Temporäre Freiflächengestaltung Haus der Statistik/ Haus des Reisens
Ausschreibung
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Aufgabe
Gegenstand des freiraumplanerischen Werkstattverfahrens war es, eine Konzeption für ein etwa 12.000 m² großes Bearbeitungsgebiet im Umfeld des Hauses der Statistik und des Hauses des Reisens zu erhalten. Diese sollte den modellhaften Charakter der Planungen am Haus der Statistik aufgreifen, künftige Freiraumgestaltungen im Umfeld austesten und für einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren eine temporäre Gestaltung ermöglichen.
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Aufgabenstellung
Steckbrief
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Kategorie
Landschaftsarchitektur
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Typologie
öffentlicher Raum
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Ort
Mitte Berlin
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Verfahrenstitel
Temporäre Freiflächengestaltung Haus der Statistik / Haus des Reisens
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Verfahrensart
Kooperatives freiraumplanerisches Werkstattverfahren
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Teilnehmerkreis
Landschaftsarchitekt:innen in Zusammenarbeit mit Architekt:innen und/oder Stadtplaner:innen sowie ggf. weiteren Berater:innen, z.B. Künstler:innen
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Auslober:in
Land Berlin vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
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Bauherr:in
Anders Bauen gGmbH
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Ausgewählter Beitrag
Robin Winogrond. Landscape Architectrue. Urban Design, Zürich
Violeta Burckhardt, Zürich
Studio Erde, Berlin
BeL Sozietät für Architekt Bernhardt und Leeser, Köln
Terminübersicht
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Bekanntmachung
13.12.2022
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Ende der Bewerbungsfrist
09.01.2023
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Auftaktkolloquium
09.02.2023
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Abgabe Zwischenkolloquium
10. KW 2023
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Zwischenkolloquium
16.03.2023
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Öffentliche Werkstatt
23.03.2023
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Endabgabe
16. KW 2023
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Öffentliche Entwurfspräsentation
16.05.2023
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Abschlusskolloquium
17.05.2023
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Abschlusskolloquium
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Beurteilung durch die Jury
Die Leitidee „Stadt als Bühne“ überzeugt in ihrem sensiblen Umgang mit dem Ort in seinen vielfältigen Zeitschichten. Der Ort wird in seiner Raumchoreografie inszeniert und schafft dabei unterschiedliche Atmosphären und Aufenthaltsqualitäten und -möglichkeiten. Die 15 identifizierten Katalysator-Elemente werden mit den Entwurfsthesen und den vier Teil- Raumeinheiten schlüssig zu einem tragfähigen Konzept verbunden. Angesichts des additiv-zufälligen Charakters wird jedoch noch eine übergreifende Gestaltungsidee vermisst.
Forum der Zeit
Der Georgenhain und das Spielobjekt (LKW) stellen einen Bezug zur Geschichte her. Die Ausprägung des Hains kann in seiner Funktionalität noch nicht überzeugen und konterkariert zum Teil die vorhandenen Wegverbindungen. Als schattiger Aufenthaltsraum macht er für diesen Ort neue Angebote. Das Überspringen des Georgenhains auf die Verkehrsinsel wirft in der Gestaltungssprache und Umsetzbarkeit Fragen auf. Insbesondere die Pflanzungen bedürfen in der vorgeschlagenen Form ein gut organisiertes Pflege- und Bewässerungsmanagement. Der Bezug zur Georgenkirche ist interessant, die Übersetzung der Grundrissfigur wirkt dagegen zu fragmentarisch und sollte in seiner Funktionalität nochmals hinterfragt werden.Stadt.Bühne
Die farbliche Inszenierung der historischen Lichtmasten setzt einen positiven Akzent im Stadtraum. Die „Gemeinschaftkuppel“ setzt einen Akzent an der richtigen Stelle. Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgeschlagenen intensiven Nutzung mit dem Rasen sowie bezüglich der den Zielen des Denkmalschutzes widersprechenden Höhe von 1,70m. Die multifunktionale Nutzung des Über.Unterführung-Pavillons als Energielieferant und Wasserspeicher (insb. in Zusammenhang mit der Rasenfläche) wird als innovative Idee gewürdigt. Kritisch angemerkt wird allerdings, dass der Standort des Pavillons nicht mit der bestehenden Unterführung übereinstimmt.Grünes Wohnzimmer
Die Baumfelder des Kollektiv-Hains im grünen Wohnzimmer gliedern die bestehende Achse. Die Art der Baumwahl scheint dem temporären Charakter angemessen. Der Oase-Imbiss bleibt als Treffpunkt bestehen.Otto Braun Bande
Die Otto Braun Bande überzeugen mit den in Streifen angeordneten Vitrinen als Schaufenster der Pioniere und Künstler:innen und können flexibel auf die Bedarfe und auf die Öffnung des Bauzauns reagieren. Die Potentiale der Entsiegelung werden hier genutzt.Das Betreiber:innenkonzept scheint im Kern schlüssig und verspricht die nötige Unterstützung und Flexibilität in der weiteren Entwicklung. Positiv wird hier die enge Verzahnung von Konzept und Prozess aufgenommen, worin die zahlreichen Akteure eingebunden sind. Der Rückbau und die Wiederverwendung werden als integraler Prozessbaustein (Rückbaufest) in das Gesamtkonzept von Anfang mitgedacht.
Offene Fragen verbleiben dagegen bezüglich des Verhältnisses zwischen Trägerverein und Künstler:innen sowie bezüglich der Kuration. Auch die Frage, woher im Umsetzungsprozess die gestaltende Kraft kommt und wer die Weiterentwicklung organisiert und finanziert, bleibt unbeantwortet. Hinsichtlich der Rolle der Beteiligten und der Finanzierung besteht somit weiterer Klärungsbedarf.Die Arbeit überzeugt insgesamt in ihrer Experimentierfreudigkeit an den einzelnen Orten. Sie schafft Raum der Aneignung und Neuinterpretation mit einer eigenen temporalen Ästhetik. Das Wechselspiel zwischen sensiblem Umgang mit der Geschichte und neuen, experimentellen Objekten schafft einen vielseitig nutzbaren und einzigartigen Begegnungsort.
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Beurteilung durch die Jury
Leitidee
Der Entwurf zeigt eine kraftvolle grafische und konzeptionelle Leitidee durch die Platzierung einer starken Geste. Er zeigt eine plakative Überzeichnung des Ortes mit einer eigenständigen Form. Das starke Grundgerüst wirkt im Raum und lässt Anpassungen in der Zukunft zu. Die gewählten Linienelemente und Streifen, um die Orte zu verbinden, können als Diagramm überzeugen, nicht jedoch als konkreter Gestaltungsvorschlag in allen Bereichen.Teilräume
Der „Vorraum Haus des Reisens“ überzeugt in seiner Offenheit, erscheint jedoch teilweise fragwürdig in seiner Funktionalität. Die „C-Tribüne“ auf der Tunneldecke wird als gute Lösung für den Ort gesehen. Dem „Kunst und Aktivitäts-Connector“ fehlt die spezifische Verbindung zu den lokalen Akteuren und der modulhafte Charakter überzeugt an dieser Stelle nicht. Der „Zentrale Loop“ wird räumlich mit seiner Eigenständigkeit, Präsenz und Nutzungsoffenheit von der Jury als überzeugender Beitrag gewürdigt. Er bietet als Schattenort an heißen Tagen und mit seinem Innen-Außenbezug interessante Begegnungsräume wie ihn der Autoscooter im Hof heute schon bietet. Der „Nachbarschaftsconnector“ mit den vorgeschlagenen Pflanzkästen erscheint dagegen etwas beliebig. Der „Straßenconnector“ bietet dem Ort entsprechende Angebote, wirkt jedoch wenig innovativ und ortsspezifisch.Innovationskraft
Die eigenständige Geste kann eine innovative Impulskraft entwickeln, die sich vor allem in der Vielschichtigkeit des Loops zeigt. In der grafischen Darstellung und inhaltlichen Ausarbeitung der prozessualen Ansätze lässt sich jedoch wenig Innovationspotenzial herauslesen.Nachhaltigkeit
Der Entwurf zeigt ein ambivalentes Verhältnis zu bestehenden unversiegelten Flächen, die teilweise durch neue Belagsflächen belegt werden.
Keine Aussagen werden zur Qualität und zukünftigen Gestaltung der dadurch entstehenden Resträume gemacht. Die vorgeschlagene Materialwahl ist eine robuste Antwort auf den Standort, jedoch ohne lokalen Bezug.Einbindung in den Stadtraum/ Kontext
Das Konzept zeigt eine wohltuende formale Eigenständigkeit. Die große Geste antwortet überzeugend auf die großen Stadträume. Bei genauer Betrachtung wirkt diese Geste an einigen Stellen jedoch unsensibel und teilweise zu beliebig und ignoriert Bestandsstrukturen.Plausibilität/ Prozess/ Umsetzbarkeit/ Betriebskonzept
Der Vorschlag des Kiez Connectors als Grundgerüst, das in seiner konkreten Ausgestaltung im Prozess reagieren kann, erscheint als ein guter Ansatz. Das Betriebskonzept und der vorgeschlagene Prozess nehmen jedoch wenig Bezug zu den existierenden Strukturen (KOOP 5) auf. Die Einsetzung eines einzelnen Kurators reagiert nicht angemessen auf die Notwendigkeit, die Zielgruppen einzubinden und zu verbinden. Die Bespielung und Nutzbarkeit des Loops erfordert eine dauerhafte „Kümmer:innenschaft“ die aktuell nicht weiter definiert ist.Umgang mit Denkmalschutz/ Baukultur
Der zentrale Loop als ist als dauerhaftes Bauwerk mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar, als temporäres Element jedoch vorstellbar. Er steht zusätzlich im Kontrast zu den zukünftigen Pavillons entlang der Karl-Marx-Allee.Berücksichtigung Experimenteller Charakter
Die nicht-temporale Ästhetik kann eine Stärke darstellen; gleichzeitig wird sie im Hinblick auf den gewünschten experimentellen Charakter des Ortes auch hinterfragt. Die über den Loop hinaus dargestellten Elemente lassen wenig Experimente im Sinne einer prozessualen Weiterentwicklung und Aneignung zu.Insgesamt würdigt das OGG die Haltung des Beitrages, auf die Herausforderung einer temporären Gestaltung mit einer klaren raumprägenden formalen Geste zu antworten.
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Beurteilung durch die Jury
Das OGG bewertet das Thema Flächenentsieglung positiv und begrüßt die Entsiegelung zusätzlicher Teilflächen. Die Grundidee, eine Experimentierfläche zum Thema Stadtklima zu schaffen, wird als modellhaft wahrgenommen, kann aber hinsichtlich der konkreten Umsetzungsvorschläge nicht überzeugen. Die Nutzung und Gestaltung der Teilflächen wurde seit dem Zwischenkolloquium überarbeitet und konkretisiert. Nicht nachvollziehbar ist hier, dass die Fläche vor dem Haus des Reisens allein der Durchwegung dient, nicht aber dem Aufenthalt. Im Gegensatz dazu ist ein Großteil der Fläche vor dem Haus der Statistik baumlos und bietet wenig Schattenplätze und wenig Aufenthaltsqualität. Es werden Zweifel geäußert, ob die Vegetation der grünen Stadtbühne der Belastung durch die Nutzer:innen standhalten kann. Es wird begrüßt, dass ein großer Teil des Budgets für Begrünung eingeplant wurde, wobei allerdings fraglich bleibt, ob die Bepflanzung wie vorgeschlagen umgesetzt werden kann. Es wird die Verhältnismäßigkeit des Rückbaus des Baumbestandes in Frage gestellt. Aus Perspektive des Denkmalschutzes werden Sichtachsen durch Baumpflanzungen, wie sie im Konzept vorgesehen sind, verstellt und sind deshalb kritisch zu beurteilen. Das Kunstwerk und sein Standort erklären sich nicht aus dem Gesamtzusammenhang. Die Bühne kann e hinsichtlich Lage und Wegeführung nicht überzeugen.
Das Betriebskonzept bleibt lückenhaft und ist in sich nicht geschlossen. Es fehlt die Einbindung der Akteur:innen und Nachbar:innen.
Gleichzeitig wird die Auswahl der Pflanzen sowie die Nachhaltigkeit des Materials nicht ausreichend dargestellt. Überlegungen zum Thema Materialkreisläufe müssten näher erläutert werden.
Die in der Ausschreibung geforderte Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes ist nicht erkennbar. Zusammenfassend würdigt die Jury, dass der Klimawandel in der Idee konkret thematisiert wurde, eine in sich schlüssigere Übersetzung der Entwurfsidee wurde jedoch nicht geliefert.
Kontakt
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Referat Architektur, Stadtgestaltung, Wettbewerbe