Ein Gespräch zwischen Tim Opitz, zuständig für Grundsatzfragen zum Berliner Erwachsenenbildungsgesetz (EBiG) und Bernhard Stelzl, Referent für Digitalisierung und Öffentlichkeitsarbeit in der Erwachsenenbildung.
Bernhard Stelzl: Am 1. August jährt sich das Inkrafttreten des Erwachsenenbildungsgesetzes zum ersten Mal. Ich erinnere mich noch gut, wie im letzten Sommer alle mit Hochdruck daran gearbeitet haben, dass das Abgeordnetenhaus das Gesetz vor der Sommerpause beschließen kann.
Tim Opitz: Ja, alles war furchtbar aufregend und sehr bedeutsam – schließlich gab es wenige Gesetzvorhaben, die einen fast 50 Jahre langen Vorlauf haben. Man arbeitet mit daran, dass es ein Erwachsenenbildungsgesetz gibt, bekommt als Arbeitsbereich dafür auch einige Anerkennung – und dann ist die Welt doch nicht anders, als zuvor… Ich bin nach dem Sommer tatsächlich in ein kleines Loch gefallen, war überrascht, keine Auswirkungen des EBiG sehen und „anfassen“ zu können.
BS: Das kann ich verstehen. Allerdings hat das EBiG nichts erfunden, was zuvor nicht auch schon da war. Es gab in Berlin eine bunte Szene an Erwachsenenbildungseinrichtungen und viele interessante Lernmöglichkeiten. Die zwölf bezirklichen Volkshochschulen gab es vorher und sie waren im Schulgesetz verankert.
TO: Genau das meine ich. Und doch kann ich nach einem Jahr sagen, dass es Einiges vom EBiG zu berichten gibt. Ein Ziel des EBiG war es, neben der bestehenden, öffentlich getragenen Erwachsenenbildung, also neben Volkshochschulen und Berliner Landeszentrale für politische Bildung, eine Förderung auch für andere, weniger bekannte Einrichtungen und Träger der Erwachsenenbildung anzubieten. Der Förderaufruf ist zusammen mit der Förderrichtlinie Anfang Juli erschienen, so dass wir mit der Förderung 2023 starten können. Gesetzliche Voraussetzung für diesen Aufruf war eine Auseinandersetzung des Berliner Erwachsenenbildungsbeirates mit den geplanten Förderschwerpunkten. Dieser Beirat musste aber erst geschaffen werden, Ende Juni hat er
erstmals getagt. Die erste Hälfte des Jahres haben wir genutzt, um die erste Sitzung vorzubereiten und die Mitglieder, immerhin 33, zu bestellen.
BS: Bei der konstituierenden Sitzung des Erwachsenenbildungsbeirates wurden Prof. Dr. Bernd Käpplinger und Dr. Karin Reichel als Vorsitzende des Erwachsenenbildungsbeirates gewählt. Alle Teilnehmenden, darunter Senatorin Astrid-Sabine Busse, erhielten einen guten Einblick in die vielfältige Welt der Erwachsenenbildung.
TO: Ja, denn es braucht auch anerkannte Träger, die Angebote der Erwachsenenbildung machen. So etwa gab es in Berlin aber gar nicht. Seit Anfang des Jahres arbeitet unsere Anerkennungsstelle, mittlerweile wurden über 25 Träger als Einrichtungen der Erwachsenenbildung in Berlin anerkannt. Diese haben in einer eigenen Trägerversammlung nicht nur ihre Vertretungen für den Beirat gewählt, sondern stehen nun in den Startlöchern, sich auf die Förderung zu bewerben. So entfaltet das EBiG eine ganz eigene Dynamik in der Stadt.
BS: Gerade modellieren wir erste Geschäftsprozesse und bringen eine entsprechende Anwendung in Benutzung, die den kompletten Weg von der Trägeranerkennung über die Förderung bis hin zur Evaluation und Statistik abbildet.
TO: Das erinnert mich an ein Ziel, das wir im Gesetzgebungsprozess genannt haben. Erwachsenenbildung soll als ein zusammenhängendes System sichtbar werden und funktionieren! Ein Bildungsbereich, der bisher aus Einzelstücken und verstreuten Initiativen besteht, soll enger zusammenarbeiten und dadurch zugänglicher, leistungsfähiger und attraktiver für aller Berlinerinnen und Berliner werden.
BS: Das ist eine große und teils auch abstrakte Vision. Große Ansprüche und neue Strukturen erfordern auch viel Arbeit und Engagement.
TO: Ich sage immer: Das Erwachsenenbildungsgesetz ist wie die Erwachsenenbildung selbst. Alle können teilnehmen, es gibt keine Pflicht, aber wenn jemand sich entschließt mitzumachen, dann mit den anderen zusammen, engagiert und mit Spaß. Dann lernt man viel, dann begeistert man auch andere, so dass aus dem EBiG etwas richtig Großes werden kann.