Christina S. berichtet aus Dublin

Woche 1 - Céad míle fáilte!

Irland empfing mich an einem Sonntag mit Regen und Sonnenschein und Hagel und Wind und natürlich drehte sich das erste Gespräch mit einer Irischen Person um das Wetter: “Hier kann man die vier Jahreszeiten alle an einem Tag erleben!”. Das Wetter danach empfing mich ebenso freundlich wie die Menschen selbst. Sonne und Frühling satt
Mein LoGo Verwaltungsaustausch hat mich nach Dublin in das Department for Education and Skills (Marlborough Street, Dublin 1) geführt, wo ich mit den Kolleginnen und Kollegen des Inspectorate zusammenarbeite. Ich bin dem Leiter des Fachbereichs Brendan Doody, Assistant Chief Inspector, und seiner Kollegin Maria Lorigan, Senior Inspector (Post Primary), unterstellt. Das Inspektorat des Bildungsministeriums fördert die ständige Kontrolle des Lehrens und Lernens und des dazugehörigen methodischen Vorgehens, um die Qualität für Schülerinnen und Schüler an allen irischen Schulen auf einem gleichbleibend hohen Niveau zu halten und das Bildungssystem nach Vorgaben des aktuellen
Strategic Plans weiter zu stärken. Dies wird u.a. durch kontinuierliche Evaluationsphasen, Analysen, ausserschulische Unterstützungsangebote und persönliche Beratung in den Bereichen des vorschulischen, grundschulischen sowie sekundärschulischen Bildungsgängen durchgeführt.

ORTSEINGANG VON MAYNOOTH, CO. KILDARE

Das Ministerium ist dezentralisiert organisiert und so gilt dies auch für externe pädagogische Einrichtungen, wie The Teaching Council in Maynooth, den ich bereits an meinem ersten Tag besuchen konnte. Durch diese Einrichtung hat die Republik Irland professionelle HR-Standards für die Einstellung von Lehrkräften etabliert, die vom Council kontinuierlich angewendet werden, um die Qualität des Lehrkörpers an den öffentlichen Schulen sicherzustellen. Eine verwunderliche Sache: LehrerInnen, die sich nicht gegen ein Entgelt auf der entsprechenden Plattform des TC registrieren und diese Registrierung nicht jährlich erneuern, werden durch den Staat nicht entlohnt.
Dienstag und Mittwoch führten mich zu einer zweitägigen Konferenz nach Lucan vor den Toren der Stadt. Im Rahmen des DEIS-Planes (Delivering Equality of Opportunity in Schools) wurde dort das Vorgehen zur sogenannten Home-School-Community-Liaison (HSCL) mit den am Programm teilnehmenden LehrerInnen besprochen. Die interessierten Lehrkräfte werden für fünf Jahre vom regulären Unterrichten freigestellt und kümmern sich aktiv um sozial-benachteiligte Kinder und Jugendliche, die zu Schuldistanz neigen. Durch direktes Zugehen auf die Eltern durch eine vertraute Person sowie die Einbeziehung der Familien in die Schulgemeinschaft und die Nachbarschaft, erhofft man sich, den Betroffenen feste Strukturen offerieren zu können, die Vertrauen, Sicherheit und Mitwirkungsmoeglichkeiten bieten. Ein wesentliches Ziel des aktuellen Vorgehens des HSCL ist es, die Anwesenheit im Unterricht zu verbessern. Geleitet wurde die Konferenz von den Managern des TESS – Tusla Education Support Service. Während der gemeinsamen Pausen war es mir möglich, sowohl mit Lehrenden als auch mit den Managern selbst ins Gespräch zu kommen und hinsichtlich Schuldistanz, Willkommensklassen, Übergänge etc. informative Gespräche zu führen und so auch Kontakte aufzubauen.

Sowohl am Donnerstag als auch am Freitag besuchte ich mit Vertretern der Abteilung Schulbau und –planung einige Schulen im Stadtgebiet, um einen Eindruck der Schulgebäude zu bekommen. Erster gravierender Unterschied: bezüglich Fluchtwegen und Brandschutz wird hier alles etwas lockerer gesehen.

DEPARTMENT OF EDUCATION AND SKILL

Woche 2 - LoGo in Zeiten des Corona-Virus

Erstaunlich schnell habe ich mich an die Abläufe hier gewöhnt, den Alltag und die Gepflogenheiten. Ich genieße den täglichen Fußweg zum Department durch die hektischen Straßen der Stadt.

Die zweite Woche begann arbeits- und eindruckstechnisch nicht weniger intensiv als die erste. Der Montag war mit Meetings zugepackt. U.a. traf ich Vertreterinnen des PDST (Professional Development Service for Teachers), die den Schulen als Ansprechpartner und Unterstützer für die Umsetzung des DEIS-Plans 2017 zur Verfügung stehen – z.B. bezüglich der Erstellung der wiederkehrenden Selbstevaluationen. Der PDST ist eine landesweite Organisation, die die Weiterbildung des lehrenden Personals an allen irischen Schulen fördert und die Schulleitungen hinsichtlich curricularen und pädagogischen Vorgaben berät. Als Tagesordnungspunkt wurde auch Deutsch als Fremdsprache besprochen sowie “English as an additional language” (EAL) für Kinder und Jugendliche nichtenglischer Herkunft. Letzterer TOP wurde bezugnehmend auf meine bisherigen Erfahrungen im Berliner Bildungssystem eingebracht und führte zu einem angeregten Vergleich der verschiedenen Vorgehensweisen. Das Interesse an dem Thema Integration von Schülerinnen und Schülern ohne Sprachkenntnisse der Amtssprache ist recht groß, da Irland hinsichtlich dessen bisher keine konkreten Regelungen für ihre Schulen aufgestellt hat. Ich wurde in Vorbereitung auf die ab Dienstag stattfindenden Schulbesuche und Meetings in verschiedenen Landesteilen gebeten, eine Präsentation zum Vorgehen in Berlin vorzubereiten. Nach Rücksprache mit einer Kollegin aus der SenBJF ermöglichte diese mir den Zugang zu sämtlichen Informationsmaterialien, die bisher in Berlin zur Verfügung stehen. Der Dienstag führte mich zunächst an die O’Connell’s Primary School in der sozial-benachteiligten Nachbarschaft Dublin 1 und anschliessend an das Edmund Rice College in Blanchardstown. Es ist überraschend wie offen Kollegen sind, auf die ich hier treffe. Eine gesunde Prise Aufgeschlossenheit und Interesse bezüglich meiner Person runden das ganze ab, sodass ein guter Arbeitsaustausch möglich ist. Am Mittwoch traf ich eine Lehrerin einer Brennpunktschule in Waterford, die sich im Selbststudium auf das EAL-Unterrichten von Kindern mit Migrationshintergund spezialisiert hat. Um genügend Zeit vor dem eigentlichen Termin zu haben, bin ich etwas früher angereist und konnte mich Über zwei Stunden mit ihr zu den Themen Integration und Sprachbildung austauschen. Es folgte die vorbereitete Präsentation meinerseits vor der erweiterten Schulleitung in Anwesenheit meiner Kollegin Maria mit anschliessender Diskussion. Der Donnerstag führte mich nach Limerick zum Limerick and Clare Education and Training Board, um dort an der Konferenz der Schulleitungen der Region zum Thema DEIS teilzunehmen. Maria Lorigan hielt dort eine Präsentation zum Thema und wir hatten im Vorfeld bereits besprochen, dass ich Sie dahingehend mit meinen Anmerkungen zum Berliner Vorgehen unterstützen würde. Kurz nach Beendigung des Vortrages wurde dann die Anordnung des Premierministers bekannt, dass alle Schulen an diesem Tag ab 18 Uhr für die nächsten zwei Wochen zu schliessen haben, was zu einem abrupten Abbruch der Konferenz und dem eiligen Abreisen der Schulleitungen führte. Das für Freitag angesetzte Meeting in einer Schule in Dun Laoghaire wurde dementsprechend abgesagt, stattdessen organisierte Maria für mich spontan den Besuch der Filiale des DES in Athlone, Co. Westmeath.

Das war definitiv eine kilometerintensive Woche, die von vielen Reisen quer durchs Land gekennzeichnet war, aber dafür umso spannender. Etwas Unsicherheit kommt auf Grund der Einschränkungen im öffentlichen Leben auch dazu. In der nächsten Woche steht der St. Patrick’s Day an und ab Mittwoch wird sich dann zeigen, welche Vorkehrungen das Department hinsichtlich dienstlicher Meetings und ausser Haus Terminen vorgibt.

Titelseite der Irish SUN

Woche 3

Woche Nummer drei meines LoGo-Austausches: Eigentlich hätte die Stadt nun in grün und orange erstrahlen sollen, denn am 17. März wäre unter normalen Umständen der St. Patricks Day mit großen Paraden Land auf, Land ab, gefeiert worden. Stattdessen entschieden sich wohl immer mehr Menschen auf Anraten der Regierung dafür, zu Hause zu bleiben, was dazu führte, dass der Autoverkehr durch die täglichen Pendler zu ihren innerstädtischen Arbeitsstellen rapide zurückging. Das Department for Education and Skills ist nur noch mit wenigen Mitarbeitern besetzt, wer die Möglichkeit hat, bleibt im Homeoffice. Die Schulen sind geschlossen.

Da dies auch meine Vorgesetzten betraf, hielten wir telefonische Absprachen ab. Sämtliche noch offenen Termine, wie die anstehende Schulbaumesse, ein Austausch zum Thema Schuldistanz in der Tusla – Childcare and Family Agency in Tallaght, der Besuch der Zweigstelle des DES in Tallaghmore sowie der Deutschen Botschaft, die Hospitation in der Abteilung Schulbau und –planung etc. wurden abgesagt. Zuarbeiten konnte ich am Mittwoch noch eine gewünschte Zusammenstellung über die Berliner Vorgehensweise hinsichtlich der Beschulung von Kindern, die nicht der Landessprache mächtig sind. Dies konnte ich auf Grundlage des Leitfadens der SenBJF und meiner eigenen Erfahrungen im Schul- und Sportamt Lichtenberg gut umsetzen. Das Interesse für dieses ganze Thema war, sowohl seitens des Ministeriums als auch der Schulleitungen und Lehrkräfte, vorhanden, was stets zu einem guten und gewollten fachlichen Austausch führte.

Um trotz der Situation weiteres Wissen über die Arbeitsweise des DES zu erhalten, nutzte ich einige der bisherigen geknüpften Kontakte, sodass ich neben der Recherchearbeit zusätzlich telefonische Nachfragen stellen konnte. Auf Grund der Covid19-Pandemie und der ungewissen Situation bot der Leiter der Abteilung mir an diesem Donnerstag an, das Austauschprogramm zu pausieren und vorzeitig abzureisen. Durch die Arbeitssituation war weder ein Mehrwert für mich noch für die Kollegen im Ministerium erkennbar, da der direkte Austausch fehlte. Am Ende der Woche blieb mir nur noch, den Schreibtisch zu räumen, einige Abschiedsgeschenke für die Kollegen zu hinterlassen und die Keycard abzugeben.

Eine emotionale Achterbahnfahrt und ein offenes Ende. In den ersten beiden Wochen wurden noch Feedbackgespräche abgehalten, was mir nun so abrupt leider fehlte und zur allgemeinen Ungewissheit beitrug. Ich brauchte etwas Zeit und Abstand, um die Situation für mich persönlich zu reflektieren und mich umzustellen. Es fehlt zu diesem Erlebnis leider ein guter Abschluss, was den anfangs überaus positiven Tagen einen faden Beigeschmack verleiht. Nun frage ich mich, welche Schlüsse kann ich daraus dienstlich ziehen? Wie ist ein Wissenstransfer auf Grund der unterschiedlichen Verwaltungssysteme ins Bezirksamt Lichtenberg methodisch möglich? Werde ich die gewünschte Präsentation zeitnah in meinem Amt abhalten können?