Charlotte von Mahlsdorf

Bild von Charlotte von Mahlsdorf

Charlotte von Mahlsdorf wurde am 18. März 1928 in Berlin-Mahlsdorf als Lothar Berfelde geboren. Charlotte hatte sehr unter ihrem gewalttätigen Vater Max Berfelde zu leiden, der einen Soldaten aus ihr machen wollte (auch wenn hier von Charlotte in der weiblichen Form geschrieben wird, war sie zu der damaligen Zeit noch als Junge bekannt). Zuflucht und Geborgenheit fand “Lottchen” beim Großonkel Josef Brauner. Was sie hier umgab, sollte eine Liebe für das ganze Leben werden: die Wohnkultur der Gründerzeit. Im Ideal eines Dienstmädchens um 1900 sah die Heranwachsende bald ihre weibliche Natur verkörpert. Früh gepackt von der Sammelleidenschaft hatte die Achtzehnjährige bereits 1946 fünf vollständige Zimmereinrichtungen zusammengetragen.
1958 nahm sich Charlotte des vom Abriss bedrohten Gutshauses Mahlsdorf an. Sie eröffnete am 1. August 1960 zunächst in zwei Räumen ihr Gründerzeitmuseum. In langwieriger, mühevoller Arbeit stellte sie das Gutshaus in der um 1780 vorhandenen Gestalt mit einigen der Veränderungen von 1869 wieder her.

1972 wurde das Gebäude auf die Denkmalliste der DDR gesetzt. Es gilt heute als ein bedeutendes Zeugnis der Gutswirtschaften des 18. Jahrhunderts und darüber hinaus als ein herausragendes Dokument der privaten Denkmalpflege in Berlin. Unterdessen wuchs die Sammlung weiter, die in ihren besten Zeiten 23 Zimmereinrichtungen umfasste. Daneben gab es Spezialsammlungen: Uhren, Kostüme, Nähmaschinen, Spiegel, Öfen – und vor allem Musikmaschinen.
Vieles davon ging verloren, als der Staat 1974 das Museum in seinen Besitz bringen wollte. Charlotte, die durch unbillige Steuerforderungen unter Druck gesetzt wurde, verschenkte ihre Sammlung lieber Stück für Stück an die Besuchenden. Durch das Engagement der Schauspielerin Annekathrin Bürger und des Rechtsanwalts Friedrich Karl Kaul konnte die Aktion 1976 gestoppt werden. Bis 1995 führte Charlotte die Besucher durch ihre noch immer bewunderungswürdige Sammlung. Das Gründerzeitmuseum war ein Geheimtipp unter Museumsfreunden. Es besaß eine einzigartige Aura, von der sich neben der Schwulen- und Lesbenszene Film- und Fernsehteams und die unterschiedlichsten Menschen angezogen fühlten. Spätestens mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1992 wurde die faszinierende Außenseiterin Charlotte und ihr Lebenswerk in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt.
Schlimme Ahnungen nach einem brutalen Überfall von Neonazis 1991 auf ein Frühlingsfest im Gutshaus sowie finanzielle Belastungen veranlassten sie jedoch zu dem schweren Entschluss, ihre Heimat zu verlassen.
1995 wurde das Gründerzeitmuseum offiziell geschlossen. Im Frühjahr 1997 siedelte Charlotte nach „Porla Brunn“ in Mittelschweden über und eröffnete dort ein Jahrhundertwende-Museum.

Die im Gutshaus Mahlsdorf verbliebenen Bestände konnten durch die Stadt Berlin erworben und so für die alte und neue “Gründerzeit-Metropole” erhalten werden. Beträchtlichen Anteil daran hatte der 1997 gegründete Förderverein Gutshaus Mahlsdorf e.V., der das Gründerzeitmuseum im Juni desselben Jahres wiedereröffnete.

Bei einem Besuch in Berlin starb Charlotte unerwartet am 30. April 2002.
Anlässlich des ersten Todestages setzte der Förderverein Gutshaus Mahlsdorf im Gutspark einen Gedenkstein aus rotem Sandstein für Charlotte von Mahlsdorf.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der “Homepage des “Gründerzeitmuseums Berlin(http://www.gruenderzeitmuseum.de/).