Drucksache - DS/1262/V  

 
 
Betreff: Kooperationsvereinbarung zum integrierten regionalen Suchthilfedienst Ost
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR UmGesBzStR UmGes,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
16.02.2005 
38. Sitzung in der V. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

1 Anlage

1 Anlage

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Drogen sind austauschbar, wichtig ist es, die Ursachen für das Verhalten der suchtkranken Menschen zu erkennen und diese in das Zentrum der beratenden und therapeutischen Arbeit zu stellen. Als Dokumentation dieser fachlichen Übereinstimmung unterzeichneten der Bezirksstadtrat für Umwelt und Gesundheit und Vertreter der  kommunalen Beratungsstellen sowie die der freien Träger SPI und BOA e.V. am 17. Dezember 2004 einen Kooperationsvertrag (siehe Anlage), der ein abgestimmtes Netzwerk integrierter Suchthilfe zum Ziel hat.

 

Damit wurde erstmals die fachlich unsinnige Zuständigkeitstrennung bei den Beratungsangeboten für illegale und legale Drogen aufgehoben. Hilfesuchende müssen nicht mehr eine “Odyssee” durch den Angebotsdschungel absolvieren, um endlich das für sie passende Angebot zu finden. Von der Konzentration der regionalen Beratungskompetenzen profitieren damit in erster Linie die Hilfesuchenden und deren Angehörige.

 

Die Anonymität einer Millionenstadt wie Berlin verhindert zum großen Teil soziale Kontrollmechanismen und lockt viele Konsumenten illegaler Drogen insbesondere in die innerstädtischen Bereiche. Deshalb gab es eine über Jahre gewachsene Konzentration von Beratungsangeboten zu illegalen Drogen im Zentrum der Stadt. Hier war zwar der Konsum offensichtlich, jedoch lagen dort nicht die Ursachen für das Suchtverhalten der Betroffenen.

 

Menschen, die Suchtprobleme mit legalen Drogen wie Alkohol haben, fanden schon immer Hilfsangebote in unmittelbarer Wohnnähe. Das Netz dieser Angebote ist gleichmäßig über das Land Berlin verteilt. In der Region Lichtenberg – Marzahn/Hellersdorf gibt es Suchtberatungsstellen in freier und öffentlicher Trägerschaft mit unterschiedlichen Spezialisierungen. Dies sind die Beratungsstelle für Alkohol- und andere Suchtkranke (Oberseestr. 98), die Jugend- und Drogenberatung BOA (Helene-Weigel-Platz 10), die Integrierte Suchtberatung des SPI (Einbecker Str. 32) und die Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Marzahn/Hellersdorf (Alt-Marzahn 59). Die bisherige Trennung von Beratungsangeboten zu legalen und illegalen Drogen wurde durch die Kooperationsvereinbarung aufgehoben. Gleichzeitig konnte der Personalbestand bei BOA e.V. um zwei Stellen aufgestockt werden.

 

Berlin, den

 

 

 

Emmrich                                                        Geisel

Bezirksbürgermeisterin                                 Bezirksstadtrat für Umwelt und Gesundheit

 

 

                                                                           

 

 

 

 

 

 

 

Kooperationsvereinbarung

Integrierter Regionaler Suchthilfedienst Ost

 

 

Einleitung

 

Beratungsstellen für Alkohol- und Medikamentenabhängige sind Bestandteil der bezirklichen Versorgung und Baustein des Gesamtsystems der Suchtkranken­hilfe. Sie haben eine definierte bezirkliche Verpflichtung für die ambulante Grundversorgung von Menschen mit Alkohol- und Medikamentenmissbrauch in ihrem Bezirk (auf der Basis von § 1 in Verbindung mit § 26 GDG, PEP).

 

Mit dem “Vertrag zur Finanzierung und Weiterentwicklung der ambulanten Drogenhilfe” (2001) haben sich das Land Berlin, die Arbeiterwohlfahrt, der Caritasverband und der Deutsche PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband dazu verpflichtet, verbindliche und aufeinander abgestimmte Versorgungsstrukturen in sechs regionalen Suchthilfediensten zu schaffen. In einem ersten Schritt (bis Ende 2003) wurden die vertragsgeförderten Träger mit dem Ziel der Grund­versorgung durch die ambulante Drogenhilfe in sechs regionale Suchthilfe­dienste illegale Drogen umstrukturiert.

 

Ziel der Vereinbarung ist die Entwicklung und der Betrieb eines auf jede Region abgestimmten, verbindlichen Netzwerkes einer integrierten Suchthilfe. Dies setzt die Erarbeitung bzw. Weiterentwicklung einer gemeinsam abgestimmten Gesamtkonzeption für einen integrierten regionalen Suchthilfedienst voraus.

 

Die unterzeichnenden Träger stimmen darin überein, dass eine von ihnen im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenstellungen gemeinsam wahrzunehmende Verantwortung für die im Bereich der Region lebenden Menschen mit Sucht­problemen und deren Angehörige besteht.

 

Sie sind sich ebenfalls einig darüber, dass sie die gemeinsame Verantwortung aufeinander abgestimmt wahrnehmen wollen und dies mit einem höchst­möglichen Maß an Akzeptanz und Transparenz unabhängig von den jeweiligen Finanzierungsmodalitäten untereinander, gegenüber anderen beteiligten Institu­tionen und den Hilfe suchenden Menschen verbinden.

 

 

§ 1 Verpflichtung

 

1.      Die unterzeichnenden Träger der ambulanten Suchthilfe in der Region Ost verpflichten sich, für diese Region einen integrierten regionalen Suchthilfe­dienst aufzubauen und zu betreiben. Sie nutzen dabei die bestehenden Verbundstrukturen AG Sucht der PSAG in Lichtenberg und Suchtverbund in Marzahn/Hellersdorf.

 

2.      Zu diesem Zweck haben sie eine Arbeitsgemeinschaft gebildet.

 

3.      Die Arbeitsgemeinschaft führt den Namen “Integrierter regionaler Sucht­hilfedienst Ost”.

 

 

§ 2 Zielsetzungen

 

1.      Die Vereinbarung hat das Ziel, die für einen integrierten Suchthilfedienst notwendigen partnerschaftlichen und verbindlichen Arbeitsgrundlagen und Arbeitszusammenhänge der unterzeichnenden Träger und ihrer dem Sucht­hilfedienst beigetretenen Einrichtungen herzustellen.

 

2.      Es ist zudem Ziel des Suchthilfedienstes, die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Gesundheits- und Sozialdiensten und anderen Organisationen zu fördern und zur Herstellung kooperativer Arbeitsstrukturen beizutragen, um die ambulante Versorgung für Menschen mit Suchtproblemen in der Region sicherzustellen.

 

 

§ 3 Gegenstand der Vereinbarung

 

1.      Gegenstand der Vereinbarung ist die gemeinsam und verbindlich aufeinander abgestimmte Leistungserbringung als “Integrierter regionaler Suchthilfe­dienst Ost”.

 

2.      Insbesondere gilt dies für die zugrunde gelegten Standards, die fachlichen Methoden (im Sinne einer Methodenvielfalt), die Struktur der Angebote, deren Abstimmung untereinander sowie für die Präsentation der Angebote und der erbrachten Leistungen.

 

3.      Darüber hinaus bezieht sich die Vereinbarung auch auf die Bedarfsfest­stellung im Hinblick auf suchtassoziierte Problemlagen und damit einher­gehender Entwicklungsaufgaben in der Region. Diese erfolgt in Kooperation mit den unter § 1.1 genannten Verbünden.

 

 

§ 4 Inhalte der Verpflichtung

 

1.      Grundlage der Kooperationsvereinbarung ist das “Anforderungsprofil - Re­gionale Beratungsstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängige” und das Konzept für den regionalen Suchthilfedienst/Drogen in der jeweils geltenden Fassung.

 

2.      Die unterzeichnenden Träger verpflichten sich, in ihren der Vereinbarung beigetretenen Einrichtungen die im “Anforderungsprofil - Regionale Bera­tungsstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängige” und die im Konzept für den regionalen Suchthilfedienst Drogen festgelegten Leistungsbereiche sowie die ihnen zugrunde gelegten Arbeitsweisen und Methoden in ihrer Tätigkeit zur Geltung zu bringen und zu erfüllen bzw. den Anforderungen eines integrierten regionalen Suchthilfedienstes anzupassen.

 

3.      Die Verpflichtung erstreckt sich auch auf folgende Verfahrensweisen und Entwicklungsaufgaben:

·                                   Abstimmung und Einhaltung von Öffnungszeiten und Sprechstunden

 

·                                   Organisation gemeinsamer Fortbildungen

·                                   Organisation gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit

·                                   Entwicklung und Einhaltung von Zuständigkeitsregelungen inkl. Fall­verantwortung und Übergabemodalitäten

·                                   Entwicklung und Vorhaltung frauengerechter Angebote

·                                   Entwicklung und Vorhaltung interkultureller Kompetenzen

 

4.      Die unterzeichnenden Träger verpflichten sich, mit ihren der Vereinbarung beigetretenen Einrichtungen die konzeptionelle Weiterentwicklung des Suchthilfedienstes zu betreiben und insbesondere auch Angebotsanpassungen aufgrund festgestellter Versorgungsdefizite sowie aufgrund regionaler bzw. bezirklicher Erfordernisse vorzunehmen.

5.      Die unterzeichnenden Träger verpflichten sich in ihren der Vereinbarung beigetretenen Einrichtungen zur fallbezogenen Dokumentation gemäß Deutscher Kerndatensatz (Berliner Regelung).

 

6.      Die unterzeichnenden Träger verpflichten sich, ihren der Vereinbarung beigetretenen Einrichtungen bzw. deren Vertretern/Vertreterinnen und Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen die Teilnahme an Arbeitsbesprechungen, Arbeitsgruppen etc. im Rahmen des Suchthilfedienstes zu ermöglichen.

 

 

§ 5 Grundsätze der Kooperation

 

1.      Die unterzeichnenden Träger/Einrichtungen informieren sich gegenseitig im Rahmen einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit frühzeitig und vollständig über Angelegenheiten, welche die Belange des Suchthilfedienstes berühren und stimmen erforderliche Maßnahmen vorher gemeinsam ab.

 

2.      Die unterzeichnenden Träger verpflichten sich, zum Zwecke der Abstim­mung, Information, Weiterentwicklung etc. regelmäßig stattfindende Träger­versammlungen durchzuführen.

 

 

§ 6 Mitglieder des Integrierten regionalen Suchthilfedienstes Ost

 

1.      Die unterzeichnenden, aus bezirklichen Zuwendungs- und Haushaltsmitteln finanzierten Träger, deren Einrichtungen mit Sitz in der Region Leistungen zur Alkohol- und Medikamentenberatung erbringen, sind Mitglieder des Suchthilfedienstes.

 

2.      Die unterzeichnenden, im “Vertrag zur Finanzierung und Weiterentwicklung der ambulanten Drogenhilfe” finanzierten Träger, deren Einrichtungen mit Sitz in der Region entsprechende Leistungen der Grundversorgung im Bereich der Suchthilfe erbringen, sind Mitglieder des Suchthilfedienstes.

 

3.      Die Zusammenkunft der Mitglieder des integrierten regionalen Suchthilfe­dienstes Ost heißt Trägerversammlung.

 

 

§ 7 Trägerversammlung

 

1.      Das beschließende und ausführende Organ des integrierten regionalen Sucht­hilfedienstes Ost (IRSD-Ost) ist die Trägerversammlung.

 

2.      Jeder Träger benennt verbindlich eine Person, die als stimmberechtigtes Mitglied der Trägerversammlung fungiert, sowie eine zweite Person zur Vertretung.

 

3.      Die Mitglieder der Trägerversammlung vertreten den IRSD-Ost nach außen.

 

4.      Die Trägerversammlung konkretisiert die zur Erfüllung der Kooperations­vereinbarung notwendigen Arbeitsaufgaben und -schritte. Sie können dazu Arbeitsgruppen einrichten bzw. Fachleute zur Beratung einbeziehen.

 

 

§ 8 Durchführung der Trägerversammlung

 

1.      Die Trägerversammlung findet mindestens einmal im Quartal statt.

2.      Die Versammlungen werden ergebnisorientiert protokolliert.

 

 

§ 9 Beschlussfassung

 

1.      Jeder Träger hat in der Trägerversammlung eine Stimme.

 

2.      Die Trägerversammlung ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder vertreten sind.

 

3.      In dringenden Fällen kann die Zustimmung nicht anwesender Träger schrift­lich eingeholt werden. Ist dies nicht möglich und ist die Trägerversammlung in der gleichen Angelegenheit auch beim Folgetermin nicht vollzählig, ist sie diesbezüglich beschlussfähig, wenn mindestens 50 % der Träger anwesend sind.

 

4.      Beschlüsse erfolgen, wenn nicht anders geregelt, mit einfacher Mehrheit.

 

 

§ 10 Anwesenheit

 

1.      Die Mitarbeit in der Trägerversammlung ist verpflichtend.

 

2.      Dies gilt auch für von der Trägerversammlung eingerichtete Arbeitsgruppen etc.

 

 

§ 11 Umsetzung der Vereinbarung

 

1.      Verstößt eine Einrichtung/ein Träger erheblich gegen die Kooperationsvereinbarung und Regelungen der Geschäftsordnung, ist eine Beschwerde bei       dem die Einrichtung betreibenden Träger durch die anderen Träger dann          möglich:

·         wenn diese den Beschluss mit Zweidrittelmehrheit fassen

·         wenn die Gründe dafür zuvor der betreffenden Einrichtung/dem Träger schriftlich mitgeteilt wurden

·         wenn mindestens eine vierwöchige Frist für eine entsprechende Stellung­nahme (schriftlich, Schlichtungsgespräch) eingeräumt wurde

·         wenn anschließend keine Stellungnahme erfolgt oder diese nicht geeignet ist, den Konflikt beizulegen

 

2.      Verstößt eine Einrichtung/ein Träger dauerhaft und schwerwiegend gegen die Kooperationsvereinbarung, wird die Schiedsstelle angerufen.

3.      Die Vereinbarung kann von jedem Kooperationspartner aus wichtigem Grunde gekündigt werden.

 

4.      Vor Ausspruch der Kündigung ist der wichtige Grund gegenüber den anderen Kooperationspartnern und der Schiedsstelle schriftlich geltend zu machen und darzulegen. Wird innerhalb einer Frist von acht Wochen nach Geltend­machung der Kündigung keine Einigung über die Fortführung der Vereinba­rung erzielt, wird die Kündigung wirksam.

 

5.      Der Fortbestand des “Integrierten regionalen Suchthilfedienstes Ost” bleibt von Kündigungen unberührt.

 

 

 

 

§ 12 Schiedsstelle

 

1.      Die Schiedsstelle wird gebildet aus jeweils einem/einer Vertreter/Vertreterin der an der Region beteiligten Bezirke und des Senats und einem/einer Vertreter/Vertreterin der im Kooperationsgremium zur Durchführung des “Vertrages zur Finanzierung und Weiterentwicklung der ambulanten Drogenhilfe” (2001) beteiligten Wohlfahrtsverbände.

 

 

§ 13 Inkrafttreten

 

1.      Diese Kooperationsvereinbarung wird am Tage nach der Unterzeichnung durch die Kooperationspartner auf der Grundlage eines einstimmigen Beschlusses der Trägergründungsversammlung wirksam.

 

 

§ 14 Salvatorische Klausel

 

1.      Änderungen und Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftform. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.

 

2.      Soweit in dieser Kooperationsvereinbarung eine Regelungslücke festzustellen ist oder ein regelungsbedürftiger Sachverhalt nicht geregelt ist, sind die Kooperationspartner gehalten, unter Wahrung des Grundsatzes der Billigkeit zur Erreichung des Kooperationszwecks die Kooperationsverein­barung zu ergänzen.

 

 

 

 

Berlin, den 17. Dezember 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 

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