Denksteins „1933 – 1938 – 1945 Zerstörte Vielfalt“ am Helene-Weigel-Platz enthüllt

Pressemitteilung vom 17.12.2013

Ben Wagin und der Bezirksstadtrat für Wirtschaft und Stadtentwicklung, Christian Gräff, enthüllten am Montag, dem 16. Dezember eine Granitplatte mit der Aufschrift „1933 – 1938 – 1945 Zerstörte Vielfalt“ und dem Logo des Berliner Themenjahres am Helene-Weigel-Platz, vor dem Alten Marzahner Rathaus. Anschließend legten sie gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der benachbarten Grundschule unter dem Regenbogen, die die Patenschaft für den Stein übernommen haben, weiße Rosen nieder.

Die Wahl des Standortes für den Denkstein am Helene-Weigel-Platz, inmitten der Großsiedlung Marzahn erfolgte symbolisch für alle Orte der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung im Bezirk Marzahn-Hellersdorf und soll zugleich derer gedenken bzw. mahnen. „Dies sind die Opfer des Zwangslagers für Sinti und Roma in Marzahn, der Heil- und Pflegeanstalt Wuhlgarten in Biesdorf und verfolgte jüdischen Einwohnern aus Biesdorf, Kaulsdorf, Marzahn und Mahlsdorf sowie tausende Zwangsarbeiter, die auch nach Marzahn-Hellersdorf verbracht wurden und die auf dem Parkfriedhof Marzahn zwischen 1933 und 1945 oft anonym bestatteten Opfer des NS-Regimes. Als jüdische Frau musste die Namensgeberin des Platzes, Helene Weigel, die Pogrome dieser Zeit selbst erfahren und Deutschland verlassen“, so der Bezirksstadtrat. Er freue sich, so Christian Gräff weiter, dass die letzte wichtige Veranstaltung des Themenjahres – das Louis Lewandowski Festival (Synagogal Musik jüdischer Komponisten) am 21. Dezember um 19.00 Uhr auch in der Krankenhauskirche im Wuhlgarten, Brebacher Weg 15, Haus 34, 12683 Berlin, stattfindet.

Die Grüße von Kulturstaatsekretär André Schmitz und den Berliner Kulturprojekten, die für dieses Berliner Themenjahr 2013 – Zerstörte Vielfalt verantwortlich zeichnen, überbrachte Rainer E. Klemke, von der Projektleitung des Berliner Themenjahres.
Der Denkstein ist aus einer Granitplatte im Format 1 m x 1,20 m und wurde inmitten des ersten Podestes der Stufen vor dem alten Rathaus Marzahn zum Kunstwerk „Brunnen der Generationen“ gesetzt.
Die Verbreitung der NS-Ideologie durchdrang auch die damaligen Siedlungsdörfer Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf sowie Hellersdorf, die heute zum Bezirk Marzahn-Hellersdorf gehören und zeigte sich in vielen Facetten der Verfolgung, Entrechtung, Enteignung und schließlich Deportation von Juden, die Internierung und Deportation von Sinti und Roma, Zwangssterilisationen und „Euthanasie“- Vorbereitungen in der Anstalt Wuhlgarten und Zwangsarbeit.

In zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wurde insbesondere im Themenjahr 2013 Zerstörte Vielfalt berichtet. Darunter:

1. Beiträge des Bezirksmuseums

24.3. bis 10.11.2013
Ausstellung „Marzahn-Hellersdorf 1933 bis 1945“ im Bezirksmuseum

seit 30.4.2013
Open-Air-Ausstellung „Lager Kaulsdorfer Straße 90“ (seit 30.4.2013)

Weiterhin:
Beeindruckende Veranstaltung des Wuhlgarten e.V. in der Krankenhauskirche:
am Freitag, 01.11., 19 Uhr, in der Krankenhauskirche im Wuhlgarten:
Veranstaltung mit Vorträgen „Im Gedenken an die Euthanasieopfer 1940-1941“

In Kooperation mit dem Heimatverein Marzahn-Hellersdorf:
Sa, 02.11., 10 bis 16 Uhr, Tag der Regional- und Heimatgeschichte in der ASH zum Thema “Marzahn-Hellersdorf im Dritten Reich” mit Vortragsreihe
4. 11. Wiederanbringung der Gedenktafel für Heinrich Grüber

Geplant weiterhin:
- Verlegung eines Stolpersteines für Elise Block vor dem Haus Leopoldstr. 32 in Kaulsdorf
am 30.11. um ca. 10.30 Uhr

2. Ausstellungszentrum Pyramide:

04.05. – 19.07.2013
“Typisch Zigeuner” ? – Mythos und Lebenswirklichkeiten Ausstellung von Romnokher Mannheim – mit Führungen und Begleitprogramm

14.05. bis 19.07.2013
Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma in Berlin
Ausstellung des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin Brandenburg e.V., Partnerin war die Vorsitzende Petra Rosenberg; erfolgreiche Lesung, Musikprogramm und Gespräch mit Petra Rosenberg am 30.05.

10.10. – 15.11.2013
Verbrannte Bücher Von den Nazis verfemte Schriftsteller
Ausstellung des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas e.V.

Erfolgreiche Veranstaltung am Donnerstag, 24.10., 18 Uhr:
Lea Rosh und Jörn Schütrumpf lasen aus den
Liebesbriefen der Rosa Luxemburg

18.10. – 15.11.2013
Humanisten im Fokus – Widerstand einer vielfältigen Bewegung und ihre Verfolgungsgeschichte
Ausstellung des Humanistischen Verbandes Deutschlands

3. Wirtschaftsförderung – ZAK

09. 09. – 21. 11.2013
Mittels Folie werden zerschlagene bzw. geborstene Schaufenster im Marktplatz-Center Hellersdorf simuliert und so sehr eindrucksvoll an die zerbrochenen Schaufensterscheiben jüdischer Kaufleute während der Pogrome des NS-Regimes hingewiesen.

Ben Wagin: Denksteine „1933 – 1938 – 1945 Zerstörte Vielfalt“

Anlässlich des Berliner Themenjahres „2013 – Zerstörte Vielfalt“ hat der Baumpate und Berliner Künstler Ben Wagin als Botschaft aus seinem „Parlament der Bäume“ am Schiffbauerdamm an Orten der durch die Nationalsozialisten zerstörten Vielfalt Denksteine verlegt. Die ehemaligen Gehwegplatten aus Granit aus dem Vorkriegsberlin tragen die Geschichte der Stadt in sich und sollen nachhaltig an die Gleichschaltung der deutschen Hauptstadt durch die Nationalsozialisten erinnern. Mit den Daten 1933 und 1945 weisen sie an den Anfang und das Ende der NS-Diktatur hin und mit dem Jahr 1938 bezeichnen sie einen Wendepunkt, von dem an nicht nur Synagogen und Geschäfte zerstört wurden, sondern ein geplantes millionenfaches Morden in einer weiteren Eskalationsstufe auf den Weg gebracht wurde und nicht nur die Synagogen, sondern späterhin die Welt in Brand gesetzt, bis schließlich auch Berlin in Schutt und Asche lag.
An diesen Endpunkt und den Kampf um den Reichstag, bei dem 8.000 sowjetische Soldaten nach dem Sieg noch mal völlig sinnlos von einem vergessenen Maschinengewehrnest im Reichstag niedergenmetzelt wurden, als sie ihren blutig erkämpften Sieg und den 1. Mai feiern wollten, erinnert der erste Denkstein im Parlament der Bäume am Schiffbauerdamm. Ein weiterer gegenüber dem Reichstag nahe dem Kanzleramt an die Krolloper, wo u.a. das Ermächtigungsgesetz verabschiedet und der II. Weltkrieg ausgerufen wurde. Am Savignyplatz, korrespondierend mit der Wandgestaltung von Ben Wagin auf dem S-Bahnsteig, erinnert ein Denkstein an die mehr als 11.000 ermordeten Juden aus dem heutigen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und das reiche, vor allem von jüdischen Berlinerinnen und Berlinern getragen kulturelle Leben rund um den Platz. Am Reinickendorfer Freiheitsweg zeugt der Denkstein unter den aus Auschwitz-Birkenauer Sämlingen gewachsenen Birken vom millionenfachen Mord an Juden aus ganz Europa, der ab 1938 ins Werk gesetzt wurde. Mit dem Denkstein am Köpenicker Futranplatz wird nicht nur mit dem Namensgeber des Platzes auf eines der ersten Opfer rechter Gewalt in der Frühzeit der Weimarer Republik Bezug genommen, sondern auch auf die dort im November 1939 zerstörte Synagoge. In der Spandauer Klinik Havelhöhe liegt der Denkstein vor der ehemaligen Luftkriegsschule, in dem das Personal für Hermann Görings Luftwaffe ausgebildet wurde, die mit den Flächenbombardements auf London, Canterbury, Warschau, Leningrad und viel anderen Orten einen zuvor nicht gekannten Vernichtungskrieg entfesselte, der letztlich nach Berlin zurückschlug und die Stadt in Trümmer legte. Dafür steht als Denkzeichen die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, vor der ein weiterer Denkstein von Ben Wagin an diese Folgen der NS-Verbrechen wie auch an die Novemberpogrome 1938 erinnert, die am Tauentzien und am Kurfürstendamm mit der Zerstörung jüdischer Geschäfte und der Verfolgung und Ermordung ihrer Eigentümer ein weithin sichtbares Fanal setzten.

Fotos liegen in der Pressestelle vor und können gemailt werden.