Drucksache - 1205/XX-01  

 
 
Betreff: Vorklassenpflicht an den Berliner Grundschulen einführen
Status:öffentlichBezüglich:
1205/XX
 Ursprungaktuell
Initiator:Bezirksamt - Abt. Jugend, Familie, Schule und Sport 
Verfasser:Bezirksamt - Abt. Jugend, Familie, Schule und Sport 
Drucksache-Art: Vorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf Kenntnisnahme
11.12.2019 
37. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt

Sachverhalt

Sachverhalt:

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

In der Erledigung des Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung vom 10.04.2019 - Vorlage 1205/XX:

 

„Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich beim Senat dafür einzusetzen, dass eine Vorklassenpflicht für alle Kinder eines Jahrgangs eingeführt wird und die entsprechende Fortbildung zu Vorklassenleiterinnen/Vorklassenleitern vorab durchgeführt wird.“

 

wird gem. § 13 BezVG berichtet:

 

Das Bezirksamt hat sich entsprechend dem Beschluss an die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie gewandt. Folgende Antwort der zuständigen Staatssekretärin liegt vor:

 

„Unter einer Vorklasse war in Berlin bis einschließlich des Schuljahres 2004/05 ein kostenfreies, optionales Unterrichtsangebot auf der Grundlage eines Curriculums als Alternative zur vorschulischen Förderung in der Kita zu verstehen. Dieses Angebot umfasste die Zeit von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr. Erzieherinnen und Erzieher wurden für diese Tätigkeit zusätzlich qualifiziert (Vorklassenleitungen). Es gab eine propädeutische verpflichtende Förderung der vom Schulbesuch oder nach ihrer Aufnahme in die Grundschule wieder zurückgestellten Kinder (im Laufe der ersten 3 Monate der ersten Klasse war das möglich). Nur ca. 25 % der Kinder des Jahrgangs vor der Einschulung 2005 besuchten eine Vorklasse.

 

Für berufstätige Eltern hatten die Betreuungszeiten der schulischen Vorklassen logistische Probleme zur Folge, da das Kind spätestens um 13 Uhr abgeholt werden musste und Schulferienzeiten galten. Da es sich um ein Wahlangebot handelte, wurden jene Kinder nicht erreicht, deren Eltern einen Kitaplatz bevorzugten oder ihr Kind in gar keine vorschulische Einrichtung gaben.

Seit 2007 gilt die Beitragsfreiheit für den Kitabesuch. Es gibt ein flächendeckendes vorschulisches Angebot (allerdings freiwillig, das jedoch von ca. 96 % der Kinder im letzten Jahr vor Schulbeginn in Anspruch genommen). Es steht in den Kitas zur Verfügung.

Es gibt den verpflichtenden Kitabesuch für alle zurückgestellten Kinder sowie für Kinder die bei der Sprachstandserhebung Sprachförderbedarf auswiesen.

Der Gesamtprozess der Qualitätsentwicklung vorschulischer Förderung in Kitas wird durch das eigens dafür von SenBJF beauftragte „Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung – BeKi“ begleitet, organisatorisch unterstützt und evaluiert.

 

Wissenschaftliche Untersuchungen in Berlin haben keine überzeugenden Effekte des Vorklassenbesuchs auf spätere schulische Leistungsentwicklung geliefert – im Gegenteil. Sowohl bei den Kindern, die keine Kita besucht hatten, als auch bei Kindern, die eine Vorklasse besucht hatten, waren die kognitiven Voraussetzungen für den Schulbesuch im Durchschnitt deutlich schlechter ausgeprägt als bei Kindern, die eine Kita besucht hatten (Vgl. Merkens/Schründer-Lenzen, Ergebnisse der BeLesen-Studie, Endbericht 2008, S. 28 und 33, bzw. Ramseger, Ergebnisse des Modellversuchs Verlässliche Halbtagsgrundschule von 2005).

Aktuelle Erkenntnisse – und auch die jährlichen Einschulungsuntersuchungen (ESU) – sprechen dafür, dass erst ein mehrjähriger Kitabesuch zu einer deutlichen Verbesserung der Förderergebnisse und damit zu verbesserten schulischen Lernentwicklungen führt. Die Qualitätsentwicklung vorschulischer Bildung und die Verbesserung der Anschlussfähigkeit von Kita und Schulanfangsphase wird deshalb durch die seit dem Schuljahr 2010/11 verbindliche Kooperation jeder Grundschule mit den umliegenden Kitas und durch die kontinuierliche Qualifizierung der Erzieherinnen und Lehrkräfte weiter verfolgt.

 

Vorschulische Förderung in Berlin seit dem Schuljahr 2005/06

Die qualifizierte vorschulische Förderung jedes Kindes ist unverzichtbar. Entwicklungsverlauf und –geschwindigkeit sind bei Kindern im Vorschulalter und bei Schulanfängern allerdings ausnehmend heterogen und erfordern sehr individuelle Förderansätze, die die entwicklungspsychologischen Erkenntnisse einbeziehen müssen. In diesem Zusammenhang wurden das flexible Verweilen (1 – 3 Jahre) und das jahrgangsübergreifende Lernen in der Schulanfangsphase (seit 2005) als Voraussetzung für eine entwicklungsangepasste individuelle Förderung geschaffen. Gleichzeitig wurde im vorschulischen System Kita die frühe Bildung und Förderung durch die verpflichtende Einführung des Berliner Bildungsprogramms für Tageseinrichtungen bis zum Schuleintritt sowie den beitragsfreien Kita-Besuch (seit 2007) und verpflichtende Sprachstandsfeststellungen vor Schuleintritt (seit 2008) qualifiziert. Damit wurde ein weiterer individualisierter Förderansatz im letzten Jahr vor der Schule eingeführt, der auch die Kinder erfasst, die bislang nicht in der Kita waren.

Die verpflichtende sprachliche Förderung vor Eintritt in die Schule wurde von wöchentlich 15 auf 25 Stunden ausgeweitet (täglich fünf Stunden regelmäßig an fünf Tagen in der Woche) und Ausweitung des Sprachförderzeitraums für Kinder, bei denen Sprachförderbedarf festgestellt wurde von 12 auf 18 Monate. Seit Februar 2015 wird diese im Auftrag der Schule und unter schulischer Aufsicht in Tageseinrichtungen der Jugendhilfe durchgeführt. Die verbindliche Übergabe der Lerndokumentation des Sprachlerntagesbuchs von der Kita in die Schule wurde seit dem Schuljahr 2014/15 festgelegt.

 

Ein grundsätzlich früherer Einschulungsbeginn für alle Kinder ist, wie wir bei der regulären Beschulung 5,5 jähriger Kinder festgestellt haben, in Berlin nicht tragfähig. Eine Einführung der Vorklasse nach dem bisherigen Modell würde die oben genannten Nachteile nach sich ziehen.

 

Allerdings weisen sowohl die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen als auch die durchschnittlichen Berliner Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der Grundschule darauf hin, dass weiterhin dringender Handlungsbedarf besteht.

 

Um diesen Bedarf genauer zu identifizieren und wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, hat Frau Senatorin Scheeres das Berliner Qualitätspaket auf den Weg gebracht und eine Qualitätskommission zur Begleitung des Implementierungsprozesses einberufen. Ein Schwerpunktthema der Qualitätskommission ist die frühe Bildung.

 

Ich bitte Sie um Verständnis, dass die Ergebnisse und Empfehlungen der unabhängig arbeitenden Expertenkommission abgewartet werden sollen, bevor ggf. aufgrund der wissenschaftlich begründeten Empfehlungen, Entscheidungen zur Weiterentwicklung im Bereich Kita-Schule getroffen werden.“

 

Wir bitten die Drucksache Nr. 1205/XX damit als erledigt zu betrachten.

 

 

Frank BalzerTobias Dollase

BezirksbürgermeisterBezirksstadtrat

Stammbaum:
1205/XX   Vorklassenpflicht an den Berliner Grundschulen einführen   BVV-Büro   Empfehlung
1205/XX-01   Vorklassenpflicht an den Berliner Grundschulen einführen   Bezirksamt - Abt. Jugend, Familie, Schule und Sport   Vorlage zur Kenntnisnahme
 
 

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