Das Bikinihaus, eine Ikone der Nachkriegsmoderne, entstand 1955-1957 nach den Plänen der Architekten Paul Schwebes und Hans Schoszberger als Geschäftshaus zur Unterbringung von 45 Läden für exklusive Kreationen aus der Damenmode. Im Erdgeschoß befanden sich die Verkaufsräume und in den Obergeschossen wurde genäht.
Um dem langgestreckten Gebäude eine gewisse Leichtigkeit zu geben, wurde im 2. Obergeschoß ein sogenanntes Luftgeschoß eingefügt, durch das man vom Breitscheidplatz aus in den Zoo hindurchsehen konnte, was ihm den Spitznamen Bikinihaus eintrug. Besondere Merkmale des Bikinihauses sind die feingliedrige Struktur des Tragwerks und die größtenteils verglaste Fassade, die durch eine detailreiche Rhythmik der Fensterteilungen mit unterschiedlichen Farbgebungen sowie durch Vor- und Rücksprünge aufgelockert ist. Das Gebäude ist ein Stahlbetonskelettbau, bestehend aus sichtbaren Stahlbetonunterzügen, Betonkassettendecken und Betonbrüstungen, dessen Leichtigkeit durch einen Kolonnadenbereich betont wird. Die Architektur orientierte sich an modernen Vorbildern aus den USA und Skandinavien.
Das Bikinihaus ist Bestandteil der denkmalgeschützten Gesamtanlage “Zentrum am Zoo” der Architekten Schwebes und Schoszberger, die aus dem großen Hochhaus, dem Zoopalast, dem Bikinihaus und dem kleinen Hochhaus besteht. Sie prägt wesentlich das Erscheinungsbild der sogenannten City West und gehört zu den bedeutendsten Bauzeugnissen der Wiederaufbauzeit in (West-) Berlin und der Architektur der 1950er Jahre.
Seit den frühen 1990er Jahren bekam das Bikinihaus zunehmend wirtschaftliche Probleme. Billigläden und Leerstand bestimmten das Erscheinungsbild und gaben Anlass zu ernsthaften Diskussionen über den Abriss. Da die Gesamtanlage “Zentrum am Zoo” in die Denkmalliste eingetragen wurde, konnte der Abriss insbesondere durch die Initiative des Landesdenkmalamtes Berlin verhindert werden.
Zahlreiche Investoren und Architekten hatten sich bereits mit einer Sanierung befasst, aber erst mit dem Investor der Bayerischen Hausbau GmbH & Co KG stand ein Bauherr zur Seite, der die ernsthafte Absicht vertrat, das Bikinihaus als Beispiel der Wiederaufbauzeit und der 1950er Jahre Architektur erneut erlebbar zu machen.
Das vom Bauherrn entwickelte neue Nutzungskonzept “Conzept Mall” richtet sich an 60 Einzelhändler für außergewöhnliche Mode und Design, aber nicht an große Textilketten, Elektromärkte o.ä. Auch mobile Einzelhändler haben die Möglichkeit, sogenannte “Boxen” (Verkaufscontainer) zu mieten.
Die Architekten, das belgische Büro Arne Quinze und die deutsche Architektengemeinschaft KEC, konnten die charakteristische Identität des Bikinihauses weitgehend erhalten, indem sie das neue Nutzungskonzept “Conzept Mall” in die bestehende Stahlbetonskelettkonstruktion einfügten und auch die straßenseitige Fassadenansicht in ihrer ursprünglichen Fensterproportion erhielten. Im Rahmen von Kompromisslösungen wurden dem Investor jedoch auch zurückhaltende bauliche Ergänzungen zugestanden: auf dem Dach ein zurückgesetztes Staffelgeschoß für drei Penthäuser sowie rückseitig über dem ehemaligen Tiefhof große Freitreppen, begehbare und begrünte Dachterrassen mit Blick über den Berliner Zoo und den Breitscheidplatz. Die straßenseitige Kolonnade wurde erhalten, aber zugunsten einer Vergrößerung der Läden im Erdgeschoß schmaler gestaltet.
Im Vordergrund der Sanierungsmaßnahme stand jedoch stets die Bewahrung des Denkmals mit seinen zeittypischen und stadtbildprägenden Merkmalen unter Bewahrung der historischen Substanz. Dazu gehörte auch das Luftgeschoss, das bereits in den 1970erJahren geschlossen worden war und ehemals das Alleinstellungsmerkmal dieses eleganten Hauses war. Um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurde versucht, die Wirkung des Luftgeschosses durch einen Rücksprung der Fassade hinter die Stützen und ein dunkleres Fassadenglas zu erreichen. Insgesamt erfolgte der Umgang mit dem Bikinihaus im Sinne der Substanzerhaltung. Für den Sanierungsprozess bedeutete dies: kein Abriss und keine Zerstörung oder Verstümmelung der Gebäudekubatur, sondern Neu- und Wiedergewinnung von historischen Gestaltqualitäten. Dadurch konnten die vorhandenen positiven ästhetischen Qualitäten genutzt werden, um den Ort wieder einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Somit zeigt sich das
Bikinihaus an diesem Standort – wie einstmals – als eine architektonische Perle, die den architektonischen Charme der 1950er Jahre zusammen mit dem benachbarten und kürzlich denkmalgerecht sanierten Kino “Zoopalast” wieder aufleben lässt.
Stand: 9/2014