Drucksache - DS/1847/VII
Die Bezirksverordnetenversammlung hat das Bezirksamt ersucht,
unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen (KLR-Auswertung Stand 30.06.2015) innerhalb der nächsten sechs Monate ein Konzept „Lichtenberg wächst“ für den Bezirk zu erarbeiten. Darin sollen sowohl die kurz- und mittelfristige Bevölkerungszunahme Lichtenbergs als auch der demographische Wandel berücksichtigt werden. Des Weiteren soll das Wachstumskonzept dazu beitragen, die soziale Ungleichheit im Bezirk zu verringern. Das Konzept soll konkrete Handlungsempfehlungen für die einzelnen Prognoseräume enthalten und dabei insbesondere die Stärkung von strukturschwachen Prognoseräumen berücksichtigen.
Das Bezirksamt soll dabei ämterübergreifend Prognosen für Bedarfe und Veränderungen bestehender Strukturen entwickeln und der BVV im Laufe des Jahres 2016 ein Handlungskonzept vorlegen. Dabei ist darzustellen, an welchen Stellen das Bezirksamt auf bereits bestehende Entwicklungskonzepte zurückgreifen kann und wie diese zusammengeführt werden können. Weiterhin soll dargestellt werden, an welchen Stellen Planungen angepasst werden müssen und wo weitere Entscheidungen der BVV und ggf. des Abgeordnetenhauses notwendig sind. Weiterhin soll das Bezirksamt Bereiche benennen, wo es durch Planungen zu möglichen Interessenkonflikten kommen kann. Hierfür sollen geeignete Beteiligungsformen entwickeln bzw. genutzt werden, um bereits im Vorfeld Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungen einzubeziehen und für einen Ausgleich zu sorgen.
Schwerpunkte des Konzeptes sollen dabei folgende Themenbereiche sein:
Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:
1. Ausgangslage
Leitziel Kinder- und familienfreundlicher Bezirk
Abbildung 1: Entwicklungsphasen Leitziele bis zur Zertifizierung Familiengerechte Kommune Die mit der Zertifizierung verbundene Zielvereinbarung (ZV) enthält sechs Handlungsfelder:
Diese sind mit Zielen und Maßnahmen untersetzt und sollen bis 2018 erfolgreich umgesetzt werden. Jährlich wird ein Zwischenbericht zum Umsetzungsstand erarbeitet.
Im Rahmen des Audits ist auch die Entwicklung eines bezirklichen familienpolitischen Leitbildes mit Leitzielen festgelegt[1].
Im Zuge der Umsetzung des berlinweiten Prozesses der Sozialraumorientierung sowie des Audits werden gegenwärtig die Stadtteilprofile überarbeitet. Sie geben anhand von berlinweit definierten Indikatoren ein umfangreiches Bild der 13 einzelnen Bezirksregionen (Daten, Struktur, Infrastruktur, Handlungsbedarfe für die Verwaltung, u.v.m.). Im April wurden diese im Entwurf in Stadtteilkonferenzen der Öffentlichkeit vorgestellt und sollen bis Sommer 2016 vom Bezirksamt bestätigt werden.
In Lichtenberg konnte in den letzten Jahren ein stetiges Bevölkerungswachstum verzeichnet werden. Bezahlbarer Mietwohnraum, familienfreundliche Strukturen oder auch gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sind nur einige Gründe für das Bevölkerungswachstum der letzten Jahre. Derzeitige Prognosen gehen davon aus, dass die Bevölkerung in Lichtenberg von 2015 bis 2030 um 9,8% ansteigen wird (2015: 275.000; 2030: 294.000)[2]. Wie hoch dabei der Anteil von Menschen aus der Flüchtlingsbewegung sein wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht detailliert untersetzt werden, da zu wenig valide Daten vorliegen.
Die Bevölkerungszunahme in Berlin hat quantitative und qualitative Konsequenzen für die soziale Infrastruktur.
Neben den mit der „Wachsenden Stadt“ verbundenen finanziellen Mehrbedarfen, welche den Bezirken im Rahmen der SIWA-Mittel[3] zur Verfügung gestellt werden, wurde Ende 2015 der bezirksübergreifende Erstellungsprozess SIKo[4] 2016 gestartet. Hierbei wird das Ziel verfolgt, Flächen für Infrastrukturbedarfe (Kitas, Schulen, Sportanlagen), Lösungen für Flächenkonkurrenzen, Finanzbedarfe, Wohnungsneubau und der damit einhergehenden Versorgungssituation zu ermitteln. Im November 2016 sollen diese zentral gesammelten Ergebnisse vorliegen.
In der bezirklichen Arbeitsgruppe Infrastruktur werden notwendige Mehrbedarfe (u.a. Schule, Kita, Wohnung, …) hinsichtlich der steigenden Bevölkerung von allen Ämtern erfasst. Die damit verbundenen notwendigen Anpassungen von bestehender Planungen und zu ergreifenden Maßnahmen ist das Ziel der AG.
In Lichtenberg findet im Juli eine Fachkonferenz Integration statt. Ziel ist es, unter Einbeziehung der Verwaltung, der Politik, sozialer Träger und der Zivilgesellschaft ab Sommer 2016 ein Konzept für die erfolgreiche Integration geflüchteter Menschen in Lichtenberg zu entwickeln.
Personalentwicklung Verwaltung
Den gegenwärtigen und zukünftigen bezirklichen Herausforderungen aufgrund steigender Bevölkerung, Flüchtlinge und einer älter werdenden Gesellschaft können nicht ohne Veränderungen in der bezirklichen Personalstruktur und -ausstattung erfolgreich begegnet werden. Neben den bereits durch den Senat anerkannten Personalaufwüchsen ist eine bezirkliche Auseinandersetzung mit den Schwerpunkten Personalplanung, Personalgewinnung, Personalentwicklung, Wissenstransfer, aber auch Gestaltung von Übergängen ins Renten- und Pensionsalter erforderlich. Zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der demographische Wandel in der Verwaltung bedingen zudem Anpassungsbedarfe in der Büroflächenkonzeption und erhöhen den Druck, die Bürogebäude nach modernen Aspekten und barrierefrei auszugestalten. Mit Beschluss des Haushaltsplanes 2016/17 wurde das Bezirksamt im Rahmen der DS/1805/VII beauftragt, ein Konzept „Lichtenberger Verwaltung 2021“ zu entwickeln und umzusetzen. Aus diesem Grund wird das seit 2006 bestehende Personal- und Organisationsentwicklungskonzept evaluiert und soll unter Berücksichtigung bestehender und künftiger Herausforderungen weiterentwickelt werden. Mit einem Ergebnis ist noch in 2016 zu rechnen. Mit dem Haushaltsplan 2016/17 hat das Bezirksamt zudem die Voraussetzungen geschaffen, zusätzliche Büroflächen anzumieten und das Bürodienstgebäudekonzept in einem ersten Schritt an wachsende Bedarfe anzupassen. Weitere Schritte sollen in den nächsten Jahren folgen.
Bereits vorhandene Konzepte und Planungen
Für die Erarbeitung des Konzeptes „Lichtenberg wächst“ ist es notwendig, eine Bestandsanalyse durchzuführen. Hierbei müssen einerseits bereits bestehende Planungen/Konzeptionen sowie andererseits neu zu berücksichtigende Themen/Bedarfe aufgenommen werden.
In den vergangenen Wahlperioden haben sich in Lichtenberg Entwicklungsplanungen aus verschiedensten Ämtern als fester Bestandteil der täglichen Arbeit etabliert. Sie stellen eine wesentliche Arbeitsgrundlage dar, auf die für die weitere Bearbeitung des Konzeptes „Lichtenberg wächst“ aufgesetzt wird.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick zu ausgewählten Entwicklungsplanungen/Konzepten in der Bezirksverwaltung. Tabelle 1: Übersicht regelmäßiger bezirklicher Planungen
Die Ergebnisse dieser bezirklichen Planungen fließen dann in die jeweiligen Haushaltspläne mit ein.
Die Aufzählung der einzelnen Entwicklungskonzepte/Arbeitsprozesse ist nicht vollständig, sondern soll in erster Linie einen Überblick über die wesentlichen im Bezirk stattfindenden Prozesse geben.
Bei Entwicklung der o.g. Pläne und Konzepte konnten – je nach Zeitpunkt der Erarbeitung – die aktuellsten dynamischen wachstumsbedingten Veränderungen jedoch nur fokussiert auf das jeweilige Themenfeld berücksichtigt werden.
Daher benötigen die vorhandenen Pläne und Konzepte verbindende Elemente, einer Prioritätensetzung sowie eines Dachs bzw. eines Rahmens als strategische und nachhaltige Entscheidungsgrundlage für die kommenden Jahre. Dies betrifft auch finanz- und haushaltspolitische Entscheidungen. Das Konzept „Lichtenberg wächst“ soll diesen Rahmen schaffen.
2. Vorgehensweise Konzept Lichtenberg wächst
Die Erarbeitung von Entwicklungs- /Wachstumskonzepten sollte in verschiedenen Schritten erfolgen, um eine strukturierte und nachhaltige Umsetzung zu erzielen.
Ausgangspunkt und roter Faden des Prozesses soll hier die Aktualisierung des bestehenden bezirklichen Leitbildes sein. Im Rahmen des Audits familiengerechte Kommune ist die Entwicklung eines bezirklichen familienpolitischen Leitbildes mit Leitzielen bereits festgelegt[5]. Es ist geplant, diesen Entwicklungsprozess Leitbild in die Erarbeitung des Konzeptes „Lichtenberg wächst“ zu integrieren.
Ein Leitbild formuliert kurz und prägnant den Auftrag/Mission, strategische Ziele und gibt eine Orientierung nach innen (Beschäftigte) und nach außen (Bürgerinnen und Bürger).
Abbildung 2: vgl. Leitbild nach Lombriser/Abplanalp (2005, S. 241) zit. n. Kortendieck (2008, S. 18)
Erste bezirkliche Grobplanungen sehen folgende Arbeitsphasen für die Entwicklung des Konzeptes Lichtenberg wächst vor:
Phase 1:
- Grundlage ist die familienfreundlichen Kommune - Prozess siehe Abbildung oben
- Bevölkerungsentwicklung (Stand und Entwicklung nächste zehn Jahre) - Wohnraum (Versorgungssituation, Verhältnis günstiger/höherwertiger, Barrierefreiheit, bestehende Defizite, Potenziale) - Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten, Medizinische Versorgung, Öffentlicher Nahverkehr, Parksituation, Barrierefreiheit...) - Soziale Infrastruktur (Kita-[Tagespflegepersonen]/Schulbedarfsplanung, Prognosen, Naherholung, Bildung, Kultur, Sport…) - Integration (in Verbindung mit Wohnraum, Gesellschaft, Bildung, Arbeitsmarkt,… ) - Wirtschaft/Arbeitsmarkt - Prävention/Gesundheitsziel - Kieze in der wachsenden Stadt gemeinsam gestalten (Kinder- und Jugendbeteiligung) - Verwaltung (Personal- /Organisationsentwicklung, …)
Einbindung überbezirklicher Entwicklungen (wachsende Stadt, moderne Verwaltung) mögliche Leitfragen: Wo stehen wir? Was beeinflusst uns? Was kommt auf uns zu? Warum müssen wir handeln? Was passiert wenn wir nichts zu?
Phase 2:
- Anhand der Ergebnisse von Phase 1 werden strategischer Ziele formuliert • Leitfragen: Was soll konkrete für welche Zielgruppe erreicht werden? In welchem Zeitraum soll die Wirkung erreicht werden? • Festlegung von Prioritäten/ Nachrangigkeit - Formulierung Gesamtstrategie
- Handlungsschwerpunkte werden aus den strategischen Zielen abgeleitet und in Arbeitspakete (Maßnahmen) übersetzt - Beschluss Gesamtstrategie
Phase 3:
- Gesamtstrategie in die Steuerung überführen - Verknüpfung mit Haushalt - Abteilungsleiter erarbeiten mit Fachbereichsleitern und Produktverantwortlichen Vorschläge, welche Maßnahmen unter welchem Einsatz von Finanzmitteln im vorgegebenen Zeitraum umgesetzt werden können - Gesamtstrategie wird durch Hauptausschuss begleitet, einzelne fachliche Bestandteile durch die jeweiligen Fachausschüsse
Phase 4:
- Überprüfung der festgelegten Ziele und ggf. Anpassung • Controlling • Monitoring • Evaluation
Wie die Umsetzung der einzelnen Phasen konkret erfolgen soll, ist noch zu erarbeiten. Der Beginn der Umsetzung und der zeitlichen Detailplanung der einzelnen Phasen sollte mit Fertigstellung der in der Ausgangslage beschriebenen laufenden Planungen/Aktualisierun-gen im Herbst 2016 sein. Um zum Ende hin die ermittelte Bedarfe zeitgerecht in die nächste Haushaltsplanung 2018/19 mit aufnehmen zu können, ist eine Fertigstellung des Wachstumskonzeptes im Frühjahr nächsten Jahres erforderlich.
Die Zeitplanung ist auch deshalb eng bemessen, um der neuen politischen Leitung die Möglichkeit zu geben, diesen Prozess aktiv mit zu gestalten.
Der BVV wird zu Beginn der kommenden Wahlperiode über Prozessstruktur und die weitere Prozessplanung erneut berichtet.
[1] S. ZV Audit Familiengerechte Kommune, Handlungsfeld 1, Ziel 1.1. [2] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: Bevölkerungsprognose für Berlin und die Bezirke 2015-2030. Berlin, Jan. 2016. S. 28. [3] Sonderinvestitionen wachsende Stadt [4] Soziale Infrastruktur Konzepte [5] S. ZV Audit Familiengerechte Kommune, Handlungsfeld 1, Ziel 1.1. |
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