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Rundgang durch das Gerichtsgebäude

Gebäude des Oberverwaltungsgerichts

Das Gebäude entstand nach dem Ent­wurf des Gehei­men Ober­bau­rats Paul Kischke (1904) in den Jahren von 1905 bis 1907, nach­dem der Senats­präsi­dent Wil­helm Jebens anläss­lich des 25-jähr­igen Jubi­läums des Preußi­schen Ober­ver­waltungs­ge­richts im Jahre 1900 einen eigenen Gerichts­bau gefor­dert hatte. Entstan­den ist ein statt­licher, Würde aus­strah­lender Justiz­palast, dessen Wuch­tig­keit durch den mittel­deut­schen Barock­stil etwas gemil­dert wird.

Während der Zeit des National­sozialis­mus beher­bergte das Gebäu­de seit 1941 das Reichs­ver­wal­tungs­gericht. Nach dem 2. Welt­krieg erhielt in dem Justiz­palast an der Harden­berg­straße zunächst für fünf Jahre das Bezirks­ver­waltungs­gericht für den briti­schen Sektor Berlins seinen Sitz. Im Früh­jahr 1951 wurden an dieser Stelle das Ober­verwal­tungs­gericht und das Verwal­tungs­gericht Berlin aus der Taufe gehoben, die ihrer­seits auch nur für eine vorüber­gehen­de Zeit in dem Gebäu­de bleiben konnten. Schon im Früh­jahr 1953 mussten sie dem zwischen­zeit­lich gegrün­deten Bundes­ver­wal­tungs­gericht weichen, das als höchstes Verwal­tungs­gericht der Bundes­republik Deutsch­land seinen Sitz im Gebäu­de des ehema­ligen Preußi­schen Ober­verwal­tungs­gerichts nahm, bis es im August 2002 nach Leipzig umzog. Nach­dem das Ober­verwal­tungs­gericht Berlin zusam­men mit dem Verwal­tungs­gericht im Herbst 1958 das eigens für sie errich­tete, nunmehr unter Denk­mal­schutz stehen­de Gerichts­gebäu­de in der Harden­berg­straße 21 bezo­gen hatte und seit Ende 1993 in einem moder­nen Büro­gebäu­de in Ber­lin-Moa­bit unter­ge­bracht war, konnte es am 1. Oktober 2004 seinen Dienst wieder im Gebäu­de des ehema­ligen Preußi­schen Ober­ver­waltungs­gerichts aufneh­men. Seit der Fusion des Ober­verwaltungs­gerichts Berlin mit dem Ober­verwaltungs­gericht für das Land Branden­burg ist das Gebäude Gerichts­sitz des Ober­verwaltungs­gerichts Ber­lin-Branden­burg.

Das Gerichtsgebäude verfügt über einen repräsenta­tiven Großen Sitzungs­saal, drei Sitzungs­säle für Verhand­lungen und einen Konfe­renz­raum. Die früher als Wohnung des Präsiden­ten dienen­den Räume (im Anschluss an den Großen Sitzungs­saal) werden heute als normale Gerichts­räume genutzt.

Auf der reich gegliederten Front­seite sind das Sockel- und das Erdge­schoss nach dem Vorbild italie­nischer Paläs­te durch derbe “Rustika”, also block­weise gefügte raue Wände, verbunden. Darüber erhe­ben sich die beiden Ober­geschos­se. Auf den beiden Säulen, die das prunk­volle Haupt­portal umrah­men, sind zwei sitzen­de Figu­ren angeord­net, links die Weis­heit, die das zu sprechen­de Urteil sucht, und rechts die Wahr­heit, die das Urteil spricht. Auf der Attika des Mittel­risalits stehen vier weitere Figu­ren, in der Mitte die beiden vor Gericht streiten­den Parteien, links außen Pallas als Symbol der Klug­heit und rechts außen Justizia als Symbol der Gerech­tigkeit.

Die hohe Eingangshalle, die den Besu­cher empfängt, ist von einem Kreuz­gewölbe über­deckt und gekrönt durch ein Rund­medaillon, das den zur Sonne fliegen­den preußi­schen Adler darstellt. Von hier führte ursprüng­lich eine zwei­läufige Marmor­treppe mit einer Kanzel in der Mitte zum oberen Hallen­teil. Die jetzige Gestal­tung als einläu­fige breite Marmor­treppe mit zwei Absät­zen erfolg­te erst 1925. Für die Gestal­tung der Halle und des Treppen­hauses holte man Würz­burger Muschel­kalk­stein, Ettrin­ger Tuff­stein und Wetzla­rer Marmor. Vom oberen Hallen­teil leiten den Besu­cher nach Art italie­nischer Palast­trep­pen zwei halb­runde Haupt­treppen zu den beiden Ober­geschos­sen.

Im dritten Obergeschoss mündet das Treppen­haus in ein geräu­miges Foyer, das mit Marmor­säulen und einem Marmor­kamin ausge­stattet ist.

Von dort betritt man den Großen Sitzungs­saal, der sich über die volle Breite des Mittel­baus erstreckt, ein Raum von harmo­nischen Maßen, von dem man sagt, er suche seines­gleichen in Berlin. Einem Wunsche der den Entwurf begut­achten­den König­lichen Akade­mie des Bauwe­sens folgend erhielt der Saal große Fenster, damit er gebüh­rend zur Gel­tung kommen kann. Seine Wand­flächen und die Decke sind heller getönt, nur die obere Hälfte der Wände ist dunkel­grün gehal­ten und gibt damit einen warmen Unter­grund ab für die insge­samt sechs Gemäl­de der Präsiden­ten des Preußi­schen Ober­verwal­tungs­gerichts, der “Ahnen­galerie”.

Im Gegensatz zu der auf Reprä­sen­tation bedach­ten Gestal­tung der Treppen­auf­gänge und des Großen Sit­zungs­saals sind die Richter­zim­mer über­wie­gend klein gehal­ten. Sie waren ursprüng­lich nicht vorge­sehen, weil die Planer des Hauses davon ausgin­gen, die Richter würden, wie bisher, im Wesent­lichen zu Hause arbei­ten und nur zu den Sitzun­gen und Beratun­gen das Dienst­gebäu­de auf­suchen. Diese Annah­me hing aber wesent­lich von der damals beste­hen­den Einrich­tung des “Akten­wa­gens” ab, eines Pferde­fuhr­werks, mit dem die Akten und sonsti­gen Unter­lagen zwischen dem Gericht und den Woh­nun­gen der Richter beför­dert wurden. Gegen Ende des ersten Welt­kriegs musste dieser Fahr­dienst “aus Mangel an Bespan­nung”, wie es hieß, einge­stellt werden. Nun­mehr wurde es erfor­der­lich, auch für die Richter eigene Zimmer im Gericht zu schaf­fen, was zu entspre­chen­den Umbau­ten inner­halb des Hauses führte.

Auch die drei weiteren Sitzungs­säle des Gerichts sind eher klein. Für die in den letzten Jahren immer zahl­reicher werden­den Zuhö­rer reichen sie oft nicht aus, sodass Sitzun­gen, die auf größe­res Inter­esse der Öffent­lich­keit stoßen, im Großen Sitzungs­saal stattfinden.

Ursprünglich gab es eine nach modern­sten Gesichts­punkten ausge­stat­tete Biblio­thek mit einer geplan­ten Kapa­zität von etwa 65 000 Bänden in einem vier­geschos­sigen eisernen Bücher­magazin sowie zwei geson­derten weit­räumi­gen Lese­zim­mern. Die Bücher dieser Biblio­thek sind mit dem Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt nach Leipzig umge­zogen.