Wirtschafts- und Innovationsbericht Berlin

Wirtschafts- und Innovationsbericht Berlin

Der aktuelle Wirtschafts- und Innovationsbericht des Landes Berlin steht als Download sowie – zur besseren Lesbarkeit – als Fließtext zu Ihrer Verfügung.

  • Wirtschafts- und Inovationsbericht Berlin 2022/2023

    PDF-Dokument (6.1 MB) - Stand: Juli 2023

Wirtschafts- und Innovationsbericht Berlin 2022/2023

Vorwort

Die Berliner Wirtschaft hat sich in einer Zeit der sich überlagernden Krisen als besonders resilient gezeigt. Wir konnten die Folgen der COVID-19-Pandemie und der weltweiten, durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelösten Schockwellen, mit Energiekrise, Lieferkettenproblemen und steigender Inflation, bewältigen und für weiteres Wachstum sorgen.

Ein Grund dafür ist sicherlich die besondere, vielfältige Branchenstruktur unserer Wirtschaft, die durch ihre Vielzahl an Kompensationsmöglichkeiten auch in Krisenzeiten mehr Stabilität gewährleisten kann. Natürlich sind auch die Menschen vor Ort entscheidend. Menschen, die bereit sind, sich Herausforderungen mit Kreativität zu stellen, solidarisch zu agieren und zügig pragmatische Lösungen herbeizuführen. Die Berlinerinnen und Berliner laufen in der Krise zur Höchstform auf. Und auch der Berliner Senat hat entscheidend dazu beigetragen, dass Branchen, die in der Krise unter Druck gerieten, schnell und zuverlässig unterstützt wurden.

Unser 330 Millionen Euro schweres Neustartprogramm für die Wirtschaft und die Kultur konnte seine Wirkung gezielt entfalten und half vielen Branchen, sich in einer entscheidenden Phase nach der Corona-Pandemie gut aufzustellen. Auch in der Energiekrise hat Berlin schnell gehandelt und ein umfassendes Entlastungspaket für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger geschnürt. Dass Berlin in diesem schwierigen Jahr mit 4,9 Prozent Wirtschaftswachstum und dem höchsten Zuwachs an sozialversicherungspflichten Beschäftigungsverhältnissen bundesweit an der Spitze lag, darauf können wir gemeinsam zu Recht stolz sein.

Wir stehen heute vor großen Herausforderungen durch mehrere parallele Transformationsprozesse, die unsere Wirtschaft und unsere ganze Gesellschaft betreffen. Die rasant voranschreitende Digitalisierung, die notwendige Dekarbonisierung und die wachsenden Fachkräftebedarfe sind deshalb auch die großen Themen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und der gesamten Landesregierung.

Berlin hat mit seinen rund 180.000 Unternehmen und Betrieben, dem größten deutschen Startup-Ökosystem und einer herausragenden Digital-, Gesundheits- und Kreativwirtschaft die besten Potenziale, diese Herausforderungen zu meistern. Unser Ziel ist, dass die Berliner Wirtschaft auch in den kommenden Jahren ein Wachstum über dem Bundesschnitt erreicht. Wir wollen Berlin zum Innovationsstandort Nummer 1 in Europa entwickeln, zu einem Standort, der für Klimaneutralität, Energieeffizienz und für höchste Wettbewerbsfähigkeit steht.

Um das erreichen zu können, müssen wir die besten Köpfe und Hände für Berlin sichern. Deswegen setzen wir einen Schwerpunkt auf das Gewinnen und Halten von Talenten und Fachkräften. Insbesondere im Handwerk, in den Klimaberufen und in der Industrie, aber auch im Dienstleistungssektor spielt das eine Schlüsselrolle. Mehr Ausbildung und Weiterbildung sowie stärkere Partizipation von Frauen in der Berliner Wirtschaft rücken wir dabei in den Fokus. Mit der Etablierung eines Chancenfonds verstärken wir die Förderung von Gründerinnen und Unternehmerinnen und im Rahmen des Bündnisses für Ausbildung setzen wir uns das Ziel, bis Herbst 2025 die Zahl der Ausbildungsplätze um 2.000 zu erhöhen.

Zugleich unterstützen wir die Berliner Unternehmen durch ein auf ihre Bedarfe zielendes Förderinstrumentarium und fördern mit Nachdruck innovative, kreative Unternehmensgründungen und Ansiedlungen, auch um dauerhafte und sichere Arbeitsplätze zu schaffen.

Um die tiefgreifenden Transformationsprozesse in der Berliner Wirtschaft zu unterstützen, gehen wir auch neue Wege. Wir entwickeln gemeinsam mit den Branchen ein Resilienzprogramm zur Erhöhung der Krisenfestigkeit unserer Unternehmen und werden zusätzlich mit einem Sondervermögen für Klimaschutz, Resilienz und Transformation und damit verbundenen Milliardeninvestitionen für die notwendige Beschleunigung der Prozesse sorgen. Denn der Wohlstand unserer Stadt hängt elementar davon ab, wie effektiv wir dem Klimawandel begegnen werden. Deshalb müssen wir ganz konkret wirtschaftliches Wachstum und Klimaneutralität zusammendenken und die Energie- und Wärmewende, die Mobilitätswende und den Ausbau der erneuerbaren Energien gemeinsam mit unseren Unternehmen vorantreiben.

Bei der Realisierung unserer Ziele kommt uns zugute, dass Berlin schon heute die Stadt der Vielfalt und der Ideen ist, in der Menschen aus der ganzen Welt zusammenkommen und Neues erdenken, entwickeln und umsetzen. Berlin überzeugt die Menschen durch seine Weltoffenheit und seine gelebte Willkommenskultur. Diese Werte müssen wir hochhalten – weil sie ein Wesensmerkmal unserer Stadt sind und auch ein entscheidender Standortfaktor für eine gute und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.

Ich bin davon überzeugt, dass wir die vor uns liegenden Aufgaben bewältigen können und lade Sie ein, an diesem Prozess und an unserer Vision eines innovativen, wirtschaftsstarken und klimaneutralen Berlins aktiv mitzuwirken.

Franziska Giffey
Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe

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I. Wirtschaftspolitik in Berlin

Die Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg entwickelt sich weiter zu einem dynamischen Kraftzentrum in Deutschland. Hier treffen bedeutende Unternehmen mit einer großen Zahl qualifizierter Fachkräfte, eine innovative Startup-Szene, moderne Infrastruktur und die höchste Forschungsdichte Deutschlands aufeinander. Das prägt auch das Industrie-Profil der Region.

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Berlin ist die Stadt der Ideen, hier wird Neues erdacht, gegründet, entwickelt. Die vielfältige Berliner Wirtschaft lebt von kreativen und innovativen Menschen und ist für ihre Produkte „Made in Berlin“ weltweit bekannt. Der besondere Berliner Branchenmix stärkt den Wirtschaftsstandort. Durch zahlreiche Förderprogramme zur Unterstützung von Innovationen, Ansiedlungen, Gründungen und Bestandsunternehmen, den weiteren Ausbau der 11 Zukunftsorte, die Unterstützung von Reallaboren sowie einer gelebten Willkommenskultur für Unternehmen aus aller Welt trägt die Berliner Wirtschaftspolitik einen wichtigen Teil dazu bei, Berlin im internationalen und europäischen Wettbewerb zum Innovationsstandort Nummer 1 in Europa zu entwickeln.

Schon heute ist Berlin mit seinen rund 180.000 Unternehmen und Betrieben, einer großen Zahl qualifizierter Fachkräfte, dem größten deutschen Startup-Ökosystem, einer herausragenden Digital-, Gesundheits- und Kreativwirtschaft sowie der höchsten Forschungsdichte Deutschlands führend in Europa. Ziel ist es, dass der Berliner Wirtschaft auch in den kommenden Jahren ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über dem Bundesschnitt gelingt.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die bereits laufenden Transformationsprozesse hin zu mehr Digitalisierung und Dekarbonisierung und damit zu einer größeren Zukunftsfähigkeit der Stadt begleitet und gezielt unterstützt werden.

Die Energie- und Wärmewende, die Mobilitätswende, der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Transformation der Berliner Wirtschaft sind für die Entwicklung hin zu einem klimaneutralen Berlin essenziell. Berlin will sich zum Schaufenster für die urbane Energiewende entwickeln und zeigen, was in einer Metropole möglich ist. Die Berliner Wirtschafts- und Energiepolitik steuert, koordiniert und begleitet die notwendigen Transformationsprozesse der Berliner Wirtschaft und die damit verbundenen Infrastrukturprojekte in der Stadt.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist ein maßgeblicher Baustein, um das Ziel der klimaneutralen Stadt zu erreichen. Durch die Mitte April 2023 vom Senat beschlossenen Maßnahmen zur Beschleunigung der Dekarbonisierung des Stromsektors eröffnen sich neue Potentiale für den Bau von Photovoltaik-Anlagen. Mit dem Förderprogramm SolarPLUS bietet das Land Berlin Privatpersonen und Unternehmen gezielte Unterstützung für den Solarausbau an. Im Vordergrund der Förderung stehen Investitionen in Stromspeicher. So soll der Strom, der auf dem eigenen Dach erzeugt wird, zu einem noch größeren Teil vor Ort genutzt werden können. Zudem werden Solaranlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden gefördert, sowie Fassaden-Photovoltaikanlagen und die Kombination von Gründächern mit Solaranlagen.

Mitte März 2023 ging in der Hauptstadt die Initiative „Ort für Nachhaltiges Wirtschaften“ an den Start, um Unternehmen des Landes bei der nachhaltigen Transformation zu unterstützen. Getragen wird das bundesweit bisher einmalige Vorhaben von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zusammen mit dem Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e. V. (BNW), dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND) und der Impact Hub Berlin GmbH. Konkrete Zielsetzung des Projekts: Unternehmen auf dem Weg in die Nachhaltigkeit zu stärken, nachhaltiges Wirtschaften in Berlin nach außen hin sichtbarer zu machen und die Vernetzung der Berliner Wirtschaft in Sachen Nachhaltigkeit zu intensivieren.

Die Entwicklung des Startup-Ökosystems in Berlin stellt sich als eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte dar. Trotz weltweiter Zurückhaltung bei Risikokapitalgebern konnte Berlin im vergangenen Jahr mit 4,9 Mrd. € an geflossenem Venture Capital sein zweitbestes Ergebnis erzielen. Jeder zweite Euro, der 2022 in Deutschland in Startups investiert wurde, ging an Unternehmen in der Hauptstadt. Gerade in den Bereichen Technologie, Kreativwirtschaft und beim Thema Impact und Nachhaltigkeit kommen aus Berlin zukunftsweisende Impulse. Neben 90 Mio. € für die Fortführung der bestehenden VC Fonds Technologie und VC Fonds Kreativwirtschaft wurde mit dem Impact VC Fonds ein zusätzliches Angebot mit einem Volumen von 30 Mio. € geschaffen. Der Impact VC Fonds richtet sich speziell an Start-ups, deren Geschäftstätigkeit neben dem wirtschaftlichen Erfolg auch einen messbaren, positiven Beitrag zur Bewältigung der drängendsten gesellschaftlichen Herausforderungen leistet. Legt man den bisher erzielten Hebeleffekt zugrunde – pro investierten öffentlichen Euro konnten im Durchschnitt mehr als 5 weitere Euro von privaten Investoren mobilisiert werden – können mit der neuen Fondsgeneration voraussichtlich mehr als 700 Mio. € für innovative Berliner Unternehmen bereitgestellt werden.

Mit einer neuen Startup Agenda 2022-2026 will Berlin seine Position als eine der weltweit erfolgreichsten Startup-Metropolen weiter ausbauen und neue Akzente mit mehr Diversität, Nachhaltigkeit und Kooperationen setzen. Die neue Startup Agenda definiert fünf Aktionsfelder, die im Fokus der Weiterentwicklung des Standorts stehen und sich aus den Potenzialen und Bedarfen des Berliner Ökosystems ableiten. Hierzu gehören die Förderung von Impact Startups, die Gewinnung von Talenten und Fachkräften sowie die Stärkung von Female Entrepreneurship und Diversität. Zudem soll die Nutzung von Synergien zwischen Startups, dem Mittelstand und Hochschulen und der Ausbau der digitalen und modernen Verwaltung weiter vorangetrieben werden.

Ziel des Berliner Senats ist es, mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen und damit gleichzeitig die Fachkräfteverfügbarkeit der Berliner Wirtschaft, auch im Kontext der „3 D“-Transformation (Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie), zu sichern. Dieses gemeinsame Ziel von Senat und Wirtschaft wird der handlungsleitende Rahmen für ein Bündnis für Ausbildung sein, das zum Beginn des Ausbildungsjahres 2023/2024 im Roten Rathaus starten wird. Gemeinsames Ziel ist es, 2000 zusätzliche und dauerhafte Ausbildungsplätze bis Herbst 2025 zu schaffen. Darüber hinaus wird sich das Bündnis mit Themen wie verbesserter Berufsorientierung, Öffnung der Schulen für praktische Berufserfahrungen und der Qualitätssicherung von Ausbildungen befassen.

Die Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg entwickelt sich weiter zu einem dynamischen Kraftzentrum. Hier treffen bedeutende Unternehmen mit einer großen Zahl qualifizierter Fachkräfte, eine innovative Startup-Szene, moderne Infrastruktur und die höchste Forschungsdichte Deutschlands aufeinander. Ziel des neuen Außenwirtschaftsportals ist es, Termine, Angebote und Informationen zur Außenwirtschaft und zur Internationalisierung in der Hauptstadtregion in einem Web-Auftritt zentral, kompakt und kostenfrei zur Verfügung zu stellen. So gelangen Nutzerinnen und Nutzer mit wenigen Klicks zu Angeboten wie Unternehmensreisen, Messegemeinschaftsbeteiligungen, Kooperationsbörsen und Informationsveranstaltungen. Der neue Web-Auftritt ist ein gemeinsames Angebot der Wirtschaftsförderungen in Brandenburg und Berlin. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB) hat den Web-Auftritt federführend gemeinsam mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie (BPWT) und mit Unterstützung durch die beiden Landesregierungen konzipiert und erstellt. Inhaltlich beteiligt sind außerdem die vier Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und die Branchennetzwerke in Berlin und Brandenburg. www.aussenwirtschaft-bb.de

Trotz der weiterhin krisengeschüttelten Weltlage ist Berlin im Tourismus und in der Kongressbranche ein starkes Comeback gelungen. Berlin hat sich unter den Top-3-Destinationen gemeinsam mit Paris und London behauptet. 2022 konnte Berlin wieder mehr internationale Besucherinnen und Besucher verzeichnen. Lag die Anzahl der Übernachtungen ausländischer Gäste 2021 noch bei 29 Prozent, waren es im letzten Jahr bereits 38 Prozent. Erstmals waren die USA Top-Auslandsmarkt, noch vor Großbritannien, den Niederlanden und Spanien. Wichtigster Markt für Berlin bleibt mit 62 % Anteil aber weiterhin Deutschland. Mit zahlreichen Maßnahmen unterstützen die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie visitBerlin weiterhin den Neustart der Berliner Tourismus- und Event-Branche, mit den Schwerpunkten Resilienz, Anpassungs- und Innovationsfähigkeit, nachhaltiges Wirtschaften der Branche und Destinationsmanagement (Akzeptanz und Dezentralität).

Für die Herausforderung, die neuen Globalisierungsgegebenheiten konstruktiv aufzugreifen und die anstehenden Transformationsprozesse der Industrie aktiv mitzugestalten, ist die Hauptstadtregion gut aufgestellt. Strategische Grundlage dafür ist die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg – innoBB. Im Fokus der abgestimmten Innovationspolitik der beiden Länder steht weiterhin die Stärkung und Förderung von Unternehmen, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den fünf länderübergreifenden Clustern Gesundheitswirtschaft; IKT, Medien und Kreativwirtschaft; Verkehr, Mobilität und Logistik; Optik und Photonik sowie Energietechnik mit dem Anspruch, zur weltweiten Spitzengruppe zu zählen und für Innovation und Wachstum in der Hauptstadtregion zu sorgen.

Mit dem Masterplan Industriestadt Berlin 2022-2026 (MPI) wurden unter Einbindung des Netzwerks Industriepolitik und weiterer Akteure erste konkrete Maßnahmen für die innovative und zukunftsgerechte Weiterentwicklung des Industriestandorts in den nächsten Jahren beschlossen. Alle Projekte zielen auf die drei zentralen Themen des neuen MPI ab: die digitale Transformation, die ökologische Transformation sowie die Transformation der industriellen Arbeitswelt. Hierfür wurden vier neue Handlungsfelder definiert: Innovation, Kompetenzen, Rahmenbedingungen sowie Kommunikation und Vernetzung. Dieser neue Handlungsrahmen stellt sicher, dass Querschnittsthemen wie Digitalisierung und Fachkräftesicherung adäquat berücksichtigt werden. Zahlreiche Akteure wirken an der Umsetzung der zum Start rund 30 MPI-Projekte mit. Exemplarisch genannt seien Projekte zur Förderung der Schlüsseltechnologien in Berlin, z.B. der Demonstratorenwettbewerb im Leichtbau, bei dem Ende Mai 2023 die besten Leichtbau-Produkte aus verschiedenen Lebensbereichen prämiert wurden. Oder die AMBER-Initiative „Additive Manufacturing Berlin Brandenburg“ (AMBER) als Gemeinschaftsprojekt von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie und der Senatswirtschaftsverwaltung im Bereich 3D-Druck. Im Bereich Digitalisierung wird u.a. das Projekt Digital+ der HTW Berlin weitergeführt, bei dem es um niedrigschwellige Informations- und Unterstützungsangebote zur Digitalisierung von KMU geht. Darüber hinaus befindet sich das Thema Cybersecurity für Industrieunternehmen im Portfolio, genauso wie das Thema Kreislaufwirtschaft. Im Bereich Klima- und Ressourcenschutz läuft mit dem Grünen Kraftwerk vom Unternehmensnetzwerk Motzener Straße bereits eine Erfolg versprechende Maßnahme, die die ökologische Transformation der Berliner Industrie mitgestalten kann. Im Rahmen eines MPI-Projekts der Industriegewerkschaften wird das Ziel verfolgt, die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen in die Gestaltung der Transformation intensiv einzubinden.

Seit Jahren steigen die Gewerbemieten in Berlin. In der Folge drohen immer mehr kleine Handwerksbetriebe aus ihren angestammten Kiezen verdrängt zu werden. Um diese Entwicklung aufzuhalten, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Einleitung der nächsten Planungsschritte zur Errichtung eines ersten landeseigenen Gewerbehofs veranlasst. Dieser Gewerbehof soll in Berlin-Lichtenberg, einer landeseigenen 12.000 m2 großen Liegenschaft, entstehen. Das dort geplante Zusammenspiel zwischen klassischer Handwerks- und Produktionstätigkeit mit digitalem Know-how und Gründungsideen soll den Transformationsprozess in der Wirtschaft voranbringen und damit auch zur Fachkräftesicherung beitragen.

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II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin

Die Berliner Wirtschaft konnte auch 2022 in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld expandieren. Das BIP erhöhte sich trotz der hohen Unsicherheiten und Geschäftshemmnisse infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine um real 4,9 % und ist damit erneut überdurchschnittlich gewachsen. Vor allem die Branchen Information und Kommunikation und die Unternehmensdienstleistungen haben Wachstumsimpulse ausgelöst. Allerdings sind die Belastungen insbesondere durch die Inflation im laufenden Jahr weiterhin hoch und die Beschäftigungsdynamik ist verhaltener als 2022. Damit kann für 2023 in Berlin zurzeit nur von einer gegenüber dem Vorjahr leicht positiven Wirtschaftsentwicklung ausgegangen werden.

Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung

Berlin hat sich auch 2022 als resilient in Krisensituationen erwiesen und das reale Bruttoinlandsprodukt um 4,9 % gesteigert. Damit wurde das bundesweite Wachstum, das im letzten Jahr 1,8 % erreichte, ein weiteres Mal übertroffen. Insgesamt lag das Bruttoinlandsprodukt 2022 in Berlin bei 179,4 Mrd. Euro; dies waren 13,9 Mrd. Euro mehr als ein Jahr zuvor. Die Dienstleistungsbranchen haben die Wertschöpfung 2022 insgesamt um real 6,2 % gesteigert und damit erneut maßgeblich zum wirtschaftlichen Wachstum Berlins beigetragen. Neben postpandemischen Impulsen gingen besonders starke Wachstumsbeiträge von den Informations- und Kommunikationsdienstleistungen und den Unternehmensdienstleistungen aus; beide Branchen haben 2022 zusammen rund zwei Drittel des Wertschöpfungswachstums in Berlin erbracht.

Die Berliner Wirtschaft ist trotz der konjunkturellen Risiken gefestigt in das Jahr 2023 gestartet. Allerdings ist die Stimmungslage noch verhalten. Auf Grundlage der IHK-Frühjahrsumfrage bewegten sich die aktuellen Lageurteile der Unternehmen mit einem Positivsaldo von 25 Punkten auf ähnlichem Niveau wie am Jahresanfang, aber noch unter dem Stand vom Frühjahr 2022. Dabei sind die wirtschaftlichen Risiken teils stark ausgeprägt. Am häufigsten wurde der Fachkräftemangel genannt (von 68 % der Unternehmen). 57 % gaben die Arbeitskosten als wirtschaftliches Risiko an; 56 % die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. 53% verwiesen auf die Energie- und Rohstoffpreise (Jahresbeginn: 64 %). Auch die gestiegenen Zinsen belasten die Unternehmen. Angesichts der Geschäftsrisiken und globalen Unsicherheiten blieb der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen mit einem Wert von +1 Punkt gegenüber dem Jahresbeginn ebenfalls nahezu unverändert auf einem niedrigen Niveau. Auch der Erwartungssaldo der Handwerksbetriebe war mit -2 Punkten noch verhalten, was zusammen auf eine eher moderate konjunkturelle Dynamik im laufenden Jahr hinweist. Dafür spricht auch der ifo-Erwartungsindex, der im Mai, Juni und Juli nach einer schrittweisen Erholung in den Vormonaten wieder etwas nachgegeben hat und somit eine bundesweit zunächst verhaltene Entwicklung andeutet.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist angesichts der noch hohen Inflation, nicht ausgestandener Lieferengpässe und der geopolitischen Unsicherheit jedoch weiterhin mit starken Geschäftsrisiken behaftet. Gleichwohl kann für Berlin 2023 von weiterem BIP-Wachstum ausgegangen werden.

Dabei gibt es Auftriebskräfte im Dienstleistungssektor, der in Berlin überdurchschnittlich repräsentiert ist und somit über die Wirtschaftsstruktur auf das BIP-Wachstum ausstrahlt. Ein wichtiger Impulsgeber bleibt 2023 die Branche Information und Kommunikation, aber auch die Unternehmensdienstleistungen haben weiteres Wachstumspotential. Allerdings ist die Beschäftigungsdynamik in den genannten Wirtschaftszweigen in diesem Jahr schwächer und damit auch der absehbare Wertschöpfungsimpuls. Positiv dürfte sich 2023 erneut der Berlin-Tourismus entwickeln, der sich noch unter dem Niveau vor der Pandemie bewegt und Aufwärtspotenzial hat. Auch werden weiter steigende BER-Fluggastzahlen erwartet. Dies strahlt auf das Gastgewerbe aus, wenn auch mit einer schwächeren Dynamik als 2022, das durch teils sehr starke postpandemische Impulse geprägt war. Die Entwicklung im Berliner Einzelhandel wird hingegen durch die noch hohe Inflation gedämpft, die das Konsumklima auch im laufenden Jahr belasten wird. Der weltwirtschaftliche Ausblick wiederum ist angesichts der globalen Verwerfungen infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zurzeit noch eher verhalten. Die Industrie zeigt sich in Berlin 2023 bislang robust bei einem im Frühjahr gegenüber dem Jahresanfang wieder besseren Geschäftsklima. Auch die laut ifo-Institut nachlassenden angebotsseitigen Produktionsbehinderungen stabilisieren die Lage. Auf Bundesebene haben sich die industriellen Geschäftserwartungen von Mai bis Juli aber wieder eingetrübt, womit noch keine starke konjunkturelle Dynamik in der Industrie angezeigt ist. Das Baugewerbe ist, neben den weiterhin hohen Baupreisen, den ungünstigeren Finanzierungsbedingungen und deren Folgen für das Neugeschäft ausgesetzt. Damit befindet sich die Branche im laufenden Jahr in einem schwierigen konjunkturellen Umfeld.

Was die gesamte BIP-Entwicklung betrifft, wird unter Berücksichtigung der dienstleistungsorientierten Berliner Wirtschaftsstruktur für 2023 zunächst von weiterem Wachstum ausgegangen. Bei einem Basisszenario, bei dem sich die geopolitische Lage nicht verschärft, würde das BIP nach den beiden Vorjahren damit erneut expandieren. Dabei lag die Inflationsrate in Berlin im Juli mit 6,1 % (Verbraucherpreisindex im Vergleich zum Vorjahresmonat) unter dem Wert vom Jahresanfang 2023, der 8,8 % betragen hatte. Allerdings fiel die Kerninflation (Verbraucherpreisindex ohne Energie und Lebensmittel) mit 4,9 % nach wie vor noch hoch aus. Insgesamt dürfte laut ifo-Institut der Gipfel der Preissteigerungen jedoch überwunden sein. Allerdings dürften sich die Inflationsraten auf einem vorerst noch hohen Niveau bewegen und entsprechend nur schrittweise zurückgehen. Die Bundesregierung erwartet für Deutschland nach 6,9 % in 2022 (Berlin 7,1 %) für 2023 eine Inflationsrate von jahresdurchschnittlich 5,9 %. Erst für 2024 geht sie von einer stärkeren Entspannung aus (2,7 %).

Beschäftigung deutlich gewachsen
Die positive wirtschaftliche Entwicklung in Berlin hat sich 2022 auch auf dem Arbeitsmarkt gezeigt. Mit einer wieder höheren Arbeitskräftenachfrage hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten deutlich erhöht. Im Jahresdurchschnitt 2022 gab es rund 65.400 bzw. 4,1 % Beschäftigte mehr als ein Jahr zuvor; bundesweit entstand ein Plus von 1,8 %. Entsprechend kam es auch zu einer deutlichen Zunahme bei der Gesamtzahl der Erwerbstätigen, die 2022 in Berlin um 68.400 gestiegen ist. Im Zuge einer zum Jahreswechsel schwächeren wirtschaftlichen Dynamik fiel das Tempo beim Personalaufbau anschließend jedoch verhaltener aus. Auch Anfang 2023 war der Beschäftigungsstand aber immer noch spürbar höher als im Vorjahr. So gab es im Mai 2023 in Berlin rund 26.100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als im Vorjahresmonat.

Infolge der im vergangenen Jahr verbesserten Beschäftigungssituation bewegt sich die Kurzarbeit auf einem nur noch geringen Niveau. So gingen im Juli dieses Jahres von 48 Betrieben neue Anzeigen zur konjunkturellen Kurzarbeit ein (Juni 73, Mai 68; zum Vergleich Juli 2022: 78). Von den neuen Anzeigen im Juli waren 1.008 Personen potenziell betroffen (Juni 846, Mai 631; zum Vergleich Juli 2022: 547). Auch die Inanspruchnahme von Kurzarbeit ist auf einem wieder geringen Niveau. Dazu liegen Angaben bis April 2023 vor, in dem es in Berlin 1.484 Kurzarbeitende gab (März 1.842, Februar 1.845; zum Vergleich April 2022: 14.227). Somit befanden sich im April 2023 in Berlin 0,1 % der Beschäftigten in Kurzarbeit (Bund 0,4 %).

Die Arbeitslosenzahl lag im Jahresdurchschnitt 2022 in Berlin bei 179.300 und damit um 19.100 unter dem Niveau von 2021 (-9,6 %, Bund -7,5 %), obgleich die Geflüchteten aus der Ukraine seit Mitte letzten Jahres in den Jobcentern erfasst sind. Im Zuge einer bundesweit und auch in Berlin Anfang 2023 aber verhalteneren Entwicklung am Arbeitsmarkt bewegt sich die Arbeitslosenzahl jedoch auf einem wieder etwas höheren Niveau. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen lag im Juli 2023 in Berlin um rund 6.300 bzw. 3,4 % über dem Stand des Vorjahresmonats (darunter Arbeitslose mit ukrainischer Staatsangehörigkeit -200). Allerdings fiel der Anstieg damit insgesamt geringer aus als im Bundesdurchschnitt (+5,9 %) und in den meisten anderen Bundesländern.

Die Perspektiven für den Berliner Arbeitsmarkt sind grundlegend positiv zu beurteilen. Vor allem von den wachsenden Dienstleistungsbranchen dürften weiterhin Impulse auf die Arbeitskräftenachfrage ausgehen. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X) zeigte sich in Berlin im Juli weiterhin gefestigt. Außerdem sind die Beschäftigungsabsichten der Berliner Unternehmen insgesamt expansiv, wozu teils aber auch die Knappheiten am Arbeitsmarkt beitragen dürften. Gemäß IHK-Umfrage vom Frühjahr planten 28 % der Unternehmen einen Beschäftigungszuwachs und 17 % einen Stellenrückgang. Der Positivsaldo fiel mit 11 Punkten ähnlich hoch aus wie am Jahresbeginn (14 Punkte), hatte im Frühjahr 2022 indes noch 21 Punkte betragen. Bei den Handwerksbetrieben waren die Personalpläne mit einem Saldo von 6 Punkten im Frühjahr ebenfalls leicht positiv. Dies deutet, bei einem gegenüber 2022 geringeren Tempo, im laufenden Jahr auf ein Beschäftigungswachstum in Berlin hin. Damit würde sich die positive Entwicklung bei der Zahl der Arbeitsplätze, die in Berlin in den letzten Jahren zudem stärker als bundesweit expandiert ist, auch 2023 fortsetzen.

Dienstleistungen weiter expandiert
Der Dienstleistungssektor ist 2022 insgesamt spürbar expandiert und hat damit maßgeblich zum wirtschaftlichen Wachstum in Berlin beigetragen. Zum einen gab es starke postpandemische Impulse im Tourismus, zum anderen konnten Berliner Wachstumsbranchen wie Information und Kommunikation und die Unternehmensdienstleistungen deutlich zulegen.

Der Tourismus hat sich in Berlin, nach dem Ausfall etlicher Großveranstaltungen noch zu Jahresbeginn, im Verlauf 2022 mit den weggefallenen Corona-Maßnahmen und den damit verbundenen postpandemischen Impulsen stabilisiert. Auch das Kongress-Geschäft nahm an Fahrt auf. Im Gesamtjahr 2022 wurden in Berlin somit 26,53 Mio. Übernachtungen verzeichnet. Diese Zahl übertraf infolge dreistelliger Zuwachsraten bis zur Jahresmitte den Vorjahreswert (13,96 Mio.) deutlich um 90,0 %, war aber noch 22,3 % geringer als 2019. Auch bei den Gästezahlen war die Entwicklung 2022 überaus positiv. Im Gesamtjahr 2022 kamen 10,43 Mio. Besucherinnen und Besucher in die Hauptstadt; dies waren rund doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum (5,13 Mio.), aber noch ein Viertel weniger als im Vergleichsjahr 2019 (13,96 Mio.). Der wieder anziehende Berlin-Tourismus hat die Bettenauslastung erhöht. Diese betrug 2022 insgesamt 51,7 % und übertraf damit deutlich den Wert aus 2021 (30,6 %), blieb aber noch hinter dem Vorkrisenniveau von 2019 (62,7 %) zurück. Im Dezember 2022 gab es dabei rund 142.000 angebotene Betten in Berlin, somit 2,8 % mehr als im Dezember 2021 bzw. 5,3 % weniger als im Dezember 2019. Mit dem insgesamt im letzten Jahr wieder stärkeren Berlin-Tourismus fielen zudem die BER-Fluggastzahlen rund doppelt so hoch aus wie 2021, bewegten sich aber immer noch um 44,3 % unter dem Wert des Jahres 2019. Angesichts des noch nicht erreichten Niveaus aus dem Jahr vor der Pandemie besteht für den Tourismus 2023 weiteres Wachstumspotenzial. Dies zeigen bereits die Zahlen für die ersten fünf Monate 2023. Auch wenn die Wachstumsraten am Ende dieses Zeitraums schwächer ausfielen, gab es von Januar bis Mai 2023 in Berlin insgesamt 31,2 % mehr Übernachtungen als im Vorjahreszeitraum.

Von dem wieder stärkeren Tourismus sind 2022 deutliche Impulse auf das Berliner Gastgewerbe ausgegangen. Angesichts sehr hoher Zuwachsraten im 1. Halbjahr war der preisbereinigte Umsatz im Berliner Gastgewerbe 2022 insgesamt um 52,3 % (Beherbergung +85,3 %; Gastronomie +37,9 %) höher als im Vorjahr. Nach sehr negativen Geschäftserwartungen im Berliner Gastgewerbe im Herbst haben sich diese gemäß IHK-Umfrage vom Jahresbeginn 2023 aber wieder ins Positive gedreht und fielen auch im Frühjahr günstig aus. In den ersten fünf Monaten 2023 lag der Umsatz um 12,8 % über dem Stand im Vorjahreszeitraum. Entsprechend gab es im Gastgewerbe wieder einen Stellenzuwachs. Im Gesamtjahr 2022 ist der Personalstand um 13,8 % gestiegen.

Im Berliner Einzelhandel wirkte sich hingegen zum Ende des letzten Jahres das durch den Preisauftrieb belastete Konsumklima negativ aus. Durch einen deutlich negativen Wert im letzten Quartal, als die Umsätze um 5,4 % unter dem Wert vom Vorjahreszeitraum lagen, entstand im Berliner Einzelhandel trotz positiver Daten in den drei Vorquartalen 2022 insgesamt ein um real 0,1 % geringeres Umsatzergebnis als im Vorjahr. Von Januar bis Mai 2023 gab es ein Minus von 3,4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bezogen auf das Gesamtjahr gab es 2022 nur zwei Bereiche des stationären Einzelhandels mit einem Umsatzplus: Handel mit Verlagsprodukten, Sportausrüstungen etc. und Handel mit IK-Technik, Haushaltsgeräten etc. Bei diesen beiden Bereichen ist allerdings zu beachten, dass sie teils kräftige Einbußen während der Corona-Pandemie zu verzeichnen hatten. Der Onlinehandel und der Nahrungsmittelhandel, die in der Pandemie zunächst spürbare Zuwächse hatten, unterschritten demgegenüber die Umsätze von 2021. Was den Beschäftigungsstand im Einzelhandel betrifft, so bewegte sich dieser nach einem positiven Wachstum im 1. Halbjahr 2022 ab dem 3. Quartal unter dem Niveau des Vorjahres. Die Neueintragungen für die Ausbildungsberufe Einzelhandelskauffrau/-mann (von 957 auf 946), Verkäufer/-in (von 529 auf 509) sowie Kauffrau/-mann im E-Commerce (von 74 auf 54) sind 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken.

Für das Gesamtjahr 2022 hat sich im Berliner Einzelhandel indes noch ein leichtes Personalplus von 0,5 % ergeben. Was den Ausblick betrifft, dürfte sich der private Konsum bei im Jahresverlauf nachlassenden Inflationsraten bundesweit etwas erholen und positiv auf den Einzelhandel ausstrahlen. In Berlin bewegten sich die Geschäftserwartungen im gesamten Einzelhandel im Frühjahr 2023 wieder im positiven Bereich, nachdem sie am Jahresbeginn und vor allem im Herbst letzten Jahres negativ ausgefallen waren. Gleichwohl hatte das Konsumklima in Deutschland insgesamt laut GfK im Juli ein noch niedriges Niveau.

Die Dienstleistungsbranchen sind 2022 insgesamt wieder spürbar expandiert und waren damit zentraler Impulsgeber der wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin. Dies unterstreichen auch die stark gestiegenen Beschäftigtenzahlen. Mit Stichtag 30. Juni 2022 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in wichtigen Berliner Dienstleistungsbereichen deutlich über dem entsprechenden Vorjahresstand. Dies gilt bspw. für den Bereich der unternehmensnahen und sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (+17.000) bzw. für Information und Kommunikation (+16.700). Die Entwicklung der Dienstleistungen verlief seitdem insgesamt verhaltener, aber es sind weiterhin dort deutlich mehr Menschen beschäftigt als vor einem Jahr. Im Mai 2023 fiel die Beschäftigtenzahl bspw. bei Information und Kommunikation um 6.600 höher aus als ein Jahr zuvor. Mit einer Wachstumsrate von 4,7 % war der Zuwachs an Stellen in dieser Branche weiterhin etwas höher als im Bundesdurchschnitt.

Insgesamt gab es in Berlin am 30. Juni 2022 im Dienstleistungsbereich rund 1.445.500 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; dies waren 87 % aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Mit Stand Mai 2023 waren nach vorläufigen Angaben im Berliner Dienstleistungsbereich insgesamt 1.468.200 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Im Dienstleistungssektor sind weiterhin überwiegend Frauen tätig. Rund 53 % aller in diesem Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind weiblich.

Produzierende Branchen gefestigt – aber hohe Risiken
Die Industrie blieb in Berlin im Jahresverlauf 2022 bei den Umsätzen insgesamt stabil. Dies gilt auch für die Auftragseingänge, die im Zuge des schwierigen konjunkturellen Umfeldes aber zum Jahresende verhaltener waren und daher 2022 insgesamt minimal um real 0,4 % nachgegeben haben. Die Beschäftigung in der Berliner Industrie, die durch einen vielfältigen Branchenmix gekennzeichnet ist, bewegte sich wiederum mit einem leicht positiven Vorzeichen über dem Niveau des Vorjahres. Gegenüber dem Herbst letzten Jahres, als sich laut IHK-Umfrage der Saldo bei den Geschäftserwartungen der Industrieunternehmen noch mit 40 Punkten im Minus befand, hat er sich Anfang 2023 bereits spürbar verbessert. Dennoch bewegte er sich mit 10 Punkten weiter im negativen Bereich und insbesondere die Energie- und Rohstoffpreise wurden als Risiko angesehen. Die Industrieumsätze fielen in den ersten fünf Monaten um 4,7 % schwächer aus als im Vorjahreszeitraum; die Auftragseingänge nahmen aber durch einen robusten Jahresauftakt von Januar bis Mai um 6,4 % zu. Auch gemäß der IHK-Frühjahresumfrage haben sich die Aussichten aufgehellt. Demnach bewegte sich der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Geschäftserwartungen der Berliner Industrieunternehmen mit 12 Punkten mittlerweile im positiven Bereich, obgleich noch immer 80 % die Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko eingestuft haben. Die Beschäftigungsabsichten der Berliner Industrie waren mit im Saldo 14 Punkten aber ebenfalls positiv ausgerichtet. Bundesweit fiel der ifo-Erwartungsindikator in der Industrie im Mai, Juni und Juli jedoch wieder ungünstiger aus, nachdem er sich in den Vormonaten schrittweise verbessert hatte. Verbunden mit einer gedämpften weltwirtschaftlichen Entwicklung bewegt sich die Berliner Industrie damit zurzeit noch in einem verhaltenen konjunkturellen Umfeld.

Die Exporte made in Berlin zeigten sich im Jahresverlauf 2022 ebenfalls stabil. Laut Außenhandelsstatistik wurden im letzten Jahr von Berlin aus Waren im Wert von 16,41 Mrd. Euro exportiert, womit der Stand aus 2021 um 532 Mio. € übertroffen wurde. Die Ausfuhren in die EU waren dabei etwas höher als ein Jahr zuvor, während die Exporte in die USA und nach China als stärkste Abnehmerländer von Berliner Produkten vergleichsweise stärker zunahmen. In die EU wurden 2022 Waren im Wert von 7,3 Mrd. Euro exportiert, in die USA bzw. nach China betrug der Exportwert 1,6 bzw. 1,4 Mrd. Euro.

Das Baugewerbe ist auch in Berlin belastet durch das schwierigere Marktumfeld durch gestiegene Baukosten und Zinsen und Materialknappheit. Im Berliner Bauhauptgewerbe kam es 2022 zwar zu einem Umsatzanstieg von 13,7 %. Dabei fiel der Zuwachs im Wohnungsbau mit 17,3 % leicht überdurchschnittlich aus, aber auch der öffentliche Bau und der Gewerbebau befanden sich im Plus. Das Ausbaugewerbe hat 2022 die Umsätze um 12,2 % gesteigert, womit zusammen mit dem Bauhauptgewerbe im letzten Jahr in Berlin ein baugewerblicher Umsatzzuwachs von insgesamt 13,1 % entstand (jeweils bezogen auf Betriebe ab 20 Beschäftigten). Allerdings ist zu bedenken, dass dieser nominale Umsatzanstieg auf dem Preisauftrieb basieren dürfte. Gleichwohl blieb die Baubranche insgesamt stabil, was sich auch an der Zahl der Arbeitsstunden zeigt, die 2022 arbeitstäglich bereinigt um 2,0 % höher ausfiel als ein Jahr zuvor. Die Beschäftigung hatte ebenfalls ein etwas höheres Niveau.

In das Jahr 2023 ist das Berliner Bauhauptgewerbe verhalten gestartet. Die Umsätze lagen in den ersten fünf Monaten nominal etwa auf dem Stand vom Vorjahreszeitraum; bei den Auftragseingängen gab es einen um 5,5 % schwächeren Wert. Hinzu kommt der Preiseffekt, womit die Werte in realer Betrachtung noch geringer ausfallen. Bei der Zahl der genehmigten Wohnungen wurde im Jahr 2022 (16.968) der Stand vom Vorjahr (18.716) nicht erreicht. In den ersten fünf Monaten 2023 (7.263) gab es aber wieder ein Plus zum Vorjahreszeitraum (6.368). Der im letzten Jahr zwar zurückgegangene, aber noch hohe Auftragsbestand (Ende März 2023 bei 2,47 Mrd. €) schafft indes zunächst eine gute Grundlage für ein stabiles Baugeschehen. Allerdings belastet das Geschäftsumfeld das Neugeschäft. Die Geschäftserwartungen am Bau zeigten sich laut IHK zwar im Frühjahr besser als zu Jahresbeginn, blieben im Saldo aber weiter negativ (12 % besser, 27 % schlechter).

Das Berliner Handwerk war im vergangenen Jahr ebenfalls von dem insgesamt schwierigen Geschäftsumfeld betroffen. Zum Herbst haben u. a. die Folgen des starken Preisauftriebs bei Energie und Rohstoffen und die hohe Unsicherheit im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine das Konjunkturklima deutlich belastet. Gleichwohl kam es zu keinem Einbruch der Geschäfte und es gab noch einen Positivsaldo von 24 Punkten aus guten und schlechten Urteilen zur Geschäftslage, jedoch auf einem gegenüber 2019 schwächeren Niveau. Infolge der starken Geschäftsrisiken waren aber die Erwartungen spürbar ungünstiger und die prognostizierte Nachfrage fiel schwächer aus. Nur neun Prozent der Handwerksbetriebe erwarteten im Herbst letzten Jahres bessere Geschäfte, gegenüber 41 mit negativen Prognosen. Damit lag der Erwartungssaldo, nach einem Minus von 6 Punkten im Frühjahr 2022, mit 32 Punkten im negativen Bereich. Brüche z. B. in Form einer Gasmangellage sind im Winterhalbjahr aber ausgeblieben und der Preisauftrieb hat sich nicht weiter zugespitzt. Der Auftragseinbruch für das Berliner Handwerk ist insgesamt betrachtet ausgeblieben. Damit ist auch die befürchtete negative konjunkturelle Entwicklung nicht eingetreten, womit sich die Lage aus Sicht der Betriebe weiterhin stabil und im Frühjahr 2023 wieder etwas besser darstellte.

Insgesamt bezeichneten 38 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut und 11 Prozent als schlecht. Der Positivsaldo lag mit 27 Punkten leicht über dem Niveau der Vorumfrage, vor allem haben sich aber die Erwartungen wieder verbessert und bewegten sich nur noch geringfügig mit 2 Punkten im negativen Bereich. Allerdings zeigte sich das Handwerk damit noch eher verhalten gegenüber der weiteren konjunkturellen Entwicklung und die hohen Preise, Lieferengpässe und der Fachkräftebedarf sind weiterhin belastende bzw. herausfordernde Faktoren. Dabei rücken die klimarelevanten Handwerksberufe im Zuge der Energiewende zunehmend in den Fokus. Die Beschäftigungspläne der Handwerksbetriebe sind indes insgesamt leicht aufwärtsgerichtet, jedoch nicht mehr so expansiv wie in der Vor-Corona-Zeit. 16 Prozent aller Betriebe planten im Frühjahr 2023 zusätzliche Stellen, gegenüber 10 Prozent mit rückläufigen Personalplänen. Rund drei Viertel der Handwerksbetriebe signalisierten somit ein weiterhin stabiles Beschäftigungsniveau.

Berlin ist trotz des unsicheren konjunkturellen Umfelds auch 2022 ein starker Standort für Unternehmensgründungen geblieben. Mit 37.125 Neugründungen wurden die Werte aus 2021 (39.267) und 2019 vor der Pandemie (38.210) nicht ganz erreicht. Gleichwohl bewegen sich die Gründungszahlen auf einem überdurchschnittlichen und damit weiterhin hohen Niveau. Berlin hatte auch 2022 mit 100 Neugründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner den höchsten Wert im Vergleich der Bundesländer; gefolgt von Hamburg (85) und Bremen (83). In Deutschland insgesamt wurde ein Wert von 66 erreicht. Was die Betriebsgründungen betrifft, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen, zeigte sich ebenfalls das hohe Niveau. Im Jahr 2022 entstanden in Berlin 9.596 neue Betriebe, gegenüber 10.172 im Vorjahr bzw. 9.100 in 2019 im Vorfeld der Pandemie. Damit belegte Berlin auch bei den Betriebsgründungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner im Jahr 2022 mit 25,8 den Spitzenplatz; knapp vor Bremen (25,6) und Hamburg (23,9). Im Bundesdurchschnitt entstand ein Wert von 13,7. Die Gründungsaktivität ist in der Hauptstadt begleitet von einem starken Startup-Ökosystem. 2022 flossen nahezu 5 Mrd. Euro und damit knapp die Hälfte des bundesweit investierten Kapitals laut EY-Startup-Barometer an Startups aus Berlin. Speziell über IBB Ventures werden mit dem Impact-Fonds zudem ökologische, soziale und nachhaltige Startups gestärkt.

Das Insolvenzgeschehen ist im letzten Jahr stabil geblieben. Insgesamt gab es 2022 in Berlin 1.252 Unternehmensinsolvenzen. Dies waren etwa so viele wie 2021 (1.242) und 2020 (1.233), aber weniger als 2019 (1.382). In den ersten vier Monaten 2023 kam es zu 536 Unternehmensinsolvenzen, dies waren etwas mehr als im Vorjahr (451). Hinweise auf künftige Unternehmensinsolvenzen könnten die Anträge auf Eröffnung von Regelinsolvenzverfahren auf Basis der Statistik in Zivilsachen liefern (sog. ZP-Statistik). Deren Zahl lag im Mai (365) in Berlin zwar etwas über dem Wert vom Vorjahresmonat (337), hat sich gegenüber den Werten der Vormonate (April 355, März 388, Februar 337, Januar 390) aber nicht wesentlich verändert. Eine Insolvenzwelle ist damit weiterhin nicht absehbar. Allerdings stellen die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die höheren Energiepreise zusätzliche Risiken für die Unternehmen dar, deren Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen laut BMWK in den nächsten Monaten aber nur schwer abzuschätzen sind.

Durch Energiekrise, Lieferengpässe und die in der COVID-19-Pandemie häufig aufgebrauchten Reserven sind viele Unternehmen und Selbstständige weiterhin unter starkem wirtschaftlichem Druck. Vor diesem Hintergrund fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit Dezember 2020 eine kostenfreie allgemeine Schuldnerberatung für Kleinstunternehmen beim Träger Berliner Stadtmission e.V. Die Schuldnerberatung arbeitet seit dem 1.1.2021 in vollständiger personeller Besetzung und hat in 2022 insgesamt 1.897 Beratungsgespräche mit 702 Klientinnen und Klienten geführt. Insgesamt wurden 56 Insolvenzverfahren eröffnet.

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher Wohlstand und ökonomische Stabilität

Das Bruttoinlandsprodukt als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit hat sich bis zur COVID-19-Pandemie in Berlin äußerst positiv entwickelt. Es erhöhte sich zwischen 2016 und 2019 um real 11,5 %. Im Corona-Jahr 2020 sank die Berliner Wirtschaftsleistung um 2,3 %; allerdings weniger stark als der Bund (-3,7 %). Dieser Rückgang wurde jedoch schon 2021 mit einem Wachstum von 3,2 % überkompensiert. Im Jahr 2022 zeigte sich die Berliner Wirtschaft besonders krisenresilient. Sie wuchs um 4,9 % und damit deutlich stärker als der Bund (+1,8 %). Konjunkturelle Treiber waren die Dienstleistungsbranchen und dabei insbesondere Information und Kommunikation sowie die Unternehmensdienstleistungen. Das Bruttoinlandsprodukt ist ein Indikator für die gesamtwirtschliche Leistung, allerdings nur ein unzureichendes Maß für die Wohlfahrt eines Staates oder das Glück und die Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Neben diesen Effekten werden auch Fragen der Begrenztheit natürlicher Ressourcen nur unzureichend adressiert. Deshalb bedarf es neben dem BIP weiterer Indikatoren aus dem ökonomischen, sozialen und ökologischen Bereich, um den gesellschaftlichen Fortschritt in Richtung einer sozial-ökologisch nachhaltigen Wirtschaft adäquat abbilden zu können.

Mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wird der durchschnittliche wirtschaftliche Wohlstand des Einzelnen und dessen Veränderung gemessen. Da die Entwicklung des Produktionsniveaus von der Bevölkerungsentwicklung und damit vom Arbeitskräftepotenzial abhängt, ist es beim Vergleich des Lebensstandards der einzelnen Bundesländer deshalb sinnvoll, einen Indikator zu nutzen, der auf die absolute Einwohnerzahl der Staaten normiert ist. Auch bei dieser Kennziffer zeigt sich die positive Entwicklung und der Aufholprozess Berlins. Seit 2018 übertrifft das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Berlin, erstmals seit dem Jahr 2000, wieder den Bundesdurchschnitt. Während der Corona-Pandemie 2020 sank die Wirtschaftsleistung pro Kopf um 0,5 % gegenüber dem Vorjahr, bevor sie dann 2021 und 2022 um 5,4 % bzw. 6,8 % auf schließlich 48.147 € zunahm.

Vor dem Hintergrund der digitalen und ökologischen Transformation sind erhebliche Investitionen zu tätigen. Die Bruttoanlageinvestitionen geben hierbei Aufschluss über die Erweiterung und den Ersatz von Produktionskapazitäten der betrieblichen und der öffentlichen Infrastruktur. Die Bruttoanlageinvestitionen stellen dabei den Wert der Anlagen dar, die von inländischen Wirtschaftseinheiten erworben werden, um sie länger als ein Jahr im Produktionsprozess einzusetzen. Aufgrund des langfristigen Charakters von Investitionen spielt bei Investitionsentscheidungen das Vertrauen der Wirtschaftsakteure in die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes eine wichtige Rolle. Investitionen in neue Anlagen bestehen aus den drei Teilbestandsgrößen Ausrüstungen (z. B. Maschinen und Geräte), Bauten (z. B. Bauleistungen an Wohn- und Nichtwohngebäuden) und sonstige Anlagen (z. B. Investitionen für Software und Datenbanken).

Die Bruttoanlageinvestitionen betrugen 2020 in Berlin insgesamt 30,0 Mrd. € (aktueller Datenstand gemäß Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen der Länder). Damit lag die Investitionsquote 2020 in Berlin ebenso wie im Vorjahr bei 19,1 %. Anschaffungen von neuen Anlagen wurden in Berlin mit anteilig 87,3 % hauptsächlich vom Dienstleistungssektor getätigt. Auf das Produzierende Gewerbe (Industrie, Energie, Bau) entfielen 12,7 % der neuen Anlagen. Grundlegend bleibt die Investitionsneigung in Berlin positiv ausgerichtet, d. h. der Saldo aus zunehmenden und abnehmenden Investitionsabsichten in den Konjunkturumfragen der Industrie- und Handelskammer bleibt positiv. Nach einer COVID-bedingten Phase schwächerer Investitionsneigungen haben sich die Investitionsabsichten Berliner Unternehmen bis zum Herbst 2021 wieder erholt. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat der konjunkturelle Gegenwind in Form von hoher Inflation, hohen Energiepreisen, weiterhin gestörten Lieferketten und unsicheren Zukunftsaussichten, die Investitionsneigung der Unternehmen wieder zurückgehen lassen. Auch im Frühjahr 2023 bewegten sich die Investitionsabsichten der Berliner Unternehmen auf einem noch verhaltenen Niveau.

Ein zentraler Zukunftsfaktor sind außerdem die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE). Diese sind laut OECD Ausgaben für schöpferische und systematische Arbeit zur Erweiterung des Wissensstands und zur Entwicklung neuer Anwendungen auf Basis des vorhandenen Wissens.

Dadurch wird die technologische Grundlage für neue oder signifikant verbesserte Produkte und Prozesse in einem nationalen und internationalen Wettbewerbsumfeld gelegt. Je höher die FuE-Ausgaben sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für eine dynamische Entwicklung der Produktivität, ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit.

Die FuE-Ausgaben haben in Berlin, nach einem kurzen Rücksetzer 2020, im Jahr 2021 wieder an ihren kontinuierlichen Wachstumstrend angeknüpft. Beim Anteil der Ausgaben für öffentliche FuE am Bruttoinlandsprodukt bildete Berlin mit 1,31 % im Jahr 2021 neben Bremen die Spitzengruppe unter den Bundesländern. Für Hochschulen wird in Berlin der länderweit höchste Anteil am BIP mit 0,88 % ausgewiesen. Die Ausgaben der Berliner Wirtschaft in FuE sind hingegen unterdurchschnittlich. Hier weisen industriestarke südliche Bundesländer hohe Werte auf.

Der Anteil aller Ausgaben für FuE am Bruttoinlandsprodukt inkl. der Wirtschaft und Hochschulen lag in Berlin 2021 bei 3,35 %. In Deutschland betrug dieser Wert 3,14 %. Die europäischen Länder haben sich bereits im Jahr 2000 das Ziel gesetzt, 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts für FuE auszugeben. Für das Jahr 2025 hat sich die Bundesregierung zum 3,5 %-Ziel bekannt.

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: Soziale Gerechtigkeit

Maßzahlen für die ökonomische Leistungsfähigkeit und Produktion einer Volkswirtschaft sind wichtige Indikatoren für den materiellen Wohlstand einer Gesellschaft. Sie bilden aber darüberhinausgehende Konzepte wie die Wohlfahrt einer Gesellschaft oder die Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger nur unzureichend ab. Deshalb werden zusätzlich auch soziale Indikatoren ausgewertet, wenn die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung charakterisiert werden soll.

Die soziale Dimension ist neben der ökonomischen und ökologischen eine gleichrangige und gleichgewichtige Säule des Nachhaltigkeitsbegriffs. Alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, ihre Existenz nachhaltig zu sichern. Die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnung und Gesundheitsversorgung wird in Deutschland durch ein System der sozialen Sicherung garantiert. Nichtsdestotrotz kann nur bei einer hohen Erwerbsbeteiligung von einer breiten gesellschaftlichen Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung ausgegangen werden. Inklusion, Selbstbestimmung und Chancengleichheit von Minderheiten und benachteiligten Gruppen und somit eine breite Partizipation am gesellschaftlichen Leben wird also mittels einer hohen Erwerbsbeteiligung angestrebt. Dies dient dazu, den sozialen Zusammenhalt langfristig zu sichern.

Die Erwerbstätigenquote zeigt ergänzend zur Arbeitslosenquote den Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten Wohnbevölkerung im beschäftigungsfähigen Alter. Erwerbstätige sind grundsätzlich alle Personen im Alter von mindestens 15 Jahren, die gegen Entgelt oder zur Gewinnerzielung im Bezugszeitraum mindestens eine Stunde gearbeitet haben sowie alle Personen, die nur vorübergehend von ihrer Arbeit abwesend sind (zum Beispiel aufgrund von Krankheit, Urlaub, Streik, Aus- oder Weiterbildungsmaßnahmen).

In Berlin nimmt die Erwerbstätigenquote, bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 20 bis 64 Jahren, im Trend zu und lag im Jahr 2019 bei 78,5 %, bevor sie bis 2021 auf 76,3 % sank. Im Jahr 2022 stieg sie wieder leicht auf 79,0 %. Damit befand sie sich nur noch um 1,7 Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt von 80,7 %, gegenüber 5,2 Punkten zehn Jahre zuvor. Ausdruck der starken Dynamik am Berliner Arbeitsmarkt ist auch, dass sich die Erwerbstätigenquote in den letzten zehn Jahren um 7,3 Prozentpunkte erhöht hat.

Eine volle Chancengleichheit von Frauen (z. B. auf eine Führungsposition) auf dem Arbeitsmarkt ist leider noch immer nicht gegeben. Frauen verdienen für gleiche Arbeit oft weniger als Männer. Die Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben hat in den letzten Jahren jedoch deutlich zugenommen. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zur Geschlechtergleichstellung und sichert die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen. Allerdings verhindert eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch zu oft eine Vollzeitbeschäftigung.

Eine Dokumentation zu den Anstrengungen des Landes Berlin zum bedarfsgerechten Ausbau des Kitaangebots findet sich im Berliner Familienbericht (2020). Die Frauenerwerbstätigenquote lag im Jahr 2022 in Berlin bei 75,6 % (Bund: 76,8 %). Damit gehen immer mehr Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren mittlerweile einer Erwerbstätigkeit nach. In den letzten zehn Jahren ist die Quote um 7,0 Prozentpunkte gestiegen, während im Bundesdurchschnitt ein Plus von 5,2 Prozentpunkten verzeichnet wurde. Die Erwerbstätigenquote der Männer lag 2022 in Berlin bei 82,4 % (Bund: 84,6 %).

Wird bspw. entsprechend der amtlichen Erwerbsstatistik die Altersgruppe der 55- bis 64-jährigen Frauen und Männer betrachtet, hat sich die Erwerbstätigenquote älterer Menschen in den letzten zehn Jahren kontinuierlich verbessert, bevor es 2020 zu einem Rückgang kam. Sie betrug 2019 in der gesamten Gruppe 71,7 % und sank 2020 und 2021 auf 68,2 % bzw. 67,9 %. Im Jahr 2022 stieg sie wieder auf 70,1 %. Im Vergleich zum Jahr 2012 erhöhte sie sich aber um 12,7 Prozentpunkte. Die Quote der Männer bewegte sich 2022 in dieser Altersgruppe bei 71,8 %; bei den Frauen lag sie bei 68,4 %.

Sowohl für die Chancen und Teilhabe jedes Einzelnen als auch als Basis für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist gute, inklusive und gleichberechtigte Bildung maßgeblich. Eine abgeschlossene Schulbildung oder eine Ausbildung sind dabei oft entscheidend für eine aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt. So nehmen die Jobchancen mit einem mittleren Bildungsabschluss der Sekundarstufe II im Vergleich zur Sekundarstufe I deutlich zu.

Dies unterstreicht, dass ein Bildungs- bzw. Berufsabschluss die beste Investition in die individuelle Zukunft und oft die Voraussetzung für die Erzielung eines auskömmlichen Erwerbseinkommens ist. Die Länder der Europäischen Union haben es sich daher zum Ziel gesetzt, den Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger1 unter den Wert von 10 % zu senken.

In Berlin lag der Anteil der frühen Schulabgängerinnen und Schulabgänger im Jahr 2022 bei 12,6 %. Bei einem niedrigen Bildungsgrad oder einer geringeren Qualifizierung sind Menschen überdurchschnittlich oft arbeitslos. So betrug die Differenz der Beschäftigungsquoten der 20- bis 64-Jährigen nach ihrem Bildungsstand zwischen maximal der Sekundarstufe I und dem Tertiären Bereich, der auf höhere berufliche Positionen vorbereitet, im Jahr 2022 in Berlin 33,5 Prozentpunkte. Berlin setzt im Rahmen des Europäischen Sozialfonds Plus einen Schwerpunkt auf Bildung. Bildungsungleichheiten sollen insbesondere beim Übergang von der Schule auf den Ausbildungsmarkt abgebaut werden (siehe dazu auch Kapitel III.7.5).

Ziel einer nachhaltigen Gesellschaft ist die gleichberechtigte Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen. Auch Menschen mit Behinderung sollen am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in weitgehend selbstbestimmter Art und Weise teilhaben. Staatlich gesetzte Rahmenbedingungen2 sollen dabei den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern. Die Ist-Quote für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen lag im Jahr 2021 in Berlin bei 5,2 % und damit in der Spitzengruppe der Bundesländer. Dazu hat vor allem der öffentliche Sektor mit einer Quote von 7,5 % beigetragen. Die Beschäftigtenzahl bei den schwerbehinderten Menschen ist zudem gestiegen und hat sich im Fünf-Jahres-Zeitraum zwischen 2016 und 2021 um 2,4 % erhöht.

Die gute konjunkturelle Lage sowie die arbeitsunterstützenden Maßnahmen hatten die Langzeitarbeitslosigkeit vor Beginn der Corona-Pandemie in Berlin deutlich sinken lassen. Infolge der Corona-Pandemie kam es allerdings wieder zu einem spürbaren Anstieg der Langzeitarbeitslosen. Waren 2010 noch 83.500 Menschen langzeitarbeitslos, war diese Zahl bis 2019 auf 38.200 gesunken und hatte sich damit mehr als halbiert. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen nahm daraufhin wieder zu und erreichte 2021 ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt mit 74.200 Langzeitarbeitslosen. Mit dem Abklingen der Corona-Pandemie ist 2022 auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen auf 65.500 zurückgegangen.

Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: ökologische Wirtschaftsentwicklung

In den Blick einer nachhaltigen Entwicklung muss neben einer gerechten intragenerationellen Ressourcenverteilung auch die intergenerationelle Verteilung genommen werden. Eine Generation soll dabei nicht auf Kosten der nachkommenden Generationen leben. Nachhaltig ist eine Entwicklung also dann, „wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ (Brundtland-Report der Vereinten Nationen 1987). Dies schließt auch den Erhalt natürlicher Ressourcen mit ein, da diese die materielle, energetische und räumliche Grundlage des heutigen und zukünftigen Lebensstandards bilden. Da die Inanspruchnahme von Ressourcen über die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet immer mit Belastungen der Umwelt verbunden ist, ist es das Ziel einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, das Wirtschaftswachstum möglichst weitgehend vom Ressourceneinsatz zu entkoppeln und somit die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft zu stärken.

Aus den aktuell vorliegenden Daten wird ersichtlich: Trotz starken Wachstums ist Berlin mit einem langfristig positiven Trend zur ökologischen Nachhaltigkeit auf dem richtigen Weg. Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zahlt sich aus.

Die Rohstoffproduktivität ist ein Indikator, wie effizient die Rohstoffe in einer Volkswirtschaft eingesetzt werden. Sie gibt an, welche volkswirtschaftliche Gesamtleistung durch den Einsatz einer Einheit nicht erneuerbarer Rohstoffe erzeugt wird. Dazu wird das reale Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis zur Inanspruchnahme abiotischer (nicht-erneuerbarer) Rohstoffe gesetzt. Die abiotischen Materialien umfassen inländische Rohstoffentnahmen und importierte Materialien (abiotischer direkter Materialeinsatz). Die Rohstoffproduktivität gilt deshalb als Indikator, inwieweit sich das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt hat. Zwischen 2000 und 2020 hat sich die Rohstoffproduktivität in Berlin um 85 Prozentpunkte erhöht. Dazu haben ein sinkender Rohstoffverbrauch und ein steigendes Bruttoinlandsprodukt beigetragen.

Der Primärenergieverbrauch (PEV), der die Energie angibt, die mit den ursprünglich vorkommenden Energieformen oder Energiequellen zur Verfügung steht, ist 2021 nach vorläufigen Ergebnissen im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 33,4 % gesunken. Der Steinkohleverbrauch verringerte sich in diesem Zeitraum um 74,3 %; der Braunkohleverbrauch ging fast vollständig um 98,8 % zurück. In der aktuellen Bilanz decken diese beiden Energieträger nur noch 9,2 % des Gesamtprimärenergieverbrauchs ab (1990: 36,7 %). Erneuerbare Energien gewinnen daneben in Berlin stetig an Bedeutung. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch stieg von 0,7 % im Jahr 2000 auf 5,9 % in 2021.

Der Endenergieverbrauch gibt Auskunft über die Verwendung der Energieträger in bestimmten Verbrauchergruppen, soweit sie unmittelbar der Erzeugung von Nutzenergie dienen. Der Endenergieverbrauch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt wiederum zeigt die tatsächlich verwendete Energie zur Erzeugung der Wirtschaftsleistung an. Der Endenergieverbrauch ist dabei geringer als der Primärenergieverbrauch, da es durch die Umwandlung und den Transport von Energie zu Verlusten kommt. Auch der Endenergieverbrauch geht im Trend zurück. Seit 1990 ist der Endenergieverbrauch von 261 Petajoule (PJ) auf 207 PJ in 2021 gesunken, worin sich v. a. der gesunkene Verbrauch an Kohle und Mineralöl widerspiegelt.

Der Bruttostromverbrauch ist ein wichtiger Bestandteil des Verbrauches von Endenergie. Erhöht sich der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch, werden fossile Brennstoffe eingespart und weniger Treibhausgase ausgestoßen. Den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen, ist daher ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und hilft zudem, fossile Ressourcen zu schonen. Der Ausbau erneuerbarer Energien senkt auch die Abhängigkeit von Rohstoffimporten. Der Anteil des in Berlin erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2019 erreichte der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Berlin den bisherigen Höchstwert von 6,0 %. Der Schwerpunkt beim Ausbau erneuerbarer Energien liegt auf der Solarenergie. Durch die Umsetzung des 2020 vom Senat beschlossenen Maßnahmenkatalogs des Masterplans Solarcity konnte der Ausbau der Solarenergie deutlich beschleunigt werden und befindet sich mit neu-installierter Photovoltaik-Leistung in Höhe von fast 18,5 Megawatt in 2020 und über 24 Megawatt im Jahr 2021 auf einem Rekordhoch.

Infolge steigender Energieeffizienz und -produktivität der Wirtschaft ist Berlin trotz starken wirtschaftlichen Wachstums auch bei den Treibhausgasemissionen auf einem guten Weg. Dabei verfolgt Berlin das Ziel, die Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2020 um 40 % und bis 2030 um 70 % zu senken. Gegenüber dem Basisjahr 1990 sind die CO2-Emissionen (Verursacherbilanz) 2021 um 48,4 % zurückgegangen. Bereits 2019 – also noch vor der Corona-Pandemie – wurde das 40 %-Klimaziel erreicht. Dass es gelungen ist, die CO2-Emissionen weiter zu senken, ist insbesondere dem vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg und dem im Jahr 2018 beschlossenen Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) geschuldet. Im Jahr 2021 gab es gegenüber 2017 einen Rückgang um 20,0 %; verglichen mit 2019 gab es um 12,4 % verringerte CO2-Emissionen. Auch an den CO2-Emissionen je Einwohnerin und Einwohner, die stark zurückgegangen sind, zeigt sich die konsequente Ausrichtung auf den Klimaschutz. Während pro Kopf im Jahr 1990 noch durchschnittlich 8,5 t CO2-Emissionen verursacht wurden, waren es gemäß Verursacherbilanz im Jahr 2020 noch 4,0 t und damit 53,1 % weniger.

Bei der Energieintensität als Maßzahl für die Energieeffizienz, also dem Primärenergieverbrauch (233 Petajoule in 2020) im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, wird die für eine bestimmte Einheit an Wirtschaftsleistung benötigte Energie angezeigt. Im Jahr 2000 waren in Berlin noch 3,9 Gigajoule zur Erzeugung von 1.000 € des Bruttoinlandsprodukts notwendig. Dieser Wert ging bis 2020 auf nur noch 1,5 Gigajoule zurück. Die Energieintensität ist also im Zeitverlauf deutlich gesunken. Auch für Deutschland ging die Energieintensität in den letzten Jahren zurück, obwohl sie 2020 noch bei 3,5 Gigajoule je 1.000 € lag.

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III. Wirtschaft

Die Berliner Wirtschaft überzeugt seit Jahren mit Wachstumszahlen. Im bundesweiten Vergleich gehört Berlin zu den Spitzenreitern. Auch beim Zuwachs von Arbeitsplätzen und der Gründung von Unternehmen liegt die Hauptstadt vorne. Der Mix aus traditionsreichen Industrieunternehmen, einem starken Mittelstand und jungen Startup-Unternehmen sorgt für ein dynamisches Wachstum in der deutschen Hauptstadt. Unternehmen und Startups finden hier hervorragende Standortfaktoren für ihren wirtschaftlichen Erfolg. So hat sich die Stadt in den vergangenen Jahren zum wachstumsstärksten Gründungshub in Deutschland entwickelt. Besondere Anziehungskraft übt die Hauptstadt auf Gründerinnen und Gründer aus der Kreativwirtschaft und der Technologiebranche aus.

III.1 Cluster der innoBB 2025

Das innovationspolitische Geschehen der Länder Berlin und Brandenburg entwickelte sich auch im aktuellen Berichtszeitraum positiv. Im Fokus der abgestimmten Innovationspolitik der beiden Länder steht weiterhin die Stärkung und Förderung von Unternehmen, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen in den fünf länderübergreifenden Clustern

  • Gesundheitswirtschaft;
  • IKT, Medien und Kreativwirtschaft;
  • Verkehr, Mobilität und Logistik;
  • Optik und Photonik sowie
  • Energietechnik

mit dem Anspruch, zur weltweiten Spitzengruppe zu zählen und für Innovation und Wachstum in der Hauptstadtregion zu sorgen.

Wesentliche Grundlage dafür ist die Gemeinsame Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB 2025) mit ihrer handlungsleitenden Zielstellung, die Hauptstadtregion zu einem führenden Innovationsraum in Europa zu machen und innovative Lösungen für die Herausforderungen von morgen zu entwickeln. Dazu stehen unter dem Motto „Excellence in Innovation“ in den bewährten und mit der innoBB 2025 gestärkten Clusterstrukturen vor allem die vier Schwerpunkt-Themen Digitalisierung, Arbeit 4.0 und Fachkräfte, Reallabore und Testfelder sowie Startups und Gründungen im Fokus der Clusterarbeit.

Flankiert wird diese von fünf verbindlichen Handlungsleitlinien, die einen breiten Innovationsbegriff, enge Cross Cluster-Zusammenarbeit, die Stärkung offener Innovationsprozesse sowie den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit umfassen. Gegenwärtig hat die Notwendigkeit nachhaltige Innovationen zu priorisieren nochmals stark an Bedeutung gewonnen. Dies gilt besonders für Klimaschutzaspekte, aber auch für die sozialen und ökonomischen Dimensionen von Nachhaltigkeit.

Der bisherige Erfolg der innoBB/innoBB 2025 spiegelt sich in folgenden Kernindikatoren wider: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Clusterkernen stieg zwischen 2012, als die innoBB beschlossen wurde, und 2021 um rund 37 % und damit stärker als in der gesamten Regionalwirtschaft, wo 24 % mehr Arbeitsplätze zu verzeichnen waren. Die Beschäftigung in den innoBB 2025-Clusterkernen nahm in der Hauptstadtregion zudem stärker zu als in anderen deutschen Metropolregionen und in Deutschland insgesamt. Außerdem stiegen die Unternehmensumsätze in den Clusterkernen zwischen 2012 und 2020 um insgesamt rund 30 %. In der gesamten Regionalwirtschaft lag der Zuwachs im gleichen Zeitraum bei 20 %.

Diese Entwicklung erfolgreich fortzusetzen und auch in den nächsten Jahren ein nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft und Arbeitsplätzen zu erreichen, steht im Zentrum der gemeinsamen Anstrengungen.

Die Innovationsbereitschaft der Berliner Wirtschaft im Verbund mit der Wissenschaft erwies sich trotz gestiegener Energiepreise und Problemen bei internationalen Lieferketten im Berichtszeitraum als robust. Das Ergebnis- und Wirkungsmonitoring der innoBB 2025 verzeichnet für das Jahr 2022 ca. 150 von Unternehmen und Institutionen aus Berlin und Brandenburg neu initiierte Innovationsprojekte mit einem finanziellen Gesamtvolumen von mehr als 670 Mio. €.

Parallel zum Abflauen der COVID-19-Pandemie intensivierte sich wieder die Vernetzung zahlreicher Akteure auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene. Wichtige Leitmessen – z.B. die InnoTrans für Verkehr, Mobilität und Logistik im September 2022 und die Digital Medical Expertise & Applications (DMEA) für die Gesundheitswirtschaft im April 2022 – knüpften nach mehrjähriger Unterbrechung wieder an ihre Bedeutung als internationale Foren für den Diskurs über Herausforderungen, Innovationen und zukunftsgerichtete Produkte an.

Die Flankierung von Transformationsprozessen durch Innovationen bei Produkten und Prozessen hat stark an Bedeutung gewonnen. Strukturelle Lieferkettenengpässe sowie einseitige Abhängigkeiten bei Energieträgern und Rohstoffen markieren hierbei die Herausforderungen ebenso wie die Nachhaltigkeitserfordernisse und der demografische Wandel mit zunehmendem Mangel an Fach- und Arbeitskräften. Dies betrifft alle Cluster der Hauptstadtregion in hohem Maße und lässt sich exemplarisch am Beispiel der Automobil- und Zulieferindustrie im Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik festmachen: Die aus Klimaschutzgründen zwingend erforderliche Dekarbonisierung der Fahrzeugantriebe muss parallel zur durchgreifenden Digitalisierung der Produktion und geeigneter Qualifizierung des Personals bewältigt werden.

Die geeignete Strategieentwicklung wurde im Jahr 2022 mit einem Transformationsprojekt – dem vom BMWK-geförderten „Regionalen Transformationsnetzwerk für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie Berlin Brandenburg“ (ReTRaNetz) – unter Einbindung aller relevanten Akteursgruppen in Angriff genommen.

Wichtige zukunftsorientierte Initiativen sind 2022 in Berlin gestartet bzw. deutlich gestärkt worden. Das geplante Nationale Zentrum für Gen- und Zelltherapie in Berlin fußt auf der engen Zusammenarbeit von Pharmaindustrie und Spitzenforschung im Cluster Gesundheitswirtschaft. Mit der Berlin Quantum Alliance und flankierenden Aktivitäten zielt das Cluster Optik und Photonik auf einen internationalen Spitzenplatz für die Entwicklung der Quantentechnologien. Die Zusammenarbeit der Cluster IKT, Medien, Kreativwirtschaft und Gesundheitswirtschaft bringt neue Lösungen für die Digitalisierung des Gesundheitssektors mithilfe von Techniken der Virtuellen Realität und Künstlichen Intelligenz hervor. Innovative Batterietechnik und Wasserstoffanwendungen eröffnen im Zusammenwirken der Cluster Energietechnik und Verkehr, Mobilität und Logistik neue Perspektiven für Berlin in mobilen und stationären Anwendungen.

Eine ungebrochen wichtige Funktion für das Innovationsökosystem der Hauptstadtregion nimmt die Unterstützung des Wissens- und Technologietransfers zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ein. Neben den Aktivitäten von Agenturen und Einrichtungen der Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen lebt die Clusterarbeit per se vom Transfer zwischen den Akteuren. Mit der Transfer Week Berlin-Brandenburg hat sich in den letzten Jahren ein neues, innovatives Format etabliert und kontinuierlich weiterentwickelt, in dem eine Vielzahl von Akteuren des Transfergeschehens der Hauptstadtregion zusammengebracht und ein breites Spektrum relevanter Themen und Unterstützungsangebote vermittelt wird.

Größeren Raum werden im Jahr 2023 die Aktivitäten zum Thema Reallabore und Testfelder einnehmen. So wird der Prozess zur Entwicklung eines Förderinstrumentariums für Reallabore in 2023 fortgesetzt. Darüber hinaus werden die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bei der Umsetzung eines Pilotvorhabens im Berliner Nord-West-Raum unterstützt. Zudem wird sich das Land Berlin aktiv in den Prozess zur Erarbeitung eines neuen Reallabor-Gesetzes des Bundes einbringen, mit dem Ziel vereinfachte Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Cluster der innoBB2025 haben sich angesichts der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen im Berichtszeitraum als insgesamt resilient und anpassungsfähig erwiesen und lassen trotz weiterhin unsicherer wirtschaftlicher Gesamtlage einen optimistischen Blick in die Zukunft zu.

Innovationspreis Berlin-Brandenburg

Der jährlich verliehene Innovationspreis Berlin Brandenburg geht in 2023 in sein 40. Jahr. Mit dem Innovationspreis werden Produkt-, Verfahrens- und Dienstleistungsinnovationen einschließlich nichttechnischer Innovationen wie Organisations- und Marketingkonzepte sowie Geschäftsmodelle ausgezeichnet, die beispielhaft die innovative Kraft der Berlin-Brandenburger Wirtschaft und Wissenschaft verkörpern. Der Preis ist auf die länderübergreifenden Cluster Gesundheitswirtschaft, Energietechnik, IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik ausgerichtet. Finanziert wird der Preis von den beiden Ländern sowie Partnern aus der Wirtschaft im Rahmen einer Public-private-Partnership. 2022 gingen die Preise an:

ConBotics GmbH
ConBotics bietet mit dem MalerRoboter die automatisierte Lösung für Oberflächenbeschichtungen. Der mobile Leichtbauroboter orientiert sich selbstständig in seiner Umgebung. Der patentierte Roboterarm führt die Oberflächenbeschichtung an Wänden und Decken mithilfe der Airless-Farbspritztechnik durch und übernimmt dabei Großflächen und schwer erreichbare Stellen.

ecopals GmbH
Das Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, um nicht -recycelbares Altplastik in ein qualitativ-homogenes, leistungssteigerndes Bitumensubstitut umzuwandeln. EcoFlakes verringern so die CO2-Emissionen im Straßenbau um 30 %, verlängern die Lebensdauer des Asphalts, ersetzen Teile des Bitumens und reduzieren die Materialkosten um 20 %.

Modulare Windenergieanlagen GmbH
MOWEA kombiniert erstmals standardisierte Kleinstwindenergieanlagen zu einem Windenergiesystem. Je nach Bedarf können diese Anlagen flexibel kombiniert und in bestehende Infrastrukturen integriert werden. So können sie beispielsweise für die Telekommunikation, Immobilien oder industrielle Anwendungen genutzt werden.

Quantune Technologies GmbH
Das Unternehmen hat ein hochpräzises Infrarot-Spektrometer für das Handgelenk entwickelt, das erstmals die Messqualität großer Laborspektrometer mit den Vorteilen von Fitnesstrackern vereint. Es ermöglicht die nichtinvasive Messung von Biomarkern und unterstützt so die proaktive Gesundheitsvorsorge, z.B. die Diabetesvorbeugung.

voize GmbH
voize ist ein digitaler Sprachassistent für die Pflegedokumentation, mit dem Pflegekräfte die Pflegedaten direkt in ein Smartphone einsprechen können. Mithilfe künstlicher Intelligenz werden die getätigten Einträge in bestehende Dokumentationssysteme implementiert. Dank der Vereinfachung der Arbeitsabläufe bleibt den Pflegekräften somit mehr Zeit für die Pflegebedürftigen.

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III.1.1 Cluster Gesundheitswirtschaft / Life Science

  • 252.851 Beschäftigte in Berlin
    (Hauptstadtregion: 409.874)
  • 13.934 Unternehmen in Berlin
    (Hauptstadtregion: 21.952)
  • 28,01 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
    (Hauptstadtregion: 33,89 Mrd. Euro)

Zu den besonderen Belastungen durch die COVID-19-Pandemie kamen 2022 für die Gesundheitswirtschaft weitere Herausforderungen hinzu. Resilienz und eine nachhaltige Gesundheitsversorgung werden zunehmend wichtiger. Der Bereich muss seine Umweltleistung verbessern und seine negativen Klimaauswirkungen in der gesamten Wertschöpfungskette verringern. Innovationen und umweltfreundliche Technologien sind dabei der Schlüssel zum Erfolg. Nachfolgend werden sechs Bereiche des Custers mit außergewöhnlich starken Forschungs- und Transaktionsaktivitäten beleuchtet: Zell- und Gentherapien, Computational Biology und Medizininformatik, Präzisionsdiagnostik, Anwendungen der Künstlichen Intelligenz in der Bildgebung und darüber hinaus Additive Manufacturing und Sensorik.

Zell- und Gentherapie: Berlin baut auf seiner Tradition und seiner exzellenten biomedizinischen Infrastruktur auf, um ein globaler Hotspot für zellbasierte Medizinansätze der nächsten Generation zu werden. Ein weiterer Schub für das Ökosystem der zellbasierten Medizin kam im April 2022, als das Land Berlin, die Bayer AG und die Charité ein gemeinsames Memorandum of Understanding zur Gründung eines Zentrums für translationale Forschung auf dem Gebiet der Gen- und Zelltherapie in Berlin unterzeichneten. Das als deutschlandweit einzigartiges Leuchtturmprojekt im Gesundheitswesen bezeichnete Zentrum soll Berlin als Forschungsstandort und Gesundheitshauptstadt stärken, hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen, neue Kooperationsmöglichkeiten mit Partnern aus aller Welt eröffnen und so ein herausragendes Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft werden.

Computational Biology and Medical Informatics: Die Digitalisierung verändert die biomedizinische Forschung und das Gesundheitswesen. Bioanalytische Techniken wie die Genomsequenzierung und andere Hochdurchsatztechnologien, Bildgebung und intelligente Wearables liefern riesige Datenmengen. Die Handhabung und Verarbeitung solch großer Datenmengen erfordert neue Infrastrukturen und standardisierte IT-Lösungen. Zahlreiche Forschungseinrichtungen und Kliniken in der Region Berlin-Brandenburg befinden sich auf dem Weg in die digitale Gesundheit. Beispielsweise verbindet die Charité – Universitätsmedizin Berlin die Bioinformatik- und Datenanalyse-Expertise ihrer translationalen Forschungseinheit, dem Berlin Institute of Health (BIH), mit der Core Unit Bioinformatik (CUBI). Dort erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem genetische Variationen und gehen der Frage auf den Grund, wie sich Daten in klinische Ergebnisse umwandeln lassen. Der Hub for Innovations in Digital Health (HiDiH) hat sich zu einem der führenden deutschen Hubs im Bereich Digital Health entwickelt, der innovative Entwicklungen und Anwendungen in den Lebenswissenschaften und der klinischen Versorgung fördert.

Präzisionsdiagnostik/In-vitro-Diagnostik: Die laborbasierte Diagnostik ist das Rückgrat der modernen Medizin. Die Pandemie hat die Infektionsdiagnostik zu einem Teil unseres Alltags gemacht. Die Prozesse in den Labors werden zunehmend digitalisiert. Miniaturisierung und Automatisierung sind weitere Innovationstreiber. In Kombination mit anderen leistungsstarken Technologien wie der Einzelzellanalyse, der Organoidtechnologie (organähnliche Mikrostruktur, die mit Methoden der Zellkultur artifiziell erzeugt werden kann) und der künstlichen Intelligenz ebnen sie den Weg hin zur Präzisionsmedizin.

Künstliche Intelligenz (KI) in Gesundheit und Medizin: Zu den vielversprechendsten klinischen KI-Anwendungen gehört die diagnostische Bildgebung. Unterstützt durch die KI-gestützte Interpretation von Bildgebungsergebnissen werden Ärzte in der Lage sein, ihre Patienten mit größerer Genauigkeit und Präzision zu diagnostizieren. KI-basierte Entscheidungsunterstützungssysteme in die klinische Anwendung zu bringen, ist ein wichtiges Ziel einer dynamisch wachsenden Zahl von Akteuren in Berlin-Brandenburg.

Additive Manufacturing (AM) für Life-Sciences-Anwendungen: Berlin-Brandenburger Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen und verbessern 3D-Drucktechnologien, um maßgeschneiderte Medizinprodukte wie Implantate, Orthesen, Prothesen oder zahnmedizinische Vorrichtungen herzustellen. Anlässlich des 6thAdditive Manufactoring Forums Berlin 2022 konnten Berliner Akteure Kontakte knüpfen und mit AM-Lösungsanbietern diskutieren, wie der technologische Wandel hin zur additiven Medizin gelingen kann.

Sensorik für Life-Science-Anwendungen: Die hohe Kompetenzdichte in den Bereichen Elektronik und Photonik macht Berlin-Brandenburg zu einem lebendigen Ökosystem für die Innovation von Sensorik-Anwendungen im medizinischen Bereich. Besonders stark sind die regionalen Akteure bei der Entwicklung von optischen Sensorsystemen. Eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen, Kliniken, Hochschulen und Unternehmen arbeiten eng zusammen, um neuartige Sensorlösungen für das Gesundheitswesen zu entwickeln und die Diagnose, Überwachung und Behandlung von Krankheiten voranzutreiben.

Ausgründungen & Startups

Im ersten Halbjahr 2022 lag Berlin laut Startup Barometer der Unternehmensberatung EY erneut deutschlandweit auf Platz eins. Auch im Healthbereich floss in dieser Zeit deutschlandweit das meiste Investitionskapital in Startups. Diese erfreuliche Entwicklung resultiert u.a. aus dem attraktiven Ökosystem mit seinen vielfältigen Förder- und Serviceangeboten.

Im Handlungsfeld Life Sciences und Technologien war u.a. die BIONNALE, das größte Life Sciences Event der Region auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet. Mit dem Programm „Digital Health, Präzisionsmedizin und Nachhaltigkeit in der biotechnologischen Produktion“ beleuchtete die Konferenz die unterschiedlichen Facetten von Nachhaltigkeit mit beispielhaften Aktivitäten hierzu. Auch die Clusterkonferenz 2022 im Oktober griff diese Thematik auf.

Im Handlungsfeld Innovative Versorgung dominierten auch in diesem Jahr Fragen der COVID-19-Pandemie. Das Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital widmet sich mit drei länderübergreifenden Arbeitsgruppen dem Thema Post und Long COVID: Welches sind die größten Probleme bei der Diagnostik und Behandlung von Long und Post COVID und welche Themen müssen dringend angegangen werden, um eine optimale Versorgung von Post und Long COVID-Patienten in der Region Berlin-Brandenburg zu gewährleisten? Die Ergebnisse aus diesen Arbeitsgruppen bildeten die Grundlage für die im September 2022 stattgefundene Zukunftswerkstatt Innovative Versorgung. Darüber hinaus wurden im Rahmen des neuen länderübergreifenden Gesundheitsberichts Berlin-Brandenburg, der sich mit der Gesundheit der Erwerbstätigen befasst, Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beleuchtet.

Über beide Handlungsfelder hinweg wurden die Veranstaltungsreihen „Meet & Apply“ (zur Vorstellung von Förderprogrammen und Vernetzung potenzieller Antragsteller) und „Cluster meets“ (zur Vorstellung und Diskussion neuer Themen und Projekte) wie in den Vorjahren fortgesetzt.

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III.1.2 Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft

  • 257.120 Beschäftigte in Berlin
    (Hauptstadtregion: 312.031)
  • 40.745 Unternehmen in Berlin
    (Hauptstadtregion: 49.968)
  • 32,83 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
    (Hauptstadtregion: 39,11 Mrd. Euro)

Das Cluster IKT, Medien und Kreativwirtschaft (IMK) zeichnet sich durch eine große thematische Breite aus: Von Medienunternehmen, Verlagen, Werbeagenturen über Animations- und Designstudios bis hin zu Telekommunikationsunternehmen, Games- und Softwareentwicklerinnen und -entwicklern. Sie alle stehen für Innovation und Kreativität, neue Technologien, intelligente Vernetzung, ein deutliches Bewusstsein für Nachhaltigkeit und vor allem das zentrale Thema Digitalisierung. Die Unternehmen des Clusters sind wesentliche Treiber der digitalen Transformation und gleichzeitig führende Anwender neuer digitaler Lösungen am Standort. Sie leisten im Zusammenspiel mit E-Commerce, Banking, Gesundheitswirtschaft, Mobilität, Energie und weit darüber hinaus einen entscheidenden Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit Berlins.

Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik treibt den digitalen Wandel nahezu aller Branchen gezielt voran. Dazu gehören Maßnahmen zur branchenübergreifenden Vernetzung des Clusters IMK mit anderen Innovationsfeldern Berlins (Gesundheit, Logistik und Mobilität, Energie, Industrie u.a.) ebenso wie die Kooperationsanbahnung zwischen Startups und etablierten Unternehmen, das Sichtbarmachen innovativer Akteure und das Aufzeigen zukunftsweisender Lösungen. Gerade an den interdisziplinären Schnittstellen unterschiedlicher Branchen entstehen in Berlin zahlreiche neue Produkte, Prozesse, Anwendungen und Geschäftsmodelle. Der Einsatz innovativer Technologien der Digital- und Kreativwirtschaft – ob Künstliche Intelligenz, Blockchain, User Experience (UX), Gamification, Smart Data, Internet of Things, Wearables oder Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) – bestimmt die Zukunftsfähigkeit vieler Branchen. Die Teilmärkte der Kreativwirtschaft sind deutlich digitaler geworden. Bereiche wie FashionTech, MusicTech und Digitale Filmproduktion haben sich zu relevanten Wirtschaftsfeldern entwickelt. Das Thema Digital Security gewinnt weiter an Bedeutung. Die Innovationsfelder Künstliche Intelligenz und Blockchain konnten erfolgreich in der Clusterarbeit etabliert werden.

Digitalwirtschaft und das Startup-Ökosystem sind zentrale Erfolgsfaktoren des Wirtschaftsstandorts Berlin. Die Digitalbranche erwirtschaftete knapp 18 % des Berliner Wirtschaftswachstums der letzten sieben Jahre. Berlin zählt zu den Spitzenstandorten für Digital-Gründungen und für Deep Tech. Inzwischen erfolgt jede achte deutsche Digital-Gründung in Berlin. Die Stärken der Berliner Startups liegen bei Künstlicher Intelligenz, Blockchain, FinTech, Sustainable Solutions, Social und Impact Tech. Startups bilden den am schnellsten wachsenden Sektor der Stadt. Jeder sechste neue Job in Berlin entsteht aktuell in der Digitalwirtschaft. Hinzu kommen über 100 private und öffentliche Innovationslabore, Gründungszentren, Acceleratoren und Inkubatoren sowie ebenso viele Coworking Spaces, in denen Gründerinnen und Gründer, Kreative und Selbstständige ihre innovativen Geschäftsideen vorantreiben.

Mit Förderwettbewerben wie dem Deep Tech Award, Galleries for Future oder dem Berliner Verlagspreis unterstützt die Wirtschaftsverwaltung im Rahmen der Landesinitiative Projekt Zukunft seit über zehn Jahren die Transformation. Diese Wettbewerbe fördern zukunftsweisende Lösungen aus Berlin bei Umsetzung, Wachstum und Vermarktung. Sie stärken sowohl Gründerinnen und Gründer als auch den Berliner Mittelstand, ermöglichen den Aufbau wichtiger Allianzen zwischen den Akteuren und forcieren den interdisziplinären Wissens- und Innovationstransfer.

Mithilfe des Programms für Internationalisierung (PfI) des Landes (Förderung der Teilnahme an Messen, Ausstellungen, Kongressen, Börsen, Modenschauen und Showrooms) wird die Sichtbarkeit von Berliner Unternehmen im In- und Ausland gefördert. Die zahlreichen Gemeinschaftspräsentationen helfen, neue Märkte zu erschließen und zusätzliche Auftraggeber zu akquirieren. Erfolgreiche Beispiele gemeinschaftlicher Messeauftritte reichen von Showrooms mit Berliner Modelabels bei der Paris Fashion Week bis hin zu Präsentationen bei der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, dem Web Summit in Lissabon oder der gamescom und der dmexco in Köln. Darüber hinaus werden im Rahmen des PfI internationale Vernetzungsaktivitäten gefördert, darunter auch ein länderübergreifendes Branchennetzwerk mit dem Fokus Games (Games International Transatlantik), eines im Bereich Deep Tech sowie weitere im Designbereich und der Clubszene.

Insbesondere die „Leuchtturmveranstaltungen“ im Kreativ- und Medienbereich tragen zur medialen Sichtbarkeit der Hauptstadtregion bei, viele davon mit Förderung des Landes. Dazu gehören u.a. das Gallery Weekend mit einem hohen Anteil von Besucherinnen und Besuchern aus dem Ausland. Die jährlich im September stattfindende Berlin Art Week verzeichnete rund 120.000 Besucherinnen und Besucher. Nach zwei Pandemiejahren fand die Berlinale in 2023 erstmals wieder als Präsenzveranstaltung statt und knüpfte mit über 20.000 Besucherinnen und Besuchern an die Zahlen vor der COVID-19-Pandemie an. Auch die re:publica fand in 2023 wieder in Präsenz statt und bündelt aktuelle Bedarfe der Medien- und Digitalwirtschaft.

Die neuausgerichtete Fashion Week stellt hochkarätige und den Zeitgeist abbildende Modenschauen und Messen in den Mittelpunkt und konzentriert sich auf die Themen Nachhaltigkeit, Vielfalt und Innovation. Insgesamt besuchten 20.000 Fachbesucherinnen und -besucher im Juli 2023 die Messen, Netzwerkformate, Modenschauen und Atelierevents, die an historischen Locations in Berlin in Szene gesetzt wurden. Die Berlin Design Week wiederum präsentiert sich ab 2023 als Schaufenster für internationales Design und schlägt die Brücke zu Wissenschafts- und Innovationsthemen.

Um neue Veranstalterkonzepte zu generieren, wurde in 2023 erstmals der Wettbewerb Innovative Formate umgesetzt. Aus 42 Einreichungen prämierten Branchenexpertinnen und -experten insgesamt 11 Veranstaltungskonzepte in den Themenbereichen Games, Virtual Reality, Animation, Nachhaltigkeit für die Werbe- und Marketingbranche, nachhaltige Mode, Design & Technologie bzw. KI & Kreativwirtschaft. Der Wettbewerb soll künftig jährlich stattfinden. Der von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe organisierte Wettbewerb zielte darauf ab, Berlin als Standort der Kreativ- und Medienwirtschaft mit neuen Formaten in den Fokus zu rücken. Gesucht waren herausragende Veranstaltungskonzepte (B2B / B2C), die eine medienwirksame Veranstaltung in 2023 in Berlin im Rahmen von bereits bestehenden Leuchtturmveranstaltungen bieten oder vorzugsweise in den Themenfeldern Werbung, Games, Virtual Reality, Animation oder Design stattfinden.

Die Berliner Verlagsbranche hat bezogen auf Neuerscheinungen und Umsätze nahezu ihr Niveau von vor der COVID-19-Pandemie erreicht. Um die Branche weiter zu stärken, wurde im Rahmen des Neustartprogramms das Berliner Bücherfest gefördert, das im Juni 2023 auf dem Bebelplatz stattfand. An 100 Ständen präsentierten Berliner Verlage und Buchhandlungen ihr breitgefächertes Angebot. Den Besucherinnen und Besuchern wurde ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Lesungen, Diskussionen und Workshops geboten.

In Berlin sind überwiegend kleine unabhängige Verlage ansässig, die durch literarisch und grafisch ambitionierte Programme und verlegerisches Engagement herausstechen. Um die Bedeutung dieser Verlage zu unterstreichen, verleiht die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt jährlich den Berliner Verlagspreis. In 2022 wurden der avant-verlag sowie die Verlage ciconia ciconia und Elfenbein mit den Preisen ausgezeichnet.

Die Digitalisierung verändert den Buchmarkt auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette. In den Verlagen wird Künstliche Intelligenz bei Entscheidungsprozessen oder bei Prognosen über Verkaufszahlen eingesetzt. Programme wie ChatGPT werden die Art, wie Bücher und Texte entstehen, beeinflussen. Plattformen wie Wattpad oder Selfpublishing bieten neue Publishing-Modelle. Diese und weitere Themen rund um die Digitalisierung beleuchtet der Fachkongress future!publish. Er ist mit jährlich rund 300 Teilnehmenden der größte der Buchbranche in Deutschland.

Die Berliner Gamesbranche bietet mit rund 300 Games-Studios, Publishern, Dienstleistern, Netzwerken und speziellen Ausbildungsstätten den vielfältigsten Games-Standort in Deutschland. Games-Unternehmen sind Innovationstreiber. Dementsprechend nutzen die Unternehmen die Wirtschaftsförderprogramme des Landes (u.a. GRW, VC Fonds, ProFIT, Innovationsassistent, GründungsBonus) mehr denn je.

Im Juni 2023 startete das Programm TransferBONUS Gamification und VR, das kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Gamification und VR/AR-Anwendungen erleichtert. Ziel ist es, dass auch branchenferne Unternehmen von den vorhandenen Stärken der Games- und VR-Industrie im Bereich audiovisueller Inhalte und Technologien profitieren und ihre Produkte und Dienstleistungen so noch wettbewerbsfähiger und attraktiver werden.

Das Berliner Games-Ökosystem besteht aus hier gegründeten und neu hinzugezogenen Branchengrößen (u.a. die AAA-Studios Yager, King und Blue Byte/Ubisoft). Fest verankert ist eine stetig wachsende internationale Mobile-Games-Szene (Wooga, WARGAMING, BoomByte Games, Huuuge Games, Voodoo, Kolibri Games) sowie eine große Bandbreite an Independent Studios (z.B. Toukana Interactive, Fein Games, Tiny Crocodile Studios), die bereits mehrfach für ihre Produktionen ausgezeichnet wurden.

Darüber hinaus ist die komplette Bandbreite an Dienstleistern (z.B. MoGi Group, etermax, paymentwall) sowie PR-Agenturen (z.B. Freaks4You Gaming, INSTINCT3, visi.bi) in Berlin ansässig. Mit G2 ESPORTS eröffnete 2019 eines der weltweit führenden E-Sport-Teams sein Hauptquartier am Potsdamer Platz. Seit dem Frühjahr 2020 ist das neue E-Sport Zentrum „LVL“ am Checkpoint Charlie fertiggestellt. Riot und StarLadder produzieren in zwei professionellen Studios die Livestreams für Top-E-Sport-Ligen. Sie gehören inzwischen ebenso zum E-Sport- und Gaming-Standort Berlin, wie die arenenfüllenden Großevents.

Bestens vernetzt wird die hiesige Games-Branche durch das games:net, eine Initiative des medianet berlinbrandenburg e.V., welches u.a. den Länderauftritt der Hauptstadtregion auf der gamescom umsetzt. Die Standortmarketingkampagne gamescapital.berlin hat zum Ziel, den hiesigen Standort international noch sichtbarer zu machen. Für internationale Vernetzung der Unternehmen sorgt das geförderte internationale Netzwerk Games International Transatlantik, das sich ab 2023 auf die USA und Kanada fokussiert und so außereuropäisch wichtige Zielmärkte erschließt. Die Runden Tische „Games“ und „E-Sports“ werden von der Wirtschaftsverwaltung weitergeführt.

Berlin ist mittlerweile nicht nur ein wichtiger Drehort, sondern auch Vorreiterin im Bereich virtueller Filmproduktion. Große internationale Filmstudios lassen ihre visuellen Effekte in Berlin produzieren. Mit dem technologischen Fortschritt und der nahezu vollständigen Digitalisierung aller Produktionsschritte vom Dreh bis zur Postproduktion, etwa durch Greenscreens oder volumetrische Studios, wächst auch die Bedeutung von Visual Effects, Computer Generated Imagery und Animationen. Das Förderprogramm Digitale Filmproduktion unterstützt diese innovative Branche und wurde im Zuge des Programms „Neustart Wirtschaft“ weiter ausgebaut. Es stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit Berlins als Filmstandort nachhaltig.

Die Berliner Musikwirtschaft steht auch nach der COVID-19-Pandemie vor Herausforderungen. Betroffen sind besonders Clubs und Veranstaltungen. Zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen werden nachgeholt und konkurrieren miteinander. Hinzu kommen Fachkräftemangel, hohe Energiekosten und Inflation. Letztere sind auch der Grund für eher verhaltenes Interesse des Publikums. Dies hat dann auch negative Folgen für nachgeordnete Akteure und Branchen wie beispielsweise Künstlerinnen und Künstler, Management und Agenturen, Booking, Tourcrews, Sicherheitspersonal, Technik usw. Vorrangiges Ziel ist es daher, das wirtschaftliche Überleben der Unternehmen zu sichern. Über die Netzwerke der Musikwirtschaft unterstützt die Wirtschaftsverwaltung Konferenzen wie die MostWantedMusic und die Stadt-nach-Acht, Networking und Professionalisierungsmaßnahmen. Seit 2022 finden außerdem die „SOMM DEALER DAYS“ (Musikinstrumenten- und Musikequipment) in Berlin statt.

Um die vielfältige Berliner Clubkultur zu sichern, finanzierte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe das Projekt „Zukunftspotenziale der Nighttime Economy“. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen der Club Commission zielen auf Vernetzung, Entwickeln von Perspektiven, Strategien zur Konfliktvermeidung und die bessere Darstellung des kreativen Potenzials der Nachtökonomie. Auch das erfolgreiche Schallschutzprogramm für Clubs und Musikspielstätten soll weitergeführt werden.

Am 14. März 2022 haben Vertreterinnen und Vertreter des Berliner Senats im Rahmen der konstituierenden Sitzung des Lenkungskreises der Gigabit-Strategie des Landes Berlin zusammen mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern des Landes Berlin und der Telekommunikationswirtschaft eine „Erklärung zur gemeinsamen Umsetzung der Gigabit-Strategie“ unterzeichnet. Diese vereinbart das gemeinsame Vorgehen und die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der vom Senat am 15. Juni 2021 beschlossenen Umsetzung der Gigabit-Strategie. Mit der Erklärung verständigen sich die an der Umsetzung der Gigabit-Strategie Beteiligten darauf, gemeinsam auf die Erreichung der Strategieziele hinzuarbeiten, Ausbauhemmnisse zu beseitigen und den eigenwirtschaftlichen Gigabitausbau der Telekommunikationsunternehmen durch investitionsfreundliche Rahmenbedingungen voranzutreiben. Für die drängendsten Herausforderungen im Bereich der leitungsgebundenen Anschlüsse und des 5G-Mobilfunkausbaus wurden Maßnahmen identifiziert und priorisiert und die etablierten Arbeitsgruppen mit der Umsetzung beauftragt. Federführend für das Land Berlin koordiniert und unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Umsetzung der Maßnahmen. Für die Nachverfolgung der Zielerreichung im Bereich FTTB/H-Ausbaus (Glasfaserleitung bis zum Gebäude bzw. bis zur Wohnung des Kunden) wurde der Gigabit-Monitor (GVM) entwickelt und mit den von den Telekommunikationsunternehmen gelieferten Daten für den aktuellen und den prognostizierten Ausbau befüllt. Der kartenbasierte und online frei zugängliche Gigabit-Monitor wurde anlässlich der 2. Lenkungskreissitzung zur Gigabitstrategie Ende Juni 2023 offiziell gestartet.

Die Gigabitstrategie des Landes wird somit fortgeführt. Im Festnetzbereich ist es das Ziel, bis 2025 eine flächendeckende Versorgung mit gigabitfähigen Anschlüssen zu erreichen, wobei dies mit Glasfaser oder gigabitfähigen Kabelanschlüssen erfolgen kann. Der flächendeckende Glasfaserausbau wird bis 2028 vorgezogen. Um flächendeckende Mobilfunknetze zu ermöglichen, stellt das Land Berlin landeseigene Gebäude bevorzugt zum Mobilfunkausbau zur Verfügung. In Summe haben die beteiligten Telekommunikationsunternehmen die Errichtung von 3,5 Mio. FTTH/B-Anschlüssen angekündigt. Im Bereich der 5G-Mobilfunkversorgung ist es das Ziel, bis 2025 alle Haushalte, Gewerbegebiete und oberirdischen Verkehrswege zu versorgen.

Im Bereich der Mobilfunkkleinzellen, welche der Kapazitätserhöhung an frequentierten Plätzen dienen, hat Berlin im Projekt „Stadtbildkompatible Berliner Aufbauvariante Kleinzelle“ (staBAK) visuell ansprechende Gehäuse für die Systemtechnik mit relevanten Partnern entwickelt.

Der Ausbau und die Neuansiedlung von kommerziellen Rechenzentren sind für Berlin die unabdingbare Basis für die digitale Transformation und weitere erfolgreiche digitale Entwicklung. Aktuell sind eine hohe Marktdynamik und ein großes Interesse am Standort Berlin zu verzeichnen. Der Bereich der kommerziellen Rechenzentren ist neben der Telekommunikationsinfrastruktur bzw. dem Breitbandausbau mit Festnetz und Mobilfunk als weitere wesentliche Säule der digitalen Infrastruktur für die Stadt einzuordnen. Allerdings sind die Rahmenbedingungen und standortbezogenen Implikationen von Rechenzentren im Hinblick auf deren Erweiterung sowie Neuansiedlung komplex: Betroffen sind z.B. folgende Themen- und Problemfelder:

  • Energietechnische Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz;
  • Zielstellung der 100 %igen Stromversorgung aus erneuerbaren Energien;
  • Realisierbarkeit der Strom-Netz-Anbindung und -Versorgung;
  • technische, regulatorische und wirtschaftliche Bedingungen für die erwünschte Abwärme-Nutzung;
  • Anforderungen bzw. Restriktionen der Stadtentwicklung sowie
  • notwendige Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung und Wirkung der entsprechenden Vorhaben im Einzelfall.

Für die zukünftige Weiterentwicklung und absehbare Expansion der Branche der kommerziellen Rechenzentren in Berlin wird daher ein übergreifender und die benannten Themen- und Problemfelder integrierender Strategie-Ansatz entwickelt.

Das Technologiefeld Künstliche Intelligenz (KI) bleibt weiterhin ein Schwerpunktthema des Clusters IMK. Es werden regelmäßig verschiedene Veranstaltungen und Meetups organisiert, um das KI-Ökosystem zu unterstützen und weiter zu vernetzen. Die Standort-Kampagne „KI Berlin“ soll weiter ausgebaut und internationalisiert werden. Im Mittelpunkt der Kampagne steht die Website ki-berlin.de, die über die neusten Entwicklungen sowie Ereignisse zum Technologiefeld KI in Berlin berichtet und Best-Practice-Beispiele präsentiert. Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie organisiert Antragswerkstätten, um interessierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen Informationen und Beratung zu Förderprogrammen zu bieten. Der Bereich KI in der Medizin wird stärker in den Fokus genommen und als zentrales Element dieser Bestrebungen wird das Projekt „AI Testing and Experimentation Facilities – Health“ in Höhe von 3 Mio. € gefördert (Konsortialleitung des europaweiten Projektes erfolgt durch das Charité Universitätsklinikum; siehe Kapitel III.1).

Berlin ist eine Hochburg für das Themenfeld* Internet of Things* (IoT) in Deutschland und Sitz des IoT-Hubs (de:hub IoT) der Digital Hub Initiative. Im Jahr 2020 wurde von aktiven Partnern der Verein IoT+ Network e.V. gegründet, um die Idee des de:hubs mit Leben zu füllen. Das Business Netzwerk startete mit sieben Gründungsmitgliedern und wuchs 2022 auf mehr als 30 Mitglieder an. Der de:hub IoT wird durch ein heterogenes Konsortium von Unternehmen, Startups, Hochschuleinrichtungen und Company Buildern geführt. Der Hub stärkt die Zugänglichkeit und Sichtbarkeit des Themenfeldes IoT.

Das Thema Datensicherheit im Speziellen bzw. Cybersicherheit im Allgemeinen ist ein wesentlicher Faktor für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Berlin. Einerseits ist der Schutz von Patenten oder Forschungsinformationen von besonderer Bedeutung, andererseits kann der Diebstahl oder die Manipulation von Kunden- und Unternehmensdaten existenzbedrohend sein. Das Thema IT-Sicherheit steht bereits seit 2002 im Fokus des IKT-Clusters und wurde in der 2019 überarbeiteten Innovationsstrategie Berlin und Brandenburg (innoBB 2025) verankert. Ziel der Clusterarbeit ist es, die projektbezogene Zusammenarbeit zwischen Anwenderbranchen und IT-Sicherheitsexpertinnen und -experten zu stärken und den Wissens-, Kompetenz- und Technologietransfer zu unterstützen.

Die im ersten Halbjahr 2020 gegründeten DAB Digitalagentur Berlin GmbH hat sich mit ihren kostenfreien Angeboten zur Unterstützung der Digitalisierung der Berliner Unternehmen erfolgreich etabliert. In 2022 führte die DAB über 100 Veranstaltungsformate, Webinare und Einzelberatungsgespräche für Berliner Unternehmen durch. Schwerpunkte der Formate waren die Fördermittelberatung, Informationsangebote zu diversen Digitalisierungsthemen sowie auf die jeweiligen Unternehmensbedarfe zugeschnittene Einzelberatungstermine. Am 31.03.2022 startete ein mehrmonatiger Testbetrieb der Cyberhotline als weiteres Beratungsangebot der DAB für Berliner Unternehmen im Auftrag des Landes Berlin. Am 07.09.2022 erfolgte dann der offizielle Start der Cyberhotline.

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III.1.3 Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik

  • 112.017 Beschäftigte in Berlin
    (Hauptstadtregion: 229.825)
  • 8.473 Unternehmen in Berlin
    (Hauptstadtregion: 16.660)
  • 17,40 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
    (Hauptstadtregion: 32,15 Mrd. Euro)

Im Spannungsbogen der aktuellen globalen Transformationsthemen werden Verkehr, Mobilität und Logistik herausgehoben wahrgenommen, müssen aber im Gegenzug auch besondere Herausforderungen bewältigen. Die Wirtschaftsakteure des Clusters bewegen sich zum einen schrittweise in eine Post-Corona-Phase, in der die Folgen der Corona-Maßnahmen der letzten Jahre zwar spürbar bleiben und weiterhin Ausfälle im relevanten Umfang beachtet werden müssen, aber auch die Rückkehr zur Normalität und Nachholeffekte wirksam werden. Zum anderen wirkt sich der russische Angriffskrieg auf die Ukraine weiterhin äußerst negativ auf die Gesellschaft und damit auch die Wirtschaftsakteure der Region aus. Bisher nicht für möglich gehaltene und auf Dauer angelegte Abrisse von Angebots- und Nachfragebeziehungen betreffen die Akteure unserer Region und ihre traditionell guten Wirtschaftsbeziehungen mit Osteuropa überdurchschnittlich. Im Supply-Chain-Management sind auch deshalb Lieferketten über weite Distanzen stabil zu halten, während gleichzeitig Verkürzungen im Sinne einer De-Globalisierung bzw. Local Sourcing und damit Marktverschiebungen auch im Transportsektor organisiert werden.

Unterstützung in der Logistik bei Lieferkettenengpässen bietet das Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik mit dem Enterprise Europe Network (EEN), indem es über die „Supply Chain Resilience Platform“ ermöglicht wird neue Geschäftspartner zu finden, um notwendige Rohstoffe, Teile, Komponenten und/ oder (Halb-)Fertigerzeugnisse oder Dienstleistungen trotz der Lieferkettenstörungen zu beschaffen. Die Plattform konzentriert sich insbesondere auch auf VML-relevante Branchen wie Hoch- und Tiefbau / Konstruktion, Digitalwirtschaft, Elektronik, Energieintensive Industrien, Verkehr und Mobilität, insbesondere in der Automobilwirtschaft, Rohmaterialien und erneuerbare Energien. Über die Supply Chain Resilience Platform können sich Unternehmen weiterhin kostenfrei registrieren.

Nachhaltiger Klimaschutz und Verhaltensänderungen, insbesondere bei der Mobilitätsnachfrage sind weiterhin von essenzieller Bedeutung. Darüber hinaus wirkt der bereits deutlich spürbare Fachkräftemangel in fast allen Wirtschaftsbereichen von Verkehr, Mobilität und Logistik hemmend auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Das Cluster engagiert sich daher im ReTraNetz-BB und seinen Kooperationen mit Bildungsträgern für Qualifizierungskonzepte und -angebote, bis hin zu neuen Ideen wie dem Fachkräftepooling.

Unter den geltenden Rahmenbedingungen gilt es für das Cluster den Wandel hin zu klimaneutraler Produktion und Mobilität durch intelligente Transformation der Industrie mitzugestalten und nachhaltig in der Region zu realisieren.

Während die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und der Umstieg zur Elektrotraktion fortlaufend erfolgen, wachsen die technologischen Alternativen weiter. Wasserstoff bietet sich zunehmend als Beitrag zum emissionsarmen Fliegen und für schwere Nutzfahrzeuge an. So wurde von dem Berliner Unternehmen NexAero der Prototyp eines wasserstoffangetriebenen Lufttaxis vorgestellt.

Besonders sichtbar ist der Wandel aktuell in der Automobilindustrie: Vor dem Hintergrund der besonderen Herausforderungen hat sich ein länderübergreifendes Konsortium im Wirtschaftsraum Berlin und Brandenburg aus den Wirtschaftsfördergesellschaften, Sozialpartnern und der Wissenschaft gebildet, um als ReTraNetz-BB mit Förderung des Bundes die nachhaltige Transformation der hiesigen Fahrzeug- und Zulieferindustrie strategisch und operativ mitzugestalten. Gleichzeitig sollen Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Hauptstadtregion gesichert und ausgebaut werden. Das Netzwerk unterstützt dazu die Unternehmen der Branche – insbesondere KMU – in der Region durch Strategieentwicklung und anschließende Umsetzungsbegleitung, um die ökonomische und ökologische, insbesondere auch digitale Transformation der Branche nachhaltig zu gestalten.

Expertise für Transformation ist nicht nur in Berlin gefragt – sie spielt auch international eine zunehmend bedeutsame Rolle: unter dem Stichwort „Transformation by Transportation“ brachte sich das Cluster VML in den ITS World Congress (Intelligent Transport Systems & Solutions) zusammen mit Expertinnen und Experten vom Los Angeles Department of Transportation zu den aktuellen Mobilitätsherausforderungen und -lösungen in Berlin und Los Angeles ein. Auch auf dem europäischen ITS-Kongress in Toulouse beteiligte sich das Cluster, hier unter dem Motto „Intelligente und nachhaltige Mobilität für alle“. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Barcelona und Toulouse wurden die besonderen Transformations-Herausforderungen von Metropolen beleuchtet und Best-Practice-Lösungen besprochen.

Testfelder und Reallabore wachsen dafür weiterhin in ihrer wichtigen Rolle für die Akteure der Region – für die Bewertung und das Ausrollen neuer Technologien und Geschäftsmodelle einerseits und für die Ausgestaltung der Rechtsrahmen andererseits. Es gilt, die nicht zuletzt aufgrund der internationalen Ausstrahlung der Stadt erzielte Attraktivität des Standorts Berlin für Reallabore der Mobilität weiterzuentwickeln, so z.B. für autonomes und vernetztes Fahren: Autonomes Fahren ist ein weiterhin herausragendes Thema der Berliner Akteure. Das Forschungsprojekt KIS’M erprobt ein bedarfsgerechtes ÖPNV-Angebot mit fahrerlosen Fahrzeugen auf dem Innovationscampus „Berlin TXL – The Urban Tech Republic” (UTR) des ehemaligen Flughafens Tegel und anschließend auf dem angrenzenden öffentlichen Straßenland. Mit einer besseren Vernetzung und Kooperation automatisierter Fahrzeuge untereinander sowie mit der Verkehrssteuerung soll eine höhere Sicherheit des Verkehrs auch in einem Mischsystem erreicht werden. Aus den im Verkehr aufgenommenen Daten sollen mit Mitteln der künstlichen Intelligenz aktuellere und genauere Karten- und Verkehrsinformationen abgeleitet werden. Darüber hinaus will KIS’M wie auch das als Projekt auslaufende und als Zentrum für erlebbare KI und Digitalisierung (ZEKI) fortgesetzte Vorhaben BeIntelli aus den gesammelten Erfahrungen eine Strategie für den weiteren Einsatz von fahrerlosen Fahrzeugen im Land Berlin ableiten, inkl. einer gesellschaftlich akzeptierten Vorstellung der Mobilität von morgen. Das Projekt NoWeL4 setzt diese Entwicklung konsequent fort.

Dazu wird auch die bereits gute Zusammenarbeit von Berlin und Barcelona im Bereich des autonomen Fahrens weiter vertieft: Wie kann die Mobilität von morgen durch die intelligente Integration automatisierter Verkehrssysteme gut und nachhaltig gestaltet werden? Neben der Vorstellung von innovativen Projekten rund um automatisiertes Fahren auf Straße, Schiene und in der Logistik sowie den Einschätzungen aus Politik auf Bundes- und Landesebene wurden in interaktiven Thementischen die verschiedenen Perspektiven ausgetauscht und diskutiert. Wichtige Diskussionspunkte, die identifiziert wurden, waren unter anderem: die Einbindung von Nutzerinnen und Nutzern in Pilotprojekte, um Vertrauen zu schaffen, rechtliche Fragestellungen versus ethische Fragestellungen, insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) und Haftung oder auch notwendige Zertifizierungs- und Sicherheitsstandards. Beispiele sind die Tests von autonomen Lieferrobotern in Berlins öffentlichem Raum, aktuell noch im teleoperierten Betrieb. Sie verbinden die Möglichkeiten vom autonomen Fahren und KI mit klima- und fachkräfteschonenden und den von Nutzenden sehr positiv aufgenommenen Logistikkonzepten.

Berliner Startups, etablierte Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen bekommen durch die Netzwerkmitgliedschaft des Clusters in der Initiative zur Urbanen Mobilität des European Institute of Innovation and Technology (EIT Urban Mobility) die Möglichkeit, gegenseitig von Innovationen in Wertschöpfungskooperationen und Marktzugängen zu profitieren und in den Mitgliedsstädten neue Konzepte zu entwickeln und als „Living Lab“ zu testen und zu demonstrieren.

Das Land Berlin fördert im Rahmen des Technologie- und Innovationsförderprogramms ProFIT das Vorhaben BerDiBa – Digitaler Bahnbetrieb Berlin – als einen innovativen Baustein des Großprojekts im Zukunftsort Siemensstadt Square. Es werden neuartige Technologien für automatisiertes Fahren auf der Schiene unter realen Betriebsbedingungen erforscht und erprobt, z.B. Künstliche Intelligenz zur Erkennung von Hindernissen, Gefährdungen von Fahrgästen und Beobachtung von Veränderungen der Bahninfrastruktur. Basis dafür sind hochleistungsfähige Sensorsysteme zur Umfeldwahrnehmung im Zug. Das Vorhaben unter Federführung von Siemens Mobility setzt einen ganzheitlichen Digitalen Zwilling um. Dieser besteht aus allen für den digitalen Bahnbetrieb nötigen Informationen und bildet den Zustand des Fahrzeugs, der Umgebung und der Infrastruktur ab. Er enthält fusionierte historische und Echtzeit-Daten von verschiedenen Sensoren, die mit neuartiger Signalverarbeitung (z.B. neuronalen Netzen) prozessiert werden. Auf dieser Basis können Entscheidungen zur Realisierung einer digitalen vollautomatisierten Echtzeitsteuerung des Bahnbetriebs getroffen werden.

Kleinsatelliten gewinnen zunehmend an Bedeutung, da sie neben der Möglichkeit zur Kommunikation und Navigation insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel wichtige Informationen liefern. So können zum Beispiel Daten zu Luft- und Meeresverschmutzung oder den Zustand der heimischen Wälder gesammelt und ausgewertet werden. Ein Beispiel für die zunehmende Bedeutung und Beteiligung Berliner Akteure ist die Organisation des 14th IAA Symposium on Small Satellites for Earth System Observation 2023 in Berlin. Die Wissenschaftliche Konferenz mit Begleitausstellung wird durch das DLR, die TU Berlin sowie die International Academy of Astronautics organisiert und durch das Cluster VML unterstützt. Die starke Berliner Space-Industrie ist mit Unternehmen zahlreich vertreten. Auch die Zustandsüberwachung von Infrastruktur wie beispielsweise Stromleitungen mit Satellitendaten und KI wird aktuell vom Berliner Unternehmen LiveEO entwickelt. Zusätzlich ist im Bereich Aerospace und Drohnen geplant, die neuen Kontakte mit Toulouse zu intensivieren und enger zu kooperieren.

Insgesamt bleiben Verkehr, Mobilität und Logistik wichtige Treiber, Katalysatoren und Nutznießer von Innovation und Wachstum. Ein wesentlicher Aspekt ist die Notwendigkeit zur Integration der Verkehrsträger mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen in gesellschaftlich breitgetragene Gesamtkonzepte von Verkehr, Mobilität und Logistik.

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III.1.4 Cluster Optik und Photonik

  • 12.479 Beschäftigte in Berlin
    (Hauptstadtregion: 18.531)
  • 813 Unternehmen in Berlin
    (Hauptstadtregion: 1.388)
  • 1,60 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
    (Hauptstadtregion: 2,54 Mrd. Euro)

Optik und Photonik sind Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung in der Industrie, dem Gesundheitswesen oder der Mobilität. Sie leisten als Innovationstreiber nicht nur einen herausragenden Beitrag zur Entwicklung des Wirtschafts- und Industriestandorts Berlin, sondern auch zur Technologiesouveränität unserer Volkswirtschaft. Mit knapp 450 Unternehmen und über 30 Forschungseinrichtungen zählt die Hauptstadtregion zu den führenden Photonik-Standorten Europas. Das Cluster ist geprägt von einer vernetzten Hochschul- und Forschungslandschaft sowie einer Vielzahl innovativer Technologieunternehmen. Die Akteure werden von fachlichen Zusammenschlüssen wie dem OpTecBB e.V. unterstützt, dem bundesweit größten Branchennetzwerk für optische Technologien, das gemeinsam mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie (BPWT) sowie der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg das Clustermanagement bildet.

Berlin ist auf dem Sprung in die zweite Quantenrevolution. Die erste Quantenrevolution lieferte die physikalischen Grundlagen für die Digitalisierung der Gesellschaft sowie die Laser- und moderne Kommunikationstechnologien. Die Photonik ist der Schlüssel zur nun beginnenden zweiten Quantenrevolution. Mit photonischen Werkzeugen lassen sich einzelne Quantenteilchen gezielt manipulieren und kontrollieren. Dies eröffnet zahlreiche neue Anwendungsfelder, wie zum Beispiel die abhörsichere Kommunikation mittels verschränkter Photonen, hochaufgelöste Bildgebungsverfahren in der medizinischen Diagnostik oder das Aufspüren wertvoller Rohstoffe mittels Quantensensoren, die das lokale Schwerefeld der Erde präziser als bisher vermessen können. Optische Uhren werden die Zeitmessung und damit die Genauigkeit von Navigationssystemen verbessern und die Rechenleistung von Quantencomputern soll in neue Dimensionen vorstoßen.
uantentechnologien werden daher künftig so unentbehrlich sein, wie es heute das Internet ist.

In der Hauptstadtregion arbeiten zahlreiche Forschungseinrichtungen und Unternehmen an den Schlüsseltechnologien für die zweite Quantenrevolution. Das Land Berlin hat Anfang 2021 beschlossen, die Entwicklung der Quantentechnologien mit Mitteln des Berliner Innovationsförderfonds in Höhe von 25 Mio. € zu unterstützen und so ergänzend zu den Mitteln aus dem Konjunkturpaket des Bundes II Forschungs- und Entwicklungsprojekte sowie Vernetzungsarbeit innerhalb der Forschungs-, Produktions- und Anwendungsnetzwerke zu fördern, um diese Zukunftstechnologie erfolgreich in Berlin zu etablieren. In diesem Zusammenhang sind zunächst bis zum Jahr 2027 verschiedene sowohl wissenschaftlich als auch wirtschaftlich orientierte Aktivitäten zum Thema Quantentechnologien vorgesehen. Dazu zählt beispielsweise ein Förderaufruf für Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprojekte im Bereich „Anwendungsorientierte Quantentechnologien“, der im dritten Quartal 2023 veröffentlicht werden soll. Ziel ist es, Entwicklungen und Anwendungen von Schlüsseltechnologien in den Bereichen Quantenhardware und -software zu stärken und eine schnellere wirtschaftliche Verwertung zu unterstützen. Letzteres soll im Rahmen der Vernetzungsarbeit durch transferfördernde Maßnahmen in die Wirtschaft flankiert werden, um damit perspektivisch zu Investitionen und der Entstehung neuer Industriearbeitsplätze beizutragen. Schließlich soll Berlin auch international als Quantentechnologiestandort sichtbar gemacht werden.

Anfang Oktober 2022 fanden die Photonics Days Berlin Brandenburg – die internationale Innovationskonferenz der Optik und Photonik Branche in der Region und Schaufenster des Clusters – statt. Die Photonics Days Berlin Brandenburg ist die bedeutendste Veranstaltung der Branche in der Hauptstadtregion für den fachlichen Austausch über neue Technologietrends, wie auch um die Potenziale der hier ansässigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen national wie international sichtbar zu machen.

Nachdem die Konferenz im vorletzten Jahr im hybriden Format angeboten worden war, fand sie 2022 als reine Präsenzveranstaltung statt. An zwei Tagen mit insgesamt sieben Ganztags- und zwei Halbtags-Sessions hatten knapp 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, spannende Vorträge zu aktuellen Themen zu verfolgen und sich mit über 100 nationalen und internationalen Speakern und einer Begleitausstellung mit Ausstellern aus Deutschland und internationalen Partnern aus Polen, den Niederlanden, Italien und Japan auszutauschen. Die Veranstaltung wurde um zwei Rundgänge bereichert. Der erste fand beim Fraunhofer IZM statt, einem der weltweit führenden Institute für angewandte Forschung sowie Entwicklung und Systemintegration robuster und zuverlässiger Elektronik. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde ein Überblick über das Institut, ein spannender Vortrag zum Thema Packaging for Photonic System Integration sowie eine LabTour geboten. Der zweite Rundgang führte durch einen der 11 Zukunftsorte Berlins, den Tech Park Berlin-Adlershof. Neben dem Rundgang über den Adlershofer Campus bestand die Möglichkeit, das Leibniz-Institut für Kristallzüchtung, das Max-Born-Institut, das Helmholtz Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH oder das Ferdinand-Braun-Institut (FBH) zu besuchen.

Aussteller aus Wissenschaft, Wirtschaft und Industrie aus Berlin, Brandenburg, Deutschland und dem europäischen Ausland nutzten die Möglichkeit, ihre neusten Entwicklungen zu präsentieren und den direkten Austausch mit Interessenten zu suchen. Die BPWT stellte über das European Enterprise Network (EEN) mit “b2match“ die Plattform für die Sessions und Matchings zur Verfügung, promotete die Veranstaltung über das Hauptstadtmarketing, war in der Ausstellung präsent und in die Organisation zahlreicher Workshops eingebunden.

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III.1.5 Cluster Energietechnik

  • 37.617 Beschäftigte in Berlin
    (Hauptstadtregion: 59.091)
  • 3.235 Unternehmen in Berlin
    (Hauptstadtregion: 6.336)
  • 23,37 Mrd. Euro Umsatz in Berlin
    (Hauptstadtregion: 29,94 Mrd. Euro)

Berlin ist traditionell führender Energietechnikstandort Deutschlands. Die Hauptstadt ist Vorreiter bei der Entwicklung von Smart Grids, Speicherkonzepten und innovativen Lösungen zur Systemintegration.

Neben Global Playern wie der Siemens Energy AG sorgen vor allem die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen (darunter auch Hidden Champions) für eine anhaltend überdurchschnittliche Innovationsdynamik bei der Entwicklung, Erprobung und Anwendung neuer Energietechnologien. Die involvierten Akteure profitieren hierbei von der renommierten und vielfältigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft Berlins. Über 1.100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an über 30 Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen forschen zu allen Themenstellungen rund um die Energiewende.

Schwerpunktthemen in der Energietechnik sind bereits heute die digitale Vernetzung und die sich daraus ableitenden Möglichkeiten der Sektorenkopplung (Strom, Verkehr und Wärme) und der Systemintegration von erneuerbaren Energien. Damit einher geht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die in Berlin insbesondere von Startups stark vorangetrieben wird.

Zu den aktuellen TOP-Innovationsfeldern mit besonderem Potenzial für die Hauptstadtregion als Energietechnikstandort zählen:

  • Sektorenkopplung für die Wärme und Kälte,
  • Energieeffizienz in industriellen Prozessen sowie Nutzung Prozessabwärme,
  • digitale Sicherheit,
  • Sektorenkopplung für die Mobilität: Power2X, Power2Fuels (H2-basierte Kraftstoffe), Vehicle2grid, Ladeinfrastruktur, bidirektionales, erzeugungs- und netzdienliches Laden,
  • Lastmanagement und virtuelle Kraftwerke,
  • Wasserstofftechnologien (Erzeugung, Speicherung, Transport, Nutzung) sowie
  • Entwicklung, Produktion, Wiederverwertung und Recycling von Batterien.

Durch die Ansiedlungen der Tesla Gigafactory, des amerikanischen Batterieherstellers Microvast sowie junger Unternehmen wie z.B. Theion und CSE mit ihren bestehenden und geplanten Produktionskapazitäten und dem einhergehenden Kompetenzaufbau in der Hauptstadtregion, hat insbesondere das Thema Batterieproduktion an Bedeutung zugenommen.

Im Jahr 2022 initiierte das Clustermanagement das Verbundvorhaben „Kompetenzaufbau für Batterieproduktion in der Hauptstadtregion“ (KOMBiH). Das im Januar 2023 gestartete Projekt qualifiziert Fachkräfte für die sich rapide entwickelnde Batterieindustrie in Berlin und Brandenburg. Die Cluster Energietechnik und Verkehr / Mobilität / Logistik bleiben dem Konsortium als assoziierte Partner des Projekts verbunden.

Das seit Ende 2022 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Innovationscluster „LEVI“ soll Entwicklungen und Aktivitäten rund um das Thema batterieelektrische Leichtfahrzeuge auf Basis von Wechselakkus initiieren und begleiten. Die nachhaltige Produktion, Second-Life-Konzepte und Recycling von Wechselakkus werden dabei ebenfalls betrachtet.

Um das Thema in der Hauptstadtregion gemeinsam mit der Wissenschaft und der Wirtschaft weiter voranzutreiben, fand im Dezember 2022 der Cross-Cluster-Expertenkreis der Cluster Energietechnik und Verkehr, Mobilität und Logistik Berlin-Brandenburg sowie der Berliner Teilthemen Industrielle Produktion und Clean Technologies zum Thema „Innovative Batterietechnologien – nachhaltig produzieren, wiederverwerten und recyclen“ statt.

Ebenso im Technologiefokus der Innovationsaktivitäten am Standort Berlin steht weiterhin die Digitalisierung im Energiesektor, insbesondere die Digitalisierung für die Energiewende im urbanen Umfeld. Mit der Veranstaltung „Zukunft der Energiewende: Dezentrale Energie-Erzeugung durch virtuelle Kraftwerke & Digitalisierung“ im März 2022 beleuchtete das Cluster Energietechnik gemeinsam mit der TU Berlin die Herausforderungen beim Betrieb von virtuellen Kraftwerken im urbanen Umfeld. Insbesondere die notwendige Digitalisierung von Erzeugung, Verteilung und Verbrauch und bisherige technologische Lösungen wurden dabei diskutiert und vorgestellt.

Mit der Organisation und Durchführung des Workshops „Dekarbonisierung durch Digitalisierung! Die Stadt als Vorreiter“ in Kooperation mit der Technologiestiftung Berlin während der Berliner Energietage im April 2022 konnten Berliner Akteure ihre Kompetenzen in dem Bereich darstellen und Kooperationsbedarfe diskutieren.

Daneben gewinnt das Thema Sektorenkopplung für die Wärme und Kälte in Berlin zunehmend stark an Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. Das Cluster unterstützte dabei das Projekt RENEWAC im Rahmen des Programms „Wärmenetze 4.0“, welches eine Machbarkeitsstudie zur Umstellung des Gesundheitscampus Berlin-Buch auf Erdwärmeversorgung durchführt.

Einen weiteren wichtigen Schwerpunkt für die Hauptstadtregion bildet der Themenbereich Wasserstoff. So konnte Ende 2021 durch das Vorlegen der „Wasserstoff-Roadmap für Brandenburg und die Hauptstadtregion“ der Prozess rund um das Thema Wasserstoff gezielt vorangetrieben werden. Die H2-Roadmap stellt das Ergebnis eines im Vorfeld breit angelegten Stakeholder-Prozesses in der Hauptstadtregion dar.

Auf der Grundlage eines Beschlusses des Senats von Berlin und der Brandenburgischen Landesregierung vom 20. April 2021, gemeinsam Potenziale der Wasserstoffnutzung für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg zu entwickeln, wurde im Rahmen des „Strategischen Gesamtrahmens Hauptstadtregion“ ein länderübergreifender Stakeholderdialog zur Erstellung einer Wasserstoffroadmap für Brandenburg und die Hauptstadtregion vereinbart.

Mit ihren rd. 65 Maßnahmenvorschlägen dient die H2-Roadmap als ein „Instrumentenkasten“ für die sukzessive Fortentwicklung einer regionalen Wasserstoffwirtschaft.

Ein erstes Projekt der H2-Roadmap stellt hierbei der von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam geförderte und deutschlandweit erste digitale Wasserstoff-Marktplatz dar, der am 25.04.2022 an den Start gegangen ist.

Ziel ist, eine bessere Übersicht der in der Region bestehenden oder geplanten Wasserstoffprojekte zu gewährleisten, um Synergien bei der weiteren Vorhabenentwicklung bei Produktion, Nachfrage und Verbrauch von Wasserstoff sowie bei der Infrastrukturplanung zu ermöglichen.

Anbieter und Nachfrager von H2-Produkten oder Dienstleistungen können auf dem Marktplatz ihre Projekte vorstellen und konkrete Gesuche und Gebote platzieren oder selbst verfügbare Informationen, beispielsweise zu H2-Qualitäten, Druck oder Preisen, abrufen. Die Einträge werden georeferenziert als Landkarte gezeigt. Produziert ein Wind- oder Solarparkunternehmen grünen Wasserstoff, kann es sich mit dem Portal Überblick verschaffen, wer zum Beispiel im Verkehrsbereich H2-Bedarf hat und wo sich die Betriebe befinden. Logistik- und Verkehrsunternehmen, die Wasserstoff benötigen, finden dort passende H2-Angebote oder Transportmöglichkeiten. Weitere Anwendungsbeispiele liegen im Flug-, Bahn- und Schiffsverkehr, dem Mobilitäts- oder Wärmesektor sowie in der Speicherung von Gas. Auch die Stärkung der internationalen Sichtbarkeit der Energietechnik-Kompetenz der zahlreichen Akteure, insbesondere KMU, in der Hauptstadtregion ist weiterhin ein zentrales Anliegen der Innovations-, Wirtschafts- und Standortpolitik. Internationalisierung ist eine der Leitlinien der innoBB 2025 und damit auch ein Kernanliegen der Clusterarbeit.

Das Clustermanagement Energietechnik unterstützt auch in Zukunft das jährliche Ankerevent des Netzwerks, das „Urban Innovation Forum“, mit internationalen Speakern und Teilnehmenden.

Weiterhin wird das Clustermanagement zusammen mit dem Cluster Verkehr, Mobilität und Logistik sein Engagement im Rahmen der sich derzeit in Berlin etablierenden Konferenzen, dem Future Batteries Forum und dem H2Forum, durch Sichtbarkeit, unter anderem über einen Messestand und Platzierung von relevanten Branchenunternehmen aus der Region, fortsetzen.

Die aufgrund der Energiekrise stark beschleunigte Entwicklung und Anwendung von Lösungskompetenzen im Bereich der erneuerbaren Wärmeversorgung wird in 2023 durch die in Berlin stattfindende Clusterkonferenz mit dem Fokus Wärmeversorgung sowie der Netzwerkbildung “CO2-Zero” unterstützt. Das geplante Berliner Netzwerk fokussiert darauf, eine möglichst vollständig auf erneuerbaren Energien beruhende Wärmeversorgung für Quartiere und Gebäude mit seinen Mitgliedern in der Hauptstadtregion durch gezielte Vernetzung und Kompetenzentwicklung zwischen seinen Akteuren zu unterstützen.

Der zum Ende des Jahres 2022 durch Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie initiierte Round Table Energieeffizienz und Dekarbonisierung mit einigen der größten industriellen Energieverbrauchern der Berliner Wirtschaft wird fortgesetzt, um individuelle und auch übergreifende Herausforderungen auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Berliner Produktionsstandorte gemeinsam zu identifizieren und zu diskutieren.

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III.1.6 Weitere Innovationsfelder - Clean Technologies

Nachhaltige Wasserwirtschaft

Berlin hat sich zu einem international anerkannten Kompetenzstandort der nachhaltigen Wasserwirtschaft entwickelt, in dem die Verknüpfung wissenschaftlicher und unternehmerischer Kompetenzen einen starken Motor für Wachstum und Beschäftigung darstellt.

Neben den Berliner Wasserbetrieben (BWB) – Deutschlands größtem Serviceprovider im Wasserbereich – ist in Berlin eine Vielzahl innovativer Unternehmen ansässig, die im Bereich der Wasserwirtschaft sowie der Umwelt- und Abwassertechnik aktiv sind. Die Wasserwirtschaft in Berlin ist für die gegenwärtigen Trends und Zukunftsthemen wie Klimawandel, Digitalisierung, Building Information Modeling und Regenwasserbewirtschaftung gut aufgestellt. Hinzu kommt ein breites Angebot in der wasserbezogenen Forschung an Universitäten, insbesondere der Technischen Universität Berlin (TU), und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie etwa dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB), sowie zahlreichen anderen wasserwirtschaftlichen Institutionen. Damit ist die gesamte Bandbreite der wasser- und abwasserwirtschaftlichen Forschungskompetenzen in Berlin vorhanden, um für regionale, aber auch internationale Herausforderungen innovative Lösungskonzepte zu entwickeln, umzusetzen und zu betreiben.

Exemplarisch hierfür ist die Beteiligung am europäischen Klimaschutzinnovationsprojekt „IMPETUS“. Ziel ist es, durch ein dynamisches Informationsmanagement Lücken in der Kartierung überregionaler Wasserkreisläufe zu schließen, künftige Engpässe und Nutzungskonflikte der Ressource Wasser digital zu modellieren und zu bewerten und damit regionale Entscheidungen zu ermöglichen.

Koordiniert wird die Projektbeteiligung durch das Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB), dem auch im Übrigen eine herausgehobene Bedeutung zukommt. Seit seiner Gründung im Jahre 2001 als gemeinnützige GmbH und Zentrum für angewandte Wasserforschung sind die Herausforderungen an die wasserbezogene Forschung durch Klimawandel und Bevölkerungswachstum enorm gewachsen. Herausforderungen des Wassermanagements wie Grundwasser, Wasser- und Abwassertechnik, Kanalnetzbewirtschaftung und Gewässerschutz sind eng mit Fragestellungen der Energie- und Ressourceneffizienz, der Klimaresilienz, des Asset Managements und der Digitalisierung verbunden. Digitale Prozesse und Modellierungen bieten neue Ansätze, um den Herausforderungen an urbane Infrastrukturen mit intelligenter Technologie zu begegnen.

Das KWB, das zu gleichen Teilen der Technologiestiftung Berlin und den Berliner Wasserbetrieben gehört, hat sich als erfolgreicher Treiber anwendungsbezogener Forschungsprojekte in der nachhaltigen und digitalisierten Wasserwirtschaft etabliert. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Smart Water – Wasser und Stadtgrün klimagerecht gestalten“, in welchem das KWB zusammen mit den BWB, der Technologiestiftung Berlin und verschiedenen Berliner Verwaltungen im Rahmen des Programms „Gemeinsam Digital: Berlin“ die Entwicklung eines digitalen Tools zur agilen Planung städtischer Bauvorhaben plant. Der Fokus liegt dabei auf der Integration grüner und blauer Infrastrukturen, um die Bildung von Hitzeinseln einzudämmen sowie die Gewässerbelastung und Überflutung von Straßen zu reduzieren. Zudem soll ein Instrument zur Visualisierung und Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für Klimaanpassungsmaßnahmen entworfen werden.

Die Technische Universität Berlin (TU) als starker Wissenschaftsakteur ist ebenfalls weiterhin intensiv in Projekten involviert, so z.B. aktuell im EU-finanzierten Projekt „WATERUN – Innovative methodology to prevent and mitigate diffuse pollution from urban water runoff“. In diesem Projekt soll eine innovative Methodologie entwickelt werden, die zur Umsetzung von Plänen zur Bewirtschaftung des urbanen Wasserabflusses in Städten beitragen soll.

Seit 2018 unterstützt zudem die vom Land Berlin und den Berliner Wasserbetrieben gemeinsam gegründete Berliner Regenwasseragentur Bürgerinnen und Bürger, die Verwaltung, Stadtplaner und Städtebauer sowie Unternehmen und Wohnungsunternehmen bei der Umsetzung dezentraler, innovativer Lösungen im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung. Hierfür steht sie im engen fachlichen Austausch mit den Unternehmen der regionalen Wasserwirtschaft sowie Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen am Standort.

Eine wichtige Impuls- und insbesondere Vernetzungsfunktion innerhalb der Wasserbranche übernehmen die in Berlin ansässigen Netzwerke MARIS und e.qua. Als Interessenvertretung von über 30 mittelständischen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen hat sich das mit GRW-Mitteln geförderte Netzwerk MARIS Berlin Brandenburg – Management urbaner Wasserkreisläufe in der Hauptstadtregion fest etabliert. Das Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, die Klimawandelanpassung der Metropolregion mit innovativen, nachhaltigen und praxisorientierten Lösungen zu unterstützen und zu befördern.

Die in MARIS tätigen Akteure haben sich mit regional aktiven Verbänden der technischen Infrastrukturen zusammengeschlossen und mit dem InfraSPREE-Kongress eine regionale Plattform für Fachkräfte, Unternehmen und Infrastrukturbetreiber in der Wasserwirtschaft etabliert.

Das Netzwerk e.qua ist ein Verbund von Unternehmen, der an der Schnittstelle zwischen Energie und Wasser bundesweit Projekte auf dem Gebiet der Wärmerückgewinnung aus Abwasser realisiert. In Form von Beratung, Projektimpulsen und Förderprojektbegleitung unterstützt das Netzwerk Unternehmen in den Bereichen Strom-, Wärme- und Wertstoff(rück)gewinnung aus Trink- und Abwasser. e.qua führte im Verbund mit verschiedenen Partnern im März 2023 in der Station Berlin bereits zum dritten Mal das Messeformat TAUSENDWASSER durch. Mit 270 Ausstellern aus den Bereichen Trink- und Abwasser sowie Leitungsbau und ca. 4.000 Besucherinnen und Besuchern wuchs die Messe sichtlich gegenüber 2021.

Die Steigerung der internationalen Bekanntheit Berlins als einem exzellenten Kompetenzstandort (sog. Wasser HUB) für innovative Lösungen im Themenfeld Wasser, ist ein wichtiges Anliegen der Wirtschafts- und Innovationsförderung des Landes Berlin.

Mit den BLUE PLANET Berlin Water Dialogues hat Berlin gemeinsam mit dem Bund eine politisch ausgerichtete Veranstaltungsreihe initiiert, um eine dauerhafte zentrale Plattform für die internationale Vernetzung, den Wissenstransfer sowie einen intensiven Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern von Regierungen, NGOs, Forschung und Wissenschaft, Finanziers sowie Entscheiderinnen und Entscheidern der internationalen Wassernutzer aus Industrie, Energie- und Landwirtschaft sowie Metropolen zu schaffen.

Die Blue Planet Berlin Water Dialogues fanden am 22. November 2022 digital unter dem Titel „Artificial Intelligence – Reshaping the Water Industry“ statt und verzeichneten mit etwa 650 Teilnehmenden aus 73 Ländern einen großen Erfolg.

Auch der Gemeinschaftsstand der Hauptstadtregion konnte sich 2022 erneut erfolgreich auf der „IFAT“, der Weltleitmesse für Umwelttechnologien, mit 18 Ausstellern von Startups über KMU bis hin zu Wissenschaftseinrichtungen einem breiten und internationalem Publikum präsentieren.

Kreislaufwirtschaft

Das Land Berlin bekennt sich zum Leitbild “Zero Waste” und ist bestrebt, die bestehende Abfallwirtschaft zu einer modernen und möglichst geschlossenen Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln. Die mit dem Abfallwirtschaftskonzept 2020-2030 vorgelegte Zero-Waste-Strategie setzt hierfür ambitionierte Standards. Durch Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Wiederverwendung sollen Abfälle nach Möglichkeit gar nicht erst entstehen. Ist eine Wiederverwendung oder Vorbereitung zur Wiederverwendung ausgeschlossen, sollen die im Abfall enthaltenen Wertstoffe einer Wiederverwertung zugeführt werden. Bei der Verwirklichung dieser Ziele leisten die Akteure der Kreislaufwirtschaft einen maßgeblichen Beitrag (vgl. Kapitel V.1 BSR).

Nicht zuletzt wegen ihrer innovativen Akteure und der guten Vernetzung entwickelt sich die Kreislaufwirtschaft zu einem immer bedeutenderen Wirtschaftsfaktor in der Hauptstadt. Das Spektrum reicht von den klassischen Entsorgern über Technologieentwickler bis hin zu Startups, die aus Sekundärrohstoffen innovative Produkte für ein umweltbewusstes Publikum herstellen.

Im Bereich der Kreislaufwirtschaft vernetzen sich Akteure zunehmend und schließen sich zu Initiativen und für Veranstaltungsformate zusammen, um gemeinsam für die Schließung von Stoffkreisläufen (Closed-Loop), für nachhaltigere Produktions- und Managementprozesse und für Ressourcenschutz in der Wirtschaft einzutreten.

Beispielhaft für diese Entwicklung steht die Initiative circular. Berlin. Sie setzt sich über Wissensvermittlung, praktische Workshops, Vernetzung und Weiterbildungsformate für die Entwicklung Berlins hin zu einer zirkulären Stadt ein. Als Initiator der „Circular City Challenge“ trägt die Initiative wesentlich zum wichtigen Austausch mit Startups aus anderen europäischen Metropolen bei. Weitere Formate wie das Zero Waste Berlin Festival und das Circular Futures Festival verdeutlichen die zunehmende Bedeutung der Circular Economy in Berlin.

Aber nicht nur Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen tragen dazu bei, nachhaltige Entwicklungen in der Stadt voranzutreiben. Im EU-Projekt COMPAIR (Community Observation Measurement & Participation in AIR Science) wird die Fähigkeit von Bürgerinnen und Bürgern gestärkt, die Auswirkungen ihres Agierens auf die Umwelt zu überwachen, zu verstehen und zu verändern. Es bindet die Öffentlichkeit bei der Erfassung, Ergänzung und Verbesserung der Qualität offizieller Datensätze zur Luftreinheit ein. Mithilfe eines Citizen Science Lab werden Bürgerinnen und Bürgerbefähigt, umweltwissenschaftliche Experimente mitzugestalten und durchzuführen, die sich an den Bedürfnissen und Herausforderungen in ihrer Umgebung orientieren. Durch die Bereitstellung innovativer, selbst montierbarer und kostengünstiger Sensoren, dynamischer Dashboards und Augmented-Reality-Tools für die Erfassung, Visualisierung und Gewinnung verwertbarer Erkenntnisse aus Daten kann jede und jeder die Auswirkungen seines Handels auf die Umwelt verstehen und unmittelbare Maßnahmen zu deren Verbesserung bereitstellen.

In starkem Maße engagiert sich auch die Berliner Stadtreinigung (BSR) in der Kreislaufwirtschaft und der Umsetzung der Zero-Waste-Strategie. So betreibt die BSR mit der „NochMall“ das erste Kaufhaus für Gebrauchtwaren in Berlin. Darüber hinaus wird sie Trägerin der im Entstehen befindlichen Zero Waste-Agentur, deren Ziel es sein wird, den Weg zur konsequenten Vermeidung und Wiederverwendung von Abfällen in Berlin zu bereiten.

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III.2 Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik

Berliner Zukunftsorte

An den Berliner Zukunftsorten trifft wissenschaftliches Know-how auf eine lebendige Gründerszene. An ihnen wird nicht nur geforscht und entwickelt, sondern auch produziert. Hier arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlicher sowie Unternehmerinnen und Unternehmer koordiniert an Impulsen für Innovationen und mehr Lebensqualität. Ideale Bedingungen für wirtschaftliches Wachstum und die Entwicklung und Profilierung des Wirtschaftsstandortes Berlin.

Die Berliner Zukunftsorte sind
  • der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof,
  • der Biotech-Campus Berlin-Buch,
  • der Campus Charlottenburg / City West,
  • der CleanTech Marzahn,
  • der EUREF-Campus Schöneberg,
  • der Technologiepark Humboldthain,
  • der Forschungs- und Produktionsstandort Schöneweide / Südost,
  • der Campus Dahlem / Südwest mit dem Technologie- und Gründungszentrum,
  • der Flughafen Tegel als Urban-Tech-Standort,
  • der Flughafen Tempelhof als Standort für Kreativwirtschaft und
  • die Siemensstadt Square.

Die Aufgabenschwerpunkte „Aufbau Markenbekanntheit“, „Stärkung Netzwerk“ und „Entwicklung Employer Brand“ werden auch im dritten Jahr der zweiten Förderperiode der Geschäftsstelle Zukunftsorte wieder durch anschauliche Projektbeispiele aus den Orten im Rahmen der seit Februar 2022 breit angelegten Kampagne wiedergegeben. Hervorgehoben werden bei der Kampagne: „Zukunft ist, wenn …“ die Herausforderungen zukunftsträchtiger Fragen und deren Lösungsmöglichkeiten aus den einzelnen Zukunftsorten.

Dabei hat jeder Zukunftsort seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter und seine ganz besonderen Potenziale:

Der Zukunftsort Buch – einer der größten BioTechParks Europas – wird mit der Eröffnung des mit GRW-Mitteln geförderten Gründerinnen- und Gründerzentrums „Berlin Bio Cube“ in 2023 weiter gestärkt. Auf 8.000 m2 Labor- und Bürofläche wird die Ansiedlung von Startups mit einem geschätzten Umsatz von 70-80 Mio. € pro Jahr erwartet. Darüber hinaus steht die geplante Entwicklung des südlichen Teils der sog. Brunnengalerie für die dringend benötigte Erweiterung des BioTechParks in unmittelbarer Campusnähe im Fokus.

Adlershof als größter Technologiepark Deutschlands bietet dank kluger Flächenvorsorge und starker Unterstützung der GRW-Infrastrukturförderung trotz eines beeindruckenden Wachstums von 3.500 zusätzlichen Arbeitsplätzen in 2022 weiterhin attraktive Flächen für die Ansiedlung innovativer Unternehmen, die die Standortgemeinschaft aus mehr als 1.200 Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen schätzen.

Während sich Zukunftsorte wie Buch und Adlershof international etabliert haben und den Innovationsstandort Berlin als Leuchttürme profilieren, stehen andere Orte noch mitten im Entwicklungsprozess, exemplarisch:

Im Zukunftsort TXL entsteht auf einem 82 ha großen Teil des Geländes des ehemaligen Flughafens Tegel der Wirtschafts-, Forschungs- und Industriepark „The Urban Tech Republic (UTR)“. Bei der UTR handelt es sich um ein nachhaltiges Gewerbequartier mit besonderer Bedeutung für das Land Berlin und weltweitem Leuchtturmcharakter. Dort sollen bis zu 1.000 große und kleinere Unternehmen mit 20.000 Beschäftigten forschen, entwickeln und produzieren. Dafür stehen ihnen neben den Bestandsgebäuden des ehemaligen Flughafens 211 ha zur Verfügung. Insgesamt sollen rund 5.000 Studierende der renommierten Berliner Hochschule für Technik (BHT) auf den Campus Berlin TXL umziehen, von denen mehr als 2.500 Studierende mit ihren Fachbereichen in das ehemalige zentrale Terminalgebäude A einziehen können. Die angrenzenden Flächen sind sowohl für Forschung und Entwicklung als auch für produzierendes Gewerbe vorgesehen. Terminal B wird zu einem Gründerinnen- und Gründerzentrum und einem Kongress- und Veranstaltungsort umgebaut. Mit einer Fertigstellung des 1. Bauabschnitts der UTR sowie eines Großteils der Gebäudesanierungen ist 2027 zu rechnen.

Der ehemalige Flughafen Tempelhof ist mit seinem Gebäudeensemble Europas größtes Baudenkmal, Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst und Spiegel der Weltgeschichte. Der Flughafen Tempelhof soll nach umfangreichen Sanierungsarbeiten schrittweise zu einem Zukunftsort mit internationaler Strahlkraft für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft entwickelt werden und bietet schon heute für Veranstaltungen vom Sport- bis zum Kulturevent eine einzigartige Kulisse. Mit der Eröffnung des „TOWER THF“ im Kopfbau West in 2023 und der Geschichtsgalerie auf dem Dach des Gebäudes werden über das Anfang 2020 eröffnete Besucherzentrum „CHECK IN“ hinaus weitere attraktive Angebote für Besucherinnen und Besucher aus nah und fern geschaffen.

Das in Oberschöneweide geplante Innovations- und Technologiezentrum Industrie 4.0 wird kurzfristig gemeinsam mit der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft umgesetzt.

Gewerbeflächenpolitik

Berlin als wachsende Stadt benötigt nicht nur zusätzlichen Wohnraum, Kitas, Schulen und andere Einrichtungen der sozialen, grünen und verkehrlichen Infrastruktur, sondern auch ein entsprechendes räumliches Arbeitsplatzangebot für die steigende Zahl an Erwerbspersonen. Die wachsenden Flächenbedarfe aller Sektoren in der Stadt lösen intensive Nutzungskonkurrenzen aus – eine große Herausforderung für die Gewerbeflächenpolitik. Es gilt, Unternehmen trotz knapper Flächenkulisse ein ausreichendes und zukunftssicheres Angebot an Grundstücken und Mietflächen zu gewährleisten, damit diese ihren entscheidenden Beitrag für eine funktionsfähige Stadt leisten können.

Deshalb ist die Stadtentwicklungspolitik ein wichtiges Aktionsfeld der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Besonders im Fokus stehen dabei die Flächenvorsorge, die Aktivierung von Gewerbeflächen, die Sicherung von Gewerbestandorten und der Schutz von Gewerbebetrieben und deren Entwicklungsmöglichkeiten.

Als Träger öffentlicher Belange setzt sich die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe insbesondere in Bebauungsplanverfahren für die Berücksichtigung wirtschaftspolitischer Ziele und Interessen ein. Im Jahr 2022 wurden in 61 Verfahren fachliche Stellungnahmen eingebracht, nach 75 Verfahren in 2020 und 111 Beteiligungen in 2021. Darüber hinaus erfolgten zahlreiche Stellungnahmeersuchen zu einzelnen Bauvorhaben sowie zu Änderungen des Flächennutzungsplans und zu Planungen im Umland.

Die Bauleitplanung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Gewerbeflächen und der Sicherung der bestehenden Gewerbegebiete. In vielen Gewerbegebieten ist der Handlungsdruck erheblich: die Konkurrenz um die knappen Flächenpotenziale steigt immer weiter an. Gewerbegebiete stehen häufig im besonderen Fokus von Entwicklern und Investoren, da die noch vergleichsweise niedrigen Bodenpreise gute Entwicklungschancen mit entsprechenden Gewinnerwartungen versprechen.

Jedoch hat eine Gebietsaufwertung nahezu immer auch negative Folgen: die Verdrängung ansässiger Unternehmen, die Verknappung des ohnehin bereits geringen Flächenangebots für Produktion und produktionsnahe Nutzungen und das Erschweren bzw. sogar die Verhinderung der Ansiedlung neuer Unternehmen durch Boden- und Mietpreissteigerungen.

Deshalb ist das „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ (EpB) weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Stadtentwicklungsplans Wirtschaft 2030. Das EpB umfasst 40 Bereiche innerhalb der Kulisse der gewerblichen Bauflächen im Flächennutzungsplan, die weiterhin für produktionsgeprägte Wirtschaftszweige gesichert und entwickelt werden sollen. Das Konzept soll den dort ansässigen Unternehmen langfristige Planungssicherheit bieten und dazu beitragen, sie am Standort zu halten und die damit verbundenen Arbeitsplätze zu sichern.

Mit dem Stadtentwicklungsplan (StEP) Wirtschaft 2030 wird ein stadtweiter Rahmen gesetzt, um Wirtschaftsflächen und -standorte systematisch zu sichern, zu entwickeln und zu aktivieren. Der StEP Wirtschaft schafft somit die planerischen Grundlagen für ein angemessenes Flächenangebot für die Berliner Wirtschaft in quantitativer, qualitativer und räumlicher Hinsicht. Derzeit wird der Stadtentwicklungsplan Wirtschaft fortgeschrieben, um auch bis 2040 ein ausreichendes Flächenangebot für die Berliner Wirtschaft sicherzustellen. Zur Umsetzung des StEP Wirtschaft sind neben den stadtweit bedeutsamen großen Entwicklungsmaßnahmen, wie z.B. Clean Tech Business Park, Urban Tech Republic oder Buchholz Nord auch viele kleinteilige lokale Maßnahmen in den Bezirken erforderlich.

Um die Bezirke bei der Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zu unterstützen, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in den Jahren 2020, 2021 und 2022 den Bezirken über 1,1 Mio. € Haushaltsmittel für bezirkliche Maßnahmen zur Verbesserung der Standortbedingungen von Gewerbebetrieben zur Verfügung gestellt. Ziel der Maßnahmen ist, bestehende Gewerbeflächen und -standorte zu sichern, Flächenpotenziale zu aktivieren sowie vorhandene Gewerbeflächen effizienter zu nutzen. Damit soll das Angebot an bezahlbaren Wirtschaftsflächen verbessert und die vielfältigen Gewerbestrukturen in den einzelnen Stadträumen gesichert werden. Um die unterschiedlichen Gewerbestrukturen und Problemlagen in den Bezirken zu berücksichtigen, wurden die Bezirke über einen Projektaufruf eingeladen, geeignete und an die lokalen Gegebenheiten angepasste Maßnahmen zu benennen. Insgesamt konnten in diesem Zeitraum 26 Projekte unterstützt werden, bei denen sowohl bezirksweite Konzepte entwickelt (z.B. bezirkliche Wirtschaftsflächenkonzepte), als auch teilräumliche Entwicklungsstrategien ausgearbeitet oder auf kleinräumiger Ebene Bebauungspläne zur Sicherung einer gewerblichen Nutzung umgesetzt wurden. Die Initiative soll in den kommenden Jahren verstetigt werden.

Aktive Liegenschaftspolitik für die Wirtschaft

Neben der planerischen Sicherung vorhandener Gewerbeflächen ist die Schaffung eines ausreichenden Angebots an landeseigenen Gewerbegrundstücken ein wesentliches Element zur Versorgung der Wirtschaft mit Flächen und Gewerberäumen. Die Bereitstellung bezahlbarer Gewerbeflächen ist ein Essential für erfolgreiche Wirtschaftsförderung und Teil der Daseinsvorsorge, um die Funktionsfähigkeit der Stadt und ihrer Teilräume zu gewährleisten.

Nach den Jahren fiskalpolitisch begründeten Grundstücksverkaufs sind in vielen Teilräumen Berlins kaum mehr landeseigene Gewerbeflächen verfügbar. Landeseigene Gewerbegrundstücke werden jedoch für die Unternehmensansiedlung und die Bestandserweiterung dringend benötigt.

Angesichts gestiegener Immobilienpreise finden viele KMU, gerade aus dem produzierenden Gewerbe, aus dem Handwerk oder dem produktionsnahen Dienstleistungsgewerbe kaum mehr bezahlbare Flächen in der Stadt. Mit Planungsrecht lässt sich hier nur begrenzt gegensteuern. Wirksamstes Instrument ist ein landeseigenes Flächenangebot, das preisdämpfend wirkt und Nutzer bzw. Mieter nicht nach maximaler Zahlungsfähigkeit auswählt, sondern nach deren Beitrag zu wirtschaftlichem Wachstum, Versorgungssicherheit und einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe verfolgt deshalb eine aktive Liegenschaftspolitik, um ein ausreichendes Angebot an landeseigenen Gewerbeflächen zu gewährleisten. Ziel ist, auch zukünftig den ansässigen Gewerbebetrieben aus Industrie und Handwerk, expandierenden Produktionsunternehmen, aber auch jungen Unternehmen aus technologieorientierten Branchen, die beispielsweise Werkstatt- und Laborflächen benötigen, einen für sie bezahlbaren Standort in der Stadt zu bieten.

In den letzten Jahren wurden finanzielle Möglichkeiten zum Ankauf von Gewerbegrundstücken geschaffen. So wurden im Rahmen einer strategischen Ankaufspolitik Angebote von öffentlichen Bestandshaltern (z.B. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder Deutsche Bahn) bezüglich eines Ankaufs zum Verkehrswert geprüft, um Flächenvorsorge für die Berliner Wirtschaft zu betreiben. Allerdings sind angesichts der rasant steigenden Bodenpreise die Spielräume einer strategischen Ankaufspolitik begrenzt.

Entwicklung von neuen Gewerbestandorten

Flächensicherung und Grundstücksankäufe sind wichtige Instrumente der Gewerbeflächenpolitik, durch die allerdings noch keine vergabefähigen Grundstücke oder bezahlbaren Mietflächen entstehen. Für die zukünftige Entwicklung neuer Gewerbestandorte hat sich das Land Berlin entschieden, auf die Erfahrungen und das Know-how der WISTA Management GmbH (WISTA) mit ihren Tochterunternehmen zurückzugreifen. Mit der erfolgreichen Standortentwicklung in Adlershof und weiteren Aktivitäten an anderen Zukunftsorten kann die WISTA auf ausgezeichnete Referenzen verweisen. Die Hauptaufgaben der WISTA bestehen darin, die identifizierten Flächenpotenziale zu aktivieren, vergabefähige Grundstücksangebote zu entwickeln, auf geeigneten Grundstücken bezahlbare Mietflächenangebote zu schaffen und diese Aktivitäten unter dem Leitgedanken der Wirtschaftsförderung zu betreiben.

In einem ersten Schritt hat die WISTA die Standortqualifizierung und Vermarktung der Grundstücke im CleanTech Business Park Berlin-Marzahn übernommen. Weiterhin laufen derzeit die Vorbereitungen für die Aktivierung des größten Gewerbeflächenpotenzials des Landes im Nordosten Berlins, das EpB-Gebiet Nr. 40: Buchholz Nord, das gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, dem Bezirk Pankow und der WISTA.Plan für künftige Unternehmensansiedlungen entwickelt werden soll. Weitere Gewerbe-flächenpotenziale zur Aktivierung befinden sich in der Überprüfung.

Schaffung von Mietflächen in Gewerbehöfen

Für kleinere produzierende Unternehmen und Handwerksbetriebe soll das Angebot an landeseigenen Gewerberäumen zur Miete ausgebaut werden. Wichtige Akteure sind dabei die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und die WISTA, die jeweils gewerbliche Projektentwicklungen umsetzen. In 2022 hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die Einleitung der nächsten Planungsschritte zur Errichtung eines landeseigenen Gewerbehofs in Berlin-Lichtenberg veranlasst. Damit ist der Startschuss für die Planungsphase eines ersten Neubauprojekts durch die WISTA gefallen. Zielgruppen sind insbesondere kleinere Produktionsunternehmen und Handwerksbetriebe, die einen wichtigen Beitrag bei der Versorgung der Bevölkerung und Unternehmen mit lokalen Handwerksdienstleistungen sowie dem Funktionieren eines Stadtgefüges leisten, jedoch im innerstädtischen Bereich durch die Konkurrenz zahlungskräftigerer Nutzungen verdrängt werden oder keine adäquaten Flächenangebote auf dem Gewerbeimmobilienmarkt finden. Dem bereits begonnenen Projekt des Gewerbehofs in Berlin-Lichtenberg sollen kurzfristig weitere Standorte in der Stadt folgen.

Durch die Errichtung und Ertüchtigung von Gewerbehöfen sollen im ausreichenden Maße kleinteilige und flexible Mietflächenangebote zu moderaten Konditionen geschaffen werden. Dabei stehen die langfristige Flächenvergabe und insbesondere die Planungssicherheit für die Unternehmen im Fokus des Angebotes, es sollen aber auch neue Formen der Zusammenarbeit erprobt und Nachhaltigkeits- sowie Klimaschutzziele umgesetzt werden. Durch die Bildung von Standortgemeinschaften, die gemeinsame Nutzung von Maschinen, Räumlichkeiten und Dienstleistungen sowie die Etablierung von Netzwerken und Nutzung von Synergien sollen die neuen landeseigenen Gewerbehöfe Impulse für das zukünftige Zusammenarbeiten im produktiven und handwerklichen Sektor geben.

Grundstücksvergabepolitik

Mit der zunehmenden Flächenknappheit in der wachsenden Metropole und den damit einhergehenden Preissteigerungen auf den Immobilienmärkten gewinnen landeseigene Gewerbegrundstücke erheblich an Bedeutung, um Unternehmen auch zukünftig attraktive Standortbedingungen zu bieten und damit Arbeitsplätze für die Bevölkerung zu schaffen und zu sichern.

Parallel zur Abkehr von einer fiskalpolitisch motivierten Liegenschaftspolitik hin zu einer am Nutzen für die Stadt orientierten Grundstücksvergabe hat sich allerdings auch der Wettbewerb um die wertvollen landeseigenen Flächenpotenziale verschärft. Wenn im Portfolioausschuss des Landes Berlin über den zukünftigen Umgang mit landeseigenen Grundstücken diskutiert und entschieden wird, müssen vielfältige und berechtigte Interessen abgewogen werden. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nutzt ihren Sitz im Portfolioausschuss, um sich für die Belange der Wirtschaft einzusetzen und auch perspektivisch für ein ausreichendes Potenzial an landeseigenen Gewerbegrundstücken zu sorgen.

Für die Ansiedlung oder Erweiterung von Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes sowie für produktionsorientierte Dienstleistungsunternehmen und Handwerksbetriebe, können nach intensiver Einzelfallprüfung landeseigene Gewerbegrundstücke zum Verkehrswert im Wege des Erbbaurechts bereitgestellt werden. So kann die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe bei Vorliegen eines überzeugenden Nutzungskonzepts die Direktvergabe eines Grundstücks im Rahmen der Wirtschaftsförderung an ein ansiedlungswilliges Unternehmen aktiv unterstützen. Durch den Abschluss von Erbbaurechtsverträgen sollen Nutzungen und Arbeitsplätze, die den Wirtschafts- und Technologiestandort Berlin stärken, nachhaltig gesichert werden.

Angesichts der Endlichkeit der Ressource „Boden“ spielt bei Vergabeempfehlungen die effiziente Flächennutzung eine immer größere Rolle. Daher wird das Ziel verfolgt, mit möglichst geringem Flächeneinsatz einen angestrebten Mehrwert für den Wirtschaftsstandort Berlin zu erreichen. Selbstverständlich finden dabei auch die technologischen und logistischen Anforderungen der Unternehmen die erforderliche Beachtung.

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III.3 Startups

Berlin – Deutschlands Gründungshauptstadt

Das Land Berlin ist der Hotspot der deutschen Startup-Szene. Das Berliner Startup-Ökosystem wächst und entwickelt sich immer weiter in eine positive Richtung. Mit mehr als 500 Startup-Gründungen im Jahr 2022 ist Berlin nach wie vor auf Platz 1 des Ländervergleichsrankings. Talente aus der ganzen Welt zieht es in die Hauptstadt. Berliner Startups schaffen neue Arbeitsplätze in erheblicher Zahl: Knapp 130.000 Menschen arbeiten in der Berliner Digitalwirtschaft. Innovative Geschäftsmodelle und technologische Neuerungen werden im Berliner Startup-Ökosystem entwickelt, getestet und finden ihren Weg in den Markt. Dabei zeigt das Berliner Ökosystem spezifische Stärken in der Kreativwirtschaft sowie in Technologie-Branchen wie Software, AI, Big Data & Analytics, Internet of Things, Blockchain und FinTech. In der Hauptstadt sind mehr FinTechs ansässig als in München, Frankfurt und Hamburg zusammen.

Startups fungieren immer mehr als Motor einer nachhaltigen Transformation. So leisten Social- und Green-Startups über ihr wirtschaftliches Erfolgspotenzial hinaus einen erheblichen Beitrag zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Der Anteil an grünen Startups liegt in Berlin kontinuierlich bei 35 %. Startups sind damit ein Schlüssel für die Zukunft der Berliner Wirtschaft – ob es um Innovationen geht, um Nachhaltigkeit oder um Talente und Diversität.

Berlin bietet Startups ein positives Investitionsklima, eine ausgezeichnete Gründungsinfrastruktur, Beratung und Unterstützung, einen internationalen Talentpool bei hoher Lebensqualität und entfaltet damit Anziehungskraft auch auf Gründerinnen und Gründer aus dem Ausland. Der Business Immigration Service steht dabei mit Rat und Tat einreisenden Talenten zur Seite. Die Wirtschaftsförderagentur Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie (BPWT) unterstützt mit einem eigenen Startup-Team. Zukunftsorte halten Raum für junge Teams vor. Berliner Hochschulen sind mit Gründungsservices ausgestattet. Berlin bietet zudem als Wissenschaftsstandort Kooperationsmöglichkeiten mit über 100 Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen.

Wirtschaftliche Bedeutung von Startups

Im Jahr 2022 gab es in Berlin 390 VC-Finanzierungsrunden mit einer Gesamtsumme von 4.9 Mrd. €. Berliner Startups konnten mit Abstand am meisten Kapital akquirieren. Von den 10 größten Finanzierungsrunden in Deutschland gingen sechs an Berliner Startups. An der Spitze der größten Finanzierungsrunden lag der Bereich Software & Analytics mit mehr als 3,2 Mrd. €, es folgen Mobilty und FinTech. In Berlin sind mittlerweile 25 „Unicorns“ entstanden, also Startups mit einer Bewertung von mehr als 1 Mrd. US$, darunter N26, Flink oder Taxfix.

Öffentliche Unterstützung für Startups

Berliner Startups können auf eine vielfältige Förderlandschaft aus privaten und institutionellen Akteuren zurückgreifen. Ein Fokus der öffentlichen Förderung liegt auf den frühen Phasen innovativer Gründungen. Als Innovationspool für Berlin sticht das Berliner Startup Stipendium hervor, das ausgewählte Gründerinnen und Gründer über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten dabei unterstützt, ihren Markteintritt zu realisieren. Als
Trägerinstitutionen des Stipendiums agieren Inkubatoren von Hochschulen und Unternehmen. Im Förderzeitraum erhalten die Stipendium-Startups monatlich bis zu 2.200 € pro Person, Zugang zu Infrastruktur und technischer Ausstattung, betriebswirtschaftliches Know-how sowie unterstützende Coaching- bzw. Qualifizierungsmodule. Die aktuellen Programmschwerpunkte fokussieren Nachhaltigkeit und Innovation, um das Stipendium verstärkt auf die Lösung zentraler gesellschaftlicher und ökologischer Aufgaben auszurichten. (Siehe auch III.7.6)

Bei der weiteren Startup-Finanzierung haben die VC-Fonds der Beteiligungsgesellschaft der Investitionsbank Berlin, die IBB Ventures, eine führende Rolle. Seit 1997 wurden etwa 250 Mio. € als Lead-, Co-Lead oder Co-Investor investiert. Insgesamt wurden in Konsortien mit Partnern ca. 1,7 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Die IBB Ventures ist damit im Jahr 2021 die Nummer 3 der „Top-Geldgeber deutscher Startups“. Für innovative Gründungen steht zusätzlich der GründungsBONUS der IBB als ein Kostenzuschuss in Höhe von 50 % der förderfähigen Gesamtkosten bis maximal 50.000 € zur Verfügung. Insgesamt konnten 2021 183 Anträge mit einem Bewilligungsvolumen von rund 9,1 Mio. € positiv beschieden werden.

Für Berliner Startups, die im Zuge der Corona-Pandemie unverschuldet in einen Finanzierungsengpass geraten sind, spielt das Hilfsprogramm für Berliner Startups der IBB eine zentrale Rolle. Im Jahr 2021 wurden 198 Startups in Höhe von 134,2 Mio. € gefördert.

Auch die Berliner Hochschulen haben sich mit ihren Gründungszentren im Startup-Ökosystem etabliert. Das Berliner Startup Stipendium wird von vielen Hochschul-Inkubatoren vergeben. Die Vernetzung der Hochschul- mit privaten Inkubatoren ist innerhalb des Berliner Startup Stipendiums Programm. Mit der Gründungsumfrage der Berliner Hochschulen unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auch die genauere Sicht hinein in die Wirkungen und Bedeutung der Gründungsunterstützungen der Berliner Hochschullandschaft. Allgemein sind hier ebenfalls ein Ausbau und Diversifikation der Aktivitäten zu beobachten. So erhielten 2019 im bundesweiten Wettbewerb um eine EXIST-Förderung sieben Berliner Hochschulen den Zuschlag über eine Förderung ab Frühjahr 2020 von vier Jahren zum Auf- und Ausbau ihrer Gründungsunterstützung.

Aktueller Überblick über das Berliner Startup-Ökosystem

Mit der startup-map.berlin stellt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe einen zentralen, aktuellen Überblick zum Berliner Startup-Ökosystem bereit. Dort werden alle öffentlich bekannten Startups, die zahlreichen für Startups relevanten Akteure wie die Investitionsbank Berlin (IBB) mit ihrer Beteiligungsgesellschaft oder die Wirtschaftsförderagentur BPWT sowie die Berliner Startup-Förder- und Unterstützungsprogramme wie das Berliner Startup Stipendium oder der GründungsBONUS aufgeführt. Die startup-map.berlin listete im April 2023 5.415 Startups in Berlin/Brandenburg auf.

Für die Weiterentwicklung des Berliner Startup-Ökosystems gerade im internationalen Maßstab gilt: Nur mit einer soliden Datengrundlage lassen sich fundierte Entscheidungen treffen und Rahmenbedingungen setzen. Gemeinsam mit anderen Erhebungen und Statistiken dienen die in der startup-map.berlin zusammengetragenen Informationen als Grundlage für eine genauere Aus- und Bewertung der Startup-Aktivitäten in Berlin. Mit dem Berlin: Startup-Report wurde vom Institut für Strategieentwicklung im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe eine aktuelle Übersicht über den Stand des Berliner Startup-Ökosystems erstellt. Darin sind Daten aus der startup-map.berlin sowie diversen anderen Quellen und Dutzende Interviews mit Macherinnen und Machern aus der Szene eingeflossen.

Startup Report & Startup Agenda 2022-2026

Der Berliner Startup Report benennt positiven Entwicklungen auch Herausforderungen, die für die Weiterentwicklung des Startup-Ökosystems zu berücksichtigen sind. So wird beispielsweise die Suche nach Fachkräften aus Sicht vieler Startups – wie für nahezu alle Berliner Unternehmen – aktuell zur größten Herausforderung. Vor diesem Hintergrund und mit der Zielstellung, Berlin mithilfe von Startups zu einem der führenden Wirtschafts- und Technologiestandorte Europas zu entwickeln, wurde die Berliner Startup Agenda 2022-2026 am 24.November 2022 von Vertreterinnen und Vertretern des Berliner Senats , sowie Akteuren des Berliner Startup-Ökosystems verabschiedet.

Mit der neuen Startup Agenda 2022-2026 werden* fünf Aktionsfelder* zur Weiterentwicklung des Berliner Startup-Ökosystems gesetzt. Berlin will mit international ausstrahlenden Marketingmaßnahmen und Startup-Events weltweit um Talente werben, den Business Immigration Service auf ein neues Level heben und zugleich die vorhandenen exzellenten Talentpools der Berliner Hochschulen besser nutzen. Eine gezielte Förderung von Diversität und Female Entrepreneurship sowie Konzepte zur Unterstützung von Impact-Startups, die einen ökologischen und nachhaltigen Beitrag leisten, ist vorgesehen. Synergien zwischen Startups, Mittelstand und Hochschulen sollen weiter vertieft werden und besondere Potenziale der Innovationslandschaft durch mehr Kooperation ausgeschöpft werden. Eine der wichtigsten Aufgaben für das Land Berlin ist, die Digitalisierung und die Verwaltungsmodernisierung voranzutreiben und die Ermöglichung neuer Wege der Zusammenarbeit mit GovTechs.

Es finden bereits Treffen zur Umsetzung der Handlungsfelder mit zahlreichen Akteurinnen und Akteuren statt, die einen nachhaltigen Beitrag zur Umsetzung dieser Punkte leisten möchten und daneben den sozialen Austausch untereinander fördern. Mit der Agenda soll deutlich werden, dass es nicht nur darum geht, was Berlin für Startups tun kann, es geht auch darum, was Startups für Berlin tun können, insbesondere für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Die Startup-Agenda soll genutzt werden, um diese Innovationspotenziale zu heben und besser zu realisieren.

Soziale Ökonomie

Um die Sichtbarkeit der Sozialen Ökonomie am Wirtschaftsstandort Berlin zu verbessern und Soziale Unternehmen zu unterstützen, fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe das Projekt Social Economy Berlin. Seit Programmbeginn konnte sich die Social Economy Berlin als Erstlaufstelle für soziale Unternehmen etablieren, Beratungs- und Workshop-Angebote umsetzen und durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit den Ausbau von relevanten Netzwerken voranbringen. Mit der zweitägigen „Social Economy Berlin Konferenz 2023“ schafft die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Akteuren der Sozialen Ökonomie und interessierten Stakeholdern anderer Sektoren einen Raum zum Austausch und Netzwerken. Im Rahmen eines Wettbewerbes wurden im September 2022 jeweils drei Soziale Unternehmen in den Kategorien Mensch, Planet und Transformation ausgezeichnet. Durch den Wettbewerb sollen Best Practices aufgezeigt und dadurch Akteure aus der Wirtschaft dazu inspiriert werden, diesen Beispielen zu folgen.

III.4 Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe

Berlin-Tourismus und Gastgewerbe

Die Berliner Beherbergungsbetriebe konnten in 2022 nach Auslaufen der Coronabeschränkungen erstmals wieder aufatmen. In 2022 wurden insgesamt 10,4 Mio. Gäste mit 26,5 Mio. Übernachtungen verzeichnet. Im Vergleich zu 2021, das noch stark von der Pandemie geprägt wurde, waren dies doppelt so viele Gäste und 90 % mehr Übernachtungen. Das Niveau von 2019 konnten die Übernachtungszahlen jedoch nicht ganz erreichen: Um 22,3 % lagen diese noch unterhalb dieses Rekordjahres.

Bis Ende 2022 waren 708 Beherbergungsstätten mit mindestens zehn Betten und fünf Campingplätze geöffnet. Die durchschnittliche Auslastung der Betten betrug im Jahresverlauf 52 %. Im Vorjahr lag sie bei 31 % und 2019 bei 63 %.

Die Ankünfte der ausländischen Gäste stiegen gegenüber 2021 um 173 % von 1,3 Mio. auf 3,5 Mio. an. Der Anteil von 2019 – 5,5 Mio. ausländische Gäste – konnte bisher nicht erreicht werden. Die Zahl der Übernachtungen von ausländischen Gästen erhöhte sich von 2021 zu 2022 um 150 % auf 10,1 Mio. Die Zahl der Gäste aus dem Inland nahm im Vergleich zu 2021 um 80 % auf 6,9 Mio. und die der Übernachtungen um 65,5 % auf 16,4 Mio. zu. Gegenüber 2019 liegt die Zahl der inländischen Gäste noch um 18,3 % und die der Übernachtungen um 12 % zurück.

Das Berliner Gastgewerbe bilanzierte im vergangenen Jahr gegenüber 2021 eine reale Umsatzsteigerung von 52 % (nominal 63 %). Im Bereich der Beherbergung betrug das Umsatzwachstum real 85 % und nominal 101 %. Die Gastronomie meldete ein reales Umsatzplus von 38 %. Das entsprach einem nominalen Plus von 47 %. Im Gastgewerbe insgesamt stieg die Zahl der tätigen Personen in diesem Zeitraum um 14 %.

Die Energie- und Preissteigerungen stellen – bedingt durch die hohe Inflation – neue Herausforderungen für die Unternehmen im Tourismus und Gastgewerbe dar. Zusätzlich erschwert der allgegenwärtige Arbeitskräftemangel die Sicherstellung eines reibungslosen und serviceorientierten Geschäftsbetriebes und das Anknüpfen an Erfolge von 2019.

Mit dem im März 2022 verabschiedeten Programm „Neustart Wirtschaft“, das diverse maßgeschneiderte Fördermaßnahmen für die von der Pandemie besonders betroffene Tourismus- und Veranstaltungsbranche beinhaltet, konnten gezielt betroffene Unternehmen entlastet und zur Ankurbelung des Geschäfts beigetragen werden. Mit Kampagnen, u.a. die deutschlandweite Sommerkampagne „Visit the World of Berlin“, wurde die Nachfrage wieder aktiviert und Berlin als Sehnsuchtsort positioniert. Auch über Verkehrsträger wie die Deutsche Bahn und diverse Fluggesellschaften wurde die Sichtbarkeit Berlins in verschiedenen Quellmärkten gestärkt. Das Projekt „15-Minuten-Stadt“ hob das touristische Angebot in einzelnen Kiezen gezielter hervor und vermarktete dieses entsprechend. Für Berlinerinnen und Berliner wurden die Aktionen „Erlebe Deine Stadt“ (Hotels) sowie „Erlebe Deine Attraktionen“ fortgeführt.

Unter dem Motto „Berlin braucht seine Gäste“ lief erstmals eine nach innen gerichtete Image-Kampagne zur Bedeutung des Tourismusgeschäfts und der Berlin-Gäste. Weiterhin wurden mit dem Aufbau des Prototyps die Grundlagen für den berlinweiten touristischen Datenhub, der in Zukunft die zentrale Wissensdatenbank für den Berlin-Tourismus darstellt, gelegt.

Ursprünglich für die Kongress- und Veranstaltungsbranche konzipiert, können sich seit 2022 unter dem Dach „Sustainable Berlin“ nun alle Tourismusakteure der Nachhaltigkeitsbewegung der Berliner Tourismusbranche anschließen und ihren Betrieb zertifizieren lassen. Beim Global Destination Sustainability Index, dem Ranking der nachhaltigsten Reiseziele und Kongressmetropolen weltweit, liegt Berlin unter den TOP 30 aller teilnehmenden Destinationen. Im Ranking der Metropolen konnte die deutsche Hauptstadt ihren Platz unter den Top 5 verteidigen.

Tagungs- und Kongresswirtschaft

Nach zwei Corona-Jahren zog das Messe- und Kongressgeschäft in 2022 wieder an. Die Branchenevents fanden seit dem Frühjahr nahezu uneingeschränkt wieder statt. Die Messe Berlin konnte über 70 Messen, Kongresse und Gastveranstaltungen und 800.000 Besucherinnen und Besucher verzeichnen. Die volkswirtschaftliche Relevanz dieses Branchenzweiges für Berlin wurde im Dezember 2022 auch durch eine Studie der IBB bestätigt: Ein Euro Messe- und Veranstaltungsumsatz generieren rund sechs Euro zusätzliche Kaufkraft in Berlin. Der Masterplan Messestandort wird fortentwickelt. Weitere Großkongresse werden durch visitBerlin angeworben.

Die Unterstützung der Veranstaltungswirtschaft adressierte das Programm „Neustart Wirtschaft“ ebenfalls mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog. Darunter eine internationale Kampagne für die MICE-Branche (Meetings, Incentives, Conventions, Events) unter dem Slogan „Erzähl mir. Berlin.“. Zudem wurde beim Berlin Convention Office (BCO) eine neue Task Force zur Kongressakquise geschaffen. Diese kann zukünftig auch mit neu konzipierten Welcome-Packages zusätzliche Anreize bieten, eine Veranstaltung in Berlin auszurichten. Das innovative Eventformat BESTIVAL, zu dem Veranstaltungsplanende aus Deutschland und Europa nach Berlin eingeladen wurden, konnte im letzten Jahr verstetigt werden. Auch neue Veranstaltungsstätten und Quartiere konnten gewonnen werden, um sich zu einem Berlin Meeting Campus zusammenzuschließen und auf diese Weise die Berliner Kapazität für Großveranstaltungen auszubauen.

Das Förderinstrument „Kongressfonds Berlin“ der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wurde bis Jahresende 2023 verlängert, die maximalen Förderbeträge erhöht und die Planungssicherheit für Ausfallkosten (von 60 % auf 80 %) verbessert.

Besondere touristische Projekte

Das Förderinstrument der Zuschüsse für besondere touristische Projekte ermöglichte auch in 2022 die Förderung zahlreicher gesamtstädtischer und bezirklicher Tourismusprojekte. So wurde berlinweit eine wassertouristische Bestandsaufnahme als Grundlage für ein auszuarbeitendes Wassertourismuskonzept durchgeführt, die LGBTIQ-Kampagne „Lieblingsplatz Berlin“ mit vier Audiotouren weiterentwickelt sowie die Wissens- und Weiterbildungsplattform für Tourismusakteure „TourismusHub“ mit neuen Inhalten fortgeführt. Weiterhin fanden die Fördermittel ihren Einsatz für die Konzeption neuer Radrouten des Berliner Zentrums Industriekultur.

Daneben konnte die bezirkliche Tourismusentwicklung erneut von den Fördermitteln profitieren: Mit innovativen lokalen Angeboten machen die Bezirke auf neue Wege jenseits ausgetretener Pfade aufmerksam und tragen so zur Verteilung der touristischen Ströme auf die gesamte Stadt bei. Beispiele für die Förderung sind die Digitalisierung der Imagebroschüre in Pankow mit Augmented Reality oder die queeren Kunst- und Kulturtage in Lichtenberg. Bezirksübergreifend wurde das Gemeinschaftsprojekt „Ab ins B“ der Bezirke Spandau, Reinickendorf, Neukölln, Steglitz-Zehlendorf, Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Treptow-Köpenick, Tempelhof-Schöneberg und Pankow unterstützt, um Attraktionen außerhalb des Stadtzentrums zu bewerben. Außerdem wurde als Gemeinschaftsprojekt von Treptow-Köpenick, Lichtenberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln der Info-Point am Treptower Hafen als Tourist- und Bürgerinformation mit der Akzeptanzkampagne „Fair Kiez“ verknüpft.

Insgesamt wurden im Jahr 2022 durch die Zuschüsse für besondere touristische Projekte vier gesamtstädtische und 65 bezirkliche Tourismusprojekte umgesetzt und auf diese Weise die nachhaltige und stadtverträgliche Tourismusentwicklung Berlins weiter ausgebaut. Die Fortschreibung hat somit die folgenden Schwerpunkte: Resilienz, Anpassungs- und Innovationsfähigkeit, nachhaltiges Wachstum der Branche und Destinationsmanagement durch Akzeptanz und Dezentralität.

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III.5 Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit

Außenwirtschaft

Die USA (1,57 Mrd. €), China (1,36 Mrd. €) und Frankeich (1,29 Mrd. €) waren im Jahr 2022 die wichtigsten Exportländer für das Land Berlin, gefolgt von Polen (1,04 Mrd. €) und dem Vereinigten Königreich (835 Mio. €).

Die Berliner Exporte stiegen im Jahr 2022 um 3,8 % auf 16,5 Mrd. €. Der Anstieg fiel in Berlin deutlich schwächer aus als in Deutschland insgesamt (+16,2 %), allerdings war der Rückgang im Krisenjahr 2020 in Berlin auch deutlich geringer (-4,9 % zu 9,1 % in Gesamtdeutschland).

Mit 2,7 Mrd. €stehen pharmazeutische Erzeugnisse weiterhin an erster Stelle der absoluten Exportsummen (-16,5 ), gefolgt von Maschinen mit 2,5 Mrd. €(+3,8 %). An dritter Stelle stehen Sonstige Fahrzeuge mit einem Exportwert von insgesamt 1,9 Mrd. €(+25,8 %). Gemessen an den absoluten Werten war der größte Rückgang im Vergleich zum Vorjahr bei den pharmazeutischen Erzeugnissen (-544,1 Mio. €; -16,5 %) und bei den chemischen Erzeugnissen (-340,3 Mio. €; -30,5) zu beobachten.

Die Außenwirtschaftspolitik richtet sich am Konzept Internationale Wirtschaftskooperation Berlin (KIW) aus, das 2017 vom Berliner Senat verabschiedet wurde. Es versteht Internationalisierung ganzheitlich und orientiert sich an den Bedarfen insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, einschließlich Startups. Im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes werden sowohl Exporte als auch Ansiedlungen, Standortmarketing und andere grenzüberschreitende ökonomische Aktivitäten (Internationalisierungsformen) erfasst. Das Konzept verfolgt die Zielsetzung, durch die Internationalisierung hiesiger Unternehmen die Berliner Wirtschaft zu stärken und so zur Schaffung von Arbeitsplätzen im Inland beizutragen.

Die Zielländer wurden zuletzt Anfang 2022 überprüft und aktualisiert: Neues TOP-Zielland ist Frankreich (neben den USA, China und Polen). Weitere Zielländer sind das Vereinigte Königreich, Japan, Korea, Indien, und die Hubs Dubai (inkl. Golfstaaten) und Singapur (inkl. ASEAN-Staaten). Darüber hinaus werden auch afrikanische Märkte, die eine zunehmende Bedeutung für die Berliner Wirtschaft haben, in Projekten bearbeitet (Ägypten, Südafrika, Ghana und Kenia).

Teil der Berliner Außenwirtschaftsstrategie ist außerdem die Einrichtung und der Betrieb von Auslandsrepräsentanzen. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unterhält derzeit zwei Wirtschaftsrepräsentanzen in New York und in Peking und wird mögliche Standorte für künftig zu errichtende weitere Büros identifizieren. Für 2022 wurden erstmals Key Performance Indikatoren (KPI) für die Büros entwickelt, um die Arbeit der Büros qualitativ erfassen zu können.

Auch im vergangenen Jahr hat die Arbeit der Berliner Wirtschaftsvertretung in China (Berlin Business Office China – BBDC) maßgeblich dazu beigetragen, dass Berliner Unternehmen im Zielmarkt China unterstützt und chinesische Unternehmen für Berlin gewonnen werden konnten. Das Büro musste dabei mit teilweise starken Einschränkungen aufgrund der COVID 19-Pandemie umgehen, die Reisen und größere Präsenzveranstaltungen zeitweise unmöglich machten. Um den pandemiebedingten Einschränkungen gerecht zu werden, wurde in vielen Fällen auf Online-Veranstaltungen und Video-Calls umgestellt.

Trotz der Einschränkungen gelang es dem BBDC, ein Netzwerk in ganz China zu pflegen und zu erweitern. Unter anderem wurden 6 Offline-Promotion Veranstaltungen abgehalten, über 60 Unternehmen aus Berlin und China individuell beraten, mit 31 (Online-) Vorträgen auf sich aufmerksam gemacht sowie an diversen Messen und Netzwerkveranstaltungen teilgenommen.

Darüber hinaus initiierte das BBDC gemeinsam mit der IHK Berlin eine Online-China-Sprechstunde für interessierte Berliner Unternehmen. Gemeinsam mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie wurden chinesische Unternehmen identifiziert und kontaktiert, die möglicherweise ein Interesse an einer Ansiedlung in Berlin haben. Im Falle von drei Unternehmen hat es mittlerweile eine erfolgreiche Ansiedlung in Berlin gegeben.

Besonders hervorzuheben ist die 2022 gestartete Einbeziehung von ehrenamtlichen „Berlin-China Ambassadors“. Diese unterstützen das BBDC und vertreten Berlin in einigen Regionen bei Veranstaltungen und organisieren gemeinsam mit dem BBDC eigene Veranstaltungen.

Die Arbeit der Berliner Wirtschaftsvertretung in den USA wurde im ersten Halbjahr 2022 weiterhin durch die anhaltende pandemische Lage eingeschränkt. Das Büro unterstützte bei Delegationsreisen, wie beispielsweise der Delegationsreise des Netzwerkprojektes im IKT-Bereich „Point Out“ nach Washington und Atlanta.

Trotz pandemischer Lage wurden zahlreiche (virtuelle) Veranstaltungen weiter ausgebaut. So organisierte das Büro gemeinsam mit der IHK eine virtuelle Veranstaltung mit dem Titel „Everything Immigration“, bei der es unter anderem um die Erlangung von (Arbeits-)Visa für die USA ging.

Auch in 2022 konnten zahlreiche Unternehmen aus den USA und aus Berlin durch das Team des New Yorker Büros durch Beratungsgespräche unterstützt werden.

Des Weiteren initiierte das Berliner Wirtschaftsbüro unter anderem ein „Maifest“ Netzwerktreffen für das New Yorker Netzwerk der Berliner Wirtschaftsbüros. Unter den ca. 70 Teilnehmenden waren unter anderem Vertreter des Deutschen Generalkonsulates in New York, der Germany Trade and Invest (GTAI) sowie New Yorker und Berliner Unternehmerinnen und Unternehmer.

Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit lagen auf den Sektoren IKT, Mobilität, Energietechnologien, der Gesundheitsindustrie sowie den Bereichen FinTech und KI.

Zudem wurden in 2022 zwei weitere USA-Netzwerkprojekte im Rahmen des Programms für Internationalisierung (PfI) initiiert. Zum einen „Skytrain“ der Silicon Allee UG und zum anderen „BFI International“ – der Berlin Finance Initiative.

  • Ziel des Skytrain Projektes ist die stärkere finanzielle Ausstattung von Berliner Fin und Tech Startups durch US Venture Capitalists (sog. Limited Partner) durch bessere Vernetzung.
  • Ziel des BFI Projektes ist es, die Befähigung und Vernetzung von Berliner FinTech-Unternehmen in den USA zu verbessern.

Beide Projekte veranstalteten diverse Netzwerktreffen und Workshops mit Delegationen in Berlin und den USA (Fokus: New York, Miami, Atlanta, San Francisco) mit dem Ziel, den FinTech-Sektor in Berlin zu stärken und mehr Investitionen aus den USA in Startups nach Berlin anzuziehen. Das Berlin Business Office in New York (BBO) unterstützte die Projekte bei ihrer Vernetzung in den USA.

Bereits vor über 18 Jahren begann die Senatswirtschaftsverwaltung die Förderung von wirtschaftlichen Aktivitäten mit Polen, zunächst im Rahmen der grenzübergreifenden Oder-Partnerschaft. Die Ziele der Zusammenarbeit innerhalb dieser Initiative konzentrieren sich im Bereich Wirtschaft auf die Intensivierung der wirtschaftlichen Kooperationen und die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes. Berliner Cluster, Branchennetzwerke und KMU nutzen für wirtschaftsbezogene Vernetzungsprojekte mit Polen Förderangebote, die im Rahmen des Programms für Internationalisierung (PfI) aus Landesmitteln und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert werden.

In 2022 wurden Projekte u.a. in den Themenfeldern Tourismus, Games-Industrie, IT-Bereich, Photonik, Urban Tech / Smart City und Schienenverkehrstechnik umgesetzt. Folgende Netzwerkprojekte mit Polen sind derzeit aktiv:

  • Int.Rail.Digital (KNRBB Kompetenz Rail Berlin-Brandenburg GmbH): Ziel des Projektes ist die Initiierung und Begleitung von Kooperationsprozessen für KMU der Branche Schienenverkehrstechnik (SVT) zur Überwindung von Internationalisierungsbarrieren insbesondere vor dem Hintergrund des digitalen Veränderungsdrucks.
  • Berlin Urban Tech Launchpad (Urban Impact Berlin GmbH): Schwerpunkte des Projektes liegen in den Bereichen Urban Tech / Smart City.
  • Phoenix III (Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e. V.: Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH): Das Projekt der optischen Technologien initiiert Forschungs- und Entwicklungsnetzwerke zwischen Berliner Akteuren aus Wissenschaft, Industrie und Partnerorganisationen in Polen, Japan, den USA und Israel.
  • Deep Tech Hub des SIBB e.V.: Zu den Kernpunkten des Projektes gehören die Internationalisierung und transnationale Zusammenarbeit des Berliner Deep Tech Ökosystems in den Bereichen Smart City, Nachhaltige Stadtentwicklung, Energiewende, Verkehr, Gesundheit, Kreislaufwirtschaft, Soziale Ökonomie und urbane saubere Industrie.

Die Oder-Partnerschaft ist ein informelles interregionales Netzwerk, in dem die Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen und die westpolnischen Wojewodschaften Großpolen, Westpommern, Niederschlesien und Lubuskie unter dem Motto „Grenzen trennen – die Oder verbindet“ projektorientiert zusammenarbeiten. Die Senatswirtschaftsverwaltung koordiniert seit 2008 federführend die Öffentlichkeitsarbeit der Oder-Partnerschaft. Diese umfasst einen deutsch-polnischen Newsletter, der zweimal jährlich erscheint, eine zweisprachige Website und Social Media-Profile sowie Veranstaltungsformate mit dem Ziel, alle Netzwerkprojekte miteinander zu verknüpfen, um neue Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen und Synergien zu erschließen.

Mit dem Programm für Internationalisierung (PfI) fördert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit jährlich rund 6 Mio. € die Berliner KMU bei der Erschließung neuer Märkte im Ausland und stärkt dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft. Mit den Programmelementen Einzelmaßnahmen (KMU-Projekte), Gemeinschaftsprojekte (z.B. Messegemeinschaftsstände und Delegationsreisen) sowie Projekte zur Netzwerkbildung findet eine modular abgestimmte Unterstützung u.a. bei Messe- und Konferenzbesuchen sowie beim Ausbau internationaler Netzwerke statt. Das Programm wird auch in der neuen Förderperiode mit EFRE-Mitteln der EU kofinanziert (2021-2027). In diesem Zusammenhang wurden die Durchführungsmaßnahmen angepasst und Leitlinien erarbeitet.

In 2022 wurde erstmals der Berliner Landesmesseplan gemeinsam mit Brandenburg digital über ein Webtool erstellt. Berliner Antragstellende hatten erstmals die Möglichkeit, die Anmeldungen für den Berliner und Brandenburger Messeplan online zu stellen. Durch die digitale Anmeldung wurde das Verfahren der Messeanmeldungen für beide Bundesländer vereinheitlicht. Anmeldung und Auswahl der förderfähigen Messen ist nun transparenter.

Nach einer Evaluation in 2019 hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe 2020 zusammen mit ihren Partnern Asien-Pazifik Forum Berlin und enpact die Startup-Aktivitäten Richtung Asien unter dem Dach AsiaBerlin – Connecting Startup Ecosystems fokussiert und verstärkt. Ziel von AsiaBerlin ist die Förderung der Internationalisierung der Berliner Wirtschaft, insbesondere der Startups und ihrer Ökosysteme durch Kontakte und Kooperationen mit asiatischen Investoren, Startups, Konzernen, Forschungseinrichtungen, Verbänden sowie staatlichen und wirtschaftsfördernden Institutionen. Die vielfältigen AsiaBerlin Aktivitäten verbinden Berlins Startup-Ökosystem mit wichtigen, dynamischen Hubs in Asien und ermöglichen so Zugang zu Märkten, Fachkräften, strategischen Partnern und Investoren. Der AsiaBerlin Summit (vormals Asia-Pacific Week) wird als eine zentrale Veranstaltung der Startup-Aktivitäten des Berliner Senats neben Delegationsreisen und monatlichen Veranstaltungen, den AsiaBerlin Events, positioniert. Die Website asia.berlin, regelmäßige Newsletter und Social Media Kommunikation flankieren die Veranstaltungen. Unterstützung leistet das agile Netzwerk der ehrenamtlich arbeitenden AsiaBerlin Ambassadors.

Der AsiaBerlin Summit (ABS), der in 2022 vom 12. bis 16. September 2022 im Spielfeld Digital Hub in Berlin stattfand, feierte sein 25. Jubiläum. Im Gegensatz zu den COVID 19-Jahren 2020 und 2021, nahmen 2022 wieder Delegationen aus Asien physisch an den Aktivitäten teil. Der AsiaBerlin Summit wurde 2022 in dezentralisierten interaktiven Veranstaltungsformaten online und offline durchgeführt. Der Fokus des Summits lag auf den Themenbereichen Energiewende / Klimaschutz, Smart Cities / UrbanTech, HealthTech, Diversität und soziales Unternehmertum, FinTech, Industrie 4.0, KI und Blockchain.

Der ABS 2023 fand vom 12. bis 15. Juni 2023 im Roten Rathaus in Berlin statt. Schwerpunkte in diesem Jahr lagen auf den Bereichen Mobilität und Logistik, Energiewende und Greentech, sowie KI. Erneut nahmen viele internationale Gäste aus dem asiatischen Raum teil. Das Projekt Smart Change war aktiv in das Programm des Summits eingebunden und mit einem Informationsstand vor Ort vertreten.

Das gemeinsame Projekt Smart Change der beiden Partnerstädte Berlin und Jakarta in Kooperation mit der Stadt Bangkok im Rahmen des Programms für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Europäischen Union ist 2020 gestartet und bildet einen zentralen Baustein im Rahmen der AsiaBerlin Aktivitäten in Südostasien. Es umfasst zwei Schwerpunkte: Zum einen die Stärkung der Stadtverwaltung von Jakarta in Bezug auf städtische Innovation (mit einem besonderen Fokus auf Smart City und Digitalisierung), zum anderen die Förderung der Entwicklung des unternehmerischen Ökosystems in Jakarta rund um Startups. Im Jahr 2022 fanden drei trilaterale Peer-to-peer Exchange Reisen nach Berlin, Jakarta und Bangkok statt, die den aktiven Austausch zwischen den drei Städten weiter förderte. Zu den Highlights in diesem Jahr gehörte die Teilnahme am Urban 20 (U20) Gipfel in Jakarta, auf dem das Projekt als Vorzeigeprojekt für internationale Kooperation auf der Hauptbühne genannt wurde.

Auch im Jahr 2022 wurden die Multi-Stakeholder-Dialoge zur Vernetzung von Entscheidungstragenden aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft intensiviert, innerhalb derer der gegenseitige Austausch der besten Ansätze in den Bereichen E-Government, Smart City und der Unterstützung von Existenzgründungen zwischen Berlin und Jakarta weiter gefördert wurde. Diese Aktivitäten wurden im Rahmen des Projekts Ende 2022 an die Stadtverwaltung von Jakarta übergeben, die eine Weiterführung des Formats plant. Die Online-Plattform für Verwaltungsmitarbeitende sowie Expertinnen und Experten aus Jakarta zur Vereinfachung des Austausches und des gegenseitigen Lernens wurde fertiggestellt und zum Projektende im Juli 2023 an die Stadtverwaltung übergeben.

Um das Startup-Ökosystem in Jakarta zu stärken, wird neben der Ausarbeitung von Strategien und Umsetzungsplänen zur Förderung einer gründerfreundlichen Politik am Aufbau eines Hubs für Innovation und Unternehmertum in Jakarta gearbeitet. Die Bauarbeiten am Future City Hub begannen Ende 2022 und sollen im Juli 2023 abgeschlossen werden. Der Hub wird als ein Entwicklungsraum für eine Startup-Community und ein gründungsfreundliches Ökosystem dienen, in dessen Rahmen auch ein Accelerator-Programm für Innovation und Unternehmertum mit Betreuungs-, Trainings- und Beratungsangeboten initiiert wird. Der physische Hub wird außerdem als zentraler Anlaufpunkt in Südostasien die internationale Kooperation in den Bereichen gründerfreundliche Politik, innovatives Unternehmertum und Smart City fördern.

Das Projekt wird im Rahmen des EU-Programms „Europe Aid: Local Authorities: Partnerships for sustainable cities“ umgesetzt, das auf die Förderung der integrierten Stadtentwicklung durch Partnerschaften ausgerichtet ist, die zwischen den lokalen Gebietskörperschaften der EU-Mitgliedstaaten und der Partnerländer gemäß der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung geschlossen wurden.

Entwicklungszusammenarbeit

Berlin ist eine internationale Metropole mit dem Anspruch, weltoffen, solidarisch und nachhaltig zu handeln. Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit (LEZ) des Landes Berlin koordiniert die vielfältigen entwicklungspolitischen Aktivitäten und Akteure Berlins. Ziel der Landesstelle ist es, für Fragen der globalen Gerechtigkeit zu sensibilisieren, auf Wechselwirkungen zwischen globalem Norden und Süden aufmerksam zu machen und einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development Goals durch Berlin zu leisten. Ein besonderes Augenmerk legt die Berliner Entwicklungszusammenarbeit auf die Vermittlung von Kompetenzen des globalen Lernens bzw. des Denkens in globalen Zusammenhängen sowie auf die Förderung des fairen Handels und der fairen Beschaffung. Berlin sieht die Hauptaufgabe seines Engagements in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit. Hierbei wird die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit durch EPIZ – dem Zentrum für Globales Lernen e.V. – und durch die Stiftung Nord-SüdBrücken unterstützt.

Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit fördert bereits seit dem Jahr 2000 das Berliner Entwicklungspolitische Bildungsprogramm (benbi). Das jährlich im November stattfindende Programm richtet sich vorrangig an Kinder und Jugendliche der 3. bis 13. Klasse. Der Schwerpunkt in 2022 lag auf dem Thema „miteinander leben“; 2023 steht thematisch unter dem Motto „Engagement für globale Gerechtigkeit“. Das benbi wird von der Kontaktstelle für Umwelt und Entwicklung e.V. (KATE) organisiert. Der Verein unterstützt und berät über 20 beteiligte Nichtregierungsorganisationen bei der Entwicklung zahlreicher interaktiver Workshops, bei denen Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten vermittelt werden, aktiv und eigenverantwortlich die Zukunft mitzugestalten.

Auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde von den Bundesländern das Eine-Welt-Promotorenprogramm ins Leben gerufen. Die Eine-Welt-Promotorinnen und -Promotoren arbeiten in entwicklungspolitischen Organisationen und Initiativen. Sie geben als Expertinnen und Experten Anstöße für global verantwortliches Denken und Handeln und mobilisieren für ein Engagement zu Themen der nachhaltigen Entwicklung. Es wird vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag (Netzwerk entwicklungspolitisch aktiver Gruppen und Vereine) koordiniert und von der Stiftung Nord-Süd-Brücken verwaltet.

Bau und Sanierung des Eine-Welt-Zentrums auf dem Gelände der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin Neukölln sind nahezu abgeschlossen. Durch den im Landeshaushalt bereitgestellten einmaligen Investitionszuschuss, durch Bundesmittel und Zuschüsse aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) an die Berlin Global Village gGmbH wurde die Errichtung des Zentrums ermöglicht, das seit vielen Jahren von der Berliner Zivilgesellschaft geplant worden war. Das Zentrum ist auf einer Fläche von rund 4.500 m2 entstanden und widmet sich den Themen globale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Es bietet Raum für entwicklungspolitische und migrantisch-diasporische Nichtregierungsorganisationen. Im März 2021 sind die ersten Nichtregierungsorganisationen in das neue Gebäude eingezogen. Der Neubau wurde bereits im Jahr 2021 feierlich eröffnet. 2022 wurden die wichtigsten Sanierungsarbeiten des Altbaus abgeschlossen, so dass das Zentrum nun vollumfänglich genutzt werden kann. 2023 finden noch kleinere Arbeiten in den Außenbereichen und zur Verbesserung der Barrierefreiheit statt.

Darüber hinaus wurde 2022 das Berliner Stipendienprogramm zur Stärkung von Journalistinnen und Journalisten im digitalen Raum fortgeführt. 12 ausgewählte Stipendiatinnen und Stipendiaten konnten nach Berlin reisen und ein umfangreiches Trainingsprogramm in digitaler Sicherheit durchlaufen. Das Programm richtet sich an Medienschaffende, Journalistinnen und Journalisten sowie Bloggerinnen und Blogger aus aller Welt, die aufgrund von Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit aus ihren Herkunftsländern fliehen mussten oder eine vorübergehende Auszeit benötigen. Zuständig für die Durchführung ist der Verein Reporter ohne Grenzen.

2022 fand eine große Zukunftskonferenz des Fairen Handels statt. Im Rahmen des Frühlingsfestes feierten Berlin und verschiedene Bezirke ihre Wieder-Auszeichnung als Fairtrade-Town. Das Aktionsbündnis Fairer Handel hat die Organisation der Konferenz übernommen und ein gelungenes Format entwickelt, um die Teilnahme zu einem spannenden und inspirierenden Erlebnis zu machen.

Durch die von der Landesstelle in Kooperation mit Engagement Global eingerichtete Kompetenzstelle Faire Beschaffung werden die Berliner Bezirksämter und Senatsverwaltungen dabei unterstützt, faire Kriterien bei der öffentlichen Beschaffung anzuwenden.

2022 fand die Preisverleihung des Newcomer Startup Awards von SINGA nach einer digitalen Version wieder in Präsenz statt. Der Award wird an Gründerinnen und Gründer verliehen, die aus dem globalen Süden nach Berlin migriert sind und mit ihrer Geschäftsidee einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development Goals leisten. Der Publikumspreis wurde zum zweiten Mal verliehen. Alle Preisträgerinnen und Preisträger erhielten neben einem Preisgeld ein auf sie zugeschnittenes Coaching-Angebot.

Die 2020 eingerichtete Koordinierungsstelle bei Decolonize Berlin e.V. hat ihren Dialog- und Partizipationsprozess in 2022 fortgeführt, um die Auseinandersetzung mit Kolonialismus, postkolonialer Bildungsarbeit, Anti-Rassismus und Critical Whiteness unter Mitwirkung diverser Akteure zu befördern. Dazu fanden Dialogrunden mit Verwaltung und Zivilgesellschaft in verschiedenen Veranstaltungsformaten statt, zu Schwerpunktthemen wurden Gutachten veröffentlicht.

Die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit unterstützt entwicklungspolitische Projekte Berliner Nichtregierungsorganisationen und anderer Organisationen, die sich in vielfältigen Themenfeldern der Entwicklungspolitik in Berlin und weltweit engagieren. 2022 standen Fördermittel in Höhe von 1,7 Mio. € für entwicklungspolitische Projekte, Informations-, Kampagnen- und Bildungsarbeit von entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen in Berlin zur Verfügung.

Einen umfassenden Überblick in die Arbeit der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit und die geförderten Projekte gibt die 2022 erschienene Broschüre zur Berliner Entwicklungspolitik; sie liegt auch als Printversion vor.

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III.6 Wirtschaftsrechtliche Aspekte

Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz

Das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz (BerlAVG) enthält die ökologischen und sozialen Vorgaben für die Beschaffungspolitik des Landes. Das novellierte BerlAVG ist seit dem 1. Mai 2020 in Kraft. Es gilt für die Vergabe von Bauleistungen mit einem Auftragswert von mindestens 50.000 € (ohne Umsatzsteuer) und für Liefer- und Dienstleistungen mit einem Auftragswert von mindestens 10.000 € (ohne Umsatzsteuer).

Um die Anwenderfreundlichkeit zu verbessern, hat SenWEB eine Ausführungsvorschrift dazu erlassen, wie die Einhaltung der Vertragsbedingungen zu den sozialen und ökologischen Maßnahmen gemäß BerlAVG (AV Kontrolle BerlAVG) zu kontrollieren ist. Die AV Kontrolle BerlAVG enthält grundsätzliche Ausführungen dazu, was von den öffentlichen Auftraggebern und der zentralen Kontrollgruppe bei der Durchführung der Kontrollen zu beachten ist. Zudem beschreibt sie die Aufgaben, Organisation und Zuständigkeit der zentralen Kontrollgruppe, insbesondere auch die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Auftraggebern. Sie ist zum 1.1.2023 in Kraft getreten. Weitere Informationen: Zentrale Kontrollgruppe nach dem BerlAVG

Darüber hinaus wird demnächst eine Ausführungsvorschrift in Kraft gesetzt, die die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der öffentlichen Beschaffung sicherstellt.

In der im Dezember 2022 erlassenen Ausführungsvorschrift zur regionalen Tariftreue wird geregelt, nach welchem in Berlin geltenden Tarifvertrag Auftragnehmer ihre Beschäftigten bei der Auftragsausführung mindestens zu entlohnen haben; die Tariftreue ist auf die Entgeltbestimmungen der Tarifverträge beschränkt. Ebenfalls im Dezember 2022 wurde mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz das Vergabemindestentgelt auf 13,00 € brutto pro Stunde angehoben. Weiterführende Informationen zum Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz liefert der Berliner Vergabeservice.

Geldwäscheaufsicht / Geldwäscheprävention

Berlin ist ein Ort der Chancen und der Vielfalt. Das gilt für alle Teile der lebendigen Stadtgesellschaft, für die Bürgerinnen und Bürger genauso wie für die Berliner Wirtschaftsteilnehmenden. Um Wirtschaft erfolgreich gestalten zu können, bedarf es verlässlicher, für alle geltender Rahmenbedingungen. Erfolg in der Wirtschaft soll von Innovationen, maßgeschneiderten Förderprogrammen und einer serviceorientierten, auf die Belange des Einzelnen fokussierten Verwaltung abhängen, nicht aber von illegalen Vorteilen Einzelner zulasten der Stadt. Wer mit Geld aus Straftaten Geschäfte macht, ist Geldwaschender und wird deswegen von der Polizei und der Justiz verfolgt. Die bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe angesiedelte Arbeitsgruppe Geldwäscheprävention/Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor soll verhindern, dass Wirtschaftsteilnehmende für die Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Rechtsgrundlage hierfür ist das Geldwäschegesetz (GwG). Das GwG verlangt die Identifizierung von Kundinnen und Kunden sowie etwaiger Eigentümerinnen und Eigentümer im Hintergrund, „know your customer“, die Aufzeichnung dieser Angaben, „paper trail“, sowie die Abgabe von Verdachtsmeldungen bei verdächtigen Transaktionen. Hierzu wird ein umfassendes Informationsangebot in verschiedenen Sprachen (neben Deutsch auch in Englisch, Türkisch, Arabisch) bereitgestellt. Diese Informationen sind unter www.berlin.de/geldwaesche abrufbar und werden von Verpflichteten aus ganz Deutschland genutzt. Besondere Bedeutung kommt der Vernetzung und Zusammenarbeit mit der IHK und Verbänden (etwa im Kfz-Bereich oder im Kunsthandel) zu, um eine möglichst große Zahl an Verpflichteten zu erreichen. Im Zuge der weiteren Digitalisierung von Dienstleistungen sind Antragsformulare im Bereich der Geldwäscheprävention vollständig digitalisiert abrufbar. Hier ist die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe deutschlandweit Vorreiter.

Seit kurzem ist ein elektronisches Hinweisgebersystem nutzbar, welches es ermöglicht, Verstöße gegen das Geldwäschegesetz anonym zu melden. Berlin zählt zu den ersten Bundesländern, in denen dies möglich ist.

Zu den Aufgaben der Arbeitsgruppe zählt auch die Koordination und Vernetzung mit weiteren für die Geldwäscheprävention zuständigen Behörden sowohl in Berlin als auch mit Aufsichtsbehörden anderer Bundesländer, Bundesbehörden und Partnerdienststellen in Europa. Durch die Koordination wird gewährleistet, dass in Berlin vergleichbare Prüfungsstandards angewendet werden.

Dort, wo Beratung und Prävention nicht ausreichen, wird die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auch als Ordnungsbehörde tätig. Jährlich werden mehrere hundert Kontrollen im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des GwG durchgeführt. Die meisten dieser Kontrollen erfolgen schriftlich oder mit Ankündigung. Finden sich bei diesen Kontrollen Missstände, so werden Bußgeldverfahren eingeleitet. Rechtskräftige Bescheide werden auf der Homepage der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe veröffentlicht.

Kann nicht ausgeschlossen werden, dass Verpflichtete nach dem GwG auch Kontakte in kriminelle Kreise unterhalten, erfolgen Kontrollen auch unangekündigt im Wege von Verbundeinsätzen mit anderen Behörden (Polizei, Ordnungsamt, Finanzbehörden).

Als Mitglied in der Anti Financial Crime Alliance (AFCA), einer Public Private Partnership von Behörden und Unternehmen zur Verhinderung von Geldwäsche, arbeitet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe an der Erstellung von Typologiepapieren zur Verhinderung von Geldwäsche im Immobiliensektor mit.

Die Berliner Aktivitäten im Rahmen der Geldwäscheprävention/ Geldwäscheaufsicht sind bundesweit anerkannt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geldwäscheprävention sind mit ihrer Expertise auf Fachtagungen deutschlandweit gefragt.

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III.7 Services und Förderung für Unternehmen

III.7.1 Unternehmensservice

Der 2010 gegründete Unternehmensservice ist ein gemeinsames Angebot von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie (BPWT), den 12 Berliner Bezirken und der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Hier erhalten Unternehmen umfassend, persönlich und proaktiv Unterstützung und Beratung über die verschiedenen Wirtschaftsförderangebote im Land Berlin.

Bei Berlin Partner umfasst der Unternehmensservice neben Branchenexpertinnen und -experten („Key Account Management“) auch Beraterinnen und Berater in allen 12 Bezirken. Ob Ansiedlung, Expansion, Innovationsprojekt oder Standortsicherung – der Unternehmensservice entwickelt in enger Zusammenarbeit mit vielen Service-Partnern wie der IHK Berlin, der HWK Berlin und der Investitionsbank Berlin (IBB) individuelle Lösungen für die Unternehmen der Stadt. Unterstützt wird im Auftrag der Senatswirtschaftsverwaltung u.a. bei

  • Fragen zu Förderung und Finanzierung („Finance Service“),
  • der Suche nach Immobilien und Flächen („Location Service“),
  • der Rekrutierung von Mitarbeitenden („Talent Service“),
  • der Internationalisierung („International Service“) sowie
  • dem Innovationsmanagement und der Vernetzung mit Kooperationspartnern („Innovation Service“).

Im Februar 2022 startete der Rollout eines zusätzlichen Angebots im Bereich Nachhaltigkeit („Sustainability Service“).

BPWT unterstützt Unternehmen in diesem Kontext z.B. beim Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie und informiert über Förder- und Vernetzungsmöglichkeiten in den Bereichen Klimaschutz, Nachhaltigkeitsmanagement, Ressourceneffizienz und Lieferketten.

Die Berliner Wirtschaft zeigte im Jahr 2022 erneut ihre Resilienz und Stärke. Trotz multipler Krisen war das Wirtschaftswachstum im Bundesvergleich überdurchschnittlich hoch. BPWT hat im vergangenen Jahr 239 Projekte begleitet, in denen 8.389 Arbeitsplätze geschaffen und 1,1 Mrd. € investiert werden sollen. Etwa die Hälfte der geplanten Arbeitsplätze und über die Hälfte der Investitionen entfallen dabei auf die Zukunftsbranchen IKT, Medien und Kreativwirtschaft. 2022 begleitete BPWT die Ansiedlung von 73 Unternehmen in Berlin, davon 49 aus dem Ausland. Auch die Investitionen in Forschung und Entwicklung befinden sich auf einem Rekordniveau: In den betreuten Innovationsprojekten wurden insgesamt rund 140,1 Mio. € für Forschung und Entwicklung eingeworben.

Seit Ende 2009 unterstützt der Einheitliche Ansprechpartner (EA) Berlin, angesiedelt bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, als zentrale Anlaufstelle erfolgreich in- und ausländische Unternehmen sowie Gründerinnen und Gründer bei der Aufnahme und Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Berlin. Er fungiert sowohl als verbindlicher Informationsgeber als auch – wenn vom Unternehmen gewünscht – als durchgängiger Verfahrensbegleiter und Mittler zwischen dem Unternehmen und den unterschiedlichen beteiligten Behörden und Institutionen.

Über die technischen Antragssysteme des EA wird den Unternehmen schon seit vielen Jahren ermöglicht, ihre Gewerbemeldungen und gewerberechtlichen Erlaubnisse medienbruchfrei auf elektronischem Wege zu erledigen. Über eine eingebundene ePaymentkomponente kann die Verwaltungsgebühr schon während des Antragsprozesses beglichen werden. Dieser Service wird von den Unternehmen aus dem In- und Ausland gerne genutzt.

Der EA ist darüber hinaus Verfahrensbegleiter bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Bereich der reglementierten Berufe. Für viele Berufsqualifikationen, darunter die für Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, wurden spezielle Antragsverfahren modelliert. Über das elektronische Antragsmanagementsystem des EA erhalten die zuständigen Stellen von den Antragstellerinnen und Antragstellern genau die Unterlagen, die sie für ihre Entscheidung über den Antrag auf die Anerkennung der Berufsqualifikation benötigen. Über ein integriertes Postfach können zusätzlich Nachrichten rechtssicher ausgetauscht und die Entscheidung über den Antrag elektronisch übermittelt werden.

Neben den Verfahren der Gewerbeordnung und der Antragsverfahren für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen lag der Schwerpunkt bei der Digitalisierung im Bereich der Verfahren der Geldwäscheprävention. Es wurden verschiedene Antragsverfahren für die Bestellung und Entpflichtung von Geldwäschebeauftragten entwickelt und online im Service-Portal Berlin bereitgestellt.

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III.7.2 Gründungsförderung

Erstanlaufstellen

Die Gründungsunterstützung im Land Berlin fokussiert nicht alleine auf technologieorientierte Startups, sondern auch auf das weiterhin sehr rege und breit angelegte Gründungsgeschehen in traditionellen Bereichen wie dem Handel, im Handwerk oder der Bauwirtschaft. In Berlin wurden 2022 insgesamt 37.125 Unternehmen neu gegründet. Das Gründungsgeschehen bleibt somit insgesamt auf einem hohen Niveau. Mit 100 Neugründungen je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt Berlin 2022 erneut an der Spitze der Bundesländer.

Ein enges Netzwerk an Erstanlaufstellen mit einem flexiblen und differenzierten Angebot erlaubt es, auf die große Vielfalt an Geschäftsideen und Unternehmerpersönlichkeiten bedarfsgerecht eingehen zu können. So können neben der Gründungsberatung der Kammern auch die Finanzierungsberatung der IBB, die Gründungsbüros der Hochschulen, die Wirtschaftsförderungen der Berliner Bezirke oder Beratungseinrichtungen der ethnischen Communities kontaktiert werden. Mit der Gründerinnenzentrale wird seit 2022 die bereits etablierte Lotsenstelle für die Anliegen von Unternehmerinnen und weiblichen Gründungsinteressierten aus dem Haus der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe gefördert.

Alle Adressen der öffentlichen Erstanlaufstellen, ihre Informationsangebote und Veranstaltungen sind auf der zentralen Internetseite gruenden-in-berlin.de zu finden. Alle Gründungsinteressierten werden hier nach einem klaren Leitfaden durch die Informationen aus dem Berliner Gründungsnetz geleitet. Das Portal ist ein gemeinsames Projekt der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, der IHK Berlin, der Handwerkskammer Berlin und der IBB. Die ausführlichen Informationen stehen auch auf Englisch zur Verfügung.

Für Informationen, Beratung und Unterstützung bei Verwaltungsverfahren im Rahmen der Gewerbeausübung steht das Portal des Einheitlichen Ansprechpartners Berlin zur Verfügung. Über www.ea.berlin.de können Gewerbetreibende rund um die Uhr mehr als 30 Verwaltungsverfahren, die im Zusammenhang mit einem Unternehmen stehen (wie An- und Abmeldung, aber auch die Beantragung von Genehmigungen und Erlaubnissen) online abwickeln (siehe im Detail Kapitel III.8.1).

Beratung und Veranstaltungen

Der Spaß am Unternehmertum und das dazu notwendige Wissen werden auf zahlreichen Veranstaltungen vermittelt. So können Gründungsinteressierte im Rahmen des Businessplan-Wettbewerbs Berlin-Brandenburg (BPW) über einen Zeitraum von neun Monaten ihre Geschäftsidee entwickeln und dazu kostenlose Seminare und Workshops besuchen sowie Expertenfeedback erhalten. Technologieorientierte Geschäftsideen, die einen schnelleren Marktzugang benötigen, können auch innerhalb von nur drei Monaten über einen Business Model Canvas entwickelt werden. Im Jahr 2022 haben 1.300 Registrierte das Angebot des BPW genutzt, davon waren fast 40 % Frauen. Es wurden 352 Geschäftskonzepte in den Kategorien BPW Plan, BPW Canvas und BPW Study eingereicht. Eine Umfrage ergab, dass weiterhin 2.003 Unternehmen mit 16.007 Arbeitsplätzen seit Gründung des BPW am Markt aktiv sind.

Eine sehr kompakte Form der Informationsvermittlung bieten die jährlich im Herbst stattfindenden Deutschen Gründer- und Unternehmertage deGUT. Mit ihren vielfältigen Kontaktmöglichkeiten zwischen Förderinstitutionen, Mentorinnen und Mentoren und Gründungsinteressierten ist die von der Investitionsbank Berlin (IBB) und der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) veranstaltete deGUT ein Highlight im Gründungskalender der Hauptstadtregion. An beiden Messetagen wurden 5.842 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Arena Berlin gezählt. Es beteiligten sich 128 Ausstellerinnen und Aussteller auf 61 Ständen sowie 17 Beraterinnen und Berater im sog. Beraterforum. Mit dem Fokus auf die Themen „Nachfolge“ und „Social Entrepreneurship“ setzte die deGUT erneut die Agenda für die stärksten Trends der Gründungsszene.

Eine wichtige Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, das Interesse an der unternehmerischen Selbstständigkeit bereits früh zu entfachen und die Begeisterung für unternehmerische Themenfelder zu wecken. Im Projekt JUNIOR berät und begleitet das Institut der deutschen Wirtschaft Köln Schülerinnen und Schüler, die ein eigenes Unternehmen — jeweils für ein Jahr — gründen und führen wollen. Seit dem Start des Projekts in Berlin im Schuljahr 2000/2001 haben bereits über 5.000 Berliner Schülerinnen und Schüler am Projekt JUNIOR teilgenommen. Die Anzahl der JUNIOR-Unternehmen hat sich in den letzten fünf Jahren von 20 auf über 40 verdoppelt. Beim jährlichen Landeswettbewerb im Frühjahr werden die Schülerfirmen in den vier Kategorien Geschäftsidee, Jury-Interviews, Videopräsentation und Geschäftsbericht bewertet. Sieger im Jahr 2023 ist das JUNIOR-Unternehmen „Rekawa“ vom Europäischen Gymnasium Bertha-von-Suttner. Die Schülerfirma produziert Dinkelkissen aus alten Baumwollstoffen.iwjunior.de/

Weitere Projekte unterstützen Lehrerinnen und Lehrer dabei, Fragen der Wirtschaft und der Unternehmenstätigkeit in den Unterricht zu integrieren. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft vernetzt die Akteure im Netzwerk Unternehmergeist macht Schule in Berlin. Eine Übersicht über die Angebote findet sich unter www.berlin.de/unternehmergeist.

Im Berichtszeitraum wurde eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt, um die migrantische Ökonomie und ihre Potenziale zu nutzen und zu fördern. Ziel ist es, Personen nichtdeutscher Herkunft über Aspekte der Selbstständigkeit und die entsprechenden Beratungs- und Förderstrukturen zu informieren, bei Existenzgründungen zu begleiten, aber auch die Bedeutung und Erfolge migrantischer Unternehmerinnen und Unternehmer in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Die Lotsenstelle für migrantische Selbstständigkeit fungiert seit Januar 2019 im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe als Ansprechpartnerin für Erst- und Orientierungsfragen. Sie ist eine wichtige Erstanlaufstelle für Gründerinnen und Gründer sowie Selbstständige nichtdeutscher Herkunft bei der Aktivierung ihres unternehmerischen Potenzials und bei der Teilhabe am gesellschaftlich-wirtschaftlichen Leben in Berlin. Die Beratungen sind kostenlos und werden in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Russisch und Polnisch durchgeführt. Übersetzungen in weitere Sprachen sind möglich.

Das Beratungsangebot beinhaltet umfangreiche kultursensible und kompetente Erstberatung, umfassende Informationen über öffentliche Förder- und Beratungsleistungen, Verweisberatung an nicht gewerbliche Beratungs- und Fördereinrichtungen, Unterstützung bei Behördengängen sowie Beratungsangebote über Social Media. Zudem werden (Online-)Informationsveranstaltungen zum Thema Existenzgründung und Neuselbstständigkeit sowie Netzwerkveranstaltungen zum Austausch und zur Vernetzung der relevanten Akteure der Berliner Beratungs- und Gründungsförderlandschaft angeboten.

In 2022 wurden insgesamt 344 Ratsuchende beraten. Davon waren 262 gründungswillige und 82 bereits selbstständige Personen. Am häufigsten wurden die Beratungen in den Sprachen Spanisch (122), Polnisch (62) und Englisch (61) nachgefragt. Darüber hinaus wurden 108 Online-Anfragen schriftlich bearbeitet.

Mit dem durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe seit 2019 ausgelobten Wettbewerb „Vielfalt unternimmtBerlin würdigt migrantische Unternehmen“ werden die Leistungen und wirtschaftlichen Erfolge von Berliner Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationsbiografie ausgezeichnet und sichtbar gemacht. Der Berliner Unternehmenspreis „Vielfalt unternimmt“ wird alle zwei Jahre ausgelobt, in 2023 bereits zum dritten Mal. Um den Preis können sich Unternehmen in drei Größenkategorien bewerben. Es werden Preisgelder i.H.v. 10.000 € je Kategorie vergeben. Die diesjährige Preisverleihung fand am 28. Juni 2023 statt.

Zielgruppe des von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe geförderten Projekts NEUSTART – Gründungsbegleitung für Geflüchtete sind Geflüchtete und Neuankommende aus Drittstaaten ohne Ausschluss bestimmter Nationalitäten. Primäres Projektziel ist es, über zielgruppenspezifische Beratung, Qualifizierung und Begleitung erfolgreiche und nachhaltige Gründungen zu schaffen, die es den Geflüchteten ermöglichen, sich wirtschaftlich und sozial zu integrieren.

Im Rahmen des Projekts gab es in 2022 annähernd 200 Erstkontakte. In das Projekt neu aufgenommen wurden 44 Personen. Des Weiteren wurden vier Assessments mit insgesamt 32 Teilnehmenden durchlaufen. Über das Jahr verteilt konnte in 13 Workshops mit 90 Teilnehmenden Gründungswissen vermittelt werden. Außerdem wurden vier Netzwerktreffen mit insgesamt 84 Teilnehmenden veranstaltet.

Das Projekt „Neustart 22“ hatte eine Laufzeit vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2022. Ein zweijähriges Nachfolgeprojekt „Neustart plus“ ist erfolgreich angelaufen. In 2023 sind im Rahmen des Projekts auch spezielle Gründungsbegleitungen für Geflüchtete aus der Ukraine vorgesehen.

Im Rahmen des Serviceprojektes Wirtschaftsfreiheit Berlin – Integration von zuziehenden Talenten, Gründerinnen und Gründern und Unternehmerinnen und Unternehmern wurden spezifische, besonders vertraulich arbeitende Beratungs- und Betreuungsinfrastrukturen aufgebaut.

Zielgruppe des Projekts sind Unternehmerinnen und Unternehmer, Investorinnen und Investoren mit Umsiedlungsinteresse, Gründerinnen und Gründer sowie hochqualifizierte Fachkräfte und Kreative aus Ländern, in denen berufliche Kreativität und Entfaltung durch politische Rahmenbedingungen im Heimatland erschwert oder behindert werden bzw. die freie Ausübung einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit oder berufliche Vorhaben nicht gewährleistet oder bedroht werden.

Die Webseite www.because.berlin bündelt alle Informationen und Serviceleistungen des Projekts „Wirtschaftsfreiheit Berlin“. Über die Social-Media-Kanäle werden alle weiteren Kooperationen und Aktivitäten mit der Community von der Kampagne „Because Berlin“ geteilt. Es konnten in 2022 mehr als 30.000 Webseiten-Aufrufe verzeichnet werden. Die vom Lotsen-Service angebotene individuelle Erst- und Folgeberatung wurde in 2022 in 519 Fällen in Anspruch genommen.

Die Seminarreihe Vielfalt gründet feierte in 2022 ihr zwanzigjähriges Bestehen. Die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ins Leben gerufene Maßnahme wird von der IBB finanziert. In Kooperation mit den verschiedenen ethnischen Communities werden mehrsprachige Existenzgründungsseminare bilingual auf Deutsch und einer Vielzahl anderer Sprachen durchgeführt. Darüber hinaus gibt es spezielle Angebote ausschließlich für gründungsinteressierte Frauen, Gründungsinteressierte aus der Kreativindustrie und Geflüchtete. Die Teilnehmenden haben außerdem die Möglichkeit, Jobmessen kennenzulernen und an geführten mehrsprachigen Messerundgängen, z.B. auf der deGUT, teilzunehmen. Sie erhalten weiterführende Kontakt- und Unterstützungsmöglichkeiten und können sich mit anderen Gründerinnen und Gründern austauschen sowie individuelle Fragen stellen. Erstmalig wurde in 2022 ein Seminar auf Ukrainisch in Kooperation mit GUWBI e.V. und dem Willkommenszentrum Berlin durchgeführt.

Im Jahr 2022 haben insgesamt 239 Personen (davon 56 % Frauen) an den 16 Existenzgründungsseminaren teilgenommen. 65 Personen mit Fluchterfahrung nahmen das Seminarangebot an.

Die gezielte Förderung von Frauen am Wirtschaftsstandort Berlin ist für die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe nach wie vor ein wichtiges Ziel. Frauen müssen in der Wirtschaft die Rahmenbedingungen erhalten, durch die sie ihr volles Potenzial ausschöpfen können, sowie als Potenzialträgerinnen sichtbar gemacht werden.

Dieses Vorhaben wird durch unterschiedliche Formate bereits seit 2009 verfolgt. Bisher etablierte Formate sind der Berliner Unternehmerinnentag, die Berliner Unternehmerinnen-Akademie und der Wettbewerb Berliner Unternehmerin des Jahres. In 2023 kommt die Umsetzung des Chancenfonds neu dazu.

Der Berliner Unternehmerinnentag findet zweijährig als ganztägige Informations- und Netzwerkveranstaltung statt, mit dem Ziel den Dialog zwischen etablierten Unternehmerinnen, neuen Gründerinnen und Interessierten zu fördern. In 2023 wird der Berliner Unternehmerinnentag am 6. Oktober stattfinden. Weitere Informationen bietet die Website Berliner Unternehmerinnentag.

Die Preisträgerinnen des Wettbewerbs Berliner Unternehmerin des Jahres werden auf dem Berliner Unternehmerinnentag gekürt. Mit dem Wettbewerb sollen besonders nennenswerte unternehmerische Leistungen von Frauen in der Berliner Unternehmerinnenlandschaft hervorgehoben und honoriert werden. Die Berliner Unternehmerinnen-Akademie ergänzt den Berliner Unternehmerinnentag und findet seit 2019 jährlich statt. Die Unternehmerinnen-Akademie besteht aus kürzeren (ca. 2-4h) Netzwerk-, Informations- und Workshop-Formaten. Hier werden aktuelle wirtschaftspolitische Themen aufgegriffen.

Der Chancenfonds soll gezielt weibliche Gründerinnen am Wirtschaftsstandort Berlin ansprechen und noch stärker – insbesondere finanziell – unterstützen. Zur Umsetzung stehen in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt 7 Mio. € zur Verfügung. Der Zugang zu Kapital stellt für die meisten Gründerinnen eine entscheidende Hürde dar. Durch das im Chancenfonds enthaltene Gründerinnen-Stipendium und den erweiterten GründungsBONUS für von Frauen geführten Unternehmen, sollen Gründerinnen finanziell unterstützt werden. Zudem bietet die Meistergründungsprämie für Frauen einen Anreiz insbesondere im Handwerk zu gründen. Der Chancenfonds beinhaltet außerdem einen Round-Table mit wichtigen Akteurinnen sowie eine wissenschaftliche Begleitung. Zudem enthält der Chancenfonds die Förderung der Gründerinnenzentrale, einer Erstanlaufstelle mit Lotsenfunktion für Gründerinnen. Hier sollen Selbstständige und diejenigen, die den Weg in die Selbstständigkeit gehen wollen, erleichterten Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten bekommen.

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III.7.3 Technologie- und Innovationsförderung

Wissen verbreitet sich schneller denn je und ist als Ausgangspunkt für Innovationen zu einem entscheidenden Produktionsfaktor geworden. Dies hat zur Konsequenz, dass sich auf Dauer vor allem die Unternehmen im Wettbewerb behaupten können, die auf der Basis von Forschungs- und Entwicklungsprozessen Innovationen umsetzen. Aus diesem Grund ist es ein zentrales Anliegen der Berliner Wirtschaftspolitik, mit einer verlässlichen und thematisch flexiblen Innovationsförderung zur Schaffung einer nachhaltig wirksamen Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.

Mit dem Programm ProFIT (Programm zur Förderung von Forschung, Innovation und Technologien) werden sowohl Einzel- als auch Verbundvorhaben vorrangig zwischen Wissenschafts- und Wirtschaftspartnern gefördert. Der Schwerpunkt der Förderung liegt entsprechend der Beschaffenheit der Berliner Wirtschaft bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Durch technologische Entwicklungen wird die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gesteigert. Es wird nicht nur die Produktentwicklung gefördert, sondern auch die Markteinführung. Damit steht ein Programm zur Verfügung, das die Unternehmen in allen Phasen des Innovationsprozesses unterstützt. Im Jahr 2022 wurden 94 Projekte mit einem Zuschuss in Höhe von 38,6 Mio. € bewilligt. 38 Projekte erhielten ein Darlehen, hier wurden 21,2 Mio. € bewilligt. Das Programm wird aus dem EFRE kofinanziert.

Seit zwei Jahren gibt es ebenfalls die Möglichkeit, KMU auch in der Innovationsphase der experimentellen Entwicklung mit Zuschüssen zu fördern, wenn die Förderung im Rahmen von wettbewerblichen Aufrufen vergeben wird. In diesem Kontext wurde im Jahr 2022 der ProFIT Call “Additive Manufacturing Berlin-Brandenburg (AMBER)“ zu Themengebieten wie Personalisierte Medizintechnik, Bau und Leichtbau, Additive Fertigung mit biobasierten Werkstoffen und Additive Fertigung im/ für den Weltraum veröffentlicht. Im Rahmen des AMBER- Calls wurden 11 Verbundvorhaben mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rd. 12,7 Mio. € bewilligt. Noch in diesem Jahr soll ein weiterer ProFIT Call im Bereich Quantentechnologien und – computing veröffentlicht werden. Technologieorientierte Unternehmen, die erst kürzlich gegründet wurden und die Durchführung eines Innovationsprojektes anstreben, können zudem mit der ProFIT Frühphasenfinanzierung finanzielle Unterstützung beim Aufbau der Unternehmensinfrastruktur und erforderlichen Personalkapazitäten erhalten.

Ziel des VC Fonds Technologie Berlin ist die Beteiligung an jungen Berliner Technologieunternehmen mit besonderem Wachstumspotenzial. Das Fondsvolumen der vergangenen EU-Förderperiode betrug 60 Mio. €, wovon die Hälfte EFRE-Mittel waren. Die Fondsmittel standen bis Anfang 2023 vorrangig zur Finanzierung der Entwicklung und Markteinführung innovativer Produkte zur Verfügung. Das Fondsmanagement obliegt der IBB Ventures. 2022 wurden 27 Unternehmen mit einem Beteiligungskapital in Höhe von etwa 9,7 Mio. € finanziert. Im März 2023 startete die nächste Generation des VC Fonds Technologie, für den im Rahmen der aktuellen EU-Förderperiode ein Gesamtvolumen von 50 Mio. € zur Verfügung steht. Berlin als deutsche VC-Hauptstadt hat mit der IBB Ventures als öffentlicher Beteiligungsgeberin vor Ort einen bedeutenden Player. Mit ihrer über 20-jährigen Erfahrung ist sie eine gefragte Partnerin der Startups und Ansprechpartnerin für nationale und internationale Gesellschaften, die sich in Berlin nach Investments umsehen oder Finanzierungspartner suchen. Durch die Bildung von Finanzierungspartnerschaften betragen die investierten Mittel das Sechs- bis Siebenfache der Investitionen des VC-Fonds.

Der VC Fonds Kreativwirtschaft II Berlin mit einem Fondsvolumen von 40 Mio. €, davon 50 % EFRE-Mittel, unterstützt kleine und mittlere Unternehmen der Berliner Kreativwirtschaft. Der Fonds wurde in 2021 um weitere 9 Mio. € aus dem Programm REACT-EU aufgestockt. Zusammen mit privaten Kapitalgebern werden mit den Fondsmitteln innovative kreative Startups mit hohem Wachstumspotenzial unterstützt, die sich in der Aufbau- und Expansionsphase befinden. Im Jahr 2022 wurden 21 Unternehmen mit einem Volumen von etwa 6,3 Mio. € finanziert.

Nachdem noch im Jahr 2021 ein Rekordvolumen an Finanzierungen für Startups in Deutschland zu verzeichnen war, hat sich die Stimmung im Jahresverlauf 2022 eingetrübt. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Energiekrise und die hohe Inflation wirkten sich negativ auf die generelle Finanzierungssituation von Startups aus. Dies betraf vor allem reifere Startups in späteren Finanzierungsphasen. Der VC Fonds Kreativwirtschaft finanziert in erster Linie junge Startups in frühen Finanzierungsphasen. Hier konnte das Investitionsvolumen des Fonds gegenüber dem Vorjahr stabil gehalten werden.

Am 01.01.2023 startete die dritte Fondsgeneration. Der VC Fonds Kreativwirtschaft III Berlin verfügt über ein Volumen von 40 Mio. €, davon 40 % EFRE-Mittel. Somit ist die Fortführung des Fondsangebotes für die Berliner Kreativwirtschaft auch künftig sichergestellt.

Der Impact VC Fonds, der im zweiten Halbjahr 2022 gestartet ist, richtet sich speziell an Startups, deren Geschäftstätigkeit nicht nur auf den wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet ist, sondern auch einen messbaren, positiven Beitrag zur Bewältigung der drängendsten gesellschaftlichen Herausforderungen leistet. Im Fokus stehen dabei die von den Vereinten Nationen definierten 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals / SDGs), auf die das Geschäftsmodell der geförderten Unternehmen einzahlen soll. Die SDGs umfassen unter anderem die Themenfelder Armutsbekämpfung, Gesundheit, Bildung, saubere und bezahlbare Energie, Innovation und Infrastruktur, nachhaltige Städte und Gemeinden sowie Klimaschutz. Bis Ende 2022 konnten 3 Beteiligungen mit einem Volumen in Höhe von 1,6 Mio. € eingegangen werden.

Das Personaltransfer-Programm Berliner Innovationsfachkräfte ist nach wie vor eine wirksame Komponente der Know-how-Übertragung aus der Wissenschaft, insbesondere in KMU (“Wissenstransfer über Köpfe“). Durch den projektbezogenen Einsatz von qualifizierten Hoch- und Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen erhalten die Unternehmen die Chance zur Bewältigung betrieblicher Innovationsaufgaben. Die Förderung erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren Personalkostenzuschüssen. Gleichzeitig wird damit verstärkt der Zielsetzung Rechnung getragen, Struktur-, Innovations- und Arbeitsmarktpolitik miteinander zu verzahnen. Das Volumen der im Jahr 2022 bewilligten 151 innovativen Vorhaben von Berliner Unternehmen betrug rd. 3 Mio. €.

Der Coaching BONUS bezuschusst die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen durch technologieorientierte KMU, KMU der Kreativwirtschaft sowie im Zusammenhang mit den Themenbereichen Internationalisierung und Nachfolge. Seit 2021 werden zudem KMU der Sozialen Ökonomie im Rahmen des Coaching BONUS gefördert. 2022 haben insgesamt 9 Unternehmen der Sozialen Ökonomie eine Förderung im Rahmen des Coaching BONUS erhalten.

Dabei deckt das Beratungsangebot die gesamte Bandbreite unternehmerischer Fragestellungen innovativer KMU ab. Das reicht von Gründungsmodalitäten über Finanzierungsprobleme bis hin zu Marketing- und Vertriebsstrategien. Das Coaching soll helfen, eine konkrete Aufgabe bzw. Fragestellung im Hinblick auf eine bestimmte Zielstellung zu bewältigen. Die Unterstützung im Coachingprozess und die sich daraus ergebende Qualifikation soll die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig stärken. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 245 Projekte mit einem Fördervolumen in Höhe von 0,69 Mio. € (davon 78 in von Frauen geführten Unternehmen) durch den Coaching BONUS begleitet.

Das Förderprogramm Transfer BONUS soll über den Programmteil Technologie- und Wissenstransfer Berliner KMU den Zugang zu den Erkenntnissen von Wissenschaft und Forschung bzw. deren Nutzung erleichtern. Gefördert wird die Inanspruchnahme einer wissenschaftlichen Dienstleistung, wobei seit 2016 auch Projekte im Bereich der Digitalisierung unterstützt werden. Im Jahr 2022 wurden 53 Bewilligungen erteilt, wobei 8 davon auf Projekte im Bereich der Digitalisierung entfielen. Das Bewilligungsvolumen belief sich insgesamt auf etwa 0,85 Mio. €, davon rd. 0,35 Mio. € für Digitalisierungsprojekte.

Ziel des Programteils Transfer BONUS Design ist es, kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zu Designleistungen zu erleichtern. Der Design Transfer Bonus bezuschusst den Transfer von Design-Know-how der Designbranche und von Hochschulen in Unternehmen, um so ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Das Programm soll die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen von der Idee bis zur Marktfähigkeit sowie qualitative Verbesserungen bestehender Produkte und Verfahrensweisen unterstützen.

Die geförderten Kleinstunternehmen haben oft nur ihr spezifisches Know-how für die umzusetzende Produktidee, jedoch fehlen ihnen Kenntnisse über die markt- und nutzerfreundliche Gestaltung des kurz vor Markteintritt stehenden Produktes. Aufgrund ihrer Finanzsituation wären sie aus eigenen Kräften nicht in der Lage, das fehlende Wissen einzukaufen, um das Produkt mit Erfolgschancen in den Markt zu bringen. Somit versetzt die Förderung diese Unternehmen überhaupt in die Lage, in den Markt einzutreten.

Weiterhin sammeln die Unternehmen durch die Umsetzung des Förderprojektes Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Dies führt zu einem Erkenntniszuwachs hinsichtlich der konkreten Zusammenarbeit, des Nutzens der frühen Einbeziehung von Designern in den Entwicklungsprozess und oft auch zu Folgeprojekten.

Weitere Effekte ergeben sich aus der Beauftragung von Designdienstleistern, die zwingend aus der Region Berlin-Brandenburg kommen müssen. Die für die erteilten Aufträge gezahlten Vergütungen sind fast ausschließlich für Honorarleistungen. Somit ist diese Projektförderung auch eine Unterstützung der Kreativszene der Region. Hierbei ist vor allem auch bemerkenswert, dass nicht nur große Agenturen Auftragnehmer sind, sondern gerade kleine Agenturen, Freelancer oder Kleinstunternehmer zum Zuge kommen. Im Jahr 2022 wurden fünf Projekte mit einem Fördervolumen von rd. 65.500 € ausgezahlt und weitere fünf Projekte bewilligt.

Seit 2021 sind auch Unternehmen der Sozialen Ökonomie im Rahmen des Transfer BONUS antragsberechtigt.

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III.7.4 Zuschüsse für Unternehmen und Infrastruktur

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ist das bedeutendste Regionalförderinstrument von Bund und Ländern. Mit der GRW werden Investitionen gefördert, die in strukturschwachen Regionen die Einkommens- und Beschäftigungssituation verbessern. Vorrangiges Ziel der GRW ist die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen.

Seit 1991 gibt es die GRW-Förderung in Berlin. Die GRW hat in mehr als 30 Jahren mit Nachdruck dazu beigetragen, dass Berlin heute ein attraktiver, wettbewerbsfähiger Produktions- und Dienstleistungsstandort ist. Viele wesentliche Entwicklungen und Erfolge sind eng mit dem Einsatz von Fördermitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe verbunden. Von 1991 bis 2022 wurden in Berlin über 5,6 Mrd. € aus dem Programm bereitgestellt und rund 9.000 Investitionsvorhaben der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur gefördert. Dadurch konnten über 286.000 Arbeitsplätze gesichert bzw. neue zukunftsorientierte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Im Koordinierungsrahmen der GRW sind die Regelungen über Voraussetzungen, Art und Intensität der Förderung und die Fördergebiete der einzelnen Bundesländer festgelegt. Die Mittel der GRW werden von Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen.

GRW ab 2023 mit neuer Zielsystematik

In den nächsten Jahren stehen die regionale Strukturpolitik und damit die GRW angesichts der erforderlichen Transformation zur Klimaneutralität, der Auswirkungen der Energiekrise sowie der demografischen Alterung vor enormen Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund wurde die gesamte Fördersystematik der GRW überprüft und im Dezember 2022 eine Neuausrichtung der GRW durch Bund und Länder beschlossen.

Bisher war es Hauptziel der GRW, in strukturschwachen Regionen neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende Arbeitsplätze zu sichern. Dieses Ziel wurde im Zuge der Reform durch eine Zielsystematik mit drei nebeneinanderstehenden Hauptzielen ersetzt:

  • Standortnachteile ausgleichen,
  • Beschäftigung schaffen und sichern, Wachstum und Wohlstand erhöhen,
  • Transformationsprozesse hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft beschleunigen.

Darüber hinaus rücken Themen wie Innovationen, Digitalisierung, betriebliche Produktivitätssteigerungen und nachhaltige Investitionen noch stärker in den Fokus der GRW-Förderung.

Die Fördervoraussetzung des überregionalen Absatzes (sog. Primäreffekt) für gewerbliche Investitionen wurde aufgegeben. Unternehmen werden fortan nicht mehr auf Grundlage ihrer Absatzstruktur, sondern nur noch nach der Art ihrer Tätigkeit und ihrer regionalwirtschaftlichen Effekte bewertet.

Darüber hinaus können als neuer Fördertatbestand künftig Maßnahmen der regionalen Daseinsvorsorge mit eindeutigem Wirtschaftsbezug gefördert werden.

Bis zum 31. Dezember 2023 können Vorhaben noch auf der Grundlage der Bestimmungen des GRW-Koordinierungsrahmens ab 1. Januar 2022 bewilligt werden. Nach Ablauf dieser Übergangsfrist können Bewilligungen dann ausschließlich auf der Grundlage der Bestimmungen des GRW-Koordinierungsrahmens ab 1. Januar 2023 erfolgen.

In 2022 wurden insgesamt 202,9 Mio. € ausgezahlt. Davon entfallen 127,4 Mio. € (62,8 %) auf die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und 75,5 Mio. € (37,2 %) auf die Förderung der gewerblichen Wirtschaft.

Der Bewilligungsrahmen 2022 für die Jahre 2023 bis 2025 betrug 121,9 Mio. €, je zur Hälfte Bundes- und Landesmittel. Darin enthalten sind 14,1 Mio. € des Bundes aus der Umverteilung frei gemeldeter Mittel anderer Länder. Das Land Berlin beteiligte sich in gleicher Höhe. Diese Mittel wurden vollständig gebunden.

Aus Mitteln der GRW können Investitionszuschüsse für die gewerbliche Wirtschaft und für wirtschaftsnahe Infrastrukturmaßnahmen gewährt werden. Auch die Förderung integrierter regionaler Entwicklungskonzepte, die Förderung von Regionalmanagements sowie die Förderung von Kooperationsnetzwerken sind möglich. Daneben unterstützt die GRW in immer stärkerem Umfang auch Fachprogramme des Landes zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Berliner Unternehmen.

Die Förderung der gewerblichen Wirtschaft ist zentraler Ausgangspunkt für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Berlins. Die Sicherung und die Neuschaffung von Arbeitsplätzen sollen einhergehen mit der Steigerung der Produktivität und des Pro-Kopf-Einkommens. Besonders in den technologieorientierten und zukunftsweisenden Branchen sowie in produktionsnahen Dienstleistungen sollen qualifizierte Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden.

Für die neue GRW-Förderperiode 2022-2027 haben Bund und Länder auf Basis eines von der EU-Kommission vorgegebenen gesamtdeutschen Fördergebietsplafonds gemeinsam die neue deutsche Fördergebietskarte entwickelt.

Aufgrund der Reduzierung des gesamtdeutschen Fördergebietes durch die EU-Kommission, aber auch durch die eigene positive Entwicklung in den vergangenen Förderperioden ist Berlin nicht mehr in Gänze GRW-Fördergebiet. Neben weiterhin ausgewiesenen C- und D-Fördergebieten gehören daher erstmals einige Stadtgebiete ab 2022 nicht mehr zum GRW-Fördergebiet. Die Zuordnung eines konkreten Investitionsstandortes zu einem Fördergebiet sowie die jeweiligen Fördersätze können Unternehmen auf der Fördergebietskarte abrufen.

Für Unternehmen in Stadtgebieten, die nicht mehr zum GRW-Fördergebiet gehören, ist seit April 2022 eine Investitionsförderung mit Berliner Landesmitteln im Rahmen des Förderprogramms Berliner InvestitionsBonus möglich.

Im Jahr 2022 wurden im Rahmen der GRW insgesamt 104 Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft mit einem Investitionsvolumen von 385,3 Mio. € für die Jahre 2022-2025 neu bewilligt. Hierfür wurden GRW-Mittel in Höhe von 70 Mio. € eingesetzt.

Mit diesen Investitionsvorhaben sollen in Berlin 6.413 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden, davon 1.766 zusätzliche Arbeitsplätze und 4.647 gesicherte Arbeitsplätze. Von den zusätzlichen Arbeitsplätzen sind 695 Arbeitsplätze für Frauen und 16 Arbeitsplätze für Auszubildende vorgesehen.

Wenn auch das Ziel der GRW, Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen zu schaffen, grundsätzlich nicht geschlechtsspezifisch ausgerichtet ist, so findet dennoch die Schaffung von Arbeitsplätzen für Frauen besondere Berücksichtigung im GRW-Fördersystem. Die Länder können in Regionen mit hoher Frauenarbeitslosigkeit frauenspezifische Förderschwerpunkte setzen:

  • Die GRW-Förderhöchstsätze dürfen nur für Investitionen gewährt werden, von denen ein besonderer Struktureffekt ausgeht; Investitionen, die Arbeits- und Ausbildungsplätze für Frauen schaffen, fallen in diese Kategorie.
  • Gerade Frauen – aber auch immer mehr Männer – suchen oft Arbeitsplätze, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Diesem Anliegen wird die GRW gerecht, indem sie Investitionen zur Schaffung von Telearbeitsplätzen fördert und damit eine Berufstätigkeit von Frauen unterstützt.

Im Rahmen der ergänzenden Förderung von Berliner Programmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen sind 2022 insgesamt rd. 4,7 Mio. € an GRW-Mitteln in 6 Fachprogrammen des Landes eingesetzt worden. Die Förderprogramme Innovationsassistent, Transfer Bonus, Design Transfer Bonus, Coaching Bonus, Potenzialförderung und das Programm für Internationalisierung erfahren durch die mit GRW-Mitteln ermöglichte Verbesserung der Förderkonditionen eine zunehmende Nachfrage.

Die wirtschaftsnahe Infrastruktur hat infolge ihres Vorleistungscharakters Einfluss auf betriebliche Standortentscheidungen. Sie schafft die Rahmenbedingungen für den Aufbau und die Sicherung wettbewerbsfähiger Produktions- und Dienstleistungsstandorte.

2022 wurden sechs neue Vorhaben im Bereich der wirtschaftsnahen Infrastruktur mit einem Investitionsvolumen von über 33,2 Mio. € mit GRW-Mitteln in Höhe von 29,9 Mio. € für die Jahre 2022 bis 2025 bewilligt. Diese bewilligten Fördermittel verteilen sich auf die einzelnen Förderarten wie folgt:

  • Erschließung von Industrie und Gewerbegelände mit 1,53 Mio. €,
  • Ausbau der Verkehrsanbindung für Gewerbebetriebe mit 8,5 Mio. €,
  • Verbesserung der touristischen Infrastruktur mit 0,45 Mio. €,
  • Errichtung von Gewerbezentren mit 19,4 Mio. €

In den kommenden Jahren wird der Standort des ehemaligen Flughafens Tegel zu einem Schwerpunkt der GRW-Förderung. Diese umfasst den Neubau von Verkehrsanlagen zur Erschließung von Industrie- und Gewerbegelände, Wasser-, Schmutzwasser-, und Regenwasseranlagen, Abwasserdruckleitungen sowie Abbruchmaßnahmen. Weitere Maßnahmen sind in der Planung und Beantragung.

Weitere Schwerpunkte der Förderung in den nächsten Jahren sind:

  • Verkehrsverbindungen zur Anbindung von Gewerbegebieten (z.B. Straßenbrücken in den Bezirken Pankow, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, Investitionen der Berliner Wasserbetriebe im Zusammenhang mit dem Bau der Tangentialen Verbindung Ost – TVO, weiterhin Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur „Wasserstraßen“ mit dem Neubau der Uferbefestigung am Bonhoefferufer, am Wikingerufer und beidseitig der Spree-Oder-Wasserstraße, wodurch Verkehrswege für die gewerbliche Binnenschifffahrt gesichert und alternative Transportwege für die gewerbliche Wirtschaft bereitgestellt werden);
  • die Errichtung und der Ausbau von Bildungseinrichtungen insbesondere weiterhin von Oberstufenzentren sowie der BVG-Ausbildungs-Campus und der Ausbildungscampus Fischerstraße der Berliner Wasserbetriebe;
  • die weitere Ertüchtigung der touristischen Infrastruktur und Verbesserung der Attraktivität touristischer Standorte (weitere Umsetzung der Maßnahmen im Zoologischen Garten/ Aquarium, Tierpark und Spreepark), der Ausbau des Mauerwegs sowie der Ausbau des Kirchturms der Matthäuskirche zum Besucherzentrum mit barrierefreier Aussichtsplattform;
  • die Förderung von Regionalmanagements, Regionalbudgets, Kooperationsnetzwerken sowie Innovationsclustern.

Die GRW-Förderung der beiden Berliner Innovationcluster wurde auch im Jahr 2022 fortgesetzt.

Das Innovationcluster 5G Berlin konzentriert sich weiterhin auf Forschungsarbeiten der anwenderorientierten und marktgerechten Nutzung der Schlüsseltechnologie 5G. Der Ausbau der digitalen und kommunikativen Infrastruktur Berlins wird durch das Projekt unterstützt.

Das „Werner-von-Siemens Center for Industry and Science“ bündelt die Kooperation von KMU, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Startups und wirtschaftsnahen Einrichtungen.

Zukunftsweisende Forschungen und Projekte werden in den neu geschaffenen Co-Working Locations umgesetzt. Dabei stehen Themen wie Additive Manufacturing (3 D-Druck) im Bereich der Digitalisierung und Neue Materialien im Mittelpunkt. Der Berliner Markt wird durch die zukunftsfähigen Produktlösungen in seinem Angebot ausgebaut.

Im Jahr 2022 wurde das Kommunikations- und Veranstaltungsmanagement erheblich erweitert. Die Berliner Wirtschaft profitiert insbesondere von dem Informations- und Kommunikationsangebot in den Bereichen Bildung und Fortbildung. Die verschiedenen Veranstaltungsformate richten sich an vielfältige Ziel- und Altersgruppen. Damit wird auch ein Beitrag zur frühzeitigen Sicherung von Fachkräften für die Berliner Wirtschaft geleistet.

Der nicht-investive Förderbereich der GRW konzentriert sich auf Themen der Vernetzung und Kooperation für die gewerbliche Wirtschaft und ihrer Partner wie auch für die Berliner Bezirke.

Für gewerbliche Unternehmen sind Kooperationsnetzwerke als Projekte bedeutsam, die es ihnen ermöglicht mit wirtschaftsnahen Einrichtungen Verbünde aufzubauen, um den wissensbasierten Austausch von Informationen zu organisieren und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Ziel ist dabei die Entwicklung neuer Marketingstrategien. Die GRW-Förderung bezuschusst daher Kooperationsnetzwerke. Diese Synergieeffekte stärken die Kooperationsnetzwerke in ihren Innovations- und Wachstumsprozess, in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bzw. bei der Gewinnung neuer Absatzmärkte.

Zur Stärkung der Gesundheitswirtschaft wurde das Kooperationsnetzwerk „Potenziale der Gesundheits- und Sozialwirtschaft“ zwischen Unternehmen und Kliniken im Jahr 2022 initiiert und gegründet.

Weiterhin wurden durch die GRW-Förderung acht Kooperationsnetzwerke finanziell begleitet. Themen sind u.a. Aufgaben der Digitalisierung, der Berliner Tourismuswirtschaft, der Fachkräftesicherung, der Gemeinwohlökonomie und der Energiewirtschaft. Durch die GRW-Förderung wird ein professionelles Netzwerkmanagement für die Netzwerkpartner geschaffen. Die Kooperationsnetzwerke stärken auch die Inno2025 Berlin Brandenburg und deren Cluster.

Für die Bezirke stehen die Förderinstrumente Regionalmanagement und Regionalbudget für Maßnahmen der Vernetzung und Kooperation mit den kommunalen Wirtschaftakteuren zur Verfügung.

In Jahr 2022 wurden in drei Bezirken ein Regionalmanagement mit Unternehmen und wirtschaftsnahen Einrichtungen durchgeführt. Dabei wurden thematische Schwerpunkte wie Profilierung der innovativen 11 Berliner Zukunftsorte, Entwicklung von lokalen Gewerbestandorten und Zusammenarbeit mit angrenzenden Brandenburger Gemeinden gesetzt.

Sechs Bezirke haben das Regionalbudget Im Jahr 2022 als Projektförderung fortgeführt. Gemeinsames Thema der kommunalen Aktivitäten ist das Marketing als Werbemaßnahme zur Gewinnung und Ansiedelung neuer Unternehmen vor Ort. Zudem werden Projekte der Tourismuswirtschaft in fast allen bezirklichen Projekten berücksichtigt.

Mit dem im April 2022 angelaufenen Programm Berliner InvestitionsBONUS (BIB) bietet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ein grundsätzlich branchenoffenes Zuschussprogramm an, von dem vor allem die besonders von der COVID-19-Pandemie betroffenen Branchen, die nicht über das Förderprogramm „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) gefördert werden dürfen, profitieren sollen. Der Berliner InvestitionsBONUS soll als Konjunkturstütze kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie freiberuflich Tätigen mit Sitz oder Betriebsstätte in Berlin dienen, die betriebliche Investitionen pandemiebedingt zurückgestellt haben und zugleich Arbeitsplätze schaffen bzw. erhalten. Mit Zuschüssen von bis zu 30 % sollen beispielsweise Investitionen in Ansiedlungen, Erweiterungen, Transformation und Diversifizierung ermöglicht werden. Für Vorhaben, die besondere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, gewährt das Programm einen zusätzlichen Bonus in Höhe von 5 %.

Im Jahr 2022 konnten bereits 92 Unternehmen begleitet werden. Insgesamt wurden dafür Fördermittel in Höhe von 6,5 Mio. € bewilligt.

Die Potenzialberatung gehört zu den festen Programmen der Berliner Förderinstrumente für bestehende Unternehmen. Das Förderprogramm wird aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ bzw. mit Landesmitteln kofinanziert.

Mit der Förderung können Unternehmen des verarbeitenden und produktionsnahen Dienstleistungsgewerbes, Unternehmen der digitalen Wirtschaft sowie Handwerksbetriebe finanzielle Mittel für die Einholung externer Beratung erhalten (maximal 8.000 € für eine Grundberatung und 8.000 € für eine anschließende Aufbauberatung).

Die Potenzialberatung unterstützt die Unternehmen bei der Analyse von Stärken und Schwächen des Unternehmens, der Entwicklung von Vorschlägen und eines Handlungsplans zur Verbesserung der Organisations- und Personalentwicklung. Seit 2019 ist die Potenzialberatung auch für Digitalisierungsvorhaben geöffnet. Berliner Betriebe werden dabei unterstützt, Chancen der Digitalisierung zu nutzen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zukunftsorientiert zu sichern und auszubauen.

Abweichend von anderen Beratungsprogrammen muss der Antrag auf Förderung gemeinsam von der Belegschaftsvertretung und der Geschäftsführung gestellt werden. Ziel der Potenzialberatung ist es, durch externe Beratungen Leitung und Beschäftigte der KMU u.a. bei der Optimierung der Arbeitsorganisation, Personalgewinnung und -entwicklung und der Geschäftsprozesse zu unterstützen. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und es können Arbeitsplätze gesichert und ausgebaut werden.

2022 wurden 37 Anträge bewilligt. Die Potenzialberatung wird mit Unterstützung der IG Metall Berlin, des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg und der Handwerkskammer durchgeführt. Die Förderrichtlinie aus dem Jahr 2016 wird derzeit überarbeitet. Mit der künftigen Richtlinie kann es zu Änderungen bei diesem Förderangebot kommen.

Das Förderprogramm GründungsBONUS richtet sich an Existenzgründungen und Startups, die neuartige oder noch nicht am Markt etablierte Anwendungen, Produkte, Dienstleistungen, Methoden oder Prozesse entwickeln, herstellen oder einführen möchten. Den GründungsBONUS können rechtlich selbstständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Gründungen bzw. Kleinstunternehmen beantragen, die ihren Unternehmenssitz in Berlin haben und zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als zwölf Monate sind.

Das Förderprogramm schließt eine Finanzierungslücke für viele innovative Gründungsideen und leistet somit einen wichtigen Beitrag bei der Etablierung von Startups. Erfolgreiche Entwicklungen haben den Zuwachs hochqualifizierter Arbeitsplätze zur Folge, von denen wiederum der Startup- und Gründungsstandort Berlin erheblich profitiert.

Der GründungsBONUS wird seit seiner Auflage im Juli 2018 stark nachgefragt. Im Jahr 2022 sind 330 Anträge gestellt worden. Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 134 Anträge mit einem Bewilligungsvolumen von knapp 6,7 Mio. € positiv beschieden werden.

Eine bedeutende Investition für die Zukunft, Fundament für Selbstständigkeit und beruflichen Erfolg, ist ein Meistertitel im Handwerk. Er steht für eine hochqualifizierte Ausbildung und Fachwissen, ist ein wichtiges Gütesiegel und ein vertrauensbildendes Aushängeschild für jeden Betrieb. Der Meisterbrief ist eine exzellente Garantie für handwerkliche Praxis und betriebswirtschaftliches Denken. Er ermöglicht es Meisterinnen und Meistern, Wissen weiterzugeben und junge Menschen für berufliche Ausbildung zu begeistern. Um jungen Handwerksmeisterinnen und -meistern den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern, bietet das Land Berlin seit 1985 über das mit Mitteln der EU kofinanzierte Programm Meistergründungsprämie schnell und unbürokratisch finanzielle Unterstützung an. Die Prämie ist im Jahre 2023 erhöht worden und kann nun bis zu 25.000 € betragen. Die Auszahlung der Meistergründungsprämie erfolgt in zwei Stufen:

In der ersten Stufe (Gründungsphase) erhalten die Meisterinnen und Meister 10.000 €. Bei Gründungen durch Frauen in einem frauenatypischen Handwerksberuf, besteht die Möglichkeit zur weiteren Aufstockung in Höhe von 5.000 € (Frauenbonus). In der zweiten Stufe (nach drei Jahren) ist eine weitere Förderung in Höhe von bis zu 7.500 € möglich, sofern ein Ausbildungsplatz oder ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz geschaffen wurde. Sollte ein Ausbildungsplatz in einem männertypischen Handwerk mit einer weiblichen Auszubildenden besetzt werden, beträgt die Prämie in der zweiten Stufe 10.000 € (Frauenbonus).

Insgesamt konnten im vergangenen Jahr 76 Meisterinnen und Meister im Handwerk gefördert werden. Davon waren 52 Existenzgründungen und 24 Förderungen für einen Arbeitsplatz. In deren Folge wurden ca. 136 Arbeitsplätze und 9 Ausbildungsplätze neu geschaffen.

Wirtschaftshilfen

Im Land Berlin wurden seit Ausbruch der Coronapandemie in kürzester Zeit im Rahmen von insgesamt 487.669 Verwaltungsverfahren Coronahilfen i.H.v. 7,1 Mrd. € gewährt und so unzählige Arbeitsplätze gerettet und wirtschaftliche Existenzen gesichert.

Die Aufsetzung und Gewährung der Coronahilfen erfolgte sehr schnell und ausschließlich digital in schlanken und unbürokratischen Verfahren.

Die umfangreiche Bereitstellung der Coronahilfen in Berlin hat wesentlich dazu beigetragen, trotz erheblicher Betriebsschließungen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens eine Insolvenz- und Kündigungswelle und in der Folge eine Rezession zu verhindern.

Im Detail wurden die Coronahilfen als Billigkeitsleistungen nach § 53 LHO zum Ausgleich von infolge der Coronapandemie entstandenen wirtschaftlichen Notlagen (Liquiditätsengpässe infolge von pandemiebedingten Umsatzeinbußen) gewährt. Die Gewährung erfolgte bis zum 30.06.2022 sowohl aus Landes- als auch aus Bundesmitteln überwiegend in Form von Direktzuschüssen in insgesamt 16 großen Einzelprogrammen mit unterschiedlichen Bewilligungszeiträumen und Adressatenkreisen durch die IBB und externe Dienstleister unter der Rechts- und Fachaufsicht der Wirtschaftsverwaltung. Die für das Land wichtigsten Programme waren die Soforthilfe II, die Überbrückungshilfen I – IV, die November- und Dezemberhilfen sowie die Neustarthilfen.

Da es in nahezu allen Programmen zu einer sehr kurzfristigen Mittelgewährung auf Basis von antragstellerseitigen Angaben und Schätzungen kam, ist nun im Nachgang durch das Land Berlin (und auch bundesweit) eine umfangreiche Abwicklung der Coronahilfen notwendig. Die reguläre Abwicklung der Coronahilfen gliedert sich hierbei im Wesentlichen in die Abschnitte Tiefenprüfung, Rückforderung, Widerspruchsverfahren und Vollstreckung. Inhaltlich umfasst die Abwicklung der Coronahilfen die (nachträgliche) Feststellung der Leistungshöhe und ggfs. eines Rückforderungsanspruches im Rahmen einer Tiefenprüfung (z.B. Verdachtsprüfung, Stichprobe oder Schlussabrechnung), die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches, die Bestätigung der Rückforderungsentscheidung durch die Widerspruchsbehörde und bei Nicht-Zahlung die Vollstreckung der öffentlichen Forderung.

Energiehilfen

Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine am 24.02.2022 stiegen die Energiepreise bundesweit im Laufe des Jahres 2022 rapide an. Während die Gas- und Strompreisbremse des Bundes Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen im Bereich der leitungsgebundenen Energieträger Gas und Strom entlastete, startete das Land Berlin bereits am 31.01.2023 die Heizkostenhilfe Berlin, um auch all den Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen beizustehen, die mit nicht leitungsgebundenen Energieträgern heizen. Die Heizkostenhilfe Berlin bietet Direktzuschüsse von bis zu 2.000 € für Privathaushalte und Unternehmen, die mit den Energieträgern Heizöl, Kohle, Holzpellets und Flüssiggas heizen.

Das Land Berlin hat mit diesem Hilfsprogramm an die vorherigen Leistungen der Coronahilfen angeknüpft und wieder eine Vorreiterrolle im Bund-Länder-Kreis eingenommen. So hat Berlin als erstes Land die Notwendigkeit eines entsprechenden Hilfsprogrammes erkannt und dieses auch sehr schnell auf Basis der im Rahmen der Coronahilfen gewonnenen Kompetenzen realisiert. Zwischenzeitlich hat der Bund ein eigenes Bundesprogramm nach dem Vorbild der Heizkostenhilfe Berlin beschlossen. Das Land Berlin wird in diesem Kontext die erfolgreiche Heizkostenhilfe Berlin fortführen und lediglich mit dem Bundesprogramm ergänzen.

Um in die Krise geratene Unternehmen, die von den wesentlich erhöhten Energiekosten oder der Ukrainekrise betroffen sind, schnell und mit möglichst geringem Aufwand zu unterstützen, wurde das bei der IBB bestehende Programm „Liquiditätshilfen BERLIN“ geöffnet und modifiziert als „Liquiditätshilfen Energie“ angeboten. Das Programm steht Unternehmen offen, die vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sowie der steigenden Energiepreise in eine Krisenlage geraten sind, aus der vorübergehende, größere Finanzierungslücken resultieren. Um den betroffenen Unternehmen die dringend benötigte Hilfe umfassend gewähren zu können, erfolgte eine temporäre Öffnung auf alle Branchen.

Mit dem Hilfsprogramm KMU Energiehärtefallhilfe Berlin werden KMU, gemeinnützige Unternehmen sowie Vereine, die unternehmerisch tätig sind, markttätige und nicht überwiegend durch öffentliche Mittel finanzierte Sozialunternehmen sowie Soloselbstständige und freiberuflich Tätige mit Unternehmenssitz (Betriebsstätte) oder selbst genutzten Gewerberäumen in Berlin unterstützt. Voraussetzung hierfür ist ein negativer CashFlow aufgrund der gestiegenen Energieausgaben im Geschäftsjahr 2022. Zudem müssen die Energieausgaben im Jahr 2021 mindestens 3 % vom Umsatz ausgemacht haben.

Geleistet werden 90% der jeweils gezahlten Energieausgaben im Jahr 2022, welche über die um den Faktor 1,5 gestiegenen Energieausgaben im Jahr 2021 hinausgehen, sofern diese über 3.000 € (Bagatellgrenze) liegen. Die maximale Bewilligungssumme pro Betriebs- bzw. Arbeitsstätte liegt bei 300.000 € und wird als einmaliger, nicht rückzahlbarer Zuschuss gewährt. Die Antragstellung läuft ausschließlich digital über die IBB und ist kostenlos.

Da es sich um eine Billigkeitsleistung handelt, ist diese nachrangig zu anderen Förderprogrammen in Anspruch zu nehmen.

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III.7.5 Förderung im Rahmen der Europäischen Strukturfonds

Europäische Strukturfonds

Die Berliner Wirtschafts- und Innovationspolitik ist eingebunden in die Europäische Strukturpolitik und die Europäische Strategie des European Green Deal. Mit den Struktur- und Investitionsfonds trägt die Europäische Union zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und zum Abbau regionaler Ungleichgewichte zwischen den europäischen Regionen bei. Insbesondere über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) fließt ein großer Teil der Fördermittel unmittelbar in Investitionen für Wachstum und Beschäftigung. Das übergeordnete Ziel der Strukturfondsförderung in Berlin ist es, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Stadt zu stärken. Darauf bauen die Programme des EFRE und des ESF+ auf.

In der Förderperiode 2021-2027 stehen Berlin erneut beträchtliche Mittel für Förderungen aus dem EFRE und dem ESF+ zur Verfügung.

Rund 680 Mio. € EFRE-Mittel zuzüglich 1,02 Mrd. € nationaler Kofinanzierung, insgesamt also 1,7 Mrd. € können in den Ausbau der Forschungs- und Innovationskapazitäten und in die Einführung fortschrittlicher Technologien sowie die Stärkung der Berliner Unternehmen, in Klima- und Umweltschutzvorhaben sowie in Projekte der integrierten Stadtentwicklung fließen. Der EFRE trägt dazu bei, Berlin fit für die Zukunft zu machen.

Für den ESF+ wird Berlin 2021-2027 ein Budget von rund 149 Mio. € zur Verfügung stehen, ergänzt durch 222 Mio. € nationaler Kofinanzierung, so dass insgesamt 370 Mio. € in Unterstützungsmaßnahmen für in Berlin lebende Menschen investiert werden können.

In der Förderperiode 2014-2020, aus der noch bis zum 31.12.2023 gefördert werden kann, erhält Berlin 635 Mio. € aus dem EFRE und 215 Mio. € aus dem ESF. Hinzu kommen jeweils nationale Mittel in gleicher Höhe. Insgesamt stehen Berlin aus den beiden EU-Strukturfonds somit rund 1,7 Mrd. € zur Verfügung. Hinzu kommen in den Jahren 2021-2023 rund 121,4 Mio. € aus den React-EU-Mitteln (EFRE und ESF), um Vorhaben zu fördern, die einen direkten Bezug zur Krisenbewältigung der COVID 19-Pandemie und ihrer Folgen haben und die nicht durch Landesmittel ergänzt werden müssen.

Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

Der EFRE ist das wichtigste Instrument der Regionalförderung der Europäischen Union. Er trägt dazu bei, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Europäischen Gemeinschaft durch Ausgleich der regionalen Ungleichgewichte zu stärken. Die EFRE-Mittel werden in Berlin in bedeutendem Maße für die Förderung von Innovationen eingesetzt. Für Forschung, Entwicklung und die Markteinführung neuer Produkte und Lösungen in Unternehmen, aber auch zur Stärkung hochinnovativer Unternehmen, etwa durch Beteiligungen, die Unterstützung von Clustern sowie die Stärkung unternehmensnaher Forschungsinfrastrukturen sind fast 50 % der EFRE-Mittel vorgesehen. Darüber hinaus werden kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Investitionstätigkeit und bei ihrer internationalen Markterschließung unterstützt sowie Gründerinnen und Gründer gefördert. Um die anspruchsvollen energie- und klimapolitischen Ziele des Landes zu erreichen, können Berliner Unternehmen zudem von der Investitionsförderung in energiesparende Technologien, in die Nutzung erneuerbarer Energien oder bei der Umstellung von Produktionsprozessen profitieren.

Bis zum 31. Dezember 2022 sind von den rund 1,338 Mrd. €, die für das Operationelle Programm des EFRE 2014-2020 zur Verfügung stehen, mehr als 4.250 Vorhaben mit Gesamtkosten von über 1,47 Mrd. € (110% des Programmvolumens) bewilligt und bereits 1,172 Mrd. € verausgabt worden. Vollständig verausgabt werden die Mittel bis zum 31.12.2023. Gefördert wurden bspw. Berliner Unternehmen wie die Fosanis GmbH, die mit der MIKA-App die erste digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zur Unterstützung der Linderung psychischer und psychosomatischer Folgen von Krebserkrankungen und -therapien anbietet und das Unternehmen ENWAY GmbH, das Algorithmen zur Steuerung weltweit vermarkteter autonom fahrender industrieller Kehrmaschinen entwickelt, aber auch das Unternehmen Eyrie Entertainment GmbH, das sich mit einem Gründungskredit aus dem KMU-Fonds in der Berliner Filmbranche etablieren konnte.

In der abgelaufenen Förderperiode 2014 bis 2020 (n + 3) waren die EFRE-kofinanzierten Wirtschaftsdienlichen Maßnahmen im Rahmen bezirklicher Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit Bestandteil des Berliner Operationellen Programms des Landes Berlin. Mit einem Gesamtvolumen für die Förderperiode von 8 Mio. € (50 % EFRE-Mittel und 50 % öffentliche oder private Kofinanzierung) wurden zahlreiche Projekte in den Berliner Bezirken unterstützt, die die lokale Wirtschaft vor Ort stärkten. Dazu gehörten u.a. Netzwerkbildung und Projekte zum Stadtmarketing und Standortmanagement. Insgesamt wurden 28 Projekte bewilligt, von denen die letzten in den Jahren 2022 und 2023 zum Abschluss gebracht wurden und werden.

Auch in der neuen Förderperiode (2021-2027, n+2) sind die Wirtschaftsdienlichen Maßnahmen im Rahmen bezirklicher Bündnisse für Wirtschaft und Arbeit wieder Bestandteil des Berliner Operationellen Programms des Landes Berlin. Erneut konnte eine Klassifizierung des gesamten Stadtgebiets als Förderkulisse erreicht werden. Das Fördervolumen beträgt in dieser Förderperiode 7,5 Mio. € (40 % EFRE-Mittel und 60 % öffentliche oder private Kofinanzierung).

Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+)

Der ESF+ ist das bedeutendste Förderinstrument der Europäischen Union, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, Beschäftigung zu fördern und in Bildung zu investieren. Das Berliner Programm des Europäischen Sozialfonds Plus für die Förderperiode 2021-2027 wurde am 09.06.2022 genehmigt und fördert mit rund 149 Mio. € ESF-Mitteln (mit der nationalen Kofinanzierung insgesamt rund 371 Mio. €) Bildung, Soziale Inklusion und Fachkräftesicherung. Im Fokus des Berliner ESF+-Programms der Förderperiode 2021-2027 steht in strategischer wie finanzieller Hinsicht der Programmschwerpunkt „Bilden!“ Ziel ist es, Bildungserfolge zu erhöhen und bestehende Bildungsungleichheiten in der Schule sowie beim Übergang in Ausbildung und Beruf zu reduzieren. Mit den Programmschwerpunkten werden die Kernziele des von der Kommission vorgelegten Aktionsplans zur Europäischen Säule sozialer Rechte unterstützt.

Aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) stehen dem Land Berlin in der Förderperiode 2014-2020, aus der noch bis Ende 2023 gefördert werden kann, rund 215 Mio. € zur Verfügung, die den hier lebenden Menschen zugutekommen können. Hinzu kommen nationale Mittel in gleicher Höhe. Zudem erhält Berlin bis Ende 2023 56 Mio. € ESF-Mittel im Rahmen von REACT-EU als kohäsionspolitische Reaktion der Europäischen Union auf die COVID-19-Pandemie, die zu 100 % von der Europäischen Union finanziert werden. Insgesamt stehen somit rund 486 Mio. € für die Berliner ESF-Förderung zur Verfügung.

Gefördert werden Projekte wie „Berlin braucht dich!“, das darauf abzielt, neue Wege für Jugendliche aus Familien mit Einwanderungsgeschichte am Übergang von der Schule in die Ausbildung zu entwickeln. Das Projekt „Joblinge-PLAN A“ möchte schwer erreichbare Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin stabilisieren und an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt heranführen.

Die Unterstützung von Startups gehört zu den erfolgreichsten Instrumenten einer zukunftsweisenden Wirtschaftsförderung. Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der Förderperiode 2014 – 2020/23 werden mit dem Instrument 5 Förderung innovativer Gründungen – Berliner Startup Stipendium technisch innovative Startups im Rahmen von „Gründerwerkstätten“ und vergleichbaren Formaten unterstützt.

Die Stipendiatinnen und Stipendiaten werden mit bis zu 2.200 € pro Monat gefördert und erhalten ein intensives Coaching. Hierfür wird den Gründerteams (in der Regel zwei bis vier Personen) die erforderliche technische Infrastruktur z.B. in Form von PC-Arbeitsplätzen oder Laboren zur Verfügung gestellt. Der Umfang und die Inhalte der Coaching- und Qualifizierungsmaßnahmen werden nach Bedarf der Projekte und Startups ausgestaltet. Damit einher geht die Kompetenzerweiterung der Geförderten. Diese sind im Anschluss an die Förderung häufig Teil des Berliner Startup-Ökosystems. Teilnahmevoraussetzung für die Gründerinnen und Gründer sind neben einem Wohnsitz in Berlin zumindest anfänglich entwickelte Businesspläne und Prototypen bzw. prototypähnliche Verfahren. Die Teilnehmenden werden im Zuge von Wettbewerbsverfahren der Projektträger (Inkubatoren) ausgewählt.

Das gesamte Programmvolumen beträgt für die Förderperiode 2014 bis 2020 rd. 52 Mio. € Gesamtkosten (davon gab es 50 % ESF-Mittel und 50 % Landesmittel) sowie zusätzlich 6 Mio. € aus dem EU-React-Programm, die zu 100 % aus ESF-Mitteln kommen. Die Programmumsetzung wurde von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Kooperation mit der Europäischen Fördermanagement GmbH als beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle gesteuert. In der Programmlaufzeit von 2016 bis 2020/2023 werden insgesamt über 2.100 Gründerinnen und Gründer gefördert. Das Programm lief bis Juni 2023 und war außerordentlich erfolgreich. In den Jahren 2016 bis 2022 wurden mit 45,6 Mio. € bereits ca. 1.400 angehende Gründerinnen und Gründer in den Förderinstrumenten 5 und 35 gefördert. Der Frauenanteil lag dabei bei 38%.

Mit dem Start der neuen ESF-Förderperiode ESF+ wurde auch die Weiterführung des Berliner Startup Stipendiums als Förderinstrument 3 beschlossen. Im Oktober 2022 wurde in Zusammenarbeit mit der Investitionsbank Berlin als neue beliehene Stelle der erste Bewerbungsaufruf veröffentlicht. Ab 2023 findet der Auswahlprozess der nächsten Projektträger statt, die ersten Projekte sollen im Juli 2023 beginnen.

Im Rahmen des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozialfonds (ESF-OP) in der Förderperiode 2014 – 2020/23 wurden im Instrument 3 – Innovative Qualifizierung Beschäftigte Berliner Unternehmen (KMU und Großunternehmen) weitergebildet. Die Förderung bezog sich auf Anpassungsprozesse im Zusammenhang mit Innovationsprozessen der Wirtschaft, dem technologischen Wandel (v.a. bezogen auf den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bzw. die fortschreitende Digitalisierung) sowie ökologische Zielsetzungen (z.B. Klimaschutz, Energieeffizienz und Nutzung regenerativer Energien), insb. im Kontext der „Gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“ (innoBB) und branchenbezogener Fachkräftestrategien (z.B. im Bereich des Handwerks, der Energiewirtschaft, der Wohnungswirtschaft und der Luftfahrt).

Die Programmumsetzung wird von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Kooperation mit der Europäischen Fördermanagement GmbH als beliehener Dienstleister und Bewilligungsstelle durchgeführt.

Im Förderzeitraum 2015 – 2022 wurden bereits 6,1 Mio. € umgesetzt. Insgesamt wurden ca. 1.500 Beschäftigte mit einem Programmvolumen von bis zu 7,4 Mio. €(50 % ESF-Mittel, 30 % Privatmittel der Unternehmen, 20 % Landesmittel) unterstützt.

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III.7.6 Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen

Vom Land Berlin werden kleine und mittlere Unternehmen durch Finanzierungshilfen bei Gründung, Wachstum und Stabilisierung unterstützt. Auch eine Stärkung der Eigenkapitalsituation Berliner Unternehmen durch Beteiligungsangebote ist möglich.

IBB-Förderprogramme

Als Förderbank des Landes Berlin bietet die Investitionsbank Berlin (IBB) Unternehmen in jedem Stadium des Unternehmenslebenszyklus, von der Gründung über das Wachstum bis zur Konsolidierung, ein bedarfsgerechtes Finanzierungsprodukt.

Der KMU Fonds (Kreditfonds für kleine und mittlere Unternehmen) dient der Finanzierung von Investitionen und damit verbundener Betriebsmittel bei kleinen und mittleren Unternehmen in Berlin. Dieser revolvierende Fonds (in der Förderperiode 2014 bis 2020 n + 3: 50 % EFRE-Mittel, 50 %-IBB-Mittel) ist bei der IBB angesiedelt. Die Bandbreite reicht von Kleinstkrediten bis 25.000 € bzw. 50.000 € (vereinfachtes Antragsverfahren direkt bei der IBB) über Wachstumsdarlehen bis 10 Mio. € (vorrangig mit einer Geschäftsbank als Hausbank- oder Konsortialfinanzierung) bis zu mezzaninen Finanzierungen im Rahmen von Berlin Kapital (bis zu 5 Mio. € in Kooperation mit einem weiteren Beteiligungs- oder Darlehensgeber). Mit dem Programm Berlin-Start können darüber hinaus Existenzgründerinnen und -gründer sowie junge Unternehmen Darlehen der IBB bis zu 1,5 Mio. € über ihre Hausbanken erhalten. Durch die Zusammenarbeit mit der Bürgschaftsbank Berlin (BBB) ist eine Vergabe auch bei geringen vorhandenen Sicherheiten möglich. In 2022 wurden insgesamt 102 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 10,1 Mio. € aus dem KMU Fonds bewilligt.

Auch in der neuen Förderperiode (2021-2027, n+2) ist der KMU-Fonds Teil des operationellen Programms des Landes Berlin. Das Fördervolumen beträgt 81 Mio. € an EFRE-Mitteln, der Interventionssatz liegt bei 40 %.

Das IBB-Wachstumsprogramm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen in das Wachstum gewerblicher Unternehmen gemeinsam mit einer Geschäftsbank als Konsortialführerin. In 2022 wurde ein anteiliges Kreditvolumen von 119 Mio. € bewilligt. Für die Finanzierung von Investitionen und Betriebsmittel besonders innovativer Unternehmen bietet das Programm Berlin Innovativ Kredite bis zu 2 Mio. € mit einer Haftungsfreistellung für die Hausbanken i. H. v. 70 %. Die Finanzierung wird von der InnovFin KMU-Kreditgarantiefazilität der Europäischen Union im Rahmen des unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen („EFSI“) ermöglicht. 2022 konnten Kredite mit einem Gesamtvolumen von 6 Mio. € vergeben werden.

Wenn bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen das klassische Instrumentarium (Kredit plus Bürgschaft) nicht greift, steht mit den Liquiditätshilfen Berlin (alt: Liquiditätsfonds Berlin) ein wirksames Programm für kleine und mittlere Berliner Unternehmen zur Überwindung des Engpasses zur Verfügung. Das Programm dient insbesondere der Vorfinanzierung von Aufträgen sowie der Kompensation von Umsatzeinbrüchen und Forderungsausfällen. Wenn beispielweise aufgrund einer zu geringen Eigenkapitalbasis die erforderlichen Mittel zur Überwindung der Schwierigkeiten trotz einer positiven Zukunftsperspektive nicht zu erhalten sind, können Darlehen aus den Liquiditätshilfen Berlin beantragt werden. Diese Darlehen werden dann zu marktüblichen Bedingungen ausgereicht; ein nennenswerter Mitfinanzierungsanteil Dritter ist erforderlich.

Förderprogramme der BürgschaftsBank Berlin

Die BürgschaftsBank Berlin (BBB) ist eine Selbsthilfeeinrichtung für den gewerblichen Mittelstand in Berlin. Als wettbewerbsneutrales Förderinstitut unterstützt die BBB unternehmerische Vorhaben, die nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg versprechen, für die jedoch keine ausreichenden finanziellen Sicherheiten vorhanden sind. Bereits seit über 65 Jahren stellt die BBB kleinen und mittleren Unternehmen, freiberuflich Tätigen, Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowie Unternehmensnachfolgerinnen und -nachfolgern Bürgschaften zur Verfügung. Eine Bürgschaft kann bis zu 80 % des Finanzierungsbetrages absichern – unabhängig von der Kreditform und vom Kreditinstitut. Verbürgt werden Existenzgründungen, Geschäftsübernahmen sowie Modernisierungs- und Erweiterungsinvestitionen. Die BBB übernimmt Bürgschaften für Investitions- und Betriebsmittelkredite bis zu einem Bürgschaftshöchstbetrag von 1,25 Mio. € , die bis zu 70 % vom Land Berlin und vom Bund rückverbürgt sind. Im Rahmen der Corona-Krise wurde der Bürgschaftshöchstbetrag vom 13.03.2020 bis zum 30.04.2022 auf 2,5 Mio. € verdoppelt und die Rückbürgschaften auf 85 % erhöht (Bund: 52 %, Land Berlin: 33 %).

Seit dem 01.01.2023 kann die BBB für Kredit- und Leasingnehmer Bürgschaften bis zu 2,0 Mio. € (vorher 1,25 Mio. €) übernehmen, die bis zu 65 % vom Land Berlin (26 %) und vom Bund (39 %) rückverbürgt sind. Dabei darf die Ausfallbürgschaft 80 % des Kreditbetrages nicht übersteigen.

Seit dem 07.06.2022 existieren zwei weitere Bürgschaftsprogramme „BBBwelcome“ und „BBBsocial“, die bundesweit Pilotcharakter haben und bei der BBB angesiedelt sind.

Ziel des Wirtschaftsförderprogramms BBBwelcome ist die Unterstützung bei der Start- und Wachstumsfinanzierung von Soloselbstständigen, kleinen und mittleren Unternehmen sowie von Angehörigen freier Berufe in Berlin, bei welchen geflüchtete Personen oder Nicht-EU-Angehörige die Hauptgesellschafter sind. Mit dem Förderprogramm soll es diesen Unternehmen gelingen, eine Etablierung am Markt zu realisieren. Die BürgschaftsBank Berlin übernimmt dabei Ausfallbürgschaften bis max. 1,25 Mio. € für Finanzmittel (z.B. Darlehen, Garantien) von Kreditinstituten für betriebswirtschaftlich tragfähige und volkswirtschaftlich förderfähige Vorhaben, die bis zu 80 % für das wirtschaftliche Risiko vom Land Berlin rückverbürgt sind.

Das BBBsocial-Programm richtet sich an kleine und mittlere Soziale Unternehmen sowie Soloselbstständige und Angehörige freier Berufe mit sozialer Ausrichtung in Berlin. Es unterstützt Soziale Unternehmen dabei, sich am Markt zu etablieren.

Als Geschäftsbesorgerin der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH (MBG) konnte die BBB außerdem wirtschaftliches Eigenkapital in Form stiller oder offener Beteiligungen bis zu 1,25 Mio. € zur Verfügung stellen, die bis zu 54 % vom Land Berlin und vom Bund rückgarantiert sind. Eine Beteiligung der MBG stärkt die Eigenkapitalbasis des Unternehmens, wodurch die Voraussetzung für Investitionen und Wachstum geschaffen wird. Ein weiterer Vorteil ist die unternehmerische Unabhängigkeit, die während des Engagements erhalten bleibt. Pandemiebedingt hatten das Land Berlin und der Bund die Rückgarantien temporär vom 01.11.2020 bis zum 30.04.2022 erhöht auf 85 % (Bund: 48 %, Land Berlin: 37 %). Gleichzeitig wurde in dem genannten Zeitraum der Höchstbetrag für Beteiligungen auf 2,5 Mio. € erhöht. Mithilfe von Beteiligungen werden im Ergebnis sowohl die Sicherung der Liquidität als auch die Verbesserung der Haftkapitalquote erreicht.

Seit dem 01.01.2023 kann die BBB über die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg (MBG) nunmehr in der Regel bis zu 1,5 Mio. € Beteiligungskapital (vorher bis zu 1,25 Mio. €) zur Verfügung stellen, das bis zu 70 % vom Land Berlin (31 %) und vom Bund (39 %) rückgarantiert ist. In begründeten Ausnahmefällen hat die BBB zudem die Möglichkeit, Beteiligungen in Höhe von max. 2,5 Mio. € bereitzustellen.

Die Förderinstrumentarien lassen sich kumulieren, sodass ein erheblicher Finanzierungsspielraum geschaffen wird.

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 228 Bürgschaften und Garantien für ein Finanzmittelvolumen in Höhe von 108,2 Mio. € gewährt. Die 228 Engagements setzen sich aus 209 neuen Bürgschaften und 19 neuen Garantien zusammen.

Die Anzahl der Existenzgründungen betrug 120. Durch die Bürgschafts- und Garantieübernahmen konnten 2022 insgesamt 4.029 Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen werden.

2022 wurden insgesamt 19 Beteiligungen bei Berliner Unternehmen mit einem Garantiebetrag in Höhe von 9,1 Mio. € übernommen.

Zur Sicherung von Krediten, die ein Bürgschaftsvolumen von 2 Mio. € überschreiten, steht das Landesbürgschaftsprogramm auch größeren Unternehmen zur Verfügung. Das Programm wird von der IBB betreut.

KfW-Förderprogramme

Das Angebot der Gründungsfinanzierung wird durch die ERP-Programme (Kapital für Gründung und Gründerkredit StartGeld sowie ERP-Förderkredit KMU) der KfW-Mittelstandsbank ergänzt.

Der ERP-Förderkredit KMU ermöglicht Gründenden sowie Freiberuflern und KMU eine zinsgünstige Finanzierung von Vorhaben im In- und Ausland. Das Programm dient der Finanzierung von Investitionen und Betriebsmitteln von Existenzgründungen, Übernahmen / Nachfolgen und tätigen Beteiligungen sowie von KMU. Insgesamt wurden in 2022 für den ERP-Förderkredit KMU 1.115 Kreditzusagen mit einem Volumen von rd. 290 Mio. € gegeben.

Das Spezialprogramm ERP-Gründerkredit – Start-Geld fördert kleine Gründungsvorhaben sowie Freiberufler und KMU, die noch keine fünf Jahre am Markt aktiv sind (Aufnahme der Geschäftstätigkeit), mit zinsgünstiger Finanzierung. Dieses Programm wird durch Kreditgarantiefazilität des COSME-Programms der Europäischen Union (Programm zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und von kleinen und mittleren Unternehmen) und den unter der Investitionsoffensive für Europa errichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen („EFSI“) unterstützt. In 2022 wurden für den ERP-Gründerkredit – Startgeld 107 Kreditzusagen mit einem Darlehensvolumen in Höhe von rd. 7,2 Mio. € bewilligt.

Mit dem ERP-Kapital für Gründung für Gründerinnen und Gründer und im Wesentlichen auch Unternehmensnachfolgen, die weniger als 3 Jahre am Markt sind, wurde ein Nachrangdarlehen ohne Besicherung bis zu 500.000 € mit einer Laufzeit von 15 Jahren zu zinsgünstigen Konditionen gewährt. Die ersten sieben Jahre sind tilgungsfrei. Zielsetzung ist die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung, um die Basis für weitere Gründungs- oder Festigungsinvestitionen zu schaffen. Förderfähig sind ausschließlich Investitionen. Für ERP-Kapital für Gründung wurden 2022 19 Kreditzusagen in Höhe von insgesamt rd. 6 Mio. € gegeben.

Der ERP-Digitalisierungs- und Innovationskredit dient der Finanzierung von Digitalisierungs- und Innovationsvorhaben sowie von Investitionen und Betriebsmitteln innovativer Unternehmen. Gefördert werden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Einzelunternehmer und Freiberufler sowie KMU und größere mittelständische Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von bis zu 500 Mio. € . Die Förderung erfolgt in Form eines zinsgünstigen Darlehens in Höhe von maximal 25 Mio. € pro Vorhaben bzw. in Höhe von maximal 7,5 Mio. € pro Finanzierungsbedarf innovativer Unternehmen. Finanziert werden sowohl Investitionen als auch Betriebsmittel. 16 Berliner Unternehmen erhielten 2022 eine Kreditzusage mit einem Darlehensvolumen von insgesamt 93 Mio. €.

Der ERP-Mezzanine für Innovation dient der langfristigen Finanzierung marktnaher Forschung und Entwicklung neuer Produkte, Produktionsverfahren oder Dienstleistungen sowie ihrer wesentlichen Weiterentwicklung. Gefördert werden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Einzelunternehmen und Freiberufler sowie KMU und größere mittelständische Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von bis zu 500 Mio. €. Die Förderung wird als integriertes Finanzierungspaket aus einem klassischen Darlehen und einem Nachrangdarlehen in Höhe von insgesamt max. 5 Mio. € pro Vorhaben gewährt.

Im KfW-Förderkredit großer Mittelstand und im KfW-Sonderprogramm UBR wurden jeweils weniger als 10 Unternehmen aus Berlin mit 14 bzw. 5 Mio. € gefördert. Im KfW-Schnellkredit 2020 wurden 164 Berliner Unternehmen mit 33 Mio. € unterstützt.

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IV. Energie

Die Energiewende und die damit anstehenden Veränderungen im Bereich der Energieerzeugungs- und -versorgungsstrukturen können nicht nur in Berlin zu den größten Herausforderungen in diesem Jahrhundert gezählt werden. Das Energiesystem zu Klimaneutralität zu transformieren und dabei Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen zu gewährleisten, ist die zentrale energiepolitische Herausforderung. Elementar dabei ist, Wachstum vom Ressourcen- und Energieverbrauch zu entkoppeln und sektorenübergreifend zu planen und zu handeln. Berlin hat in den vergangenen Jahren bereits wichtige Vorhaben für die Energiewende vorangebracht. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die resultierende Energiekrise zeigen, wie dringend es ist, die Energieversorgung auf erneuerbare und lokal erzeugte Energien umzustellen und bestärken das Land, die eingeschlagene Richtung weiterzuverfolgen.

IV.1 Energiepolitik

Berlin befindet sich auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um die gesetzlich verankerten Klimaschutzziele zu erreichen, wurde bereits 2018 das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030) für den Umsetzungszeitraum 2016 bis 2021 beschlossen. Für den nächsten Umsetzungszeitraum 2022-2026 wurde das BEK in einem breit angelegten Beteiligungsprozess weiterentwickelt und im Dezember 2022 vom Senat beschlossen und dem Abgeordnetenhaus übergeben. Das BEK 2030 ist im Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) als zentrales Instrument zur Erreichung der Berliner Klimaziele festgehalten. Mit der Fortführung des BEK 2030 für den Umsetzungszeitraum 2022 bis 2026 wurden weitreichende Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz und Klimaanpassung entwickelt, die Berlin in den nächsten Jahren umsetzen soll. Im Klimaschutzbereich kommt im Handlungsfeld Energie der Umstellung auf fossilfreie Energieträger in der Strom- und Wärmeversorgung eine zentrale Rolle zu. Es gilt, alle verfügbaren Potenziale an erneuerbaren Energien in den Bereichen Solar, Wind, Abwärme, Geothermie und Bioenergie bestmöglich zu erschließen und entsprechende Infrastrukturen für Speicherlösungen aufzubauen.

Beratung und Information für den Ausbau der erneuerbaren Energien

In einer Metropole wie Berlin sind die Dächer und Fassaden der Gebäude die wesentlichen Flächenressourcen für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Ressourcen. Darum nimmt die Solarenergie eine entscheidende Rolle für Berlins Zukunft ein.

Eine wesentliche Maßnahme des BEK ist der Masterplan Solarcity, der von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe von Oktober 2018 bis September 2019 in einem Beteiligungsprozess gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Verbänden, Wissenschaft und Verwaltung erarbeitet wurde. Der darin enthaltene Maßnahmenkatalog wurde im März 2020 vom Berliner Senat beschlossen. Die beteiligten Verwaltungen, Verbände und Unternehmen haben seitdem begonnen, die Maßnahmen umzusetzen. Seit August 2020 werden sie hierbei von der Koordinierungsstelle Masterplan Solarcity unterstützt.

Im Jahr 2022 konnten wichtige Meilensteine erreicht und bestehende Angebote verstetigt werden. Wie in den Vorjahren waren individuelle Beratungen ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit des SolarZentrums und wurden von den Berlinerinnen und Berlinern stark nachgefragt. So wurden 2022 insgesamt rund 1.300 Beratungen durchgeführt. Die digitalen Angebote des Solar-Zentrums wurden in 2022 weiter ausgebaut. Einen Höhepunkt bildet weiterhin der virtuelle PV-Anlagen-Rundgang, der weiterentwickelt wurde. Auf Solarwende-berlin.de wurde die Anbieterliste für potenzielle Partner und Umsetzer von Solarprojekten fortgeschrieben. Ein weiteres wichtiges Angebot ist die Solardachbörse – der Marktplatz für Solardächer – in Berlin. Die Anzahl der Angebote ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das Webportal Solarwende Berlin bietet Informationen für weitere Zielgruppen und wurde um einen Blog ergänzt. Teil des Solarwende-Blogs sind seit 2022 auch die neu hinzugekommenen Solarwende-Leuchtturmprojekte. Das Förderprogramm EnergiespeicherPLUS endete am 31.8.2022 und wurde durch das erweiterte Förderprogramm SolarPLUS fortgeführt.

Im September 2022 fand die zweite Solarcity Konferenz statt, bei der auch die Gewinnerinnen und Gewinner des Studierendenwettbewerbs für Solararchitektur prämiert wurden.

Seit 2021 schließt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit Berliner Unternehmen, Verbänden, Initiativen und anderen Akteuren Partnerschaftsvereinbarungen ab. Die Unterzeichnenden erklären sich bereit, den Ausbau der Solarenergie in Berlin aktiv zu unterstützen und voranzutreiben. Alle Masterplan Solarcity-Partner bilden gemeinsam das branchenübergreifende Partnerschaftsnetzwerk Solarcity. Ziel ist es, gemeinsam Hemmnisse zu überwinden und Ideen zu entwickeln, wie die Solarenergie in Berlin noch schneller ausgebaut werden kann. 2022 haben acht Akteure, Organisationen und Unternehmen eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet und sind dem Netzwerk beigetreten. Damit besteht das Netzwerk zum Jahresende 2022 aus insgesamt 19 Partnern, die ihre Profile und Aktivitäten auf Solarwende-berlin.de veröffentlichen können.

Der Stand der Umsetzung des Masterplans Solarcity wird in jährlichen Monitoringberichten dokumentiert. Es wird dargestellt, welche Meilensteine bereits erreicht werden konnten und wie die Implementierung der 27 Maßnahmen des Masterplans vorangeht. Insgesamt ist die Umsetzung bereits sehr erfolgreich und zeigt Wirkung. Noch nie wurde in Berlin so viel Photovoltaik neu installiert wie im Jahr 2022. Um das Masterplanziel von 25 % Solarstrom an der Berliner Energieerzeugung jedoch schon bis 2035 zu erreichen, bedarf es noch mehr Tempo beim PV-Ausbau.

Das Solargesetz Berlin wurde im Juni 2021 vom Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet. Mit der Einführung einer gesetzlichen Regelung zu Bau und Betrieb von Solaranlagen auf Neubauten und bei wesentlichen Dachumbauten auf Bestandsgebäuden geht Berlin einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität. Die Pflicht gilt seit dem 1. Januar 2023. Der Praxisleitfaden zum Solargesetz gibt einen Überblick darüber, von wem und wie die Solarpflicht konkret zu erfüllen ist. Es wird auch auf die Ausnahmen eingegangen sowie auf die Möglichkeit, im Einzelfall einen Befreiungsantrag zu stellen. Zudem wird das Solargesetz in einem kurzen Erklärfilm anschaulich vorgestellt.

Auskunft über den Ausbaustand der Solarenergie und zahlreiche weitere Energiedaten gibt der Energieatlas Berlin. Hier werden Daten über Energieerzeugung und -verbräuche sowie Potenziale kartographisch dargestellt. Auch Informationen zur Ladeinfrastruktur sind im Energieatlas zu finden. Der Energieatlas wird fortlaufend weiterentwickelt, z.B. um Geothermie. 2022 wurden aktualisierte Solarpotenziale und Verbrauchsdaten (Gas, Strom, Fernwärme) auf Blockebene veröffentlicht. 2023 wächst das Themenangebot beispielsweise um Informationen zu Stromspeichern, KWK-Anlagen und PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden. Zudem erfolgte eine Umstellung des Designs.

Energieeffizienz

Ein weiterer wichtiger Baustein der klimafreundlichen Energiepolitik ist die Förderung der Energieeffizienz in Unternehmen. Die Koordinierungsstelle für Energieeffizienz und Klimaschutz im Betrieb (KEK) hat im Februar 2022 ihre Tätigkeit aufgenommen. Berliner Unternehmen, die einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten und zugleich ihre Energiekosten senken möchten, erhalten niedrigschwellige kostenfreie und neutrale Beratung durch die KEK.

Im Rahmen einer Basisberatung können erste Informationen zu möglichen Maßnahmen und Fördermöglichkeiten eingeholt werden. Kleine und mittlere Unternehmen haben zudem die Möglichkeit, eine weiterführende KMU-Detailberatung in Anspruch zu nehmen. Diese wird speziell auf die Bedarfe des Unternehmens zugeschnitten und beinhaltet in der Regel einen Vor-Ort-Termin, um die Potenziale zu identifizieren und konkrete Maßnahmenempfehlungen zu entwickeln. Zudem werden den Unternehmen auch spezielle Workshops, bspw. zur THG-Bilanzierung, angeboten.

Darüber hinaus organisiert die KEK kostenfreie Informationsveranstaltungen und unterstützt Unternehmen in verschiedenen Austausch- und Vernetzungsformaten: vom „Runden Tisch“ bis hin zum festen „Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerk“. In diesem Zusammenhang übernimmt sie auch die Rolle der regionalen Koordinatorin der dena Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN).

Die KEK wird durch ein Konsortium von VDI/VDE + Innovation und Technik GmbH und ÖKOTEC Energiemanagement GmbH betrieben.

Förderung Gebäudeenergieeffizienz
Um Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebestand stärker zu unterstützen, hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe das neue Förderprogramm „Effiziente GebäudePLUS“ zur energetischen Gebäudesanierung erarbeitet.

Mit dem Förderprogramm wird die energetische Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden im Land Berlin unterstützt. Mit der Bereitstellung von Zuschüssen richtet sich das Programm in erster Linie an private Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer von Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern einschließlich großen Mietshäusern sowie von Gewerbeeinheiten oder Bürogebäuden. Damit wird die Förderkulisse des Bundes durch attraktive Zuschüsse des Landes ergänzt.

Ziel der Förderung ist es, die energetische Sanierung des Berliner Gebäudesektors voranzutreiben und dadurch langfristige Einsparungen von CO2-Emissionen im Sinne der Berliner Klimaziele zu bewirken.

Sektorenkopplung

Unter Sektorenkopplung wird eine Vielzahl an Technologien und Konzepten verstanden. Ein Ziel ist die Dekarbonisierung von Sektoren (bspw. Wärme- oder Verkehrssektor) mithilfe der direkten oder indirekten Nutzung von grünem Strom. Hierzu zählt auch grüner Wasserstoff, der mithilfe von erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Grüner Wasserstoff ist ein elementarer Bestandteil der Energiewende und wird auf dem Weg zu einem klimaneutralen Berlin eine wichtige Rolle spielen. Daher unterstützt die für Energie zuständige Senatsverwaltung die Realisierung von entsprechenden Projekten, Maßnahmen, deren Skalierung und setzt sich für geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen ein. Ziel ist es, grünem Wasserstoff zum Durchbruch zu verhelfen – sowohl als Bestandteil der urbanen Energiewende als auch der industriellen Wertschöpfungsketten in einer dekarbonisierten Industrie.

Auf Basis der „Wasserstoff-Roadmap für Brandenburg und die Hauptstadtregion“ strukturiert und priorisiert die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Maßnahmen für die weitere Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in Berlin. Die Roadmap wurde in enger Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftsressorts Berlins und Brandenburgs im Rahmen eines Stakeholderprozesses erstellt. Mit der Roadmap soll sichergestellt werden, dass die Wasserstoffwirtschaft in Berlin und der Hauptstadtregion sowohl Innovationen voranbringt als auch positive Effekte für Beschäftigung setzt und die Region bei der Transformation zu Klimaneutralität voranbringt.

Um dies zu unterstützen wurde als eine Maßnahme der Roadmap ein digitaler Wasserstoff-Marktplatz geschaffen, der als Plattform für Handelsbeziehungen im Bereich Wasserstoff dient. Es handelt sich hierbei um eine browserbasierte Webanwendung, die die Hauptstadtregion und Stakeholder entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette darstellt. Ziel ist es, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Auf dem Marktplatz sind bereits über 320 Unternehmen registriert und rund 150 Projekte eingetragen. Zusätzlich kann der Marktplatz Hinweise für Infrastrukturplanung geben und das Monitoring des H2-Marktes unterstützen.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ist mit dem Wasserstoff-Netzwerk „H2-Berlin“ im Austausch, das ein Zusammenschluss relevanter Akteure zur Initiierung von Wasserstoff-Projekten ist. Das Netzwerk sieht H2-Potenziale in Berlin u.a. im Verkehrs- und Wärmesektor. Das Netzwerk wurde bspw. bei Förderanträgen unterstützt und bei der Durchführung von Use-Case Analysen für Wasserstoff in Berlin begleitet.

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ist regelmäßig mit Fernleitungsnetzbetreibern und lokalen Energieversorgern sowie Netzbetreibern zur Anbindung Berlins an die überregionale Wasserstoff-Infrastruktur sowie zum Aufbau einer regionalen Wasserstoffinfrastruktur im Austausch. Im Rahmen des Austausches sind Pläne für ein Wasserstoff-Startnetz in Berlin entstanden, die von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe begrüßt werden. Die Pläne unterstützen sowohl den Kohleausstieg in Berlin als auch die Dekarbonisierung der Fernwärme.

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IV.2 Energieversorgung

Die Rahmenbedingungen der Energieversorgung wurden im vergangenen Jahr wesentlich geprägt durch die Umwälzungen, die der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöst hat.

Bereits vor Beginn dieses Krieges waren aufgrund verschiedener Ursachen, u.a. wegen der hohen Nachfrage zum Ende vieler Corona-Maßnahmen und der damit verbundenen wirtschaftlichen Erholung, starke Steigerungen bei den Energiepreisen, insbesondere im Bereich Gas, für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu verzeichnen. Die durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Verwerfungen auf den Energiemärkten haben zu weiteren Preissteigerungen geführt, die Unternehmen ebenso wie Bürgerinnen und Bürger erheblich belastet haben.

Als Reaktion auf diesen Angriffskrieg hat die EU Sanktionspakete angenommen, die u.a. Einfuhrverbote für russische Kohle sowie Mineralöl und Mineralölprodukte beinhalten. Bei der Lieferung von Erdgas wurden infolge der Einstellung der Lieferungen aus Russland die Bezugsquellen gewechselt und diversifiziert. Zusammen mit erheblichen Energieeinsparungen, die von Unternehmen ebenso wie von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Verwaltung in einer gemeinsamen Anstrengung erbracht worden sind, ist es gelungen, die Versorgung mit Erdgas, Strom, Wärme und Mineralölprodukten in Europa sicherzustellen.

Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen in Folge der steigenden Energiepreise beschlossen, u.a. einen Rettungsschirm für Firmen, die wegen des Kriegs in Not geraten sind. Diese werden durch Energiehilfen des Landes Berlin ergänzt (vgl. Kapitel III.7.4).

Um die Bewältigung der Energiekrise im Land Berlin zu koordinieren, wurde bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zunächst eine Task Force eingerichtet, die im Oktober 2022 durch einen Krisenstab Energienotfall abgelöst wurde. Der Krisenstab analysiert laufend die Energieversorgungslage und bewertet die aktuelle Situation in Lageberichten. Ferner bündelt er den Austausch mit den Akteuren im Land, insbesondere den Senatsverwaltungen und Bezirken sowie den Energieinfrastrukturbetreibern sowie mit dem Nachbarland Brandenburg, den weiteren Bundesländern und den Bundesbehörden. Alle Akteure bereiten sich gemeinsam auf einen möglichen Ereignisfall vor. So konnte in abgestimmter Weise auf die im Juni 2022 von der Bundesregierung ausgerufene Alarmstufe des Notfallplans Gas reagiert werden.

Angesichts der Auswirkungen des Kriegs stärken Bund und Länder im Energiebereich die Krisenvorsorge. Ziel ist es, die Resilienz der Infrastrukturen zu erhöhen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird auf Bundes- wie auch auf Landesebene und damit auch in Berlin mit großer Entschlossenheit fortgesetzt und intensiviert, um eine Reduktion und perspektivisch den Verzicht auf fossile Energieimporte zu ermöglichen und damit zugleich Abhängigkeiten in den Lieferbeziehungen zu verringern. Da Gas vor allem in der Wärmeversorgung eine wichtige Rolle spielt, wird im Rahmen der Energiewende insbesondere auch die Wärmewende vorangetrieben.

Auch unabhängig von den Auswirkungen der Energiekrise bleibt die Energieversorgungslandschaft in Berlin in Bewegung. Zahlreiche Unternehmen, die zum Teil international oder auch regional agieren und neue Produkte entwickeln, tragen maßgeblich zu neuen und nachhaltigen Technologien, Ressourceneffizienz sowie der Erreichung der Klimaschutzziele bei. Die Integration emissionsfreier natürlicher Quellen nimmt dabei einen immer höheren Stellenwert ein.

Die zentrale Energieversorgung mit Strom und Gas erfolgt in Berlin überwiegend durch die Versorgungsunternehmen Vattenfall Europe Sales GmbH sowie GASAG AG als regionale Grundversorger. Die Verteilung an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher wird von der landeseigenen Verteilnetzbetreiberin Stromnetz Berlin GmbH und der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG durchgeführt.

Das von Stromnetz Berlin GmbH betriebene Berliner Stromverteilnetz wurde im Jahr 2021/2022 durch 603 Stromanbieter genutzt. Zum Stromverteilnetz in Berlin gehören rund 35.400 Kilometer Stromleitungen in den Netzebenen Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung. Insgesamt werden ca. 2,41 Mio. Haushalts- und Gewerbekunden durch das Verteilnetz versorgt. Die Stromnetz Berlin GmbH hat für das Jahr 2022 rund 291 Mio. € für die Netzinfrastruktur, insbesondere für den Erhalt und die Modernisierung, vorgesehen. Wichtige Themen sind dabei ebenfalls die Digitalisierung in der Niederspannung, Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität sowie der Rollout intelligenter Messsysteme („Smart Meter“).

In Berlin lag die Versorgungsqualität im Jahr 2021 nach Angaben der Bundesnetzagentur über dem bundesweiten Durchschnittswert (sog. SAIDI-Wert der BNetzA): Statistisch gesehen blieb im Jahr 2021 jede Netzkundin und jeder Netzkunde in Berlin rund 8,22 Minuten lang ohne Strom. Damit liegt Berlin unterhalb des von der Bundesnetzagentur zuletzt veröffentlichten bundesdeutschen Durchschnittswerts einer Versorgungsunterbrechung bei Letztverbraucherinnen und Letztverbrauchern von 12,7 Minuten für das Jahr 2021.

Im Bereich Fernwärme sind die Vattenfall Wärme Berlin AG, die Blockheizkraftwerks-Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin (BTB) und die Fernheizwerk Neukölln AG in Berlin die größten Fernwärmebetreiber. Neben Berliner Haushalten versorgen sie auch Betriebe aus Industrie und Gewerbe sowie öffentliche Einrichtungen. Daneben gibt es in Berlin eine Vielzahl weiterer Wärmeversorger, die zahlreiche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) und andere Wärmeerzeugungsanlagen unterschiedlicher Größenordnungen betreiben.

Die Fernwärmeversorger haben sich in Übereinstimmung mit den Klimazielen auf europäischer Ebene, im Bund und in Berlin ambitionierte Ziele für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung gesetzt. Dabei setzten sie auf den Ausbau erneuerbarer Energien und auf innovative und hocheffiziente Konzepte in der Kraft-Wärme-Kopplung. Berlin hat sich mit den Vorgaben im Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2040 die CO2-Emissionnen um mindestens 90 % im Vergleich zu der Gesamtsumme der CO2-Emissionen des Jahres 1990 zu verringern.

Die Erdgasversorgung Berlins erfolgt aus dem europäischen Verbundnetz. Die Lieferwege haben sich infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine verändert. Seit Ende August 2022 erfolgen keine Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland über die Pipeline Nord Stream 1. Zur Diversifizierung der Lieferwege erfolgen Einfuhren vor allem aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Zudem ergänzen LNG-Importe an den deutschen Terminals in Wilhelmshaven und Lubmin das Gasangebot, weitere Terminals sind in Bau oder in Planung.

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V. Betriebe

Als Eigentümer der Anstalten des öffentlichen Rechts (BSR, BVG, BWB) verfolgt Berlin das Ziel, öffentliche Daseinsvorsorge auf einem qualitativ hohen Niveau anzubieten und abhängig vom Bedarf zu verbessern und auszubauen. Flankiert wird dieses Kernziel durch zukunftsorientierte ökologische und soziale Konzepte. Die Unternehmen stellen sich insbesondere den Herausforderungen einer wachsenden Stadt. Im Jahr 2022 stand zudem die Aufrechterhaltung des Kerngeschäftes unter Berücksichtigung herausfordernder externer Rahmenbedingungen (Pandemie, Lieferkettenengpässe, Energiekrise, Preissteigerungen) im Vordergrund.

Das Gesamtinvestitionsvolumen der drei Unternehmen lag 2022 trotz Pandemie bei 856,5 Mio. €. Davon entfielen 61 Mio. € auf die BSR, rund 394 Mio. € auf die BVG, und auf die BWB 401,5 Mio. €. Bei einer Gesamtbeschäftigtenzahl von 24.188 Personen, davon 5.100 in Teilzeit, bilden die Unternehmen mit Stichtag zum 31.12.2022 rd. 968 Menschen aus. Dies erfolgt auch vor dem Hintergrund, den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel in den Unternehmen zu meistern.

V.1 Berliner Stadtreinigungsbetriebe

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) ist vom Land Berlin im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge mit den Aufgaben Abfallentsorgung und -verwertung sowie Straßenreinigung einschließlich Winterdienst betraut.

Im Geschäftsjahr 2022 reinigte die BSR insgesamt rd. 1,6 Mio. Kilometer Fahrbahnen und Gehwege und führte rd. 6,8 Mio. Papierkorbentleerungen durch. Dabei wurden rd. 41.576 t Straßenkehricht, 8.635 t Papierkorbabfälle und 40.008 t Grünabfälle (u. a. loses Laub, Kehricht/Organik) eingesammelt und sachgerecht verwertet bzw. entsorgt. Zusätzlich erfolgten rd. 217.000 Reinigungen von Straßeneinläufen (Gullys).

Das Gesamtaufkommen der an die BSR überlassenen Abfälle sank 2022 leicht und lag bei rd. 1,221 Mio. t. Darunter rd. 1,219 Mio. t an Siedlungsabfällen und 1.864 t an Schadstoffen. Die Biogut-Menge lag bei rd. 0,119 Mio. t. Im Vergleich zum Jahr 2021 liegt die Menge 2022 um 5,6 % darunter. Lag die Bioabfallmenge in 2021 ungewöhnlich hoch, hatten in 2022 Wetter-Faktoren einen weit höheren Einfluss auf die Bioabfallmenge (trockenes und warmes Wetter wirken vegetationshemmend und führen zum Feuchtigkeitsverlust in den Behältern). Die Menge an Altholz und Sperrmüll (über haushaltsnahe Sammlung, Recyclinghöfe und Fremdanlieferungen an den BSR-Entsorgungsanlagen) lag mit rd. 0,115 Mio. t um 8,7 % unter Vorjahresniveau. Auf den Recyclinghöfen wurden 0,142 Mio. t an Abfällen, Wertstoffen sowie Schadstoffen gesammelt.

Von den rd. 0,859 Mio. t Restabfall wurden rd. 0,524 Mio. t im Müllheizkraftwerk Ruhleben thermisch behandelt. In den beiden Anlagen zur Mechanisch-Physikalischen-Stabilisierung (MPS-Anlagen) wurden 2022 insgesamt rd. 0,264 Mio. t Restabfall zu Ersatzbrennstoffen verwertet, die zur Mitverbrennung in Zement- und Kraftwerken dienen.

Rund 92 % des Bioguts wurden 2022 den Biogas- und Kompostierungsanlagen in Ruhleben und Hennickendorf zugeführt und damit in einem geschlossenen Kreislauf verwertet. Die Anlage erzeugt genug Biogas, um über 190 gasbetriebene Fahrzeuge der Müllsammelflotte zu betanken sowie ein Blockheizkraftwerk für die Strom- und Wärmeversorgung auf einem BSR-Standort zu betreiben. Dadurch werden Dieselkraftstoff sowie mehr als 10.000 t CO2 pro Jahr eingespart.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Abfallmenge der Beteiligungsunternehmen geringfügig um 1,5 % an. Grund hierfür waren insbesondere die höheren Mengen an Glas und haus-müllähnlichen Gewerbeabfällen bei der Berlin Recycling und an Speiseabfall beim Entsorgungsdienstleister BRAL. Zusammen mit den Beteiligungsunternehmen betrug das Gesamtabfallaufkommen 2022 rd. 1,903 Mio. t.

Die bis 2020 geregelte Reinigung von Parkanlagen durch die BSR als Zusatzaufgabe zum Unternehmensvertrag wurde im Juni 2020 mit Änderung des Straßenreinigungsgesetzes aufgrund der „besonderen Bedeutung für die Stadtsauberkeit“ ab 2021 in eine Regelleistung überführt. Aktuell reinigt die BSR in den 12 Berliner Bezirken 79 Parks und Grünanlagen. Die Reinigung erfolgt bedarfsgerecht, zum Beispiel in Abhängigkeit von Besucherandrang und anfallender Verschmutzung. Eine mögliche Ausweitung wird in 2023 zusammen mit den Bezirken und der Senatsumweltverwaltung im Rahmen einer Evaluation geprüft und eine Verstetigung wird angestrebt.

Auf Basis der im Jahr 2020 gestarteten Pilotprojekte „Feste Sammeltouren“ und „Einbringung von Bauabfällen“ wurde im Jahr 2022 eine Novelle des Gesetzes zur Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Berlin und des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes verhandelt. Es trat zum 01.05.2023 in Kraft und überträgt der BSR den Auftrag für die umfassende Sammlung illegaler Ablagerungen einschließlich Bauabfällen im öffentlichen Raum. Das illegale Ablagern von Müll und Abfällen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und ist von den Ordnungsbehörden weiterhin konsequent zu verfolgen.

Zur Vermeidung von illegalen Ablagerungen bietet die BSR verschiedene Dienstleistungen und Produkte für die Sperrmüllsammlung an. Herzstück bilden dabei die 14 Recyclinghöfe mit einer großen Bandbreite an angenommenen Materialien.

Schon seit einigen Jahren hat die BSR zudem speziell für die Wohnungswirtschaft verschiedene Modelle der Sperrmüllabfuhr im Angebot (Regeltouren, Großladestellen und Abrufaufträge), die eine Sperrmüllabholung ohne Einzelauftrag einer Mieterin oder eines Mieters ermöglichen.

Seit 2018 bietet die BSR die so genannten „Sperrmüll-Aktionstage“ als Produkt der Sperrmüllsammlung an. Das Produkt erfreut sich seitdem insbesondere in den Bezirken einer wachsenden Nachfrage.

Im Rahmen eines Pilotversuchs wurden im 1. Halbjahr 2022 außerdem Entwicklungsoptionen hin zu einem BSR-Kieztag praktisch evaluiert. Mit diesem Produkt bringt die BSR den kleinen RC-Hof praktisch vor die Haustür. Zusätzliche Angebote wie der Tausch- und Verschenkmarkt oder Abfallberatung erhöhen dabei noch einmal deutlich die Attraktivität des Events und geben dem Kieztag sowohl in Sachen Nachhaltigkeit (ReUse-Gedanke), als auch als Stätte der bürgerschaftlichen Begegnung eine besondere Bedeutung.

Die BSR hat 2022 zwischen April und Juli 22 Pilot-Kieztage unter Beteiligung der Berliner Bezirke durchgeführt. Die gesammelten Erfahrungen und Daten aus diesen Piloten dienten der weiteren Ausgestaltung des Angebotes und dem Ausrollen der Kietztage als Standardprodukt in Zusammenarbeit mit den Bezirken. Diese sind insbesondere für die Standortfestlegung von besonderer Bedeutung. Seit April 2023 stellt die BSR jedem Bezirk ein Terminkontingent zur Durchführung von mindestens zwei für die Bürgerinnen und Bürger unentgeltlichen Kieztagen pro Monat zur Verfügung. Diese regelmäßigen kostenfreien Sperrmüll-Kieztage sollen – im Rahmen des BSR-Abfallwirtschaftskonzepts – deutlich ausgeweitet werden.

Anspruchsvolle politische und rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. der sogenannte European Green Deal, das Berliner Abfallwirtschaftskonzept oder die Gesamtstrategie Saubere Stadt des Landes Berlin), wachsende und differenzierte Kundenanforderungen, eine weiterhin dynamische Stadtentwicklung unter zunehmend schwierigeren finanziellen Rahmenbedingungen sowie vielfältige Entwicklungen im Unternehmen (u. a. Demografie, Engpassqualifikationen, Digitalisierung) erfordern die Weiterentwicklung der strategischen Ausrichtung der BSR. Die BSR haben deshalb den im Jahr 2020 begonnenen Strategie- und Entwicklungsprozess im Jahr 2022 konsequent weiter vorangetrieben und verstehen sich dabei als aktive Gestalterin der Lebensqualität in Berlin, basierend auf den Kerngeschäftsfeldern: Ganzheitliche Stadtsauberkeit sowie Abfall- und Ressourcenwirtschaft. Kundenorientierung, ökonomische Leistungsfähigkeit, die durch ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis gekennzeichnet ist, ökologische Vorreiterrolle und umfassende Wahrnehmung sozialer Verantwortung – sowohl für ihre Beschäftigten als auch als Mitglied der Stadtgesellschaft – sollen dabei im Einklang stehen.

Eine wesentliche Handlungsmaxime ist das 2021 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossene Abfallwirtschaftskonzept (AWK) für den Zeitraum 2020 bis 2030 mit dem Leitbild, Berlin als Zero-Waste-Stadt zu entwickeln. Die BSR versteht sich in der Umsetzung als Partnerin des Landes Berlin und als Gestalterin der Zero-Waste-Stadt. Um das Thema Wiederverwendung noch weiter voranzutreiben, wurde bei der BSR eine Abteilung „Re-Use und Zero Waste Management“ gegründet. Das AWK sieht zudem die Einrichtung einer Zero-Waste-Agentur vor, welche organisatorisch bei der BSR angesiedelt ist. Erste Planungen wurden im Herbst 2022 vorgestellt. So soll die Zero-Waste-Agentur Impulse zur Umsetzung der AWK-Ziele setzen und hierfür neue kreative Ideen gemeinsam mit den Stakeholdern entwickeln. (vgl. Kapitel III.1.6).

Zum Gesamtkonzept der BSR gehört auch die Fortentwicklung der Stoffstrom- und Anlagenstrategie insbesondere für Bioabfall und Restabfall, aber auch für Altholz und Sperrmüll für eine hochwertige ökologische und ökonomische Verwertung in Abhängigkeit von Qualität und Mengen sowie energiewirtschaftliche Bewertung des Anlagenparks u. a. im Hinblick auf Potenziale zur Unterstützung der Wärmeversorgung Berlins.

Den demografischen Herausforderungen sowie dem zunehmenden Fachkräftemangel begegnet die BSR u. a. durch eine aktive Personalpolitik. Aufgrund einer umfangreichen betrieblichen Ausbildung, einer strategischen Personalentwicklungsplanung und eines großen Fort- und Weiterbildungsangebots können viele Stellen weiter intern besetzt werden. Bei der Besetzung von Stellen für Führungskräfte, Facharbeiterinnen und Facharbeiter sowie Spezialistinnen und Spezialisten, bei denen sich aufgrund des demografischen Wandels bereits in einigen Branchen Engpässe bilden (z. B. Elektroingenieurinnen und -ingenieure, Informatikspezialistinnen und -spezialisten), ergeben sich aber zunehmend auch Schwierigkeiten für die BSR. Unter dem Motto „Zusammen ein Ganzes“ hat die BSR daher im Jahr 2022 eine neue Recruiting-Kampagne vorbereitet, die Anfang 2023 an den Start gegangen ist. Im Fokus stehen dabei die sogenannten „MINT-Berufe“ (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Deutschlands größtes kommunales Abfallwirtschaftsunternehmen zeigt mit der Kampagne die vielfältigen Job-Perspektiven auch in diesen technisch geprägten Berufsfeldern auf und möchte mit nachhaltigen Gestaltungsmöglichkeiten und einem attraktiven Arbeitsumfeld Fachkräfte und Auszubildende für eine Karriere bei der BSR überzeugen.

Zum 31. Dezember 2022 bildete die BSR insgesamt 233 Personen aus. In 2022 konnten in einzelnen Ausbildungsberufen nicht alle Plätze besetzt werden. Im Geschäftsjahr 2022 haben 60 Auszubildende sowie 11 Dualstudierende ihre Ausbildung bei den BSR begonnen.

Die sozialen Programme der BSR wie z. B. „Leuchttürme“, „Gemeinsam schaffen wir das“, „SiSa – Sicher abfahren, sauber ankommen“ oder „Solidarisches Grundeinkommen“, die in Zusammenarbeit mit externen Trägern durchführt werden, wurden im Jahr 2022 fortgeführt. Damit wurden im Rahmen von sozialen Projekten über 101 Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch die BSR betreut.

Gelebter Bestandteil der gesellschaftlichen Verantwortung ist bei der BSR die Frauenförderung. Insgesamt waren im Jahr 2022 bei der BSR 1.121 Mitarbeiterinnen tätig. Obwohl der Frauenanteil damit insgesamt nur bei 18 % liegt, lag der Anteil an Frauen in Führungspositionen bei 44 %. Der vereinbarte Zielwert von mindestens 40 %, der im 2021 aktualisierten Frauenförderplan enthalten ist, konnte damit leicht übertroffen werden. Wichtigstes übergeordnetes Ziel ist es, den Frauenanteil in der BSR insgesamt, vor allem aber in unterrepräsentierten Bereichen, weiter zu steigern. U.a. soll der Frauenanteil in operativen Bereichen der Reinigung bis 2023 auf mindestens 28 % steigen und die Anzahl von Kraftfahrerinnen im Gedinge bis 2023 auf 70 erhöht werden.

Auch das Thema Diversity hat bei der BSR eine sehr lange Tradition. Bereits 2009 wurde die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet, eine bundesweite Initiative, die sich für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. Im „Bündnis gegen Homophobie“ erfolgt ein Engagement gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Mit der Dienstvereinbarung zum partnerschaftlichen Verhalten wurde ein klarer rechtlicher Rahmen geschaffen, um jeglicher Form der Diskriminierung entgegen zu wirken. Unter anderem durch eine betriebliche Beauftragte für Diversity und einen Arbeitskreis Diversity ist das Thema Vielfalt fest im Unternehmen verankert.

Wie im Jahr 2021 waren die COVID-19-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt auch 2022 für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BSR in besonderem Maße bestimmend. In enger Zusammenarbeit mit den betrieblichen Gremien wurden Maßnahmen und Konzepte entwickelt, die Gesundheit der Beschäftigten zu erhalten und die Leistungserbringung des Unternehmens zu gewährleisten. Der Anfang März 2020 eingerichtete Krisenstab hat permanent die Lage beobachtet und konkrete Maßnahmen je nach Situation umgesetzt. Dies umfasste u. a. spezielle Regelungen zu den Einsatzzeiten, Anpassungen der Arbeitsprozesse sowie Quarantäne- oder Aushilferegelungen auf den Betriebs- und Recyclinghöfen. Die 2019 in eine dauerhafte Regelung überführte Dienstvereinbarung „Mobiles ortsunabhängiges Arbeiten (MoA)“ war insbesondere im Angestelltenbereich von besonderer Bedeutung. Da die BSR hierzu seit 2018 auch auf der technischen Ebene bereits umfangreiche Erfahrungen gesammelt hatten, konnte ein großer Teil der in der Verwaltung Beschäftigten problemlos von zu Hause aus arbeiten.

Nach dem Motto: „Gerade jetzt: BSR – gemeinsam für Berlin“ ist es der BSR auch 2022 gelungen, die Infektionen im Unternehmen einzudämmen und den Berlinerinnen und Berlinern alle relevanten Dienstleistungen anzubieten.

Aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und dessen Auswirkungen auf Energieverfügbarkeiten und -preise sowie Lieferketten hat die BSR im Jahr 2022 einen weiteren Krisenstab „Energieengpass“ eingerichtet, um die dauerhafte Leistungserbringung der BSR sicherzustellen. Der Krisenstab hat sich sowohl mit kurz- wie auch mittel- und langfristigen Auswirkungen von (möglichen) Energieengpässen auseinandergesetzt sowie auf Basis von verschiedenen Szenarien Maßnahmen zur Gegensteuerung entwickelt. Somit ist es gelungen, die Dienstleistungserbringung im Winter 2022/2023 ohne Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.

Angesichts der herausfordernden externen Rahmenbedingungen (russischer Angriffskrieg auf die Ukraine, Lieferkettenengpässe, Preissteigerungen) ist die Sicherstellung dieser Leistungsfähigkeit weiterhin oberstes Ziel.

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V.2 Berliner Verkehrsbetriebe

Aufgabe der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs für Berlin. Ziel ist es, mittels einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Verkehrsbedienung den Umweltverbund in der Stadt Berlin zu stärken und den Status des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als Rückgrat der Stadtmobilität weiter auszubauen. Zudem rücken die Entwicklung neuer Mobilitätsformen und die Vernetzung von Mobilitätsangeboten in den Fokus. Mit digitalen Plattformangeboten wie „Jelbi“ und der speziell entwickelten App zur Auslastung der Verkehrsmittel (Tram, Bus und U-Bahn) im Verlauf der verschiedenen Tageszeiten werden Formate aufgestellt, mit denen sich verschiedene Mobilitätsangebote der Stadt nutzen lassen. Mit einem funktionserweiterten App-Angebot werden Perspektiven für eine intermodale Vernetzung geschaffen.

Der BVG-Konzern schloss das Geschäftsjahr 2022 mit einem HGB-Ergebnis von 3,4 Mio. € ab. Das Geschäftsjahr 2022 war anders als die beiden Vorjahre von mehr als nur der Covid-19-Pandemie geprägt. Der Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 hatte auch auf die BVG erhebliche Auswirkungen, u.a. haben sich Lieferketten weiter verschlechtert, Europa sieht sich mit einer Energiekrise konfrontiert und das unternehmerische Umfeld war von Unsicherheit geprägt. Die Inflation in Deutschland stieg noch einmal rapide an und lag zwischenzeitlich im Oktober 2022 bei 10,4 %. Dieser steile Anstieg der Inflation war u. a. besonders spürbar bei den Energiepreisen. Zum Ausgleich der gestiegenen Kosten wurden verschiedene Entlastungspakete von der Bundesregierung beschlossen.

Die Bundesregierung hatte als Teil ihres Energieentlastungspakets für die Monate Juni, Juli und August ein deutschlandweit gültiges ÖPNV-Ticket eingeführt, das 9-Euro-Ticket. Im Zuge dessen hatte das Land Berlin zusätzliche Angebote bestellt. Vor allem bei den Verbindungen in die Innenstadt und bei den Pendler- und Ausflugsverkehren wurden Mehrleistungen erbracht, um der größeren Nachfrage im Aktionszeitraum zu begegnen. Insgesamt erhielt die BVG Ausgleichsleistungen aus dem Entlastungspaket des Bundes für das 9-Euro-Ticket i. H. v. 121,0 Mio. €.

Von Oktober bis Dezember wurde in Berlin eine 29-Euro-Abo-Aktion im Rahmen des Berliner Entlastungspakets durchgeführt. Eine Verlängerung dieser Aktion bis zur Einführung des Deutschlandtickets (max. aber bis zum 30. April 2023) wurde Mitte Dezember 2022 durch den VBB-Aufsichtsrat beschlossen.

2022 beeinflusste die Covid-19-Pandemie weiterhin die Fahrgastfahrten der BVG. Die Fahrgastzahlen im ÖPNV erreichten im ersten Halbjahr 2022 trotz deutlicher Lockerungen der Covid-19-Maßnahmen nicht das Niveau vor Pandemiebeginn. Die Nachfrage nach Verkehrsmitteln lag in Berlin in den ersten beiden Quartalen bei etwa 80 % im Vergleich zum Jahr 2019. Im dritten Quartal beförderte der Liniennahverkehr in Deutschland nur noch knapp 2 % weniger Personen als im dritten Quartal 2019, primär zurückzuführen auf das 9-Euro-Ticket. Insgesamt hatte die BVG negative Auswirkungen auf die Verkehrserträge in Höhe von 132,5 Mio. € zu verzeichnen.

Die BVG hat 2022 eine neue Unternehmensstrategie, „#ErsteWahlBVG“, entwickelt. Der ÖPNV ist integraler Bestandteil der Mobilität in Berlin, zudem wesentlicher Akteur in der Mobilitätswende. Das Ziel der BVG ist es, die Menschen in Berlin für eine Mobilität ohne eigenes Auto zu überzeugen. Daher lautet das Motto: „Unsere BVG ist die erste Wahl für jeden Weg in Berlin!“. Hauptinhalt der Strategie ist es, die Menschen schnell an ihr Ziel zu bringen, ihren Alltag zu vereinfachen, die BVG sicher und nachhaltig zu gestalten. Die strategische Arbeit wird sich entsprechend an den vier Dimensionen Schnell, Einfach, Sicher und Nachhaltig ausrichten. Jede dieser vier Dimensionen wird stets aus zwei Perspektiven betrachtet: Aus Sicht der Kundinnen und Kunden sowie aus Sicht des Teams der BVG. In diesem Zweiklang zu den benannten vier Dimensionen liegt die Besonderheit der neuen Strategie.

Die thematische Bandbreite einer vom Nachhaltigkeitsanspruch geprägten Unternehmensentwicklung und den hierzu konkret zu leistenden Unternehmensaktivitäten haben sich im Berichtszeitraum intensiviert und bilden sich mit Nachhaltigkeitsverantwortlichen in den Geschäftsprozessen der BVG ab. Hierbei wurde im Geschäftsjahr 2022 ein signifikanter Aufwand für die Vorbereitung und Umsetzung der im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) an die BVG gerichteten Verantwortlichkeiten in der Beschaffungsprozess-Organisation realisiert.

Die in 2022 abgeschlossenen Aktivitäten für den Code of Conduct wie auch deren weitergehende Präzisierung im Rahmen der neuen Unternehmensstrategie, dem Leitbild Betrieb, im Nachhaltigkeits-Leitbild oder auch im Diversity-Kodex der BVG, verdeutlichen die Verknüpfung von Integrität und deren konkreter Umsetzung in der BVG-Unternehmenspraxis. Der Nachhaltigkeitsaspekt wurde mit mittelfristigen Zielstellungen und Umsetzungsfahrplänen untermauert. Erforderliche Personalkapazitäten für das strategische Nachhaltigkeitsmanagement wurden 2022 im Unternehmen ausgebaut.

Der planmäßig fortschreitende Ausbau der E-Omnibusflotte sowie die fortgesetzte Nutzung von 100 % Ökostrom durch die BVG bilden in diesem Geschäftsjahr wesentliche Eckpunkte für eine langfristig vorteilhafte Klimabilanz des Unternehmens.

In 2022 hat die BVG erneut die Ladeinfrastruktur auf den Bestandsbetriebshöfen ausgebaut. Sowohl die geplanten Baumaßnahmen als auch die Fahrzeugbeschaffung haben sich jedoch vor dem Hintergrund der globalen Lieferkettenprobleme und gestiegenen Preisen deutlich verzögert

Im Rahmen des Projekts „Erweiterte Hochlaufphase“ werden weitere 90 Elektro-Eindecker mit Depotladung bis Mitte 2023 in Betrieb gehen. Für 30 Fahrzeuge dieser Charge wurde 2022 auf dem Betriebshof Indira-Gandhi-Straße, dem Dreh- und Angelpunkt der Hochlaufphase Elektromobilität, die Ladeinfrastruktur fertiggestellt. Für jeweils 30 Fahrzeuge wurden außerdem auf den Betriebshöfen Britz und Cicerostraße Baumaßnahmen durchgeführt, die in 2023 abgeschlossen werden. Insgesamt befinden sich 138 Elektrobusse (120 Elektro-Eindecker-Depotlader, 17 Elektro- Gelenkbusse als Gelegenheitslader und ein Elektro-Eindecker-Gelegenheitslader) im Bestand der BVG. Da die Umstellung auf Elektrobusse aufgrund des sukzessiven Ausbaus der Infrastruktur für E-Mobilität parallel zum konventionellen Betrieb erfolgen muss, wurden auch im Jahr 2022 weiterhin Investitionen in Dieselbusse getätigt.

Die BVG hat für ihre Fahrgäste auch im Jahr 2022 ein Mobilitätsangebot mit Zuverlässigkeit – gemessen an den Indikatoren (Omnibus 97,9 %; U-Bahn 99,2 %; Straßenbahnen 98,8 %) – realisiert. Die Herausforderung für alle drei Betriebsbereiche war der allgemein hohe Krankenstand in Verbindung mit der derzeitigen Arbeitsmarktlage. Um das Mobilitätsangebot langfristig zu sichern, investiert die BVG kontinuierlich für das Land Berlin. Rund 32 % der Investitionen entfallen im Berichtsjahr auf ÖPNV-Fahrzeuge, 55 % wurden in die Infrastruktur, die restlichen rd. 13 % in diverse Bereiche investiert.

Der Großteil der Infrastrukturinvestitionen floss wie im letzten Jahr in den U-Bahn-Bereich. Kontinuierlich verfolgt die BVG hier das Ziel der vollständigen Barrierefreiheit. Ende des Jahres 2022 waren rund 82 % aller U-Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut. Im Geschäftsjahr 2022 wurden sechs Straßenbahn-Fahrzeuge vom Typ Flexity in Betrieb genommen.

Die BVG erreichte im Jahr 2022 zum sechsten Mal in Folge das Zertifikat als Top-Arbeitgeber durch das Top Employers Institute. Seit 2021 hat die BVG die Auditierung „berufundfamilie“ erfolgreich realisiert und ist für die zukünftige inhaltliche Ausgestaltung konkrete Gestaltungsperspektiven eingegangen.

Der Frauenförderplan enthält zahlreiche Maßnahmen, z. B. speziell für Frauen konzipierte Module im Rahmen eines Führungskräftenachwuchsprogrammes, Informationstage zur Karriereplanung, Veranstaltungen zur Netzwerkpflege, Seminare, Mentoring für Frauen sowie frauenspezifische Recruiting-Events im Fahrdienst, um den Anteil von Bewerberinnen zu erhöhen.

Damit der anstehende Generationenwechsel bewältigt werden kann, begleitet die BVG diesen durch verschiedene Angebote. Altersbedingt werden in den nächsten Jahren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in erheblichem Umfang die BVG verlassen. Ziel ist es, dass die BVG insgesamt als attraktiver Arbeitgeber durch die „Diversity Arbeitgeberkampagne“ wahrgenommen wird. Neue Kolleginnen und Kollegen werden durch ein zielgruppenspezifisches Personalmarketing und optimierte Auswahlprozesse angeworben, eingearbeitet und bestenfalls dauerhaft an das Unternehmen gebunden. Im Berichtsjahr wurden 1.131 neue Beschäftigte bei der BVG AöR eingestellt, d. h. 8,5 % der gesamten Belegschaft.

Um das Wissen der Beschäftigten zu sichern, nutzt die BVG verschiedene Tools, wie eine Plattform kurzer Lernvideos. Zusätzlich bietet sie eine Vielzahl von Angeboten im internen und externen Weiterbildungsangebot an. Im Jahr 2022 konnte die BVG insgesamt 159 Auszubildende in 13 Ausbildungsberufen sowie vier dual Studierende in vier Fachrichtungen einstellen. Darüber hinaus bietet die BVG verschiedene Einstiegs- und Entwicklungsprogramme für Nachwuchskräfte an, u. a. das Trainee-Programm, das Förderprogramm und eine Qualifizierung für Nachwuchsführungskräfte.

Auch die interkulturelle Öffnung wird als unterstützendes Instrument eingesetzt. Die BVG beschäftigt Menschen aus rund 80 Nationen und legt großen Wert auf einen weltoffenen, diskriminierungsfreien und kollegialen Umgang.

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V.3 Berliner Wasserbetriebe

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) leisten als größtes städtisches Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen Deutschlands seit mehr als 160 Jahren einen wertvollen Beitrag zur Sicherung einer hohen Lebensqualität in der Hauptstadtregion. Als Umweltunternehmen liegt der besondere Fokus auf dem gleichermaßen ökologischen, ökonomischen und sozial nachhaltigen Management des Wasserkreislaufs. Die BWB können für das Jahr 2022 mit hohen Investitionen von mehr als 401,5 Mio. €, einem positiven Jahresergebnis und stabilen Gebühren für die Kundinnen und Kunden eine positive Bilanz aufweisen.

Im Jahr 2020 haben die BWB ihre Zukunftsstrategie 2030 – Ressourcen fürs Leben – verabschiedet, die unter der Vision „Wasser, Abwasser und Energie für ein nachhaltiges und klimaresilientes Berlin“ die strategische Ausrichtung des Unternehmens vor dem Hintergrund der sich rasant wandelnden Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2030 beschreibt.

Bis Ende 2030 werden die BWB 5,3 Mrd. € in ihre Netze und Werke investieren. Zu diesen Investitionen gehören Großprojekte wie die Ausstattung aller sechs Klärwerke mit Technologien zur weitergehenden Abwasserbehandlung, die Kanalisierung von Altsiedlungsgebieten und der Anschluss neuer Stadtquartiere ans Trinkwasser- und Abwassernetz. Das Klärwerk Waßmannsdorf ist dabei der aktuell größte Investitionsstandort der BWB. Hier werden mehr als eine halbe Milliarde Euro in die Erweiterung, eine höhere Ablaufqualität sowie eine zweite Klärschlammverwertungsanlage investiert. Der Startschuss für das 260 Mio. €-Projekt fiel im September 2022.

Der Klimawandel fördert extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Hitzewellen, die eine Herausforderung für die Infrastruktur der BWB darstellen. In den zurückliegenden acht Jahren lagen – mit Ausnahme von 2017 – die Niederschläge durchweg unter dem langjährigen Mittel, 2018 sogar um knapp die Hälfte. Das hat Spuren hinterlassen, mit einiger Verzögerung auch beim Grundwasser. Besonders im Bereich der Hochflächen im Nordosten und Südwesten der Stadt sinken die Grundwasserstände kontinuierlich. Und über Spree und Havel kommt ebenfalls weniger Wasser in die Stadt. Die Grundwasserstände in den Einzugsgebieten der Wasserwerke schwanken daher sehr stark, aber am Gros der Messstellen gibt es um bis zu 75 cm gesunkene Grundwasserstände (Vergleichszeitraum 2001-2020) – wobei sich die Situation an der Unterhavel dramatischer darstellt als oberhalb der Schleuse in Spandau. Es gilt also weiter, dass die BWB mindestens vier Jahre durchschnittliche Niederschläge von etwa 600 mm/ Jahr benötigen, um die Grundwasserstände wieder auf das Vor-Dürre-Niveau zu heben.

Die BWB reagieren darauf mit verschiedenen Maßnahmen, u.a. einem Resilienzkonzept, mit dem sie Quantität und Qualität ihrer Ressourcen sichern wollen. Es beinhaltet unter anderem die noch breitere Aufstellung der Wassergewinnung durch neue Brunnen, die Reaktivierung stillgelegter Wasserwerke sowie eine verstärkte Grundwasseranreicherung. Seit 2018 wurden 44 Mio. € in die Erneuerung der Grundwasserbrunnen investiert. 143 Brunnen sind bereits erneuert, weitere werden folgen.

Erfreulich ist, dass es 2022 angesichts der gestiegenen Bevölkerungszahl – in Berlin leben mittlerweile 3,8 Millionen Menschen – erstmals seit Jahren wieder einen gesunkenen Haushaltsverbrauch gab: von 118 auf 113 Liter am Tag.

Die BWB ertüchtigen nicht nur bestehende Werke, sondern betreiben auch Vorsorge zur langfristigen Sicherung der Wasserversorgung Berlins. Ein Ende 2022 abgeschlossenes Projekt war die Renovierung des Wasserwerks Tegel: Innerhalb von fünf Jahren wurde bei laufendem Wasserwerksbetrieb unterbrechungsfrei die Trinkwasseraufbereitung nahezu komplett instandgesetzt, Steuer- und Regelungstechnik modernisiert sowie eine Brunnengalerie erneuert. Insgesamt hat das Unternehmen dort 21 Mio. € in die sichere und hochwertige Trinkwasserversorgung investiert.

Ein weiteres Element zur Klimafolgenanpassung ist die deutschlandweit erste Regenwasseragentur, die von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und den BWB im Jahr 2018 gegründet wurde. Diese versteht sich als Multiplikator und Knotenpunkt, der Wissen zur erfolgreichen Regenwasserbewirtschaftung teilt, verbreitet und vermehrt.

Trotz der vielen Grünflächen ist Berlin in seinen urbanen Gebieten stark versiegelt. Das nimmt weiter zu und hat Folgen für das Stadtklima. Es führt dazu, dass die Kanalisation bei starkem Regen immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen gerät. Als Gegenmaßnahme haben die BWB in den zurückliegenden Jahrzehnten insgesamt mehr als 260.000 m3 Mischwasserspeicher geschaffen und weitere 90.000 m3 in den Klärwerken. Das letzte große Regenbecken entsteht derzeit an der Chausseestraße und fasst 16.750 m3.

Die BWB versuchen daneben, unerlaubte Einleitungen von Regenwasser in die Schmutzwasserkanäle zu beenden. Bezirk für Bezirk finden hierzu Untersuchungen statt, gleichzeitig werden systematisch Kundinnen- und Kundenangaben mit aktuellen Geo- und Luftbilddaten abgeglichen. Auf diese Weise haben die BWB bereits rund 100 Hektar Potenzialflächen identifiziert, für die aktuell keine Niederschlagsgebühren entrichtet werden.

Die BWB sind grundsätzlich und insbesondere vor dem Hintergrund der für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt erlebbaren Auswirkungen des Klimawandels bestrebt, auch den eigenen CO2-Ausstoß weiter zu senken. Seit 1990 konnte dieser halbiert werden (30 Jahre). Im Einklang mit der Zukunftsstrategie 2030 prüfen die BWB weitere Maßnahmen und versuchen Potenziale zu eruieren, damit das Unternehmen ab 2030 klimaneutral arbeiten kann. Im Jahr 2021 wurde hierfür ein Stufenplan Klimaneutralität erarbeitet.

Als energieintensives Unternehmen bauen die BWB ihre Eigenstromerzeugung aus regenerativen Quellen weiter aus. Derzeit produzieren die BWB auf den Klärwerken mit Blockheizkraftwerken, Mikrogasturbinen, Solaranlagen und Windrädern am Standort Schönerlinde mehr als die Hälfte der benötigten Energie selbst.

2021 konnte mit der Inbetriebnahme der Solaranlage auf dem Wasserwerk Beelitzhof die Solarkapazität auf den Dächern der Werke und Anlagen auf 1,15 MW erhöht werden. Derzeit ist ein Solaratlas in Arbeit, der das Potenzial für alle in Frage kommenden Liegenschaften der BWB kartiert.

Auch bei der Rückgewinnung von Wärme aus dem Abwasser schaffen die BWB die Voraussetzungen für die Investitionen der Wärmenutzer. So realisieren die BWB in Kooperation mit den Berliner Stadtwerken u.a. innovative Energiekonzepte für das neue Stadtquartier Buckower Felder oder im Haus der Statistik.

Mit inzwischen knapp 200 öffentlichen Trinkbrunnen in Berlin leisten die BWB einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität der Bevölkerung Berlins. Die Finanzierung für den Bau der Trinkbrunnen erfolgt durch das Land Berlin. Darüber hinaus haben die BWB berlinweit bereits mehr als 3.000 Wasserspender aufgestellt, die in Schulen, Behörden und Betrieben für Erfrischung sorgen. Zudem betreuen die BWB 162 Zierbrunnen und Planschen in acht Bezirken Berlins. Parallel dazu haben die BWB mit dem „Blauen Klassenzimmer“ ein erfolgreiches Format für Lehrerinnen und Lehrer etabliert, das jungen Menschen den Wert der Ressource Wasser näherbringt.

Die BWB mit ihrem Kernprodukt Wasser haben naturgemäß eine hohe Affinität zu ökologischen Themen. Gleichwohl engagieren sie sich darüber hinaus für den Erhalt der Stadtnatur und der biologischen Vielfalt. In einem Pilotprojekt beregnen die BWB seit Juli 2020 für zunächst zwei Jahre den Barssee im Grunewald. Hier wird untersucht, wie der Schutz der Berliner Moore und die Sicherung der Trinkwasserversorgung in den nahe gelegenen Wasserwerken Tiefwerder und Beelitzhof miteinander in Einklang gebracht werden können.

Mit anwendungsbasierter Forschung optimieren die BWB ihre Anlagen und Prozesse. In internationalen Verbundvorhaben wie dem EU-geförderten Projekt Digital-Water-City entwickeln die BWB gemeinsam mit europäischen Partnern digitale Werkzeuge zur Instandhaltung der Infrastruktur und zur Überwachung der Wasserqualität und Regenwasserüberläufen. Um die Klimaschutzvereinbarung mit dem Land Berlin zu erfüllen, werden mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt ENERWAG energieeffizientere Prozesse bei der Rohwassergewinnung und Trinkwasseraufbereitung getestet und in die Praxis übertragen. Ein weiterer Schwerpunkt stellt die Entwicklung eines netzdienlichen Lastmanagements dar. Diese virtuellen Kraftwerke werden mit Wind-, Sonnen-, Abwärme- und Biogasanlagen gespeist, um langfristig die Klimaneutralität der BWB zu ermöglichen.

Im EU-Projekt PROMISCES wird der Eintrag von hochpolaren Spurenstoffen (u. a. PFAS-Kontamination) von Industrien und Flughäfen identifiziert.

Als einer der größten Arbeitgeber in der Region Berlin-Brandenburg beschäftigten die BWB 4.636 (2021: 4.634) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – davon 31,5 % Frauen.

Durch ein sich wandelndes Werteverständnis, verbunden mit zunehmendem Fachkräftemangel und einer Arbeitswelt mit hoher Veränderungsdynamik, ist die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und allen Lebensphasen ein Kernelement einer zukunftsfähigen Personalpolitik. Deshalb gestalten die BWB seit vielen Jahren erfolgreich Arbeitsumgebungen und Rahmenbedingungen

Die BWB haben ein aktives Diversitymanagement etabliert, das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Ziel ist es, die personelle Vielfalt im Unternehmen, Rahmenbedingungen und Strukturen bewusst so zu gestalten, dass sie ein chancengleiches und diskriminierungsfreies Arbeiten bei den BWB ermöglichen. Darüber hinaus werden Beschäftigte und Führungskräfte zu Fragen im Kontext Diversity beraten und bei entsprechenden Umsetzungen unterstützt. Die unterschiedlichen Potenziale der Beschäftigten betrachten die BWB als Bereicherung. Durch verschiedene Workshops, Veranstaltungen und Maßnahmen wie z. B. der Teilnahme am Deutschen Diversitytag, dem Schichtwechsel oder dem CSD auf der Spree wird Beschäftigten und Führungskräften regelmäßig die Möglichkeit geboten, niederschwellig mit diversityrelevanten Themen in Kontakt zu kommen und durch das Kennenlernen anderer Lebensrealitäten einen Perspektivwechsel zu vollziehen.

Schwerpunkte des Diversity Managements der BWB sind unter anderem Gleichstellung und Frauenförderung.

Die BWB handeln aktiv, um eine Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. Das bedeutet, den Gesamtfrauenanteil, den Frauenanteil in den Organisationseinheiten, die Geschlechtsverteilung in den Entgeltgruppen, das Verhältnis zwischen Frauen und Männern in Leitungspositionen und den Frauenanteil in der Ausbildung und im dualen Studium zu erhöhen.

Per 31.12.2022 waren 30,7 % aller Führungskräfte Frauen. Darüber hinaus ist der Anteil der weiblichen Führungskräfte, welche direkt an den Vorstand berichten, auf mittlerweile 60 % angestiegen. Durch die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen sind Rahmenbedingungen geschaffen worden, die Frauenförderung sowohl auf individueller als auch auf bereichsübergreifender Ebene ermöglichen. Dass diese Arbeit erfolgreich ist, bestätigte die Platzierung auf dem zweiten Platz beim Frauen-Karriere-Index.

Die BWB setzen seit Jahren auf eine hohe Eigenausbildung. Die Ausbildungsquote lag im vergangenen Jahr bei 7 %. Im Werben um die besten Köpfe schließen die BWB systematisch direkt mit Schulen in der Region Kooperationsvereinbarungen. Während die Schülerinnen und Schüler auf diese Weise Einblicke in die Arbeit bei den BWB erhalten und damit besser auf Ausbildung und Duales Studium vorbereitet sind, hat das Unternehmen die Möglichkeit, direkt bei den jungen Menschen vor Ort zu sein und ins Gespräch zu kommen. Den Anfang hat die Oberschule am Airport in Schönefeld gemacht, mit der die erste Kooperationsvereinbarung geschlossen wurde. Weitere Vereinbarungen werden in 2023 folgen. Die Ausbildungskooperation mit dem Olympiastützpunkt Berlin besteht daneben weiter.

Einen besonderen Fokus legen die BWB auf sog. „Energiewende-Berufe“. In einem ersten Schritt wird aktuell ein/e neue/r Ausbilder/in eingestellt, um anschließend gezielt eigene Schulungs- und Ausbildungsangebote für Energiewendeberufe zu schaffen. Das Ziel ist, neue Siegel und Zertifizierungen mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren in Berlin zu entwickeln.

Auch die Fortsetzung des bewährten Projekts Horizonte, das seit 2010 durch eine angebotene Einstiegsqualifizierung für Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien sowie Geflüchtete umgesetzt wird, wurde im Jahr 2022 durch den Vorstand bestätigt. Seit Projektstart konnten insgesamt 81 Geflüchtete und Jugendliche mit erschwerten Bildungsbiografien das Projekt durchlaufen, wovon insgesamt 51 Teilnehmende eine Ausbildung bei den BWB beginnen konnten. 21 der Horizonte-Azubis haben inzwischen (Stand Juli 2022) die Ausbildung erfolgreich beendet.

Die aktuellen Krisen – der russische Angriffskrieg, COVID-19-Pandemie, Lieferkettenengpässe und steigende Baupreise – haben das Arbeiten auch bei den BWB stark beeinflusst. Es ist aber festzustellen, dass sich das Krisenmanagement der BWB bewährt hat, denn auch über 2022 hinaus sichern die BWB die Daseinsvorsorgeaufgabe der Wasserver- und Abwasserentsorgung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und sparen nicht an aktuellen und künftigen Investitionen. Zudem unterstützen die BWB das Land Berlin bei der Einschätzung der Infektionslage zur Corona-Pandemie. Die BWB überprüfen seit Februar 2021 das Berliner Abwasser mit vielen Testreihen auf CoronaViren und haben ein Nachweismodell inklusive der Sequenzierung der Virus-Varianten und eine App für die Visualisierung der Daten und deren Trends entwickelt.

Die Berliner Stadtwerke GmbH (BSW) als Tochterunternehmen der BWB setzt ihren Kurs zur Umsetzung der angestrebten Klimaneutralität Berlins fort. Sie ist dabei ein wichtiger Akteur in der Stadt und ein moderner Energiedienstleister, dessen Wertschöpfung in der Stadt bleibt. Die BSW-Investitionen erfolgen ausschließlich in erneuerbare Energien. Mit den bisherigen Projekten der BSW konnten somit allein in 2022 rd. 145.000 t CO2-Emissionen vermieden werden.

Im Jahr 2022 haben die BSW im Auftrag des Landes Berlin den Betrieb der bestehenden öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge übernommen. Gleichzeitig haben sie mit dem Ausbau von Normalladesäulen (AC/DC) sowie Schnellladesäulen (HPC) begonnen.

Die BSW haben 2022 ihre Rolle als Berlins Errichter und Betreiber von Solaranlagen ausgebaut. Insgesamt beläuft sich die installierte PV-Leistung damit auf rd. 25 MW, davon wurden 5,4 MW in 2022 errichtet. Den weitaus größten Teil der Solaranlagen installieren die BSW mit öffentlichen Gebäudeeigentümern, insbesondere der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), den Bezirksämtern und den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. In 2022 ist die Messe Berlin als weiterer, kommunaler Kunde dazugekommen. Der Vertrag für die Errichtung und den Betrieb einer rd. 6 MW großen PV-Anlage auf den Messedächern wurde Ende 2022 unterzeichnet. Dieses wird die größte PV-Dachanlage in Berlin und kann jährlich bis zu 1.900 t CO2 einsparen.

Die Zeichen stehen weiterhin klar auf Ausbau. Acht Bezirksämter haben zudem Absichtserklärungen zum weiteren Solarausbau im Umfang von ca. 30 MW bis 2024 unterzeichnet. Ein Treiber dabei ist das im August 2021 novellierte EWG Berlin (Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz). Mit der BIM haben die BSW eine Absichtserklärung zum Zubau von 28 MW bis 2027 vereinbart.

Im Bereich der umweltfreundlichen Wärmelösungen konnten sich die Stadtwerke weiter etablieren. Beispielsweise haben am Quartier „Haus der Statistik“ im Zentrum von Berlin 2022 die Bauarbeiten für die nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung auf Grundlage von Abwasserwärme begonnen. So können jährlich rd. 722 t CO2-Emissionen eingespart werden.

Im Geschäftsfeld Windenergie umfasst das Portfolio der BSW rund 69 MW installierte Windenergieleistung. 2022 wurde der drei Anlagen umfassende Windpark Teltow II (17,1 MW) südlich von Berlin in Betrieb genommen. Der Windpark trägt zur Vermeidung von jährlich rd. 13.000 t CO2-Emmissionen bei und kann ca. 15.000 Haushalte mit sauberem Ökostrom versorgen. Auf die öffentliche Akzeptanz der Anlagen wurde bei der Planung ebenso großer Wert gelegt wie auf ihren ökologischen Nutzen. Weitere Windanlagen in der Metropolenregion Berlin-Brandenburg sollen folgen.

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