Kleine Anfrage - KA/0076/VIII  

 
 
Nummer:KA/0076/VIIIEingang:11.04.2017
Eingereicht durch:Pohle, Robert
Weitergabe:11.04.2017
Fraktion:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFälligkeit:25.04.2017
Antwort von:BzStRin StadtSozWiArbBeantwortet:05.05.2017
Parlament:Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von BerlinErledigt:05.05.2017
  Fristverlängerung:
 
Betreff:Nachfragen zur Wohnnutzung im Bereich des Gleisdreiecks Kietzer Weg, Wartenberg-Straße, Tasdorfer Straße, Wiesenweg – II
Anlagen:
KA 0076-VIII Anlage L_DEN 2012  
   

Kleine Anfragen Eingangstext

Alkis, das amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem, verzeichnet unter folgenden Adressen im Gleisdreieck Wohnhäuser: Kietzer Weg 13, 17, 21, 23, Wiesenweg 14 und Tasdorfer Straße 31.

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

  1. Aus welchen Quellen stammen die Informationen in Alkis, dass auf den Grundstücken Kietzer Weg 13, 17, 21, 23, Wiesenweg 14 und Tasdorfer Straße 31 Wohnhäuser stehen?

 

  1. Weshalb verfügt das Bezirksamt über keine Kenntnisse, auf welchen Grundstücken außer dem Grundstück Wiesenweg 11 noch gewohnt wird, wenn das Einwohnermelderegister 57 Einwohner*innen per Stichtag 31.12.15 in dem Bereich ausweist und u.a. Wahlbenachrichtigungen zur Abgeordnetenhauswahl 2016 an die Einwohner*innen im Gleisdreieck versandt wurden?

 

  1. Welche Kenntnisse anderer Ämter und Behörden, wie dem Finanzamt Lichtenberg oder dem Eisenbahnbundesamt, liegen dem Bezirksamt zur Wohnnutzung im Gleisdreieck vor?

 

  1. Aus welchen Gründen können nach Auffassung des Bezirksamts die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Gleisdreieck nicht erfüllt werden (vgl. Antwort auf Frage 10, KA 50/VIII)?

 

  1. Wie interpretiert das Bezirksamt die unterschiedlichen Fassadenpegel Gesamtlärm L_DEN 2012 an den Wohnhäusern Kietzer Weg 23 und Tasdorfer Straße 24 im Hinblick auf die gesunden Wohnverhältnisse und die amtlich erlaubte Wohnnutzung (vgl. pdf-Datei L_DEN 2012 im Anhang)?

 

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wird die Wohnnutzung der Wohngebäude im vermeintlichen „Gewerbegebiet“ Gleisdreieck geduldet, wenn doch die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht erfüllt werden können?

 

  1. Welche Überlegungen gibt es im Bezirksamt im Hinblick auf den Erlass einer Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsverfügung für die zu Wohnzwecken genutzten Häuser, für die im Bauaktenarchiv keine Baugenehmigungen vorliegen?

 

  1. Welche Rechtsgrundlage verpflichtete vor 1990 den*/die* Eigentümer*in, Baugenehmigungen für ein Wohnhaus im Gleisdreieck aufzubewahren?

 

Kleine Anfragen Antworttext

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

 

  1. Aus welchen Quellen stammen die Informationen in Alkis, dass auf den Grundstücken Kietzer Weg 13, 17, 21, 23, Wiesenweg 14 und Tasdorfer Straße 31 Wohnhäuser stehen?

 

Im Amtlichen Liegenschaftsinformationssystem, ALKIS Berlin, werden nach der Zusammenführung von ALK, ALB und der Berliner Punktdatei zum Stichtag 01.12.2015 neben der grafischen Darstellung in der Liegenschaftskarte auch alle Informationen über liegenschaftsrechtliche Sachverhalte, wie zum Gemarkung-, Flur- und  Flurstücksbezeichnung, auch die Größe und die tatsächliche Nutzung der Flurstücke nachgewiesen.

Veränderungen der Nutzungen der Flurstücke im ALKIS Berlin werden aufgrund der Übernahme von Grenz- und Gebäudevermessung oder durch Ortsbegehungen durch den

FB Vermessung vorgenommen.

r die Grundstücke Kietzer Weg 13, 17, 21, 23, Wiesenweg 14 und Tasdorfer Straße 31 wurde durch eine Ortsbegehung im September 2014 letztmalig die tatsächliche Nutzungen dieser Flurstücke teilweise als Wohnbaufläche festgestellt.

 

 

  1. Weshalb verfügt das Bezirksamt über keine Kenntnisse, auf welchen Grundstücken
    außer dem Grundstück Wiesenweg 11 noch gewohnt wird, wenn das Einwohnermelderegister 57 Einwohner*innen per Stichtag 31.12.15 in dem Bereich ausweist und u.a. Wahlbenachrichtigungen zur Abgeordnetenhauswahl 2016 an die Einwohner*innen im Gleisdreieck versandt wurden?

 

  1. Welche Kenntnisse anderer Ämter und Behörden, wie dem Finanzamt Lichtenberg oder dem Eisenbahnbundesamt, liegen dem Bezirksamt zur Wohnnutzung im Gleisdreieck vor?

 

Gemäß dem Grundsatz der Gesetzesbindung Art. 20 (3) GG dürfen Behörden nur Handlungen vornehmen, die von Gesetzen vorgesehen oder zugelassen sind. Ein Abgleich der behördlichen Verzeichnisse des Einwohnermeldewesens mit vorhandenen Baugenehmigungenr Wohnnutzungen ist gesetzlich nicht vorgesehen oder zugelassen. Er findet folgerichtig auch nicht statt. Dies gilt auch für den Abgleich aller weiteren behördlichen Datenbanken untereinander.


 

  1. Aus welchen Gründen können nach Auffassung des Bezirksamts die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Gleisdreieck nicht erfüllt werden (vgl. Antwort auf Frage 10, KA 50/VIII)?

 

Das Gebiet befindet sich unmittelbar in einem Gleisdreieck mit entsprechenden Lärmbelastungen von den Bahnanlagen. Dort fahren in Spitzenzeiten minütlich Züge, auch Güterverkehr.

 

Außerdem wird das Gebiet von gewerblichen Nutzungen wie KFZ-Betriebe, Großhandelsbetriebe, Bühnen und Gerüstbau aber auch Vergnügungsstätten (Diskothek), Anlagen für sportliche und kulturelle Zwecke, sowie Garagen geprägt. Diese Betriebe würden eine Wohnnutzung stören.

 

Unterstellt man, dass das Gebiet innerhalb des Gleisdreiecks einem faktischen Gewerbegebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 8 BauNVO entspricht, so ist eine Wohnnutzung weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Das BauGB und die BauNVO unterstellen, dass in einem Gewerbegebiet grundsätzlich ungesunde Wohnverhältnisse vorherrschen, ohne dass hierfür ein Einzelnachweis geführt werden muss.

 

Wohnnutzungen sind innerhalb des Gleisdreiecks nicht prägend und schon deshalb nicht zulässig, weil sie sich einerseits Immissionen von den Gewerbebetrieben und den Bahnanlagen aussetzen würden, die gesunde Wohnverhältnisse verhindern und andererseits bei Zulassung die legalen gewerblichen Bestandsnutzungen einschränken würden. Diese wären zu einer nicht gewollten Rücksichtnahme gezwungen und in ihrer Entwicklung bzw. Ansiedlung beeinträchtigt. Neu hinzu tretende, legalisierte Wohnnutzungen würden eine nicht gewollte, negative Vorbildwirkung entfalten. Bei dem derzeitigen Wohnungsmarkt ist davon auszugehen, dass die Bodenpreise rasant steigen würden und eine Fortsetzung des Gewerbebetriebes im Gebiet dadurch betriebswirtschaftlich unsinnig wird. Der Verkauf der Grundstücke und eine damit einhergehende Betriebsaufgabe oder verlagerung wären zu erwarten, die Transformierung in ein reines Wohngebiet wäre die Folge.

 

 

  1. Wie interpretiert das Bezirksamt die unterschiedlichen Fassadenpegel Gesamtlärm L_DEN 2012 an den Wohnhäusern Kietzer Weg 23 und Tasdorfer Straße 24 im Hinblick
    auf die gesunden Wohnverhältnisse und die amtlich erlaubte Wohnnutzung (vgl. pdf-Datei L_DEN 2012 im Anhang)?
     

Die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gemäß § 34 Abs. 1 BauGB werden im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geprüft. Hierbei kann auf die Einhaltung der Richtwerte gemäß TA-Lärm für die jeweiligen Gebiete gemäß BauNVO zurückgegriffen werden.

Eine Baugenehmigung für eine Wohnnutzung wird nur dann erteilt, wenn der entsprechende Nachweis zum Zeitpunkt der Genehmigung erbracht wird.

 

Ändern sich die Lärmpegel nach der Erteilung der Baugenehmigung, weil z.B. der Verkehr auf einer Straße oder einem Schienenweg zunimmt, so findet keine erneute Überprüfung statt. Bei einer wesentlichen Veränderung des Verkehrsweges oder Neubauvorhaben von Verkehrswegen hat eine bestandsgeschützte rechtmäßige Wohnnutzung ggf. Ansprüche auf Nachbesserung hinsichtlich des Lärmschutzes gegenüber dem Vorhabenträger. Eine solche wesentliche Veränderung hat es am Gleiskörper gegenüber der Tasdorfer Straße 24 bisher nicht gegeben.

Das hat aber mit der Rechtmäßigkeit der ursprünglich erteilten Baugenehmigung für den Verkehrsweg bzw. das Wohngebäude nichts zu tun.

 

Der in der Fragestellung verwendete Begriff der amtlich erlaubten Wohnnutzung ist nicht definiert. Eine Baugenehmigung ist die Erklärung der Behörde im Einzelfall, dass einem Bauvorhaben zum Zeitpunkt seiner Errichtung keine Hindernisse aus dem öffentlichen Recht entgegenstehen. Das bedeutet, dass für jede Wohnnutzung eine eigene Baugenehmigung erforderlich ist. Eine pauschal amtlich erlaubte Wohnnutzung ist rechtlich nicht zulässig.

Das war auch während der Geltungsdauer der Deutschen Bauordnung vom 2. Oktober 1958 schon so.

 

Am 18. Juli 2002 trat die "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und die Bekämpfung von Umgebungslärm" mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Damit hat die Europäische Gemeinschaft den Weg in Richtung rechtlicher Regelungen - auch im Bereich der Geräuschimmissionen in der Umwelt beschritten.

Das Umweltbundesamt beschreibt die Ziele der Richtlinie wie folgt:

"Die Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus ist Teil der Gemeinschaftspolitik, wobei eines der Ziele im Lärmschutz besteht." Hierfür ist es notwendig "schädliche Auswirkungen, einschließlich Belästigung, durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern."

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat die Lärmkartierung 2012 für das Land Berlin nach Maßgabe der Anforderungen der Verordnung über die Lärmkartierung

(34. BImSchV) in Verbindung mit §§ 47 a-f BImSchG und der Richtlinie 2002/49/EG (Umgebungslärmrichtlinie) sowie unter Berücksichtigung der aktuellen LAI-Hinweise zur Lärmkartierung beauftragt und durchgeführt.

Neben vielen anderen Faktoren bei der Bildung der Datengrundlagen und des Berechnungsmodells wurden z.B. Bewohner in Gebäuden und Wohnungen berücksichtigt. Einwohnerzahlen mit Haupt- und Nebenwohnsitz liegen in 14.466 Teilflächen des Stadtgebietes. Diese Einwohner wurden anteilig auf die Geschossflächen der Wohngebäude verteilt, die auf den entsprechenden Teilflächen stehen. Teilflächen mit zusammen 17.338 Einwohnern konnten dabei keinen Wohngebäuden zugeordnet werden. Gebäude mit einer Mischnutzung wurden bei der Verteilung zu Anteilen von 25 % bis 90 % berücksichtigt, die der jeweiligen Nutzung entsprechen. Die Anzahl von Wohnungen wurde der kleinen Berlin-Statistik 2011 (Die kleine Berlin-Statistik 2011) mit 1.899.000 entnommen. Daraus ergab sich ein mittlerer Wert von 1,8224 Einwohnern pro Wohnung. Über diesen Faktor und die bekannte Anzahl betroffener Einwohner wurde die Anzahl betroffener Wohnungen ermittelt.

 

Die einzelnen Themenkarten, die der Öffentlichkeit hiermit zur Verfügung gestellt werden, bieten eine flächenhaften Darstellung der Lärmsituation in klassifizierter Form, wie es die Umgebungslärm-Richtlinie vorsieht.

Aufgrund des in den Rasterkarten zur Darstellung kommenden 10 m x 10 m - Rasters sind die einzelnen Aussagen für eine gebäudescharfe Bewertung eher nicht geeignet. Daher wird ein vollständiger Überblick über die verwendeten Immissionspunkte an den Fassaden der Wohn-, Schul- und Krankenhausgebäude einschließlich ihrer berechneten Immissionspegel in der Karte 07.05.11 - Fassadenpegel an Wohngebäuden im Einwirkbereich der Hauptlärmquellen angeboten.

Die erfassten Fassadenpegel für den hier relevanten Bereich des Gleisdreiecks lassen natürlich Aussagen hinsichtlich der Belastung durch die Hauptlärmquelle (Schienenverkehrslärm) zu.

 

Ein direkter Rückschluss aus diesen Werten „auf die gesunden Wohnverhältnisse und die amtlich erlaubte Wohnnutzung“ ist nicht möglich.

 

Aus bauplanungsrechtlicher Sicht ist folgendes zu sagen:

 

Die angefügte pdf-Datei L_DEN 2012 im Anhang der Frage stellt den Fassadenpegel Gesamtlärm (Tag-Nach-Lärmindex) für die Summe des Verkehrs aus Sicht der zuständigen Senatsverwaltung dar. Die Darstellung der einzelnen Nutzungen in dieser Karte impliziert nicht, dass diese Nutzungen genehmigt wurden bzw. zulässig sind.


 

  1. Auf welcher rechtlichen Grundlage wird die Wohnnutzung der Wohngebäude im vermeintlichen „Gewerbegebiet“ Gleisdreieck geduldet, wenn doch die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse nicht erfüllt werden können?

 

Wie bereits dargestellt, findet die Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Baugenehmigungsverfahren statt.

 

Wird eine bauliche Anlage ohne Genehmigung benutzt, kann der Nutzer sich folgerichtig nicht auf die Nichteinhaltung der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse berufen.

 

Duldung bezeichnet die aktive schriftliche Zusicherung einer Behörde (§ 38 VwVfG), hinsichtlich eines bestimmten Sachverhaltes nicht vorgehen zu wollen. Aus einer passiven Duldung, d.h. dem einfachen Nichteinschreiten bezüglich bestimmter Sachverhalte kann nichts hergeleitet werden.

Der Erlass einer Nutzungsuntersagung (§ 80 BauO Bln) steht im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörden. Die Behörde handelt in der Regel nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie gegen ungenehmigte Nutzungen nur anlassbezogen bzw. auf Hinweise aus der Bevölkerung hin tätig wird, solange dieses Vorgehen nicht willkürlich erfolgt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 19.12.2012, OVG 2 S 97.11, JurionRS 2012, 32530).

 

Der Erlass einer ermessensbasierten Nutzungsuntersagungsverfügung für eine ohne Baugenehmigung aufgenommene Wohnnutzung allein aus Gründen der Nichteinhaltung der Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse erforderte eine derart gravierende Verletzung dieser Anforderungen, dass ein Wohnen unter den gegebenen Verhältnissen schlicht unzumutbar wäre. Im Übrigen wäre eine Nutzungsuntersagung allein aus Gründen der Nichteinhaltung gesunder Wohnverhältnisse regelmäßig ermessenfehlerhaft.

 

Hinsichtlich vor 1990 aufgenommener Wohnnutzungen, für die die Frage der Rechtmäßigkeit der Errichtung nicht geklärt ist, gilt folgendes:

Maßgeblich ist die Frage, ob eine bauliche Anlage und deren Nutzung zu einem historischen Zeitpunkt materiell legal waren, d.h. zu diesem Zeitpunkt hätten genehmigt werden können. Kann dieser Nachweis geführt werden, ist von einem Bestandsschutz für die bauliche Anlage und die Nutzung auszugehen.

Falls eine Genehmigungsfähigkeit anhand früherer Bauvorschriften nicht nachgewiesen werden kann, hat das Thüringer Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 18.12.2002 entschieden, dass § 11 Abs. 3 der Verordnung der DDR über Bevölkerungsbauwerke vom 08.11.1984 einer Beseitigungsanordnung sowie Nutzungsuntersagung für zu DDR-Zeiten rechtswidrig errichtete Bauwerke entgegensteht.

Das Gericht hat hierzu ausgeführt, dass dem Erlass einer Beseitigungsanordnung die Verjährung nach dem Recht der DDR entgegensteht.

§ 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke der DDR bestimmte, dass nach Ablauf von 5 Jahren seit der Fertigstellung des Bauwerks eine Abrissauflage nicht mehr erlassen werden durfte.

Das Oberverwaltungsgericht Thüringen hat entschieden, dass § 11 Abs. 3 der Verordnung über Bevölkerungsbauwerke zwar dazu führt, dass eine Beseitigungsanordnung oder Nutzungsuntersagung nach heutigem Recht unzulässig wären, dies jedoch nicht zu einem Bestandsschutz im Sinne von Art. 14 Grundgesetzt (GG) führen kann.

Die Erlangung einer nachträglichen Baugenehmigung für ein zu DDR-Zeiten rechtswidrig errichtetes oder umgenutztes Bauwerk, welches nach den heutigen Bauvorschriften nicht genehmigt werden kann, ist damit nicht möglich.

Insofern gilt der Grundsatz, dass der Erwerb von Rechten im öffentlichen Recht allein durch Zeitablauf im öffentlichen Recht ausgeschlossen ist, auch für den vg. geschilderten Sachverhalt.

Diese Ausführungen gelten nur, solange die Nutzung ununterbrochen fortgeführt und die bauliche Anlage nicht wesentlich verändert oder erweitert wird.


 

  1. Welche Überlegungen gibt es im Bezirksamt im Hinblick auf den Erlass einer Nutzungsuntersagung oder Beseitigungsverfügung für die zu Wohnzwecken genutzten Häuser, für die im Bauaktenarchiv keine Baugenehmigungen vorliegen?

 

Das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von Unterlagen im Bauarchiv ist kein Rechtsgrund für das Tätigwerden der Bauaufsicht.


 

  1. Welche Rechtsgrundlage verpflichtete vor 1990 den*/die* Eigentümer*in, Baugenehmigungen für ein Wohnhaus im Gleisdreieck aufzubewahren?

 

Die Bauordnungen vor 1990 sahen zwar die Erteilung schriftlicher Bauerlaubnisse bzw. Baugenehmigungen vor, enthielten jedoch keine Verpflichtung zur Aufbewahrung dieser für die Bauherrin oder den Bauherrn.

 

Mit Erlass der Verordnung über Bauvorlagen, bautechnische Nachweise und das Verfahren im Einzelnen (Bauverfahrensverordnung BauVerfVO) vom 19. Oktober 2006 besteht aktuell gemäß § 15 eine Aufbewahrungspflicht für den oder die Bauherr*in.

Die Bauherr*in oder deren Rechtsnachfolger*in sind verpflichtet, die Baugenehmigung, Bauvorlagen und soweit diese geprüft worden sind, auch diese, die bautechnischen Nachweise (ggf. auch die geprüften) sowie die auf das Bauvorhaben bezogenen Verwendbarkeitsnachweise bis zur Beseitigung der baulichen Anlage aufzubewahren.

Wenn man ein Gebäude erwirbt, muss man demnach alle damit zusammenhängenden Genehmigungen sowie die oben benannten Unterlagen vom Verkäufer einfordern. Dieser Grundsatz war auch schon vor dem Inkrafttreten dieser Regelung im Jahr 2006 übliche Praxis und empfehlenswert, damit man nicht eine Liegenschaft erwirbt, deren tatsächliche Nutzung aufgrund fehlender Genehmigungen unzulässig ist.

 

 
 

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