Erzählkunst zu Gast im TuD: DER SINGENDE KNOCHEN – „Sie werden noch von mir hören!“

Geschichten aus dem musikalischen Untergrund

mit: Sven Tjaben

Termin: Sonntag, 12.05.2019, 20.00 Uhr

Ungeahnte Schätze entdeckte Sven Tjaben als Jugendlicher unter den Wasch­küchen­fliesen einer ehemaligen Varieté­besitzerin, die Berlin noch zu Zeiten der Weimarer Republik erlebt hatte: Schall­platten, die dort verbuddelt waren, weil sie Musik liebte, die nach 1933 verboten war.

Welche Geschichten verbergen sich hinter den Liedern, die den Sound­track einer Jugend bilden? Dieser Frage geht Sven Tjaben in seinem Programm nach. Die Lieder seiner Jugend waren ihm ein Kompass auf der Suche nach Sinn­lich­keit und Identität – jenseits der „German Angst“. Musik wurde sein magischer Helfer, der ihm an jeder Weg­gabelung die Richtung wies. Besonders ins Mark traf ihn Joseph Schmidt, einer der berühm­testen und erfolg­reichsten Tenöre seiner Zeit, der dennoch immer falsch war – als Kantor zu modern, als Opern­sänger zu klein, als Jude von den National­sozialisten vertrieben, in Frankreich als Deutscher inhaftiert, auf der Flucht elend gestorben. Nach einer Ablehnung soll er gesagt haben: “Dann eben nicht, (…) aber ich verspreche Ihnen, Sie werden noch von mir hören!“

Sven Tjaben bringt Joseph Schmidt und andere zu Gehör und erzählt die Geschichten hinter ihrer Musik. Interessant für ihn sind vor allem Künst­lerInnen, die die gängigen Erwar­tungen in Frage stellten. Zarte Männer, starke Frauen, hoher Tenor und Damen­bass. David Bowie, Nina Hagen, Zara Leander, Josef Schmidt… Wie in Grimms Märchen Der singende Knochen fördert die Musik Verborgenes und Verdrängtes, Verbotenes und Unge­heuer­liches zutage. Tjaben geht es darum, sich erzählend und musizierend zu widersetzen, die eigene kulturelle Identität jenseits von Nationen zu finden, vorgegebene Rollen­muster zu hinter­fragen und gegen die Wölfe an zu heulen, die wieder vorschreiben wollen, was deutsche Kultur ist.