Spaziergang durch die Günanlagen im Süden Schönebergs

Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler begrüßt die Teilnehmenden

Kiezspaziergang vom 17.08.2013 mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger,

herzlich Willkommen zum sechsten Kiezspaziergang. Dieser findet heute im Ortsteil Schöneberg statt. Viele von Ihnen werden sich erinnern, dass der letzte Kiezspaziergang vor der Sommerpause durch Mariendorf gehen sollte, aber nach der interessanten Besichtigung der Trabrennbahn Mariendorf wegen des ungemütlichen Wetters einvernehmlich abgebrochen wurde. Wir werden im September den verpassten Teil des Spazierganges nachholen.

Heute haben wir sehr viel besseres Wetter. Wir werden gleich den Sachsendamm und die Bundesautobahn A 100 überqueren und dann in den Hans-Baluschek-Park eintauchen. Eine Führung durch den Natur-Park Schöneberger Südgelände wird den Spaziergang abrunden.

Am Ende werden wir wieder hier am Bahnhof Südkreuz sein.

Gleich zu Beginn wird auch schon der Reiz des heutigen Spazierganges spürbar: Dichter dauerhafter Verkehr und idyllisches Grün liegen – wie so oft in unserer Stadt – dicht beieinander.

S Bhf. Südkreuz

S-Bahnhof Südkreuz

Zunächst Einiges zum Bahnhof Südkreuz. Er ist ein Fern-, Regional- und S-Bahnhof.

1901 wurde er unter dem Namen Papestraße eröffnet. Im Zuge des 1991 beschlossenen Pilskonzepts wurde der Bahnhof zwischen 2003 und 2006 grundlegend umgebaut. Im Jahr 2006 wurde aus dem früheren S-Bahnhof Papestraße der Fernbahnhof Berlin Südkreuz.

Ca. 85.000 Menschen nutzen täglich den Bahnhof. Über 15 Geschäfte halten ein vielfältiges Angebot vor. Besonders beliebt ist der Supermarkt – wegen seiner Öffnungszeiten (auch an Sonn- und Feiertagen bis 22:00 Uhr).

Ein Teil des alten Bahnhofsgebäudes – der Uhrenturm – ist erhalten geblieben. Er ist in das neu entstandene Parkhaus integriert. Er befindet sich, für uns nicht sichtbar, auf der anderen Seite des Gebäudes.

Der Bahnhof Südkreuz ist übrigens umgeben von Straßen und Plätzen, die nach Frauen benannt sind:

  • Hedwig Dohm (1831 bis 1919, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin)
  • Lotte Laserstein (1898 bis 1993, bedeutende Vertreterin der gegenständlichen Malerei der Weimarer Republik, Jüdin, emigriert nach Schweden)
  • Erika Gräfin von Brocksdorff (1911 bis 1943, Mitglied der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“, in Plötzensee ermordet)
  • Hildegard Knef (1925 bis 2002)

Hans Baluschek Park

Hans Baluschek Park

Der Park wurde 2004 als Ausgleichsmaßnahme für den Flächenverbrauch im Zuge des Ausbaus des Berliner Stadtrings eröffnet. Dabei ist er kein Park im herkömmlichen Sinn. Letztendlich ist er eine langgezogene Grünverbindung.

Der Park folgt damit der Tatsache, dass in einem dicht bebauten Innenstadtbezirk neue Grün- und Erholungsflächen in größerem Umfang nur schwer zu erschließen sind. Man ist deshalb hier einmal mehr dem Konzept gefolgt, brachliegende oder unattraktiv genutzte Flächen am Rande von Bahngleisen zu nutzen. Damit wird versucht, Wege für Fußgänger und Radfahrer abseits der Hauptverkehrsstraßen zu schaffen. Auch für Skater ist der asphaltierte Weg gut geeignet und entsprechend beliebt.

Gleichzeitig werden Grünflächen miteinander vernetzt. Es ist geplant, einen durchgehenden Weg bis zum Gleisdreieck-Park und dem Potsdamer Platz zu schaffen.

Bei der Gestaltung des Parks hat sich die Landschaftsarchitektin Gabriele Kiefer von der unmittelbaren Nähe zur Bahn inspirieren lassen. Die „rostigen Pfähle“ sind aus Cortenstahl, der häufig für Verkehrswege der Bahn verbaut wird. Am Rande der Gleise pflanzte sie Robinien und Birken, die oft an Bahnstrecken zu finden sind und dort in der Regel spontan entstehen. Im Übrigen hat sie den Park aus drei Elementen gestaltet:

  • Großen Wiesenflächen,
  • vier Plätzen (Der Platz des Sports, der Platz des Sonnens, der Platz des Picknicks und der Platz des Spiels) und
  • einem 1,5 km langen Weg als Verbindung.

Direkt vom Park kann man über eine Fußgängerbrücke in den Naturpark-Südgelände gelangen. Über diese Brücke werden wir später den Naturpark verlassen. Die Höhenlage des Parks eröffnet einen Blick auf das gesamte Schöneberger Südgelände und die Silhouette der dahinterliegenden Bebauung.

Schöneberger Südgelände

Schöneberger Südgelände

Unter dem „Schöneberger Südgelände“ versteht man das gesamte Gebiet südlich des Autobahnkreuzes Schöneberg, östlich und westlich begrenzt von den S-Bahnlinien S 2 und S 1. Im Süden endet das Gebiet am Prellerweg und dem Insulaner an der Bezirksgrenze zu Steglitz-Zehlendorf.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lagen auf dem Südgelände die Äcker der Schöneberger Bauern. Schon damals durchzog der Priesterweg das Gelände. Er diente als Verbindung der Dorfkirche Schöneberg mit ihrer Filialkirche in Lankwitz.

Schöneberger Südgelände

Die Berliner Bauordnung aus dem Jahr 1892 sah das heutige Südgelände für eine lockere zweistöckige Bebauung vor. Einige Jahre später sollte dann sogar eine dichtere Bebauung mit vierstöckigen Häusern möglich sein.

1903 errichtete die Stadt Schöneberg das Auguste-Viktoria-Krankenhaus am Rande des Südgeländes.

Aufgrund der geplanten Entwicklung des Gebietes sicherten sich Bauspekulanten die Grundstücke. Während diese die Grundstücke in Erwartung der großen Bauprojekte liegen ließen, siedelten sich erste Gärtner entlang des Priesterwegs an, die auf dem Gelände provisorische Hütten und Nutzgärten errichteten.
Viele Kolonien auf dem Südgelände wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet. Zwischenzeitlich gab es 31 Kolonien mit rund 7.000 Kleingärten.
Zunächst verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine umfangreiche Bebauung des Gebietes. Nach Ende des Ersten Weltkrieges verhinderte der Widerstand der Kleingärtner eine Umsetzung der umfangreichen Baupläne.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Bezirksverband der Kleingärtner gegründet.

Während des Nationalsozialismus und den Planungen für eine sogenannte „Welthauptstadt Germania“ sollte das Gelände mit Wohnungen für bis zu 400.000 Menschen und einem Großbahnhof bebaut werden.

Der Blick über das Schöneberger Südgelände

Die einzigen Gebäude, die in dieser Zeit tatsächlich entstanden, war die Großsiedlung am Grazer Damm mit über 2.000 Wohnungen.

Es handelt sich dabei um das größte Wohnungsbauprogramm Berlins in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Wohnungen wurden von der GSW zwischen 1938 und 1940 gebaut. Die fünfstöckigen Blöcke sollten monumental wirken und die Bedeutung der Straßenachse betonen.

Im Gegensatz zum sozialen Wohnungsbau der Zwanziger Jahre verzichteten die Architekten auf Balkons oder Loggien, da diese den repräsentativen Anblick der Gebäude gestört hätten. Die bis dahin im Wohnungsbau angestrebte Ausrichtung der Wohnungen nach Süden wurde nicht durchgehalten, da dies dem städtebaulichen Konzept widersprochen hätte.

Nach Kriegsende – 1945 – wurde das Gelände nach und nach entwickelt. Es entstanden Wohnungen und Sportflächen im Norden am Vorarlberger Damm.
Ab 1969 wurde das Autobahnkreuz Schöneberg gebaut. So wurde die Zahl der Kleingärten nach und nach reduziert.

Heute gibt es rund 2.600 Parzellen in 26 Kleingartenkolonien. Es ist immer noch eine der größten zusammenhängenden Kleingartenflächen Berlin. Eigentümer des Kleingartengeländes ist die Stadt Berlin.

Das Gebiet der Kolonien wird von Riemenschneiderweg, Vorarlberger Damm, Priesterweg und Prellerweg umschlossen. Die Verwaltung und Verpachtung erfolgt über den Bezirksverband der Kleingärtner Schöneberg-Friedenau.

Zur Person Hans Baluschek – der Namensgeber des Parks

Hans Baluschek, geboren 1870, war ein Berliner Maler, Grafiker und Schriftsteller.
Er war Sohn eines Bahnbeamten und lebte seit 1890 in Schöneberg.

Baluschek studierte an der Königlichen Akademie der bildenden Künste und betrieb nebenbei volkswirtschaftliche und medizinische Studien. Im Jahr 1920 trat er in die SPD ein. Baluschek war einer der ersten Mitglieder der „Berliner Secession“. Die „Berliner Secession“ gründete sich 1898 und war eine Gruppe Berliner Maler und Bildhauer, die sich bewusst vom damals vorherrschenden akademischen Kunstbetrieb der Wilhelminischen Ära distanzierte.

Baluschek Werke befassen sich mit den Widersprüchen des gesellschaftlichen Wandels in Zeiten der Industrialisierung. Seine Themen sind: Kriegsopfer, Arbeitslosigkeit und Klassenkampf.

Seine Werke nehmen aber auch die Reize der wachsenden Großstadt Berlin, der Technik und des Fortschritts auf. Kaiser Wilhelm II. nannte sein Schaffen „Rinnsteinkunst“.

Von 1929 bis 1933 erhielt Baluschek eine Ehrenwohnung im Atelierturm in den damals gerade neu erbauten Ceciliengärten, in der er lebte und arbeitete.
Die Nationalsozialisten diffamierten seine Werke als „entartete Kunst“. In der Folge musste er von seinen Ämtern zurücktreten und hatte keine Arbeitsmöglichkeiten mehr. Seine Atelierwohnung musste er verlassen. Er nahm sich eine Wohnung in der Bozener Straße 13/14.

Hans Baluschek starb 1935. Er wurde auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf beigesetzt.

S-Bahnhof Priesterweg

S-Bahnhof Priesterweg

S-Bhf. Priesterweg

Der S-Bahnhof Priesterweg wurde 1928 als einziger Teil der Bebauungspläne für das Schöneberger Südgelände gebaut. Er wurde von dem Reichsbahnrat Günter Lüttich in einer sachlichen Formensprache errichtet und repräsentiert den modernen Baustil der zwanziger Jahre. Der südliche Ausgang wurde 1993 hinzugefügt und besitzt einen Durchgang zum Natur-Park Südgelände.

Insulaner

Bevor wir uns dem Natur-Park Schöneberger Südgelände zuwenden, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit noch auf den Insulaner lenken.

Der Insulaner wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Trümmern der damals zerstörten Stadt aufgeschüttet. Dabei wurden die Trümmer nicht gleichmäßig aufgeschüttet. Es entstand vielmehr ein asymmetrischer Hügel mit unterschiedlich steilen und flachen Hängen.

Der Name des Trümmerbergs wurde durch einen Ideenwettbewerb ermittelt. An diesem Wettbewerb beteiligten sich 180 Schöneberger Schulklassen. Den Namen haben sich zwei Schulklassen ausgedacht, die damit 100 Mark gewonnen haben. Der Namensvorschlag nahm Bezug auf das damals populäre Kabarett „Die Insulaner“ im Hörfunksender RIAS.

Am 11. August 1951 erhielt der Insulaner dann offiziell seinen Namen.

Im Natur-Park Schöneberger Südgelände

Natur-Park Schöneberger Südgelände

Wir befinden uns am Eingang des Natur-Parks Schöneberger Südgelände.
Der Natur-Park Schöneberger Südgelände ist ein
18 Hektar großer Park. Dieser Park befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Tempelhof sowie des ehemalige Bahnbetriebswerk Tempelhof.

Der Park zeichnet sich durch die Kombination von verfallenden Eisenbahnanlagen, Naturschutz und neuen Kunstobjekten aus.

Ich möchte jedoch nicht zuviel erzählen. Uns steht eine sehr interessante Führung bevor. Ich begrüße daher Frau Suhrhoff und Ihre Kolleginnen und Kollegen.

  • Die Leiterin der Führung Frau Suhthoff

    Die Leiterin der Führung Frau Suhthoff

  • Kunst im Freien

    Kunst im Freien

  • Alte Lokomotivhalle

    Alte Lokomotivhalle

  • Alte Eisenbahn im Südgelände

    Alte Eisenbahn im Südgelände

Verabschiedung

Liebe Mit-Spaziergänger und Mit-Spaziergängerinnen, wir sind am Ende unseres Kiez-Spazierganges.
In wenigen Schritten ist der Bahnhof Südkreuz – und damit der Ausgangspunkt – zu erreichen.

Bevor ich mich hier von Ihnen verabschiede, möchte ich Sie aber noch auf eine bezirkliche Einrichtung aufmerksam machen, die ich für besonders erwähnenswert halte: Die Gartenarbeitsschule.
Sie liegt links des Weges kurz vor der Überquerung der Autobahn. Allerdings ist von dieser Seite aus nur der Hintereingang zu sehen.

Blumen in der Gartenarbeitsschule ( aus dem Archiv der Pressestelle)

Blumen in der Gartenarbeitsschule ( aus dem Archiv der Pressestelle)

Gartenarbeitsschule und Freilandlabor Tempelhof-Schöneberg (Hintereingang)

Die Gartenarbeitsschule ist eine schulische Einrichtung. Hier können Kinder und Schüler mit allen Sinnen lernen und Naturerfahrungen mit Pflanzen und Tieren sammeln.

Auf ca. 10.000 qm betreiben die Schulkinder auf insgesamt 15 Schülerfeldern Gartenarbeit. Jede Klasse erhält im Frühjahr im Gewächshaus vorgezogene Pflanzen, zusätzlich nach Bedarf Samen und Zwiebeln.

Die Schüler können selbstverständlich auch Tomaten, Kürbisse, Kartoffeln und Salat anbauen – und natürlich dürfen die Schüler ihre im Herbst geernteten Früchte mit nach Hause nehmen.

Die Klassen kommen im Allgemeinen einmal pro Woche zur Gartenarbeit. Dort werden dann zusätzlich ökologische und botanische Zusammenhänge vermittelt. Eine fachliche Betreuung der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schulkinder ist durch das Personal der Gartenarbeitsschule gesichert.

Gartenarbeitsschule ( aus dem Archiv der Pressestelle)

Gartenarbeitsschule ( aus dem Archiv der Pressestelle)

Neben den Klassen, die einmal pro Woche kommen, gibt es auch ein umfangreiches Lehrangebot für einzelne Unterrichtseinheiten.
Dazu verfügt die Gartenarbeitschule über ein Freilandlabor mit u.a. verschiedenen Teichen, einer Kletterpflanzenabteilung, einer Schmetterlingsabteilung, einem Bienenhaus und einem Waldlehrpfad.

Auch ein Kaninchengehege und ein Hühnerstall stehen den Kindern zur Verfügung.
Für die Öffentlichkeit ist die Gartenarbeitsschule nicht zugänglich. Allerdings findet einmal im Jahr (in der Regel im Mai) ein Tag der Offenen Tür statt.

Weinberg in Schöneberg (aus dem Archiv der Pressestelle)

Weinberg in Schöneberg (aus dem Archiv der Pressestelle)

Weinberg

Im Jahr 1988 ist auf Initiative des Bezirksamtes in der Gartenarbeitsschule ein Weinberg angelegt worden.

200 Rebstöcken wurden gepflanzt. Nach drei Jahren konnte der erste Wein gekeltert werden.

Seit damals wird der Weinberg Jahr für Jahr gepflegt. Die gelesenen Trauben werden in unserem Partnerschaftskreis in Bad Kreuznach gekeltert und die Weinflaschen dann nach Berlin zurückgebracht. Sie werden aber nicht verkauft, sondern nur für repräsentative Zwecke verwendet.

Im September werden wir gemeinsam mit dem Landkreis Bad Kreuznach das 50-jährige Bestehen der Partnerschaft und das 25-jährige Bestehen des Weinbergs feiern

Weintrauben von dem Schöneberger Weinberg (aus dem Archiv der Pressestelle)

Weintrauben von dem Schöneberger Weinberg (aus dem Archiv der Pressestelle)

Ich bedanke mich, dass dabei waren und würde mich freuen, wenn Sie auch am nächsten Kiezspaziergang teilnehmen.

Er findet wie immer am dritten Samstag im Monat –
am 21. September 2013 ab 14:00 Uhr statt.

Wir werden die bereits für den Mai vorgesehene Tour, die wegen des schlechten Wetters abrupt enden musste, wiederaufnehmen und von der Trabrennbahn Mariendorf bis zum Volkspark Mariendorf laufen.

Treffpunkt ist die Bushaltestelle am Mariendorfer Damm / Ecke Kruckenbergstraße (Bus M 76, 179).