Nachhaltigkeit in der Erwachsenenbildung

Porträt Eva Heinold-Krug

Eva Heinold-Krug ist Bildungsforscherin und –beraterin hat für den Deutschen Volkshochschulverband (DVV) einen Leitfaden zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung (mit-)verfasst.

Bildung für nachhaltige Entwicklung – worum geht es?

„Bildung für nachhaltige Entwicklung befähigt Menschen zu einem zukunftsfähigen Denken und Handeln. Dabei stehen verschiedene Fragen im Vordergrund: Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen in meiner Kommune oder in anderen Erdteilen? Welche Auswirkungen hat es beispielsweise, wie ich konsumiere, welche Fortbewegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche? Welche globalen Mechanismen führen zu Konflikten, Terror und Flucht? Oder was können wir gegen Armut tun?
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ermöglicht es allen Menschen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.“ (www.bne-portal.de)

In dieser Definition wird deutlich, dass Bildung für nachhaltige Entwicklung Fragen der Ökologie mit ökonomischen Themen zusammenführt und die Aspekte des sozialen und kulturellen Zusammenlebens einbezieht.

Weltweit für ein nachhaltiges Leben zu lernen – woher kommt die Idee?

Bildungsangebote, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen, sind auf die Aktivitäten der
UNESCO zurückzuführen. Die UNESCO – United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization – hat als Sonderorganisation der Vereinten Nationen die Aufgabe, durch Förderung der internationalen Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zur Erhaltung des Friedens und der Sicherheit beizutragen. Sie wurde 1945 gegründet und verfolgt im Bereich der Bildung das Ziel, eine Lebensweise zu fördern, die die globalen Grundlagen erhält und zugleich die Lebensbedürfnisse aller Menschen weltweit gewährleistet.
Dieses Ziel wurde bereits 1972 durch den Club of Rome in seinem Bericht „Grenzen des Wachstums“ formuliert. Seither greifen es multinationale Programme auf und präzisieren es. 2013 wurde das Weltaktionsprogramm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Darauf basiert der Nationale Aktionsplan für Deutschland, der mit zahlreichen Akteuren in allen Bundesländern verbindlich umgesetzt wird.

Im Rahmen dieses Aktionsplans haben die Volkshochschulen bundesweit beschlossen, ihren Beitrag zum Erhalt einer lebenswerten Welt mit Nachdruck zu leisten:

„Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist eine Antwort auf die drängenden globalen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht. Der Klimawandel und die daraus folgenden Naturkatastrophen wie extreme Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürme ebenso wie wachsende soziale Ungleichheit und die drohende Erschöpfung natürlicher Ressourcen gefährden unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen. Um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten, müssen umfassende und tiefgreifende gesellschaftliche Transformationen angestoßen und umgesetzt werden. Das erfordert Mut, Zuversicht und ein fundiertes Verständnis für die Konsequenzen des eigenen Handelns.“ (www.volkshochschule.de/bildungspolitik/BNE/index.php)

Die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030, die Sustainable Development Goals (SDGs), richten sich an alle: die Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft.

Piktogramme der 17 Nachhaltigkeitsziele

Was erwartet Teilnehmende in einem vhs-Angebot, das Nachhaltigkeit zum Thema macht?

In Veranstaltungen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen wollen, wird auf eine besondere Art „gelehrt und gelernt“:

  • Wissen wird problembezogen vermittelt und so aufbereitet, dass Handlungsalternativen erkennbar werden;
  • Wechselwirkungen, Dynamiken und Widersprüche werden benannt, die Risiken von Entscheidungen werden abgewogen;
  • Handlungsoptionen werden im Zusammenhang von Wertvorstellungen und persönlicher Motivation konkretisiert;
  • Lehrende und Lernende verstehen sich als eine Gemeinschaft, in der Erfahrungen, Wissen und Kompetenzen miteinander geteilt werden;
  • Themen und Probleme werden in Bezug auf die Veränderung des individuellen Lebensstils und der globalen Konsequenzen für die folgenden Generationen verstanden;
  • Möglichkeiten der Mitwirkung an ökonomischen und politischen Entscheidungen werden erörtert, Netzwerke geknüpft.

Die Fragestellungen sind so vielfältig wie die Lebensbereiche, in denen kleine Veränderungen zur großen Transformation beitragen können: wie sieht eine zukunftsgerechte Mobilität aus? Wie kann Energie sinnvoller gewonnen und genutzt werden? Was hat Ernährung mit dem Klimawandel zu tun? Wie kann Mode Spaß machen, ohne der Umwelt zu schaden? Wie wollen wir zukünftig demokratisch und gerecht zusammenleben? Ist digitales Arbeiten von zu Hause aus nachhaltig?

Wie immer, wenn es um konkrete Veränderungen geht, fehlt es nicht am nötigen Wissen – aber es ist oft schwierig, einen gut funktionieren Alltag zu verändern. Aber: Menschen lernen mit Hirn, Herz und Hand. Die Voraussetzungen dafür sind,

  • dass dem Handeln bzw. der Verhaltensänderung eine ernsthafte Bedeutung für das eigene Leben zukommt,
  • dass die Situation, die eine Verhaltensänderung notwendig macht, zu verstehen ist und das nötige Wissen zugänglich ist und
  • dass aktives Handeln möglich ist und Selbstwirksamkeit erlebt werden kann.

Der Hirnforscher Gerald Hüther sagt, das menschliche Gehirn sei zum Lösen von Problemen sehr gut geeignet – und vor allem in der Gemeinschaft mit anderen Menschen sei Veränderung möglich:

… auch wenn man persönliche und globale Risiken natürlich nicht wirklich gegeneinander abwägen kann, lägen die größten Gefahren für die Menschheit letztlich darin, überhaupt nichts zu tun.
Gerhard Hüther