Hansabücherei im Hansaviertel

Hansabücherei im Hansaviertel

Hansabücherei im Hansaviertel

  • Lesebereiche innen und außen, 2014

    Lesebereiche innen und außen, 2014

  • Lesegarten, 2014

    Lesegarten, 2014

  • Lesenische, 2014

    Lesenische, 2014

  • überdachter Verbindungsgang zum Haupteingang, 2014

    überdachter Verbindungsgang zum Haupteingang, 2014

  • Bronzeskulptur 'Vegetative' von Bernhard Heiliger im Lesegarten, 2014

    Bronzeskulptur 'Vegetative' von Bernhard Heiliger im Lesegarten, 2014

  • Gesamtanlage Hansabücherei zur Entstehungszeit

    Gesamtanlage Hansabücherei zur Entstehungszeit

  • Grundriss U-Bahn­-Empfangsgebäude und Bücherei, Interbau Berlin 1957

    Grundriss U-Bahn­-Empfangsgebäude und Bücherei, Interbau Berlin 1957

  • Verbindungsgang vom U-Bahnhof zur Hansabücherei, 2014

    Verbindungsgang vom U-Bahnhof zur Hansabücherei, 2014

  • Schriftzug, 2014

    Schriftzug, 2014

Nordwestlich angrenzend an den Großen Tiergarten entstand anlässlich der Internationalen Bauausstellung 1957 das neue Hansaviertel als durchgrünte Siedlung. 48 namhafte Architekten und Gartenarchitekten aus 14 Ländern entwarfen unter der Gesamtleitung von Otto Bartning (1883-1959) locker gruppierte Einzelbauten und Gartenanlagen, die der Berliner Öffentlichkeit eine reale Vorstellung der modernen “Stadt von morgen” präsentieren sollten.

Das neue Leitbild war die aufgelockerte und gegliederte Stadt. Offene Raumkompositionen, angepasst an die natürlichen Gegebenheiten, sollten überschaubare Einheiten für eine übersichtliche Bewohneranzahl bieten. Der Lageplan der Ausstellung zeigt alle damals bekannten Bautypen des modernen Wohnungsbaus: vom Einfamilienbungalow bis zum 17-geschossigen Hochhaus. Kommunale und kirchliche Bauten sind ebenso verzeichnet wie gastronomische Treffpunkte und eine Bücherei. Das Ergebnis ist bunt und vielfältig, stilistisch und typologisch heterogen.

Die Hansabücherei entstand 1957 am südlichen Ende des Hansaplatzes als eine der öffentlichen Einrichtungen, die das Interbau-Konzept für die kulturelle Grundversorgung der Nachbarschaft vorsah. Die Errichtung wurde dem Architekten Werner Düttmann (1921-83), späterer Berliner Stadtbaudirektor, übertragen. Er entwickelte mit dem U-Bahn-Empfangsgebäude und der Bücherei in Betonrahmenbauweise mit vertiefter Ziegelausfachung ein Ensemble aus Flachbauten, die zwischen den umgebenden, in die Höhe strebenden Bauten, bodenständig und klar strukturiert wirken.

Auflage zur Gestaltung der Bücherei war es, eine Freihandbücherei nach amerikanischem Vorbild mit frei zugänglichen Regalen und Lesebereichen einzurichten. Neben Sitzgelegenheiten wurden Licht und Offenheit zum zentralen Punkt der Bauaufgabe. Düttmann löste diese Anforderung durch die Anlage eines quadratischen Atriumbaus um einen geräumigen, bepflanzten Innenhof, der von vier Gebäudeflügeln gerahmt und an der südöstlichen Ecke durch ein Wasserbecken begrenzt wird, wodurch die gewünschte Beziehung zum Großen Tiergarten hergestellt wird.

Jeder Gebäudeflügel beherbergt einen eigenen Funktionsbereich der Bücherei mit Orten zum Verweilen und zum Hindurchgehen. Die drei Lesesäle sind besonders transparent gehalten. Zwei davon, der für Erwachsene im Ostflügel und der für Jugendliche im Südflügel, sind an beiden Seiten verglast und ermöglichen einen Ausblick ins Atrium und in die sie umgebenden Grünflächen. Der Zeitschriftenlesesaal im Westflügel ist der allen Besuchergruppen offen stehende Bereich, der durch eine gläserne Wand eventuelle Schwellenangst vor dem Betreten einer Bibliothek mindern soll. Hier endet auch der Verbindungsgang, der Besucherinnen und Besucher direkt von der U-Bahn zur weiten Glastür des Haupteinganges führt.

Die Bibliotheksräume mit klaren, übersichtlichen Linien ermöglichen ein zielgerichtetes Suchen und individuelles Arbeiten. Sie bieten helle Arbeitsplätze und kleine Lesenischen. Die offene Atmosphäre lädt zum Verweilen in den lichtdurchfluteten Räumen ein. Eine besondere Attraktion bietet der Lesegarten mit kleineren Bäumen und niedrigen Stauden. Geschützt unter dem Dach des Atriumgangs oder im Freien können die Besucher sich hier ganz der Lektüre widmen. Die raumhohen Fenster zum Garten sorgen für ein transparentes sowie freundliches Raumgefühl im Inneren. Ein Fenster lässt sich mittels Kurbelmechanik vollständig versenken. So entsteht ein fließender Übergang vom Innenbereich der Bibliothek zum Garten hin, in dem die Bronzeskulptur “Vegetative”, 1955 geschaffen von Bernhard Heiliger, einen besonderen Blickfang bietet.

Bis heute begeistert Düttmanns Lösung einer Bücherei Fachleute und Besucher. Der Bau zeigt seine baukünstlerische Idee der Auflösung von Grenzen zwischen Innen und Außen sowie unterschiedlichen Raum- und Stimmungsangeboten und nimmt viele Qualitäten der später konzipierten Akademie der Künste am Hanseatenweg (1958-60) vorweg. Er schuf mit der engen Verknüpfung von Bibliotheksraum und Atriumgarten im Innenstadtbereich eine einzigartige Leseoase, die zu allen Jahreszeiten Kinder, Jugendliche und Erwachsene anzieht.

Stand: 6/2014

Zeittafel

  • November 1943

    Zerstörung des 1874 gegründeten Hansaviertels durch Bombardierungen

  • 1953

    Erste Wiederaufbauplanung mit einem städtebaulichen Wettbewerb

  • Dezember 1953

    Beschluss des Berliner Senats zur Durchführung einer Internationalen Bauausstellung am Rand des Großen Tiergartens

  • 1956-60

    Locker gruppierte Einzelbauten der “Interbau 57” entstehen unter der Gesamtleitung von Otto Bartning; die Gartenanlagen des Hansaviertels werden von den Landschaftsarchitekten Hermann Mattern, René Pechère, Ernst Cramer, Otto Valentien, Herta Hammerbacher, Edvard Jacobson, Gustav Lüttge, Pietro Porcinai, Wilhelm Hübotter und Christian Theodor Sörensen angelegt

  • 1957

    Werner Düttmann entwirft Bücherei und südliches U-Bahn-Empfangsgebäude; während der Interbau Nutzung der Bücherei als Informationszentrum

  • April 1958

    Die Hansabücherei nimmt den Ausleihbetrieb auf

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    Historische Aufnahme – Archiv Landesdenkmalamt Berlin
    Farbaufnahmen – Wolfgang Bittner, Landesdenkmalamt Berlin
    Grundriss – Amtlicher Katalog, Interbau Berlin 1957
  • Text: quadrinom text und projekt
  • Redaktion: Gesine Sturm, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2014, Nr. 44