinerziehende Hilfe bei der Überwindung von Schuldensituationen aus Angst vor dem Verlust der Kinder ablehnen.

-          Lohnschuldner verursachen durch Vertrauensbruch individuelle Verschuldung.

-          Bezirksamt Lichtenberg nutzt intensiv die von den Wohnungsbaugesellschaften für den Senat bereitgehaltenen Wohnungen (geschütztes Marktsegment), um Obdachlosen eine Möglichkeit zum Neuanfang zu ermöglichen.

-          Berlin führt keine Obdachlosenstatistik mehr, Lichtenberg dagegen hat die alte Form beibehalten und erwartet nächstens eine neue berlinweit einsetzbare Software zur besseren Erarbeitung der Statistik.

-          Kritisch ist die Qualität der Arbeit der gerichtlich bestellten Betreuer zu beurteilen, da sie in den wenigsten Fällen auf die tatsächlichen Bedürfnisse und individuellen Situationen der anvertrauten Klientel eingehen und oft denen mehr schaden als nutzen.

-          Mitteilungen an das Amtsgericht zu diesem Zustand haben zu keiner Reaktion und zu keiner Verbesserung geführt.

-          Hilflosigkeit auf Grund sich entwickelnder Labilität durch Erfolglosigkeit nimmt zu und ist in die weiteren Betrachtungen und Handlungen verstärkt einzubeziehen: „Wenn man will, was man muss, aber nicht kann, was man soll, daraus entsteht Hilflosigkeit.“

-          „Sozialschmarotzer“ wird als Schimpfwort zur Stigmatisierung der der entstandenen Situation hilflos gegenüberstehenden Menschen benutzt und ist angesichts der kleinen Gruppe von tatsächlichen Betrügern ungerechtfertigt.

-          Festzustellen ist, dass der Miettourismus aufgrund der Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten des JobCenters abgenommen hat.

 

Vorschläge:

 

-   Der Ausschuss sollte sich mit dem Thema „Betreuung und Betreuer“ befassen.

 

-   Zum Thema der Sitzung soll ein Beitrag in den Rathausnachrichten platziert werden.


 

 
 

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