Antisemitismus in Neukölln

Nie wieder jetzt Plakat

2. Teil der Veranstaltungsreihe der Volkshochschule Neukölln

Bewältigte Vergangenheit?

„Nie wieder ist jetzt!“ lautet die Parole nicht erst seit dem 7. Oktober 2023. Beschworen wird der Gründungskonsens nach der „deutschen Katastrophe“, dem von den Nationalsozialisten entfesselten Weltkrieg und dem millionenfachen Judenmord. Unterschlagen wird, dass dieser vermeintliche Konsens in der Nachkriegsgesellschaft höchst umstritten war und auf massive Abwehrreaktionen stieß.

Debatten um Schuld und Verantwortung, um Bestrafung der Täter und Wiedergutmachung für die Opfer, um Schlussstrich und Vergangenheitsbewältigung prägen die deutsche Ge-schichte von 1945 bis heute. Und noch immer sucht sich der Judenhass ein Ventil durch Verhöhnung der Opfer und Relativierung der Verbrechen, durch das frivole Spiel mit Nazi-Symbolen und -Parolen, durch Schändung von Gedenkorten.

Nachdem wir uns 2024 intensiv mit der Geschichte der Judenverfolgung im nationalsozialis-tischen Neukölln beschäftigt haben, steht in diesem Halbjahr der Umgang mit dem toxischen Erbe des „Dritten Reiches“ im Mittelpunkt.

Begleitende Ausstellungen

Von christlicher Judenfeindschaft

Die Ausstellung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) setzt sich kritisch mit antisemitischen Traditionen in Theologie und Kirchen-geschichte der letzten 2000 Jahre auseinander.

Die Ausstellung wurde 2024 bundesweit an mehreren Standorten gezeigt. In Neukölln ist sie im Februar und März in der Martin-Luther-Kirche zu sehen.

  • vom 30.01. – 31.03.2025
  • Mo, Di, Do und Fr von 8:30 – 19 Uhr
  • Martin-Luther-Kirche, Fuldastr. 50, 12045 Berlin

Neuköllner Stolpersteine

Die Ausstellung des Mobilen Museums Neukölln stellt das Projekt des Künstlers Gunter Demnig vor und präsentiert ausgewählte Schicksale von mittlerweile 265 geehrten Neuköllner Naziopfern.

Sie wurde seit 2019 bereits an vielen Orten Neuköllns gezeigt. Im April und Mai 2025 ist sie im Zentrum für Sprache und Bewegung auf dem Campus Efeuweg zu sehen.

  • vom 25.03. – 31.05.2025
  • Mo – Fr von 8:30 – 21 Uhr
  • Zentrum für Sprache und Bewegung, Efeuweg 38, 12357 Berlin

Von christlicher Judenfeindschaft

Eröffnung der gleichnamigen Ausstellung der EKBO, mit der Bildungsstadträtin Janine Wolter, Superintendent Christian Nottmeier, Erinnerungskulturbeauftragte Marion Gardei und Pfarrer Alexander Pabst. Musikalische Begleitung: Klezmer-Band Querbeet.

Die Wanderausstellung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) beleuchtet systematisch die Entstehung und Weiterwirkung antijüdischer Vorurteile in der christlichen Tradition. Von Ritualmordlegenden bis hin zu Verschwörungserzählungen zeigt sie die Absurdität und Grausamkeit christlichen Judenhasses – und warum es heute wichtig ist, diese Themen aufzuarbeiten.

Die Ausstellung wurde 2024 in der Berliner Sophienkirche erstmals präsentiert und seitdem bundesweit an mehreren Standorten gezeigt. In Neukölln ist sie vom 31. Januar bis 31. März in der Martin-Luther-Kirche zu sehen: Montag bis Freitag, 8 bis 20 Uhr.

Ort: Kirchsaal der Martin-Luther-Kirche, Fuldastr. 50
Termin: 30.01.2025, 18:30 Uhr

Weitere Informationen zur Ausstellungseröffnung:

Neuköllner Erinnerungskultur nach 1945

Vortrag über den schwierigen Umgang mit dem Erbe der NS-Vergangenheit. Von Henning Holsten (Lokalhistoriker)

Der totale Zusammenbruch des Naziregimes 1945 hinterließ nicht nur materiell ein Trümmerfeld. Die schockartige Konfrontation mit den NS-Verbrechen stellte die deutsche Bevölkerung auch vor Fragen ihrer moralischen Mitschuld und politischen Verantwortung. Diese wurden jedoch schon bald vom Systemkonflikt des Kalten Krieges überlagert, der im Westberliner Frontstadtbezirk Neukölln auch auf dem Gebiet der Erinnerungspolitik mit besonders harten Bandagen ausgetragen wurde.

Angesichts einer fehlenden jüdischen Gemeinde bedurfte es der Spurensuche einer nachgeborenen Generation, um die Leerstellen zu finden und zu markieren, die der Judenmord ins kollektive Gedächtnis des Bezirks gerissen hatte. Erst in den 1980er Jahren wurde das Fundament gelegt für die vielfältige Erinnerungskultur, wie wir sie heute kennen.

Der Vortrag des Lokalhistorikers Henning Holsten zeigt den langen Weg, der vom ersten Neuköllner Gedenktag für die Opfer des Faschismus im Sommer 1945 bis zu den Gedenktafeln, Stolpersteinen und Gedächtnisritualen der Gegenwart führte. Er bietet damit einen Überblick über die Themen der folgenden Veranstaltungen und lädt ein zur Diskussion der Frage, ob Bezirkspolitik und Zivilgesellschaft den hohen Ansprüchen des „Nie wieder!“ gerecht werden konnten.

Ort: Kurt-Löwenstein-Haus, Karlsgartenstr. 6, Raum 101
Termin: 07.02.2025, 19 – 21 Uhr

Zur Anmeldung:

Kirche und Antisemitismus

Ein Podiumsgespräch über historische Erinnerung, Schuld und Verantwortung. Mit Marion Gardei (Beauftragte für Erinnerungskultur), Christian Nottmeier (Superintendent) und Bernd Krebs (Kirchenhistoriker), moderiert von Henning Holsten.

„Mit großem Schmerz sagen wir: Durch uns ist unendliches Leid über viele Völker und Länder gebracht worden“ – dieses vage Schuldbekenntnis aus der Stuttgarter Erklärung der Evangelischen Kirche vom Oktober 1945 steht für den halbherzigen Beginn der kirchlichen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Es sollte noch Jahre und Jahrzehnte dauern, bis Opfer und Täter klar benannt, antijudaistische Traditionen und NS-Verstrickungen der Kirche aufgearbeitet und aktive Sühnearbeit und christlich-jüdischer Dialog in Gang gesetzt werden konnten.

Begleitend zur Ausstellung Von christlicher Judenfeindschaft blicken wir zurück auf das „Klima der Verdrängung und Schuldabwehr“ (H.J. Schoeps) der ersten Nachkriegsjahrzehnte, fragen nach dem heutigen Umgang mit Relikten und Traditionen des Judenhasses und den Perspektiven einer Aussöhnung durch Erinnerung. Mit Pfarrerin Marion Gardei, Beauftragte für Erinnerungskultur und Initiatorin der Ausstellung, diskutieren die Neuköllner Kirchenhistoriker Christian Nottmeier, Superintendent des Kirchenkreises, und Bernd Krebs, ehemaliger Pfarrer der Bethlehemsgemeinde und Beauftragter der EKBO für das Reformationsjubiläum 2017. Die Moderation übernimmt der Historiker Henning Holsten.

Ort: Gemeindesaal der Martin-Luther-Kirche, Fuldastr. 50
Termin: 13.02.2025, 19 – 21 Uhr

Zur Anmeldung:

Demokratische Erinnerungskultur

Podiumsgespräch über Errungenschaften und Aufgaben der NS-Aufarbeitung

Mit Udo Gößwald (ehem. Museumsdirektor), Hilde Schramm (Mitgründerin Stiftung „Zurückgeben“) und Rabbi Andreas Nachama (Gründungsdirektor „Topographie des Terrors“), moderiert von Henning Holsten.

Haus der Wannseekonferenz, Topographie des Terrors und Holocaust-Mahnmal, Jüdisches Museum und Centrum Judaicum, Gedenkorte und Stolpersteine in allen Bezirken – die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit und das zerstörte jüdische Leben sind heute im Berliner Stadtbild präsent wie nie zuvor. Das ist alles andere als selbstverständlich, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger öffentlicher Debatten und politischer Kämpfe.

Mit führenden Protagonisten dieser Auseinandersetzungen blicken wir zurück auf Widerstände und Errungenschaften, Lücken und Desiderate der wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Berlin seit den 1980er Jahren. Udo Gößwald, Kultur- und Politikwissenschaftler, war Mitbegründer der Berliner Geschichtswerkstatt und über 30 Jahre Leiter des Museums Neukölln. Die Erziehungswissenschaftlerin Hilde Schramm hat sich in Bürgerinitiativen, Stiftungen und Politik für Gedenkorte und Entschädigungen von NS-Opfer engagiert. Der Historiker und Rabbiner Andreas Nachama war Gründungsdirektor der Topographie des Terrors und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, und moderiert in vielen Funktionen den Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen.

Ort: Foyer im Kulturstall des Gutshof Britz, Alt-Britz 81
Termin: 22.02.2025, 16 – 18 Uhr

Zur Anmeldung:

Das Schullandheim im Haus der Wannseekonferenz

Eine Spurensuche in der heutigen Gedenk- und Bildungsstätte. Mit Gerd Kühling (Aktives Museum) und Renate Lauzemis (ehem. Neuköllner Lehrerin).

Die Villa am Wannsee, in der am 20. Januar 1942 die nationalsozialistische „Endlösung der Judenfrage“ geplant wurde, ist seit mehr als 30 Jahren ein Eckpfeiler der Berliner Erinnerungskultur. Daß die Gedenkstätte erst zum 50. Jahrestag der Wannsee-Konferenz eröffnet werden konnte, lag auch am Widerstand des Bezirksamts Neukölln, das in dem Gebäude von Anfang der 1950er bis Ende der 1980er Jahre ein Schullandheim betrieb. Jahrzehntelang Zankapfel der Westberliner Gedenkpolitik, dokumentiert dieser Streit heute die Schwierigkeiten der Vergangenheitsaufarbeitung zu Zeiten des Kalten Krieges.

Bei einem Rundgang über das Gelände und durch die Ausstellungsräume und einem anschließenden Experten- und Zeitzeugengespräch soll an die damaligen Debatten, ihre Akteure und ihre Motive erinnert werden. Dabei geht es sowohl um den veränderten Umgang mit Täterorten, als auch die pädagogische Vermittlung der NS-Verbrechensgeschichte. Referieren werden der Historiker Gerd Kühling und die ehemalige Schulleiterin der Sonnenschule, Renate Lauzemis. Eingeladen sind insbesondere ehemalige Neuköllner Lehrer und Schüler, die aus eigenen Erfahrungen mit dem Schullandheim berichten können.

Ort: Foyer im Haus der Wannseekonferenz, Am Großen Wannsee 56-58
Termin: 07.03.2024, 14 – 17 Uhr

Zur Anmeldung:

Städtepartnerschaft Neukölln – Bat Yam

Ein Überblick über Aussöhnung und Austausch mit Israel. Mit Manfred Herrmann (Freunde Neuköllns e.V.) und Henning Holsten (Lokalhistoriker)

Die Wappen von 13 Partnerstädten schmücken das Rathaus Neukölln. Seit 1955 betreibt der Bezirk diese Form der „kommunalen Außenpolitik“, als Zeichen der Weltoffenheit und Verständigung über Ländergrenzen hinweg – auch eine praktische Konsequenz aus zwei Weltkriegen und den beispiellosen Verbrechen der NS-Zeit. Seit 1978 zählt zu diesen Partnerstädten auch das israelische Bat Yam, gelegen am Mittelmeerstrand südlich von Tel Aviv.

Die Vorträge beschreiben am Beispiel dieser deutsch-israelischen Städtepartnerschaft die Idee der Völkerverständigung „von unten“, ihre Entstehung und Entwicklung seit der Nachkriegszeit und ihre Bedeutung für die Begegnung von Deutschen und Israelis nach der Schoah. Es referieren Manfred Herrmann vom Verein Freunde Neuköllns, der sich seit Jahrzehnten für die Pflege der Städtepartnerschaften des Bezirks engagiert, und der Lokalhistoriker Henning Holsten.

Ort: Rathaus Neukölln, Puschkin-Zimmer
Termin: 14.03.2025, 19 – 21 Uhr

Zur Anmeldung:

Vernissage: Stolpersteine in Neukölln

(Wieder)Eröffnung der Ausstellung des Mobilen Museums Neukölln. Mit dem Museumsdirektor Matthias Henkel

Ort: Foyer im Zentrum für Sprache und Bewegung, Efeuweg 38
Termin: 25.03.2025, 17 Uhr

Weitere Informationen zur Ausstellungseröffnung:

Stolpersteine gegen Rechts

Ein Erfahrungsbericht über bürgerschaftliches Engagement und politischen Konflikt. Mit Jürgen Schulte von der Bürgerinitiative Hufeisern gegen Rechts.

Eine lebendige Erinnerungskultur braucht engagierte Bürgerinnen und zivilgesellschaftliche Initiativen. Auf diesem Engagement beruht die Idee der Stolpersteine, die ihr Erfinder Gunter Demnig als Zeichen der Verbundenheit der heute Lebenden im Gedenken an die Opfer der Nazi-Barbarei konzipiert hat. Die Anwohnerinitiative, die sich 2012 als Reaktion auf Neonazi-Anschläge und die Schändung des Gedenksteins für Erich Mühsam in der Hufeisensiedlung gegründet hat, steht exemplarisch für die aktive Erinnerung an die Folgen des Versagens der deutschen Gesellschaft im „Dritten Reich“.

Der pensionierte Lehrer und Gewerkschafter Jürgen Schulte berichtet über Anlaß und Motive der Gründung von Hufeisern gegen Rechts, von den umfänglichen Recherchen und Vorbereitungen jeder Stolpersteinverlegung und ihrer Bedeutung für die lokale Erinnerungskultur. Nicht zuletzt geht es dabei auch um Auseinandersetzungen mit Ewiggestrigen, denen ein solches Engagement bis heute ein Dorn im Auge ist.

Ort: Veranstaltungsraum im Zentrum für Sprache und Bewegung, Efeuweg 38
Termin: 08.04.2024, 18 – 20 Uhr

Zur Anmeldung:

(Ent)Ehrung des völkischen Turnvaters?

Podiumsgespräch zum Umgang mit dem AntisemitenFriedrichLudwig Jahn und seinem Denkmal in der Hasenheide. Mit Claudia vonGelieu(Netzwerk Frauen in Neukölln), Lia Bach und Lea Meister (FallingMonuments?)

Wie gehen wir um mit den Relikten einervergangenenErinnerungskultur, die völkische Ideologen und Judenfeinde aufSockel stellteund mit der Namensgebung von Straßen und öffentlichenEinrichtungen ehrte? Mußdas weg – oder löschen wir dadurch Geschichte aus? Wem gehört dieGeschichte – und wer entscheidet, was erinnert werden soll? Und warum erinnernwir fastausschließlich an die „Großen Männer“ der Geschichte?

Das Jahn-Denkmal in der Hasenheide löst seiteinigen Jahrensolche Debatten aus. Der Antisemitismusbeauftragte empfiehlt dieUmbenennungvon Straßen, die seinen Namen tragen. Mit der Politologin,Stadtführerin undAutorin Claudia von Gelieu (Frauentouren) und den KünstlerinnenLia Bach undLea Meister, die 2023 das Projekt Falling Monuments? inNeuköllnpräsentierten, wollen wir vor Ort über möglichegeschichtspolitische undkünstlerische Interventionen diskutieren.

Ort: Hasenheide Neukölln, Treffpunkt am Café Hasenschänke
Termin: 07.05.2025, 18 – 20 Uhr

Zur Anmeldung: