Perspektive und Fazit

Innenraum vor der Sanierung

Innenraum vor der Sanierung

Weitere Entwicklung des Olympiageländes

Für die weitere Entwicklung sind der Berliner Denkmalpflege zwei noch ausstehende Maßnahmen besonders wichtig:

1. Das im Juni 2004 zwischen den zuständigen Verwaltungen abgestimmte Leitkonzept, ein ganzheitliches Entwicklungskonzept für das Gesamtgelände muss sukzessive umgesetzt werden, um über die denkmalverträgliche Umrüstung des Stadions hinaus den Erhalt sowie die denkmalgerechte Instandsetzung des Gesamtareals abzusichern und die übrigen Bestandsgebäude wie die umgebenden Freiflächen des Olympiageländes gegen beeinträchtigende Eingriffe unter wirtschaftlichem, politischem und sportfunktionalem Druck zu schützen.

Das Olympiagelände ist als Gesamtensemble von historischer, landschaftlicher und architektonischer Bedeutung. Der Charakter dieser Anlage ist bei allen Planungen zu berücksichtigen und soweit wie möglich zu erhalten. Es wird also darauf ankommen, Lösungen zu verwirklichen, die sich möglichst optimal diesen Gegebenheiten anpassen und in der Öffentlichkeit Akzeptanz finden. Das Olympiagelände stellt ein herausragendes historisches Bau- und Gartenensemble dar, das bei angemessenem Umgang und unter Beachtung der architektonischen und freiraumplanerischen Prinzipien als Geschichtszeugnis von internationalem Rang ausgeprägt werden kann. Vor allem das empfindliche Gleichgewicht zwischen wenigen Großgebäuden und weiten Freiflächen ist für den Charakter der monumentalen Anlage unverzichtbar.

Insbesondere zu erhalten sind die städtebaulich und denkmalpflegerisch begründeten Raumfolgen und Sichtachsen und die bauliche Dominanz des Olympiastadions.

Die Umsetzung des Sanierungs- und Erhaltungskonzeptes wurde inzwischen durch ein Interessenbekundungsverfahren für die Instandsetzung und den Ausbau des Schwimmstadions sowie durch die Erarbeitung einer Sanierungs- und Ausstellungskonzeption für den Mittelbau der Maifeldtribüne mit Langemarckhalle und Glockenturm eingeleitet. Die Durchführung der angesichts des gefährdeten Zustands der Bauten zwingend erforderlichen Maßnahmen wird maßgeblich von der Sicherung ihrer Finanzierung abhängen.

2. Für die historische Erläuterung des Olympiastadions und des Olympiageländes konnte mit der sogenannten “Historischen Kommentierung” eine Konzeption entwickelt werden, die neben der Aktualisierung der Bestandsaufnahme der vorhandenen Kunstobjekte die Einrichtung eines “Orts der Information” sowie den Aufbau einer Geschichtspromenade durch das Olympiagelände umfasst.

Olympiastadion und Olympiagelände bilden ein Gesamtkunstwerk von Landschaftsplanung, Architektur und Skulptur der nationalsozialistischen Ära. Wie kein anderes Monument ist der Denkmalbereich um das Olympiastadion mit allen Phasen der deutschen Politik und Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts verbunden. Dieser einzigartige Bestand an politisch intendierter Kunst im öffentlichen Raum blieb bis heute erhalten, aber bislang unerläutert.

Aus diesem Grund geht das Erläuterungskonzept von der Aktualisierung der schon vorhandenen Bestandsaufnahmen zu Bau- und Kunstwerken im Olympiagelände aus. In diesen Zusammenhang gehören konkrete Untersuchungen und Restaurierungen der gefährdeten Skulpturen. Darüber hinaus wurden Materialien und Informationen zusammengetragen, die die Entstehung und Entwicklung des Olympiageländes vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute dokumentieren und dem interessierten Besucher des Stadions bzw. des Geländes übersichtlich Informationen zur Architektur, Kunst, Sportgeschichte und zur politischen Geschichte bieten und damit ein vertiefendes Verständnis für die besondere Sportstätte ermöglichen. Ausgehend von dem Ort der Information wird eine “Historische Promenade” durch das Gelände angelegt, die auf einem Pfad die wichtigsten Bauten und Kunstwerke erschließt und vor Ort erläutert. Zunächst wurden aufgrund der Empfehlungen der eingesetzten Expertenkommission im engeren Umkreis um das und im Olympiastadion siebenundzwanzig Erläuterungsstelen sowie eine Lichtsäule auf dem Olympischen Platz als begehbarer “Ort der Information” aufgestellt. Die bereits vorliegende Planung für weitere Erläuterungsstelen auf dem Gesamtgelände soll sukzessive umgesetzt werden.

Die Entscheidung für die Sanierung und Modernisierung des Olympiastadions in Berlin erscheint auch im Nachhinein wegen seiner Bedeutung für die Erhaltung des Gesamtgeländes richtig. Das Bauwerk stellt in seinem jetzigen Zustand trotz unvermeidlicher Substanzverluste ein hochrangiges Baudenkmal dar. Für die gelungene Ertüchtigung und Erhaltung der 70 Jahre alten Sportstätte gibt es weltweit kein Vergleichsbeispiel. Neben den allfälligen Totalverlusten der jüngsten Zeit – von London bis Köln – kann der Berliner Gratwanderung zwischen Innovation und Tradition geradezu Modellcharakter zugesprochen werden.