Flashback – 2009 gefallen im 2. Weltkrieg

Krieg im Kopf – Trilogie: Teil 3

ff-enterprise. fiktion & forschung präsentiert: okapi-productions

FLASHBACK – 2009 gefallen im 2. Weltkrieg

Collage nach Wolfgang Borcherts “Draußen vor der Tür” und Texten von Ingrun Aran

Konzept, Regie, Filme, Ausstattung: Ingrun Aran
Choreografie, Tanz: Andreas Ebbert-Scholl
Musik: Helmut Mittermaier
Kamera: Jakobine Motz
Dramaturgie: Claus Löser
Spiel: Adolfo Assor, Iljá Pletner

Mit den Experten:
Prof. Dr. Dr. Hinderk M. Emrich, Leiter der Med. Hochschule Hannover (Psychiater & Philosoph), Oliver Schubbe, Leiter des Instituts für Traumatherapie Berlin (Dipl. Psychologe), Jens Becker (Filmemacher), Dmitri Silbermann (Informatiker & Sammler von Soldatenbriefen), Manfred Theisen (Autor)

Premiere: 14. September 2013

“Rechts um!” 2009. Friedrich E. liegt im Sterben. Er richtet sich auf, den Blick geradeaus kommandiert er seine Sol­da­ten, brüllt Befehle über das Schlachtfeld und flieht vor dem Bombenhagel. Er rennt, er schreit um sein Leben.

Auf dem Sterbebett holen ihn die Schatten der Ver­gan­gen­heit ein. So stirbt er 64 Jahre später im Krieg. In einem Krieg, der längst vorbei ist, den er überlebt und doch nicht überlebt hat. Denn die Emotionen seiner tiefen seelischen Ver­letzun­gen schnitt er radikal ab, begrub sich lebendig. So wird sein Schicksal zu einem Beispiel unverarbeiteter Traumata. “Vergiß alles und schau nach vorn”, das war sein Weg zu überleben.

Völlig gegensätzlich verläuft die Geschichte des Kriegs­heim­kehrers Beckmann aus Wolfang Borcherts Stück “Draußen vor der Tür”, mit der Ingrun Aran die Biografie ihrers Vaters und ehemaligen Soldaten im 2. Weltkrieg in Beziehung setzt. Denn Beckmann gelingt es nicht, sich wieder ins Zivilleben einzugliedern. “Der Eine” in ihm fragt in der Konfrontation mit seinen einstigen Vorgesetzten nach der Verantwortung für seine Kriegs­schuld. Seinen Platz in der Nachkriegsgesellschaft findet er jedoch nicht, er bleibt ein Aus­ge­schlosse­ner ohne Antwort auf seine Fragen. “Der Andere” in ihm hingegen, immer positiv, immer lebensbejahend, treibt ihn voran, bewahrt ihn vor dem Selbstmord. In Arans Vater aber transformierte “der Andere” über die Jahre zur leeren seelenlosen Hülle, weil er seine emo­tio­nale Vergangenheit verdrängt und vergessen hat.

Ingrun Aran versteht Beckmann als einen Menschen, der von seinem Unterbewußtsein aus dem Hier und Jetzt zurück in den Krieg katapultiert wird. Gerade noch als “Der Andere” (Friedrich E.) auf einem Feldweg im Heute reißt es ihn plötzlich, unvorhersehbar und mit un­bän­di­ger Kraft ins Damals in den Schützengraben. Während die Einheit des Ortes auf der Bühne gewahrt bleibt, schleudern Tanz und Musik Beckmann mit zentrifugaler Kraft immer wieder auf eine andere zeitliche Ebene. Grabsteine, Gedenktafeln und Kreuze sind Projek­tions­flächen, auf denen die Geschichten und Träume von Kriegsheimkehrern, Kriegskindern und Enkeln durch Interviews mit ehemaligen Soldaten und Experten aus Wissenschaft und Forschung filmisch umgesetzt sind. Die Bilder werden zu Fenstern mit Blick in die Ver­gan­gen­heit, doch auch zu einer Tür, um den Raum der Zukunft zu betreten.

Mit “Flashback – 2009 gefallen im 2. Weltkrieg” spricht Aran auf der Grundlage eines klassi­schen Textes über ein Phänomen unserer Zeit, das uns alle angeht und beein­flusst. Es be­handelt die “Spätfolgen” im wahrsten Sinne des Wortes und rundet damit die Trilogie “Krieg im Kopf“ aus dem Blickwinkel der Gegenwart ab.