Krisen um Berlin und die endgültige Teilung der Stadt 1961

Platz der Luftbrücke

Platz der Luftbrücke

Die Berlin-Blockade 1948/49

In den unmittelbaren Nachkriegsjahren zielte die sowjetische Deutschlandpolitik auf die Beherrschung des ganzen Landes. Als sich dieses Vorhaben aufgrund der Existenz der Westzonen nicht umsetzen ließ, konzentrierte man sich auf die Konsolidierung des Machtbereichs in der eigenen Zone. Die westlichen Sektoren in Berlin, die von der sowjetischen Zone bzw. dem sowjetischen Sektor vollständig eingeschlossen waren, waren dabei ein Hindernis. Eine sich allmählich verstärkende Behinderung des zivilen wie militärischen Verkehrs durch die sowjetische Besatzungsmacht sollte die westliche Präsenz in der Stadt schwächen und mittelfristig zum Rückzug zwingen. Die während der Kriegskonferenzen ausgearbeitete Vier-Mächte-Verwaltung der Stadt wurde von sowjetischer Seite nicht mehr anerkannt. Die Differenzen anlässlich der Währungsreform boten Moskau schließlich einen willkommenen Anlass, die gesamten Land- und Wasserwege nach Westberlin zu blockieren.

Unter der Führung des amerikanischen Generalgouverneurs Lucius D. Clay und nach Absprache mit dem US-Präsidenten Harry S. Truman reagierten die westlichen Alliierten mit der Einrichtung einer Luftbrücke und machte damit deutlich, dass sie keineswegs bereit waren, die westlichen Sektoren den sowjetischen Besatzern zu überlassen. Bereits 24 Stunden nach Verhängung der Blockade erreichten die ersten Transportmaschinen den Flughafen Tempelhof. Über drei jeweils 32 Kilometer breite Luftkorridore von Berlin aus Richtung Hamburg, Hannover und Frankfurt / Main waren es bald mehr als 500 amerikanische und britische Flugzeuge, welche die Versorgung der Westsektoren mit Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern sicherstellen sollten.[13] Die tägliche Transportleistung betrug zunächst 120 Tonnen und konnte bis August auf 4.254 Tonnen gesteigert werden; bis zum Frühjahr 1949 erfolgte eine weitere Zunahme auf über 8.000 Tonnen.[14] Die Maschinen landeten schließlich im Zweiminutentakt in Tempelhof, Gatow und auf dem neu errichteten Flughafen Tegel. Damit konnte die Bevölkerung Westberlins ernährt und die Versorgung mit Energie aufrechterhalten werden. Auch die Wirtschaft blieb in geringem Maß funktionstüchtig.

Am 9. September 1948 versammelten sich 300.000 Berliner vor der Ruine des Reichstags, da sie bei zeitgleich stattfindenden Verhandlungen der vier Siegermächte eine Einigung auf Kosten der Westsektoren befürchteten. In einem eindringlichen Appell an die westlichen Besatzungsmächte rief der Regierende Oberbürgermeister Ernst Reuter die Verhandlungspartner zu überlegtem Handeln auf:

  • Heute ist der Tag, wo das Volk von Berlin seine Stimme erhebt… In all diesem Handeln und Verhandeln wollen wir Berliner kein Tauschobjekt sein…Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt! Und erkennt, daß ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben könnt![15]

Die Luftbrücke beschleunigte die weitere Teilung der Stadt, da bedingt durch die Blockade ein eigenständiges Versorgungsnetz innerhalb der westlichen Sektoren aufgebaut werden musste. In das Jahr 1949 fällt die Trennung der Wasserversorgung und der Abfallwirtschaft. Ende des gleichen Jahres konnte das Kraftwerk Ruhleben seinen Betrieb aufnehmen und machte die westlichen Sektoren von der Stromversorgung aus dem Ostteil unabhängig. Mit der Gründung des Westberliner Gasversorgungsunternehmens GASAG wurde außerdem die Spaltung des Gasnetzes vorbereitet.

Letzten Endes erreichte die UdSSR mit der Blockade keines ihrer Ziele. Die Westberliner Bevölkerung solidarisierte sich mit den westlichen Alliierten. Außerdem wurde die Westintegration beschleunigt fortgesetzt. Dies führte dazu, dass nach Gesprächen beider Parteien in New York ab dem 4. Mai 1949 die Verkehrsverbindungen zwischen Westberlin und Westdeutschland wiederhergestellt werden konnten. Bis dahin hatten amerikanische und britische Maschinen beinahe 1,8 Milliarden Tonnen Güter in die Stadt geflogen. Davon waren 28 % Lebensmittel, 63 % Kohle und 9 % Industriegüter.[16]

fn13. Vgl. Flemming, Thomas: Berlin im Kalten Krieg. Der Kampf um die geteilte Stadt, Berlin 2008, S. 21.

fn14. Vgl. Ribbe, Wolfgang (Hrsg.): Geschichte Berlins. Zweiter Band. Von der Märzrevolution bis zur Gegenwart, München 1987, S. 1064.

fn15. Flemming, Thomas: Berlin im Kalten Krieg. Der Kampf um die geteilte Stadt, Berlin 2008, S. 22.

fn16. Vgl. ebd., S. 24.

Aus Besatzungsmächten werden Schutzmächte

Die Besatzungspolitik der Westmächte konzentrierte sich in der Folgezeit hauptsächlich darauf, die Lebensfähigkeit und Sicherheit Westberlins zu gewährleisten. Ein Rückzug Großbritanniens, der USA und Frankreichs aus den Westsektoren wäre dem Eingeständnis gleichgekommen, gegenüber der Sowjetunion unterlegen zu sein. Deshalb verständigte man sich auf eine automatische militärische Beistandspflicht, die im Falle eines militärischen Vorgehens Moskaus gegen die Westsektoren greifen sollte. Um bei einer erneuten Blockade die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, wurden an geheimen Orten im gesamten Westteil der Stadt Reserven an Lebensmitteln und anderen Gütern angelegt.

Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der drei westlichen Besatzungszonen brachte auch den westlichen Sektoren Berlins größere Selbstbestimmungsrechte. Dem Magistrat wurde mit dem so genannten kleinen Besatzungsstatut vom 14. Mai 1949 eine weitreichende Selbstständigkeit zugesprochen. Am 1. Oktober konnte für den Westteil der Stadt auch eine neue Verfassung verabschiedet werden. Berlin wurde damit zugleich in den Rang eines Landes und einer Stadt überführt, der auch heute noch seine Gültigkeit besitzt, und Senat und Abgeordnetenhaus nach dem Vorbild der freien Hansestädte eingeführt. Eine vollständige Eingliederung in die BRD unterblieb jedoch aufgrund der weiterhin formal gültigen Vier-Mächte-Verwaltung. Das Besatzungsrecht galt bis zur deutschen Einheit 1990, weshalb in Bonn verabschiedete Bundesgesetze erst nach Billigung der Westalliierten in Berliner Gesetze umgewandelt werden konnten.

Die am 7. Oktober 1949 verabschiedete Verfassung der innerhalb der sowjetischen Zone gegründeten Deutschen Demokratischen Republik erklärte Berlin zur Hauptstadt des deutschen Teilstaates. Dies bedeutete eine grobe Rechtsverletzung des offiziellen Vier-Mächte-Status’ der Stadt. Der entsprechende Artikel wurde von den Westmächten jedoch hingenommen.

Die gute Kooperation zwischen den USA, Großbritannien und Frankreich mündete in die Einrichtung des alliierten Stabes, der ab Oktober 1950 als Schaltzentrale der Zusammenarbeit dienen sollte. Sicherheits- und Zugangsfragen sowie Notfallplanungen wurden innerhalb dieses Organs erörtert.

Im Mai 1955 formulierten die westlichen Alliierten die “Erklärung über Berlin”. Dieses Dokument sollte gegenüber den Sowjets die Unantastbarkeit (West-)Berlins verdeutlichen. Die drei westlichen Stadtkommandanten besaßen demnach weiterhin besatzungsrechtliche Funktionen und kooperierten gleichberechtigt innerhalb der Alliierten Kommandantur, die ab 1955 den Botschaftern der Alliierten in Bonn und Berlin unterstand. Im Jahresdurchschnitt erließen die Westmächte in der Folgezeit allerdings nur noch fünf Verordnungen.[17]

Im Ostsektor zeichnete sich parallel dazu eine ähnliche Entwicklung ab, die jedoch früher einsetzte und großzügiger verlief. Im November 1955 erklärte der sowjetische Stadtkommandant, dass der östliche Sektor zur DDR gehöre und die Vier-Mächte-Kontrolle beendet sei. Im gleichen Jahr wurde mit der Stationierung von Truppeneinheiten der Nationalen Volksarmee begonnen. Trotz dieser Entwicklungen blieb die Sowjetunion bis 1990 aufgrund ihrer großen Einflussnahme faktische Besatzungsmacht.

fn17. Vgl. Jeschonnek, Friedrich / Riedel, Dieter / Durie, William: Alliierte in Berlin 1945-1994. Ein Handbuch zur Geschichte der militärischen Präsenz der Westmächte, Berlin 2007, S. 70.

Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953

Durch die Überführung großer Teile der Industrie in volkseigene Betriebe war der ostdeutsche Teilstaat zum größten Arbeitgeber aufgestiegen. Obwohl sich die DDR als Arbeiterstaat feierte, gab es für die Arbeitnehmer keine spürbaren Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Der FDGB entpuppte sich als eine SED-treue Massenorganisation. Mit der Auflösung von Betriebsräten war eine Mitbestimmung der Arbeiterschaft kaum mehr möglich. Seit Herbst 1952 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage erheblich. Um eine Steigerung der Arbeitsproduktivität zu erreichen, beschloss die DDR-Führung Mitte Juni 1953 die allgemeine Erhöhung der Normen. Am 16. Juni sammelten sich daraufhin rund 200 Ostberliner Bauarbeiter auf den Baustellen des Krankenhauses am Friedrichshain und an der Stalinallee, um ihren Protest durch Arbeitsniederlegung und Streik zum Ausdruck zu bringen. Durch eine breite Berichterstattung des Westberliner Rundfunksenders RIAS weitete sich die Streikbewegung am folgenden Tag auf andere Städte in der DDR aus. Parteibüros der SED und Gefängnisse wurden gestürmt. Forderten die Demonstranten zunächst ausschließlich eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, drängten sie nun auch auf politische Teilhabe und den Rücktritt der Regierung. In Ostberlin gingen etwa 60.000 Menschen auf die Straße.[18]

Der sowjetische Stadtkommandant reagierte um 13 Uhr mit der Verhängung des Ausnahmezustandes. Volkspolizei und sowjetische Panzerfahrzeuge schlugen den Aufstand blutig nieder, 21 Tote, mindestens drei Todesurteile und 1.400 Verurteilungen waren die Folge.[19] Der Westen griff nicht ein, sondern versuchte lediglich ein Übergreifen der Proteste in die eigenen Sektoren zu verhindern – ein Umstand, der dazu führte, dass die jeweiligen Einflusssphären bestätigt wurden.

fn18. Vgl. Flemming, Thomas: Berlin im Kalten Krieg. Der Kampf um die geteilte Stadt, Berlin 2008, S. 30.

fn19. Vgl. Ribbe, Wolfgang (Hrsg.): Geschichte Berlins. Zweiter Band. Von der Märzrevolution bis zur Gegenwart, München 1987, S. 1084.

Das Chruschtschow-Ultimatum

Der Konflikt um Berlin spitzte sich Ende der 1950er Jahre weiter zu. Durch eine endlose Fluchtbewegung aus dem Ostteil der Stadt und der DDR nach Westberlin schien die Konsolidierung des noch jungen Arbeiter- und Bauernstaates in Gefahr, daher wurde 1957 der Grenzübertritt entscheidend erschwert. Die Erteilung von Reisegenehmigungen für Westdeutschland wurden beschränkt, der Autobus- und Straßenbahnverkehr über die sowjetische Sektorengrenze eingestellt. Dennoch war der Besuch der anderen Stadthälfte für die Berliner Bevölkerung weiterhin selbstverständlich. So kamen etwa ein Viertel aller Studierenden an den Westberliner Universitäten, Fach- und Hochschulen aus Ostberlin oder der DDR.[20]

Im November 1958 forderte der sowjetische Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow den Abzug der Westmächte aus der Stadt. Die Vier-Mächte-Verwaltung Berlins und die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen seien rechtswidrig und würden allein westlichem Machtstreben dienen. Für Berlin sah Chruschtschow die Zukunft in einer selbstständigen politischen und entmilitarisierten “Freien Stadt”. Schließlich forderte er die westlichen Alliierten dazu auf, innerhalb der nächsten sechs Monate Verhandlungen mit der Sowjetunion aufzunehmen, andernfalls werde die Sowjetunion einen Vertrag mit der DDR abschließen, welcher dieser die volle Souveränität und Kontrolle über die Wege nach und von Berlin zu Wasser und Land sowie über den Luftraum übertrüge. Die Westmächte gingen auf die Forderungen aus Moskau nicht ein. Im Dezember des gleichen Jahres bekräftigten sie ihre Absicht, Westberlin nicht aufzugeben. Auch die Bundesregierung versprach die weitere wirtschaftliche Unterstützung. Die 1959 abgehaltene Genfer Außenministerkonferenz brachte keine Einigung zwischen den Beteiligten. Ein gutes Jahr später drohte Chruschtschow erneut mit dem Abschluss eines separaten Friedensvertrages mit der DDR. Der Drohung folgten jedoch keine Taten, zumal die USA an ihrer Entschlossenheit festhielten, Westberlin zu halten. Dies betonte der amerikanische Präsident John F. Kennedy erneut Mitte des Jahres 1961. Die Stadthälfte stellte einen unverzichtbaren Vorposten des Westens im Kampf der Systeme dar.

Zwar hätte die Sowjetunion durch ihre lokalen Vorteile die Stadt wahrscheinlich problemlos einnehmen können, jedoch gelang es den Westalliierten, die Existenz der Westsektoren durch ein Sicherheits- und Garantienetz zu gewährleisten. Ein Angriff gegen Westberlin von sowjetischer Seite aus hätte einen Angriff gegen die NATO-Staaten bedeutet. Dies vor Augen forcierte Moskau schließlich die Abgrenzung Ostberlins vom Westteil – eine Entwicklung, an deren Ende der Bau der Berliner Mauer stehen sollte.

fn20. Vgl. ebd., S. 1088.

Die endgültige Teilung der Stadt

Als im Februar 1961 die Evangelische Kirche daran gehindert wurde, Veranstaltungen im Ostsektor durchzuführen, war die Spaltung der letzten gesamtdeutschen Einrichtung besiegelt. Unter dem Eindruck verschärfter Grenzkontrollen nahm der Flüchtlingsstrom zur gleichen Zeit stark zu. Zwischen Oktober 1949 und Dezember 1960 hatten bereits mehr als 2,5 Millionen Menschen der DDR den Rücken gekehrt.[21] Im März 1961 schlug Walter Ulbricht erstmals die Ziehung eines Stacheldrahtzauns vor, ein Vorschlag, der in Moskau jedoch zunächst auf Ablehnung stieß. Als Ulbricht am 15. Juni auf einer internationalen Pressekonferenz gefragt wurde, ob geplant sei, eine Staatsgrenze am Brandenburger Tor zu errichten, antwortete dieser:

  • Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Ääh, mir ist nicht bekannt, dass [eine] solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.[22]

Anfang August kam schließlich das Einverständnis der Sowjets, die Sektorengrenze nach Westberlin hin baulich zu sichern. Nachdem die Volkskammer der DDR am 11. August dem Ministerrat den Auftrag erteilt hatte, den “Reiseverkehr” in den Westen zu verringern, folgte in den Morgenstunden des 13. August die Sperrung durch Volkspolizei und Nationale Volksarmee. Der S-Bahn-Verkehr wurde unterbrochen und das Betreten Westberlins allen Ostberlinern strengstens untersagt. Zunächst wurden die Grenzbefestigungen mit provisorischem Stacheldrahtzaun gesichert. Nach und nach folgte der Bau einer vier Meter hohen Betonplattenwand, die mit schließlich 107,3 Kilometern Länge die westlichen Sektoren zum Großteil umschloss. Dazu kamen auf eine Länge von 65,3 Kilometern Gitterzäune aus Metall und insgesamt 300 Beobachtungstürme.[23]

Die Reaktion der Westmächte auf die Abriegelung fiel zur Enttäuschung vieler Westberliner zurückhaltend aus. Da die Sperrmaßnahmen die westliche Militärpräsenz in Berlin, den freien Zugang in die Stadt und die Freizügigkeit in Westberlin nicht in Frage stellten, folgten nur verbale Attacken.
Am 17. August erging an die Sowjetunion die Aufforderung, die Sperrung durch die Mauer aufzuheben, da sie den Vier-Mächte-Status der Stadt verletze und keine rechtliche Grundlage besitze. Die UdSSR zeigte jedoch keine Verhandlungsbereitschaft. Stattdessen verschärfte sich die Situation weiter. Am 23. August wurde von Behörden Ostberlins die Anordnung gegeben, dass künftig auch Westberliner zum Besuch der östlichen Stadteile einen Passagierschein beantragen müssten. Die Anzahl der Grenzübergangsstellen wurde auf sieben reduziert; vier davon waren für Westberliner, zwei für Westdeutsche und eine für Ausländer vorgesehen.

Im Oktober kam es dann zu einem ernsten Zwischenfall an der Mauer. Mehrmals waren Angehörige der Westalliierten am Checkpoint Charlie von DDR-Volkpolizisten wegen Ausweiskontrollen angehalten worden. Da dies gegen das alliierte Recht des ungehinderten Zugangs zum Ostsektor verstieß, fuhren am 25. Oktober 1961 auf amerikanischer Seite mehrere Panzer auf. Kurze Zeit später bezogen sowjetische Panzer Stellung. Erst nach drei Tagen konnten sich die beiden Seiten auf einen Abzug einigen, ohne dass es zu einem militärischen Konflikt kam.

fn21. Vgl. Flemming, Thomas: Berlin im Kalten Krieg. Der Kampf um die geteilte Stadt, Berlin 2008, S. 56.

fn22. Wikipedia: Berliner Mauer , abgerufen am 2.10.2009.

fn23. Vgl. Jeschonnek, Friedrich / Riedel, Dieter / Durie, William: Alliierte in Berlin 1945-1994. Ein Handbuch zur Geschichte der militärischen Präsenz der Westmächte, Berlin 2007, S. 101.

Die Folgen des Mauerbaus

Der Bau der Berliner Mauer markierte den Abschluss einer Entwicklung, die 1948 mit der administrativen Spaltung des Berliner Magistrats begonnen hatte. Nun war die Teilung der Stadt in jeder Hinsicht vollzogen. Mindestens 138 Menschen fanden bis 1989 bei Fluchtversuchen an der Berliner Mauer den Tod, mehr als 3.200 DDR-Bürger wurden festgenommen.[24]

Die beiden Stadthälften entwickelten sich als Folge des Mauerbaus zu zwei eigenständigen Stadtgebilden. Während das historische Zentrum um den Alexanderplatz zur Mitte Ostberlins avancierte, wurde die Gegend um den Breitscheidplatz zum Mittelpunkt Westberlins ausgebaut.

Um die westliche Stadthälfte zu stärken, plante der dort regierende Bürgermeister Willy Brandt (SPD), als Bekenntnis zu den westalliierten Schutzmächten eine Volksabstimmung durchzuführen. Diese Unternehmung scheiterte an der angespannten politischen Lage, die inzwischen mit der Kuba-Krise an neuer Schärfe gewonnen hatte. Als weitere Antwort auf die unzumutbaren Zustände der Berliner Bevölkerung wurde überlegt, die Vereinten Nationen mit der Lösung des Problems zu betrauen. Sogar die Verlegung des UN-Hauptquartiers nach Westberlin wurde in Erwägung gezogen. Doch eine Lösungsfindung innerhalb eines Organs, das ebenfalls von der Blockbildung dominiert wurde, schien utopisch.

Als Kennedy im Juni 1963 Westberlin besuchte, sprach er auf dem Balkon des Schöneberger Rathauses stehend, seine bekannten Worte: Ich bin ein Berliner. Damit betonte er noch einmal die dauerhafte Präsenz der Westalliierten in Berlin, was von der vor dem Rathaus versammelten Menge mit Begeisterung aufgenommen wurde.

Für Weihnachten 1963 konnte eine Passierscheinregelung gefunden werden. Auf eine dauerhafte Besuchsregelung verständigten sich beide Seite im darauf folgenden Jahr. Nun hatten Westberliner das Recht, fünfmal im Jahr Verwandte in Ostberlin zu besuchen.

Um die Lebensfähigkeit der nun völlig isolierten Westberliner Stadthälfte aufrechtzuerhalten, einigte sich die Bonner Regierung auf einen Ausbau der Subventionen. Auch die Ansiedlung von Bundesdienststellen von 1959 bis 1962 diente der Stärkung Westberlins. Daneben wurde die Kulturpolitik gezielt gefördert. Der Bau des Kulturforums mit Philharmonie und neuer Staatsbibliothek fällt nicht zufällig in diese Zeit und trug seinen (kulturellen) Teil zum Kampf der Systeme bei. Auch der Bau der Berliner Stadtautobahn geht indirekt auf die Teilung der Stadt zurück. Neben einer Verbesserung der Infrastruktur sollte auch die Bewegungsmöglichkeit von Truppenteilen innerhalb des Stadtgebiets bei militärischen Operationen verbessert werden.

Der Ostsektor wurde währenddessen mehr und mehr in die DDR integriert. Im August 1962 beendete der sowjetische Stadtkommandant seine Arbeit und wurde durch einen deutschen “Stadtkommandanten für die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik” ersetzt. Ab 1976/77 erfolgte die allmähliche Gleichstellung des Ostsektors mit den Bezirken der DDR. So wurden beispielsweise im Jahr 1976 die Kontrollposten an den Ausfallstraßen von Ostberlin geschlossen. Der Sonderstatus Groß-Berlins, der in der von den Vier Mächten gemeinsam verwalteten Stadt seinen Ausdruck finden sollte, wurde damit weiter unterlaufen.

fn24. Vgl. ebd. S. 103; Chronik der Mauer, abgerufen am 19.1.2015.