Drucksache - 1115/V  

 
 
Betreff: Mehr Mittel für die Schuldnerberatung sinnvoll einsetzen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Neugebauer, Schneider, Kurt und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
22.03.2018 
16. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.03.2021 
47. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag Grüne vom 13.03.2018
2. Beschluss vom 22.03.2018
3. VzK SB vom 20.10.2021

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 08.02.2021

Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit Tel.: 44600             

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 1115/V 

Mitte von Berlin 

 

_____________________________________________________________________________ 

 

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Mehr Mittel für die Schuldnerberatung sinnvoll einsetzen

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 22.03.2018 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1115/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, die zusätzlichen Mittel für die bezirklichen Schuldnerberatungen primär für die Ausweitung der Angebotsstunden zu vergeben sowie für Beratungen bei Miet- und Energieschulden. Zu Letzterem soll auch geprüft werden, inwiefern eine bessere Zusammenarbeit der bezirklichen Schuldnerberatungen sowohl mit dem Sozialamt, als auch mit großen (landeseigenen) Wohnungsbaugesellschaften mit großen Wohnungsbeständen in Mitte gewährleistet werden kann. Ebenso sollen - sobald die Ergebnisse des Monitorings über Zwangsräumungen in Mitte vorliegen- diese Ergebnisse in die Miet- und Energieschuldenberatung der Schuldnerberatungen einfließen.

 

Das Bezirksamt hat am 16.02.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Nach langen Diskussionen mit den drei damaligen Bestandsträgern (Caritas, DFV und AWO) und den Mitgliedern des Ausschusses für Soziales und Gesundheit hatte das Amt für Soziales zu Beginn des Jahres 2019 entschieden, mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln einen weiteren Träger im Rahmen der Zuwendungsgewährung zu fördern, um die geforderte Angebotsausweitung bei der Schuldner- und Insolvenzberatung umzusetzen.

Im Einvernehmen mit den drei Bestandsträgern wurde mit dem neuen Träger, Soziale Initiative Niederlausitz e.V. (SIN e.V.), im Rahmen eines Pilotprojekts ab 01.01.2019 ein zusätzliches direktes Angebot im Jobcenter Mitte etabliert, das einer bedarfsgerechten Ausweitung der Beratungen förderlich ist. Das Jobcenter-Klientel wurde aus der bisherigen Schuldner- und Insolvenzberatung der Bestandsträger herausgenommen und ausschließlich von SIN e.V. direkt vor Ort beraten. Die Bestandsträger mussten nunmehr keine Termine mehr gegenüber dem Jobcenter vorhalten. Da diese nach den Aussagen der Bestandsträger größtenteils ohnehin ungenutzt blieben, konnten Beratungskapazitäten für Klientinnen und Klienten geschaffen werden, die vorher wegen mangelnder Kapazitäten abgewiesen werden mussten. Ziel war es, damit die Basis für eine Angebotsausweitung zu schaffen sowie folglich mehr Schuldner und Schuldnerinnen im Bezirk zu erreichen.

 

 

 

 

Die folgende Tabelle stellt die Entwicklung der Mengen für die Jahre 2015 bis 2020 dar:

 

 

Mengen

Träger

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Caritas

4.173

4.116

4.169

4.344

3.960

3.938

DFV

3.568

3.579

3.592

3.621

3.549

3.254

AWO

5.932

6.466

6.807

5.747

5.720

5.866

Sin e.V.

0

0

0

0

1.191

4.669

gesamt

13.673

14.161

14.568

13.712

14.420

17.727

 

Die Übersicht zeigt, dass im Jahr 2019 im Vergleich zum Jahr 2017 zunächst leider keine Erhöhung der über „InsOStat“ gezählten Mengen erreicht werden konnte, obwohl die Beratungsleistungen des Trägers SIN e.V. vom Jobcenter-Klientel gut angenommen wurden und den Bestandsträgern durch das Projekt mehr freie Beratungskapazitäten zur Verfügung standen.

Für diese Entwicklung lassen sich mehrere Gründe anführen. Zum einen lief die Zusammenarbeit zwischen SIN e.V. und dem Jobcenter zunächst nur zögerlich an und war von Anfangsschwierigkeiten geprägt. Zum anderen hat der neue Träger SIN e.V.  eine andere Art der Bearbeitung der einzelnen Fälle. So dauert eine Konsultation bei diesem Träger zwar deutlich länger als bei den anderen Trägern, dafür ist die Vermittlungs-Quote in ein geordnetes Verfahren (Insolvenz- oder Vergleichsverfahren) höher und die Dauer des Verbleibs in der Betreuung kürzer. Dies hat jedoch zur Folge, dass pro Fall weniger Konsultationen erfolgen und somit auch weniger Mengen generiert werden.

Darüber hinaus ist es im Zeitraum 2015 bis 2017 speziell bei der AWO zu einem starken Anstieg der Mengen gekommen. Mit dem Jahr 2018 fallen diese jedoch durch lange Krankheitszeiten der Beratenden, Krankheitsvertretungen, Kündigung, Versterben einer Beraterin, Versetzung und verzögerte Stellenbesetzungen drastisch wieder ab.

Die Mengen des Jahres 2020 zeigen trotz der Corona-Pandemie eine erhebliche Erhöhung der Gesamtmenge im Vergleich zu den Vorjahren. Während die Mengen der Bestandsträger in etwa die Höhe der Vorjahreszahlen erreichen, hat der neue Träger SIN e.V. seine Mengen im Vergleich zum Vorjahr in etwa vervierfacht und liegt damit leicht über dem durchschnittlichen Niveau der Bestandsträger. Die Planung aus dem Jahr 2019, mit den zusätzlichen Mitten einen vierten Träger zuwendungsrechtlich zu fördern, um damit eine Angebotsausweitung erreichen zu können, scheint aufzugehen. Hier bleibt die Entwicklung der nächsten Jahre abzuwarten.

 

Ein ausdrücklich zielgerichteter Einsatz der zusätzlichen Mittel zur Ausweitung der Beratungen bei Miet- und Energieschulden ist nach Einschätzung des Amtes für Soziales nicht vonnöten, da diese von jeher einen größeren Teil der Beratungsleistungen ausmachen und von der allgemeinen Kapazitätserhöhung mit profitieren. Zudem beziehen sich die Schulden häufig nicht allein auf Miet- oder Energieschulden, sondern bilden eher ein komplexes Gefüge.

Weiterhin ist aus der folgenden Tabelle zu entnehmen, dass die auf Mietschulden basierenden Räumungsklagen, die dem Amt für Soziales durch Mitteilungen in Zivilsachen seitens der Amtsgerichte mitgeteilt werden, im Zeitverlauf abnehmen. Auch die Zwangsräumungen haben sich deutlich verringert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gerichtsvollzieher nicht verpflichtet sind, das Bezirksamt über den Vollzug einer Räumung zu informieren, und somit die Anzahl der Zwangsräumungen höher sein dürfte.

Auffällig ist, dass die von den Gerichtsvollziehern vollzogenen Zwangsräumungen in den Jahren 2017, 2019 und 2020 zahlenmäßig über den Meldungen für Räumungsklagen der Gerichte liegen.

 

 

 

Jahr

Räumungsklagen

(MiZi)

Zwangsräumungen

(Gerichtsvollzieher)

2010

1063

663

2011

1171

846

2012

1100

708

2013

921

753

2014

756

671

2015

705

605

2016

592

563

2017

464

470

2018

426

420

2019

343

415

2020

172

245

 

Daraus kann gefolgert werden, dass für die Zwangsräumungen neben Mietschulden auch andere Gründe vorliegen. Das Amt für Soziales Mitte geht davon aus, dass ein Teil der Räumungen auf eine Kündigung aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten oder vertragswidrigem Verhalten der Mietparteien oder wegen Eigenbedarfs erfolgt.  Eine Fokussierung auf Mietschulden würde unter Berücksichtigung der Entwicklung der Räumungsklagen wegen Mietschulden in den letzten 10 Jahren mutmaßlich wenig dazu beitragen, dass das Zugangsgeschehen sich bessert. Eine Fehlleitung der Kapazitäten könnte hier die Folge sein.

 

Im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen kann eine Zusammenarbeit von Beratungsstellen untereinander und mit dem Amt für Soziales grundsätzlich nur äußerst eingeschränkt stattfinden, da Daten über die Klienten nicht ausgetauscht oder an eine andere Beratungsstelle weitergegeben werden dürfen.

Nur nach ausdrücklicher Absprache und schriftlicher Einwilligung durch die Ratsuchenden ist eine Weitergabe von Informationen seitens der Schuldnerberatung an Dritte möglich. Darüber werden die Betroffenen auch ausdrücklich informiert. Dem Bezirksamt und den Schuldnerberatungen sind hier durch den Datenschutz die Hände gebunden, solange keine Schweigepflichtentbindung oder ähnliches im Einzelfall vorliegt.

Dennoch sind die Schuldnerberatungsstellen und das Sozialamt sowie andere bezirkliche Beratungsstellen untereinander vernetzt und vermitteln zusätzlich zum eigenen Beratungsangebot jeweils an fachlich weiterführende Unterstützungsangebote. Nach Absprache mit den Ratsuchenden werden bei Bedarf auch direkt telefonisch entsprechende Termine im Amt für Soziales vereinbart. Damit ist eine Vernetzung mit dem Sozialamt im Rahmen der sozialintegrativen kommunalen Leistungen des § 16a SGB II nicht nur vorgesehen, sondern auch gelebte Praxis.

 

Eine Besonderheit ist dabei der sogenannte Sonderkorridor, der einen „schnellen Draht“ zu den Schuldnerberatungen bildet. Das Amt für Soziales kann hier sehr kurzfristig für eine von Mietschulden betroffene Person nach deren ausdrücklicher Zustimmung einen Termin erhalten, wenn durch ein schnelles Einschalten und Eingreifen der Schuldnerberatung ein Wohnraumverlust noch verhindert werden kann.

 

Eine direkte Zusammenarbeit aller Akteure mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist zwar wünschenswert, war und ist aber leider problematisch. Auch diesbezüglich spielen datenschutzrechtliche Hemmnisse eine große Rolle, da auch hier gilt, dass ohne die ausdrückliche Absprache und schriftliche Einwilligung durch die Ratsuchenden eine Weitergabe von Informationen seitens der Schuldnerberatung und auch des Amtes für Soziales an Dritte nicht möglich ist.

Zudem kann das Amt für Soziales nur an die Wohnungsbaugesellschaften appellieren, sie aber nicht zur Zusammenarbeit oder einem Einlenken in Mietschuldenangelegenheiten verpflichten.

Die Ergebnisse eines zukünftigen Monitorings der Räumungsklagen werden in die regionalen Bedarfsplanungen der Angebote einfließen.

 

 

A) Rechtsgrundlage:

 

 § 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

 a.  Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

Keine, da die zusätzlichen Mittel bereits bei der Ansatzbildung für den Doppelhaushalt 2020/2021 berücksichtigt wurden.
 

 b. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

 

  keine
 

Berlin, den 16.02.2021

 

 

 

Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadtrat Gothe

 
 

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