Integrationsarbeit in Neukölln

Der Begriff der Integration ist in letzter Zeit viel diskutiert. Nicht wenige sind hierbei der Meinung der Begriff passe nicht mehr in unserer Zeit. Doch egal, wie wir das, was täglich in Neukölln passiert auch nennen, es ist ein äußerst dynamischer Prozess. Alle Beteiligten lernen täglich Neues, hinterfragen sich und ihr Handeln beständig und behalten dabei doch immer eins im Blick, ein gutes und friedliches Miteinander aller Neuköllnerinnen und Neuköllner, bei dem alle die gleichen Teilhabemöglichkeiten haben.

Die neue Sicht auf Integration spiegelt sich in unserem Konzept „Integration durch Normalität“ wieder, die das gute Zusammenleben in einer interkulturellen Großstadt zum Ziel hat.

Wenn sich eine Stadt als interkulturelle Großstadt bezeichnen darf, dann Neukölln. In Neukölln leben 330.000 Menschen, die aus 150 verschiedenen Ländern stammen. Einwanderung ist seit Jahrhunderten ein Teil der Neuköllner DNA. Neukölln hat schon immer von den neuen Kulturen, Ideen und Sichtweisen der Zugewanderten profitiert. Es kann aber auch nicht verschwiegen werden, dass Zuwanderung auch zu jeder Zeit mit Problemen und besonderen Herausforderungen an die Stadtgesellschaft verbunden war und ist.

Unterschiedliche Zuwanderungsepochen

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts kamen viele so genannte Gastarbeiter vor allem aus der ländlichen Türkei und zogen in die Altbauquartiere zwischen der Karl-Marx-Straße und dem S-Bahn-Ring. Hier standen viele Wohnungen leer, weil sich die deutschen Familien Häuser im südlichen Teil des Bezirks gebaut hatten oder die neuen Hochhäuser in der Gropiusstadt attraktiver fanden.

In den achtziger und neunziger Jahren lösten Familien aus dem arabischen Raum die türkischen Familien in den Altbauvierteln ab, darunter viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon, Palästina und Syrien. Auch Menschen, die den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien entflohen waren, kamen hinzu.

Die türkischen Familien, die den sozialen Aufstieg geschafft hatten, folgten häufig den Deutschen in den ruhigeren, südlichen Teil des Bezirks. Aufgrund der Asylregelungen war es geflüchteten Menschen zunächst verboten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen Zudem gab es keinen Zugang zu Sprach- oder Integrationskursen. Vielen Familien fiel es daher sehr schwer, Fuß zu fassen. Die Folge ist bis heute zum Teil der Rückzug in die eigene ethnische Gemeinschaft.

Dazu kam, dass viele der ungelernten Arbeitenden, die in den sechziger Jahren gekommen waren, haben in den neunziger Jahren ihre Arbeitsplätze verloren, da in Neukölln zahlreiche Unternehmen schließen mussten. Diese Entwicklungen sowie die soziale Spreizung, auch der einheimischen Bevölkerung, führten dazu, dass Neukölln noch heute die höchsten Arbeitslosen- und Transferempfängerquoten in Berlin hat.

Diesen Herausforderungen stellen wir uns in Neukölln. Sie bestimmen den Arbeitsalltag all derer, die für alle Neuköllnerinnen und Neuköllner Teilhabe ermöglichen wollen.

Die Neuköllner Gesellschaft ist eine Einwanderungsgesellschaft

Es ist wichtig, die Gesellschaft als Einwanderungsgesellschaft zu begreifen und sich immer wieder zu vergegenwärtigen, was dies für alle Neuköllnerinnen und Neuköllner bedeutet. Die Offenheit der Gesellschaft für Einwanderung muss gestärkt und eine Willkommenskultur –wie wir sie nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Zuzug vieler Geflüchteter erleben durften und noch immer erleben dürfen- gefördert werden. Ohne die grundlegende Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung und Integrationsbereitschaft bei den Einwanderern kann Migration nicht erfolgreich gestaltet werden. Die Chancen die Zuwanderung durch das Einbringen neuer Ideen und Sichtweisen und die Auseinandersetzung mit Bewährtem mit sich bringt, muss das Denken und Handeln aller leiten. Unsere Stadtgesellschaft muss eine solche Offenheit an den Tag legen, dass sie allen Neubürgerinnen und Neubürgern auf Augenhöhe begegnet und ihnen in keinem Lebensbereich die Teilhabe erschwert oder vorenthält.

Neukölln ist bereits eine solidarische, offene und liberale Stadtgesellschaft, für die alle Bürgerinnen und Bürger Verantwortung tragen. Die Verständigung zwischen den vielfältigen gesellschaftlichen Gruppen und der gegenseitige Respekt sind Grundlagen für Integration und friedliches Mit- und Nebeneinander. Klare Regeln führen dazu, dass keine Gruppe über eine andere dominiert und sich alle ohne Angst begegnen.

Teilhabe für alle Neuköllnerinnen und Neuköllner ermöglichen

Vielfältige Maßnahmen stärken die Fähigkeiten aller in Neukölln lebenden Menschen, unabhängig von Nationalität, kultureller Herkunft, Hautfarbe, Alter, Geschlecht, Religion, Weltanschauung und sexueller Neigung, unabhängig auch von Behinderung oder Krankheit.

Zu den Kernbereichen der gesellschaftlichen Teilhabechancen zählen wir Bildung und Ausbildung, Arbeitsmarkt, Wohnraum, Gesundheitsversorgung sowie das kulturelle Leben und die politische Partizipation. Alle Menschen haben eine faire Chance, auf ein eigenes, selbst bestimmtes Leben in unserem Bezirk zu führen. Sie nehmen ihre demokratischen Rechte wahr, erfüllen ihre Pflichten und bringen sich tolerant und demokratisch in unsere Gemeinschaft ein. Die Wohnquartiere sind sozial und kulturell durchmischt und haben eine hohe Aufenthaltsqualität. Bildungsbewusste Familien wohnen gerne hier. Es gibt viele Orte der Begegnung und des Austauschs.

In diesem Sinne verstehen wir unsere Arbeit für ein demokratisches, friedliches, tolerantes und buntes Neukölln, in dem Teilhabe und Vielfältigkeit Normalität sind.