Bündnis für Demokratie und Toleranz - "Verhandelt in Karlshorst"

Pressemitteilung vom 04.05.2020

“Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation Deutschlands in Kraft.

‘Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen. Wir haben wahrlich keinen Grund, uns am heutigen Tag an Siegesfesten zu beteiligen. Aber wir haben allen Grund, den 8. Mai 1945 als das Ende eines Irrweges deutscher Geschichte zu erkennen, das den Keim der Hoffnung auf eine bessere Zukunft barg.’ So machte Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes deutlich: Die Katastrophe war nicht das Ende des Krieges, sondern der Tag der Machtübertragung an die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten im Januar 1933.

An diesem Tag vor 75 Jahren endete ein Krieg, der über 60 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Die meisten Kriegstoten hatte die Sowjetunion zu beklagen, gemessen an der Bevölkerungszahl Polen mit über 17,2 Prozent. Zahllose Menschen hatten ihr Zuhause und ihre Existenzgrundlage verloren, ganze Landstriche waren zerstört. Die Verhaftung, Folterung und Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen – jüdische Menschen, Sinti und Roma, Homosexuelle, politische Gegnerinnen und Gegnern, Widerstandskämpferinnen und -kämpfern aus kirchlichen, sozialistischen und kommunistischen Kreisen – hatte schon vorher begonnen. Sie wurde während des Krieges fortgesetzt, in den Konzentrationslagern ebenso wie durch die so genannten Einsatzgruppen, die der Wehrmacht folgten. Millionen weiterer Menschen aus den überfallenen Ländern, besonders Osteuropas, wurden inhaftiert und ermordet. Die Überlebenden dieser Verbrechen sprechen zu Recht vom Tag der Befreiung.

Wir erinnern in jedem Jahr mit Gedenkfeiern an die Opfer des Krieges und der Vernichtungspolitik. Das Gedenken wird dann glaubwürdig, wenn wir uns der Frage stellen: Was haben wir – als Einzelne wie als Gesellschaft – aus den damaligen Verbrechen gelernt? Unsere deutsche Geschichte verpflichtet uns, allen Formen menschenverachtender Politik und gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit entschieden entgegen zu treten. Heute, wo rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte bis in die Parlamente hinein die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands verharmlosen und einer nationalistischen Politik das Wort reden, dringender denn je.

Große Gedenkfeiern wird es in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht geben können. Gedenken und Nachdenken müssen deshalb nicht ausfallen. Am 8. Mai werden in unserem Bezirk um 10:00 Uhr die Kirchenglocken erklingen. Wir laden Sie ein: Lassen Sie Ihren Alltag davon unterbrechen. Kommen Sie zu einem stillen Gedenken in die Kirchen. Lassen Sie sich berühren.
Besuchen Sie einen der vielen Erinnerungsorte – Stolpersteine, Denkmäler für Kriegsopfer, Erinnerungsstätten an das Leiden von Sinti und Roma, von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter*innen. Gedenken Sie ihrer in Stille. Und machen Sie Ihre persönliche Erinnerung mit einem Blumenstrauß öffentlich.”

Henny Engels und Steven Kelz
im Namen des Bündnisses für Demokratie und Toleranz am Ort der Vielfalt Marzahn-Hellersdorf