Bild: Till Budde
Ausstellung
Die Ausstellung aller Wettbewerbsbeiträge erfolgte pandemiebedingt von dem 10. Januar 2022 bis 24. Januar 2022 digital. Weitere Informationen
Aufgabe im hier beschriebenen Verfahren war die Findung einer planerischen Grundlage für einen Bebauungsplan. Dieser soll in einem hochbaulichen Folgeverfahren die Umsetzung einer baulichen Figur für einen zeitgemäßen, nachhaltigen Ministerialstandort des BMZ ermöglichen.
Die beschriebenen städtebaulichen Aspekte der Umgebung sollten dabei berücksichtigt werden und gleichzeitig eine funktionale Verknüpfung der neu zu schaffenden Flächen mit den zu sanierenden Bestandsflächen im Gebäude des Europahauses entwickelt werden.
Im Ergebnis sollte ein identitätsstiftendes Ensemble entstehen, das den hohen Sicherheitsanforderungen entsprechend, umgeben von hochwertig gestalteten Freiräumen unterschiedlicher Öffentlichkeitsgrade, als „EZ-Campus“ zum Zentrum der Entwicklungszusammenarbeit des Bundes in Berlin weiterentwickelt werden kann.
Kategorie
Architektur
Typologie
Arbeiten
Ort
Friedrichshain-Kreuzberg, Berlin
Verfahrenstitel
EZ-Campus Plus
Verfahrensart
Nicht-offener einphasiger Realisierungswettbewerb mit Ideenteil (RPW2013) / Fachrichtung: Städtebau
Teilnehmerkreis
Architekt:innen in Zusammenarbeit mit Landschaftsarchitekt:innen, optional mit Stadtplaner:innen
Auslober:in
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Bauherr:in
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
Bedarfsträger:in
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Ausgewählter Beitrag
Architektur / Städtebau: HENN GmbH
Verfasser: Martin Henn
Mitarbeiter:innen: Marcin Kropidlo, Le Quang,
Kristijan Markoc, Armin Nemati, Oliver Koch
Landschaftsarchitektur: WES LandschaftsArchitektur
Verfasser: Michael Kaschke
Mitarbeiter:innen: Yushu Liu, Danyang Shi
Bekanntmachung und Auslobung
08.06.2021
Abgabe
28.10.2021
Jurysitzung
25.11.2021
Ausstellung der Beiträge
10. bis 24.01.2022
Mit zwei neuen kompakten Baukörpern bildet diese Arbeit zusammen mit Europa und Deutschlandhaus ein einladendes Ensemble mit einem sehr flexiblen und großzügigen Platzraum, dem „urbanen Kommunikationsraum“.
Sowohl Sichtbeziehungen als auch eine potenzielle Wegeführung von der Anhalter Straße Richtung Martin-Gropius-Bau sind möglich. Langfristig betrachtet ist die städtebauliche Setzung ein strategisch wertvolles Prinzip welches dem BMZ die Option eines umschlossenen Open-Air-Campus bietet. Die Arbeit argumentiert diese Flexibilität offensiv und überzeugend, da keine baulichen Anlagen die Widmung des Freiraums a priori einschränken. Unterschiedliche Möglichkeiten für ein Sicherheitskonzept des BMZ bieten sich an und können problemlos umgesetzt werden.
Der im Ideenteil vorgegebene Freiraum wird als ein neuer grüner Eingang formuliert und als Erschließung bis zur Wilhelmstraße fortgesetzt. Mit dieser Offenheit erhält das gesamte Ensemble eine neue Bedeutung im Stadtraum und vernetzt sich sehr gut mit der Nachbarschaft.
Die Baukörper sind raumbildend; die Eingangsbereiche bilden dem inneren Campus zugewandte Adressen. Das Motiv der Arkaden betont die Eingangsbereiche – die perspektivische Ansicht von der Anhalter Straße wirkt etwas spröde und könnte verfeinert werden. Gleichzeitig erlauben die solitären Baukörper den Bezug zur Umgebung. Der Martin-Gropius-Bau, die Topografie des Terrors und das Robinienwäldchen werden durch die Setzung der Zwischenräume direkt visuell verbunden und sind als optionale Wegeanknüpfungen aktivierbar. Beide neuen Baukörper sind durch eine breite Brücke im ersten Obergeschoss verbunden. Zum Europahaus gibt es lediglich eine unterirdische Verbindung.
Die Volumetrie bezieht sich sensibel auf die vorhandenen Gebäudehöhen von Europa- und Deutschlandhaus. Eine ansatzweise schachbrettartige Höhenstufung fördert die Belichtung der Baukörper untereinander und vermittelt die Höhen auch in Richtung Martin-Gropius-Bau sehr überzeugend.
Zwingend nicht-öffentliche Bereiche liegen zwischen den Gebäuden und östlich des südlichen Baukörpers neben dem Robinienwäldchen. Die Lage der Einfahrt zur Tiefgarage ist gut gewählt weil sie die Wege der Fußgänger und der Fahrradfahrer nicht tangiert.
Insgesamt überzeugt der Entwurf mit präziser städtebaulicher Setzung, zukunftsweisender Gebäudetypologie und großzügigem Freiraumangebot.
Die Arbeit 1005 schlägt zwei den Bestand zu einem Ensemble im Park ergänzende Baukörper vor. Zur Anhalter Straße steht der 8-geschossige Baukörper welcher mit einem kräftigen Unterschnitt vom großzügigen Vorplatz erschlossen wird. Der hintere, 14-geschossige Bau steht folgerichtig parallel zum Gropiusbau. Dadurch entsteht eine lebendige, gut nachvollziehbare Komposition, jedoch wird die Höhe des nördlichen Baukörpers aufgrund der Nähe zu dem Areal der Topografie des Terrors kritisch gesehen
Die vier Volumina sind über einen erdgeschossigen Sockel verbunden, welcher zusammen mit dem 1.Obergeschoß die Nutzungen des Konferenzzentrums, der Presse und der Kantine sinnvoll aufnimmt. Ein großzügiger Einschnitt belichtet als grüner Hof zudem den Sockelbereich und erzeugt räumliche Qualitäten. Innenräumlich sind so die Neubauten mit den Bestandsbauten gut nutzbar verbunden. Auf der geschützten Dachterrasse ergibt sich das Äquivalent im Außenraum. Hier sind ungestört Austausch und Kommunikation der Akteure im Freien vorstellbar. Durch den vorgeschlagenen Sockel gelingt die Einbindung der bestehenden Anlieferung des Deutschlandhauses. Das charakteristische Fenster desselben erhält nun einen adäquaten Kontext.
Für den städtischen Außenraum verhindert die innenräumliche Verbindung im Sockel eine öffentliche Wegeführung des Grundstücks im Bereich zwischen Bestand und Neubauten und ebenso die Sichtbeziehung von der Anhalter Straße zum Martin- Gropiusbau. Dieser Verlust einer Blickachse wird kritisch betrachtet, während die dadurch entstehende funktionale Verbindung gelobt wird. Die landschaftliche Fortsetzung des Robinienwäldchens bis an die Stresemannstraße ist ein guter Beitrag für die Öffentlichkeit. Das Potenzial eines gut bespielbaren Außenraumes bleibt jedoch zu unkonkret.
Die beiden aufsteigenden Baukörper sind mit einer Kantenlänge von 36m kompakt organisiert. Eine zentrale Erschließung ermöglicht außenliegende Nutzungsflächen, welche durch die Verdrehung der Baukörper interessante Ausblicke erwarten lassen. Zweigeschossige Wintergärten mit besonderen, flexiblen Nutzungen dienen als Kommunikationszonen für die Mitarbeiter. Diese akzentuieren die Baukörper wechselnd zu den verschiedenen Himmelsrichtungen und bieten einen räumlichen Mehrwert. Die qualitative Gleichwertigkeit einzelner Büroräume wird insgesamt positiv bewertet.
Die Arbeit stellt einen sehr wertvollen und konsequenten Beitrag zur gestellten Aufgabe dar.
Die Arbeit ergänzt den Bestand mit zwei weiteren Solitärgebäuden. Beide Baukörper erhalten einen ähnlichen Fußabdruck wie das Europahaus und sind leicht gegeneinander verdreht. Dabei liegt der 8-geschossige Eingangsbau parallel zur Anhalterstraße während der nördliche niedrigere Baukörper parallel zur nördlichen Grundstückslinie liegt. Das neue Ensemble wird städtebaulich richtig im Süden an der Anhalterstraße von einem großzügigen Vorbereich erschlossen. Im südlichen Gebäude befinden sich folgerichtig die publikumswirksamen Nutzungen im Erdgeschoss. Mit einem gläsernen Verbindungsbauwerk sind die südlichen Nutzungseinheiten mit dem nördlichen Baukörper intern verknüpft. Beide Baukörper sind in den Obergeschossen mit den Büronutzungen typologisch als Hofgebäude ausgebildet. Die Innenhöfe werden in den Obergeschossen durch gelegentliche Terrassenrücksprünge, die als grüne Oasen ausgebildet sind, rhythmisiert. Die disziplinierte Formgebung nach Außen hin wird positiv bewertet. Aufgrund des großen Fußabdruckes der beiden neuen Bauteile entsteht eine Enge die unmittelbar auf die Qualität der einzelnen Arbeitsbereiche negativ niederschlägt.
Die typologische Besonderheit des Entwurfs liegt im offensiven Umgang mit der Verbindung der Baukörper untereinander. Hier sehen die Entwurfsverfasser großzügig ausgeformte Brücken vor, mit denen die Neubauten untereinander, aber auch mit dem Europahaus verbunden sind. Eine öffentliche Durchwegung ist nicht angedacht jedoch strukturell umsetzbar. Eine Sichtbeziehung zwischen Gropiusbau und Anhalterstraße könnte mit Einschränkungen ermöglicht werden. Allerdings schränkt die Lage der Tiefgarageneinfahrt an dem ohnehin schmalen südlichen Zugang zwischen Neubau und Deutschlandhaus die Option einer fußläufigen Verbindung stark ein.
Die Arbeit bietet ein differenziertes Angebot an Freiräumen für die Ministerialgebäude. Eine baumbestandene Passage, Innenhöfe und Gartenbereiche am Übergang zum Robinienwäldchen fügen sich im Erdgeschoss zu einem attraktiven Campus und ermöglichen den Austausch zwischen den Ministeriumsmitarbeitenden und verschiedenen Partnern. Ein Kulturcampus an der Südseite des Gropiusbaus und neue Wegeverbindungen durch das Gelände der Topographie des Terrors binden den neuen EZ-Campus in die direkte Nachbarschaft ein.
Zusammengefasst handelt es sich um einen wertvollen Beitrag zur gestellten Aufgabe. Aufgrund des großen Fußabdruckes, der aufwendigen Brückenbauwerke und der unklaren Aussagen zu den Freibereichen bleiben viele Fragen offen.
Die Verfasser schlagen die Setzung eines Hochpunktes abgerückt in der Achse des Deutschlandhauses vor. Die vorhandenen Solitärbauten werden mit dieser Strategie baulich ergänzt und über einen parkartig gestalteten Freiraum miteingebunden. Die so entstehenden vielfältigen Möglichkeiten von Sichtbeziehungen auf dem von der Geschichte historisch aufgeladenen Gelände werden positiv bewertet.
Die Idee den südlicheren Teil des Blocks wieder als grüne Idylle inmitten der Stadt zu stärken, ist nachvollziehbar. Ein Robinienwäldchen und ein ministerialer Garten auf verschiedenen Ebenen stehen nebeneinander und bilden eine Parklandschaft mit unterschiedlichen Atmosphären, Kontrasten und Orten zum Verweilen. Ein grüner Landschaftsraum wird zu einer neuen Adresse für das BMZ an der Anhalter Straße.
Die Lage der Anlieferung und Tiefgaragenrampe wird kritisch beurteilt, weil sie starke Konflikte mit den Fußgängern erwarten lässt.
Die Höhe des Gebäudes ermöglicht dem Ministerium einen sehr selbstbewussten Auftritt, der tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal sein könnte und die Sichtbarkeit des BMZ im öffentlichen Raum hervorhebt. Dies wird im Hinblick auf die Angemessenheit allerdings sehr kontrovers diskutiert.
Die stadträumliche Einbindung in die Kette von Hochhäusern von Gleisdreieck bis zur Leipziger Straße ist stadträumlich durchaus denkbar. Die Anforderungen des Hochhausleitbilds der Stadt Berlin kann aber in einem öffentlichen Bauwerk mit hohen Sicherheitsanforderungen nicht umgesetzt werden.
Aus Sicht des Gremiums erfüllt das Hochhaus nicht den Wunsch des Ministeriums, intensive Kommunikation und gut positionierte Begegnungsorte im Gebäudeinneren zu fördern.
Die nachvollziehbare Reduktion des oberirdischen Fußabdrucks erfordert, dass ein wesentlicher Teil des Raumprogrammes unterirdisch untergebracht wird. Diese wesentlichen Räumlichkeiten eines Ministeriums werden in diesem Entwurfsvorschlag leider nur über Lichthöfe belichtet. Hier steht die Sichtweise eines vom Grün geprägten Ministeriums mit Garten und Einfriedung der Wunsch nach mehr räumlichem Zusammenhang mit dem Deutschland-/Europahaus gegenüber. Die großflächige unterirdische Bebauung schränkt die Gestaltung der darüber liegenden Freiflächen stark ein. Eine konsequente Erweiterung des Charakters des Robinienwaldes auf dem Grundstück ist nicht möglich.
Insgesamt stellt der Beitrag einen wertvollen Beitrag zur Diskussion dar. Das BMZ möchte selbstverständlich als Leuchtturm für internationale Zusammenarbeit inhaltlich sichtbar sein, sieht jedoch nicht die Notwendigkeit baulich an diesem empfindlichen Ort zu dominieren.
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Referat Architektur, Stadtgestaltung, Wettbewerbe