Drucksache - DS/0125/IX  

 
 
Betreff: Konzept zur langfristigen Erhaltung, Pflege und Entwicklung des Landschaftsschutzgebietes (LSG) Herzberge sowie der Fläche Zingster Straße
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR OrdUmVerBzStR OrdUmVer,
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
17.02.2022 
5. Sitzung in der IX. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin überwiesen   
Klima-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Grünflächen Entscheidung
22.03.2022 
4. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Klima-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Grünflächen zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   
Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management Entscheidung
10.03.2022 
5. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management vertagt   
24.03.2022 
6. Sitzung in der IX. Wahlperiode des Ausschusses Ökologische Stadtentwicklung, Mieter:innenschutz und Facility Management zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
VzK PDF-Dokument

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Absicherung der langfristigen und nachhaltigen Entwicklung, Pflege und Erhaltung des Landschaftsschutzgebietes Herzberge und der Freifläche Zingster Straße ist ein wichtiges Ziel des Bezirksamtes, um sowohl eine wohnortnahe Versorgung mit Grünflächen als auch die biologische Vielfalt zu sichern. Eine vor Ort stattfindende bürgernahe Ansprache und laufende Präsenz im Landschaftsraum zum präventiven Schutz des Gebietes sowie zur Förderung eines Naturerlebens und der Umweltbildung im urbanen Raum für Lichtenberger und alle anderen Bürger und Bürgerinnen Berlins, sollen dadurch sichergestellt werden.

 


1. Begründung

Der Landschaftspark (LP) Herzberge wurde im Rahmen verschiedener geförderter Projekte zur behutsamen, naturnahen Entwicklung des Gebietes als Modellprojekt urbaner Landwirtschaft in Berlin errichtet.

Verschiedenste Areale wurden bei der Entwicklung und Errichtung zusammengeführt und zu landwirtschaftlichen Flächen, vernetzten Biotopen, Habitaten für besonders geschützte Tiere, Wegesystemen und Erholungsflächen umgestaltet. Ein Großteil der Fläche wurde im Dezember 2018 als Landschaftsschutzgebiet unter Schutz gestellt.


2. Ziel des Schutzes

Das Gebiet wird geschützt, um

1. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes einschließlich des Schutzes
von Lebensräumen bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten zu erhalten, zu
entwickeln oder wiederherzustellen, insbesondere

  1. die Funktionen für das Lokalklima, für die Reinhaltung der Luft und für die
    klimatische Entlastung der benachbarten bebauten Areale,
     
  2. die Wirkung für den Biotopverbund gemäß § 21 des Bundesnaturschutzgesetzes
    mit der Vielfalt wild lebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere der Gräben
    und Kleingewässer,
  3. die Funktionsfähigkeit des Bodens auch im Hinblick auf seine Nutzung für
    extensive Landwirtschaft,
  4. der weitgehend stabile Wasserhaushalt durch natürliche Verdunstung und
    Grundwasserneubildung durch Versickerung,
  5. die Lebensräume der besonders oder streng geschützten Tierarten Teichmolch,
    Kammmolch, Knoblauchkröte, Erdkröte, Wechselkröte, Teichfrosch, Zauneidechse
    und Ringelnatter sowie des gefährdeten Feldhasen,
  6. die Lebensräume für licht- und wärmeliebende Tierarten wie zum Beispiel
    Wildbienen, Tagfalter, Heuschrecken, Laufkäfer und Spinnen,
     

2.  die Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes, insbesondere
die räumlich wechselnde Abfolge von Wald- und Gehölzbeständen, Saumstrukturen,
Altbäumen, halboffener Brachflächen, offener Wiesen und einer Reihe von
Kleingewässern sowie die Binnendüne mit Kiefernbestand,
 

3.   die besondere Bedeutung für die landschaftsgebundene Erholung, insbesondere

  1. die Funktion als übergeordnete Grünverbindung bis zur Innenstadt,
  2. die Bedeutung für das städtische Freiraumsystem und
  3. die urbane Landwirtschaft

zu erhalten, zu entwickeln oder wiederherzustellen.

 

3. Maßnahmen zur Zielerreichung

Um diesem Ziel gerecht zu werden, wurde als alternative Grünflächenpflege im Rahmen des Modellprojektes die innerstädtische extensive Beweidung mit Schafen etabliert. Diese Flächennutzungsform in Kombination mit Naherholung und Umweltbildung ist beispielgebend für urbane Räume und ist regelmäßig Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.

Mit dem Bebauungsplan 9-60 (Teilfläche ehem. Rangierbahnhof Schöneweide) wurden Eingriffe in Natur und Landschaft vorgenommen, die externe Ausgleichsmaßnahmen erforderten. In diesem Zusammenhang wurden Ersatzhabitate für Zauneidechsen auf den Weideflächen im LP Herzberge geschaffen. Gleichzeitig waren zur Entwicklung der Ersatzhabitate Flächen von der Beweidung freizuhalten und wurden abgezäunt. Entsprechend des Artenschutzerfordernisses ist ein besonderes Beweidungsregime organisiert worden, so dass die Schafe innerhalb weniger Wochen von einer Teilfläche auf die nächste Teilfläche umgetrieben werden.

Als Ausgleich für den Flächenverlust für die Ersatzhabitate wurde zur Beweidung eine Weidefläche angrenzend an der Zingster Straße durch das Bezirksamt zur Verfügung gestellt. Auch hier befinden sich Zauneidechsenhabitate, die zu schützen sind. Diese Fläche ist in engem Zusammenhang mit der Beweidung im LP Herzberge zu sehen.

Ziel des Beweidungsprojektes ist es, den Artenreichtum der Landschaft zu erhalten und die biologische Vielfalt zu schützen und weiterzuentwickeln. Ein buntes Mosaik kleinteiliger Lebensräume, in denen zahlreiche Tiere und Pflanzen eine Nische finden, kann nur mit dieser Pflegeform entstehen.

 

4. Herausforderungen und notwendige Leistungen

Die extensive Beweidung gestattet keine hohe Besatzdichte mit Weidetieren. Außerdem führen die Anforderungen an das Beweidungsregime durch die Zauneidechsenhabitate zu zusätzlichen Aufwendungen (Umtrieb in kürzeren Intervallen). Nicht zuletzt sind das zunehmende Interesse der Anwohner und der Besucher des Landschaftsparks mit höheren Aufwendungen für die Kontrolle von Zäunen, die Beseitigung von Müll und die Instandsetzung durch mutwillige Zerstörungen verbunden.

Der hohe Arbeitsaufwand lässt sich nicht mit den Verkaufserlösen aus der Schafhaltung decken. Die Wirtschaftlichkeit der extensiven Beweidung ist für den Landwirtschaftlichen Betrieb nicht gegeben.

Die klassische Grünflächenpflege durch das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) wird nicht den Vorgaben zur Schaffung bzw. Erhaltung dieser kleinteiligen Lebensräume gerecht. Sie sind nur durch eine ergänzende urbane landwirtschaftliche Bewirtschaftung mittels Beweidung durch Schafe oder andere geeignete einheimischen Tierrassen zu leisten. Es ist die einzige Form der Bewirtschaftung, die wesentliche o.g. Anforderungskriterien erfüllen und damit den Schutz, die Pflege und die Entwicklung nachhaltig sicherstellen kann. Für eine Beweidung steht dem SGA jedoch das notwendige Fachpersonal nicht zur Verfügung.

Zur Entwicklung des Schutzgebietes ist in ausgewählten Bereichen das Wachstum einiger Gehölzarten und Stauden zurück zu drängen. Hierzu ist das gezielte Entfernen unerwünschter Arten (Ahorn, Robinien) erforderlich. Nur mit hohem personellen Aufwand sind die Flächen zu sichten und auszulichten. Die personellen Kapazitäten des SGA reichen hierzu nicht aus, so dass eine ergänzende Vergabe an Dritte vorzusehen ist. Der naturschutzfachliche Aspekt ist entscheidend bei der Pflege zu berücksichtigen, so dass für die Ausführung vorwiegend kein Einsatz von Maschinen möglich ist, sondern lediglich Kleingeräte und manuelle Hilfsmittel verwendet werden können.

Um die Ziele des Schutzgebietes im LP Herzberge zu gewährleisten und den besonderen Anforderungen durch den zunehmenden Nutzungsdruck durch die Besucher des Landschaftsparks Herzberge gerecht zu werden, reicht alleine eine Vergabe der Pflegeleistungen an herkömmliche Garten- und Landschaftsbauunternehmen nicht aus. Umfangreiche im Vorfeld nicht vollständig detailliert beschreibbare Leistungen sind kontinuierlich anzupassen und bewirken außerordentlich hohen Koordinierungsaufwand.

Neben der Beweidung der offenen Wiesenflächen und der Gehölzpflege sind Maßnahmen des Amphibienschutzes ein weiterer Schwerpunkt im LP Herzberge. Kleingewässer bilden die Kinderstube zahlreicher Amphibien. Fehlende Niederschläge und die zunehmende Erwärmung führen dazu, dass die Laichplätze trockenfallen und die Amphibien ohne die Befüllung der Gewässer nicht zur Reproduktion kommen und die ansässige Population erlischt. Die Befüllung der Gewässer richtet sich nach dem Entwicklungsstand der Amphibien dem witterungsbedingten Wasserstand.

Zum einen wurden solarbetriebene Tiefbrunnen für die Bewässerung im LP Herzberge innerhalb der Weideflächen errichtet. Zum anderen werden die Gewässer mittels Standrohr und Schlauch befüllt. Die In- und Außerbetriebnahme sowie die erforderliche Kontrolle des Zulaufs sind manuell vorzunehmen. Es bedarf einer mehrstündigen Präsenz vor Ort.
Darüber hinaus ist es unabdingbar diese Gewässer vor Verkrautung und Verlandung zu schützen.

Da sich die Gewässer auch innerhalb der Weideflächen befinden, entstehen Konflikte zwischen Beweidung und Gewässerpflege sofern die Leistungserbringung der Gewässerunterhaltung durch Fremdunternehmen oder eigenes Personal erbracht werden. Es wäre die Errichtung zusätzlicher Absperrungen vorzunehmen, um die Tiere zurückzuhalten. Es ist zweckmäßiger und wirtschaftlicher auf Personen zugreifen zu können, die auch die Weideflächen betreuen.

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine weltumspannende Aufgabe. Berlin hat als ein Themenfeld der Strategie der biologischen Vielfalt den Schwerpunkt Umweltbildung definiert.
Mit den Erlebnis- und Erkundungsangeboten zu den im LP Herzberge vorhandenen Lebensräumen existiert ein idealer Raum, um einer breiten Öffentlichkeit die Bedeutung und den Begriff der biologischen Vielfalt stärker zu vermitteln.

Der Landschaftspark Herzberge mit seinen vielfältigen Lebensräumen ist ein Ort der Umweltbildung. Um den Schutz des Gebietes zu befördern, das Naturerleben im urbanen Raum zu ermöglichen, die bürgernahen Ansprache zu führen und gleichzeitig eine laufende Präsenz im LP Herzberge zu sichern, ist die weitere Etablierung der Umweltbildungseinrichtung langfristig zu sichern.

 

5. Erfolge durch eine dauerhafte Zuwendung

Entsprechend der Landeshaushaltsordnung sind Zuwendungen grundsätzlich auf bis zu fünf aufeinanderfolgende Jahre zu befristen.

Die fünfjährige Laufzeit eines Zuwendungsprojektes sind in Bezug auf die Größenanpassung einer Herde aber auch an die Entwicklung der Zielvegetation entsprechend des Pflege- und Entwicklungsplanes und damit verbundener Biotopstrukturen schon knapp bemessen.

Ziel der langfristigen finanziellen Absicherung ist die nachhaltige Umsetzung eines ganzheitlichen Konzeptes. Nur so sind Erfolge zu sichern und kann kurzfristig auf sich verändernde Bedingungen oder Bedrohungen reagiert werden. Langfristiges Ziel ist daher, den bisherigen Zuwendungszeitraum von 5 Jahren weiter auszudehnen.
 

Der Beschluss ist erforderlich, um festzustellen, dass das Bezirksamt Lichtenberg ein erhebliches Interesse an der Erfüllung der Aufgabe mittels eines Zuwendungsprojektes hat.

 

 

 
 

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