Zweiter Abschnitt - Vollzugsverlauf

§ 7

Aufnahme

(1) Mit den Untersuchungsgefangenen wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Aufnahmegespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Sofern es für die sprachliche Verständigung mit den Untersuchungsgefangenen erforderlich ist, sind Sprachmittlerinnen oder Sprachmittler hinzuzuziehen. Den Untersuchungsgefangenen wird ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt oder in anderer Weise dauerhaft zugänglich gemacht. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Untersuchungsgefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

(3) Die Untersuchungsgefangenen werden alsbald ärztlich untersucht.

(4) Den Untersuchungsgefangenen ist Gelegenheit zu geben, eine Angehörige oder einen Angehörigen oder eine Vertrauensperson von der Aufnahme in die Anstalt zu benachrichtigen, soweit eine verfahrenssichernde Anordnung nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung nicht entgegensteht.

(5) Die Untersuchungsgefangenen werden dabei unterstützt, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige, zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und der Wohnung und zur Sicherung ihrer Habe außerhalb der Anstalt zu veranlassen.

§ 8

Verlegung und Überstellung

(1) Untersuchungsgefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt oder überstellt werden, wenn es

  1. zur Umsetzung einer verfahrenssichernden Anordnung nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung,
  2. aus Gründen der Sicherheit der Anstalt oder
  3. aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen im Einzelfall

erforderlich ist. Zuvor ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Verteidigung erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, soweit dies die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs und die Sicherheit der Anstalt nicht gefährdet.

(2) § 7 Absatz 4 gilt entsprechend.

§ 9

Vorführung, Ausführung und Ausantwortung

(1) Auf Ersuchen eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft werden Untersuchungsgefangene vorgeführt, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt. Über Vorführungsersuchen in anderen als dem der Inhaftierung zugrunde liegenden Verfahren sind das Gericht und die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten.

(2) Aus besonderen Gründen können Untersuchungsgefangene unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht ausgeführt werden. Ausführungen zur Befolgung einer gerichtlichen Ladung sind zu ermöglichen, soweit darin das persönliche Erscheinen angeordnet ist oder dies aus sonstigen prozessualen Gründen erforderlich ist und eine verfahrenssichernde Anordnung nach § 119 Absatz 1 der Strafprozessordnung nicht entgegensteht. Vor der Entscheidung ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Verteidigung erhält Gelegenheit zur Stellungnahme, soweit dies die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs und die Sicherheit der Anstalt nicht gefährdet. Liegt die Ausführung ausschließlich im Interesse der Untersuchungsgefangenen, können ihnen die Kosten auferlegt werden.

(3) Untersuchungsgefangene dürfen befristet dem Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Ordnungs-, Zoll- oder Finanzbehörde auf Antrag überlassen werden (Ausantwortung). Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

§ 10

Entlassung

(1) Auf Anordnung des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft entlässt die Anstalt die Untersuchungsgefangenen unverzüglich aus der Haft, es sei denn, es ist in anderer Sache eine richterlich angeordnete Freiheitsentziehung zu vollziehen.

(2) Aus fürsorgerischen Gründen kann Untersuchungsgefangenen der freiwillige Verbleib in der Anstalt bis zum Vormittag des zweiten auf den Eingang der Entlassungsanordnung folgenden Werktags gestattet werden. Der freiwillige Verbleib setzt das schriftliche Einverständnis der Untersuchungsgefangenen voraus, dass die bisher bestehenden Beschränkungen aufrechterhalten bleiben.

(3) Bedürftigen Untersuchungsgefangenen kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.