Gebärdensprache – ein immaterielles UNESCO-Kulturerbe

Sprechende Hände

von Ursula A. Kolbe

80.000 gehörlose Menschen hierzulande nutzen die deutsche Gehörlosensprache. Aber auch Personen mit Cochlear-Implantat oder Kinder gehörloser Eltern drücken sich damit aus. Diese Sprache vermittelt erfolgreich zwischen gehörlosen und hörenden Menschen, sorgt so für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Leben, unabhängig von technischen Kommunikationsmitteln.

Auch die deutsche Sprache zählt jetzt zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO in Deutschland; von der Kulturministerkonferenz gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien beschlossen. Zu diesem Kulturerbe zählen lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Seit 2003 unterstützt die UNESCO Schutz, Dokumentation und Erhalt verschiedener Kulturformen.

180 Staaten tragen das UNECO-Übereinkommen, Deutschland ist seit 2013 dabei. Die deutsche UNESCO-Kommission hat nun 20 Neueinträge ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Die deutsche Gebärdensprache ist ein vollwertiges Sprachsystem, das sich verschiedener Einheiten zur Übermittlung von Bedeutungen bedient. Dazu gehören Handformen, Mundbilder, Mimik oder Mundgestik. Damit folgt die Gebärdensprache einer grundlegenden anderen Grammatik als das Deutsche und ist simultan und räumlich aufgebaut. Es gibt mehrere diagonale und Soziolekte – genutzt privat wie in der Öffentlichkeit. Angewendet wird es in Bildungseinrichtungen und ist Forschungsgegenstand der Sprachwissenschaften.

Als lebendige Traditionen wurden auch aufgenommen: Buchbinderhandwerk, Kultur der digitalen Echtzeit-Animationen, gemeinwohlorientierte Sportvereinskultur, Herstellung von mundgeblasenem gläsernen Lauschaer Christbaumschmuck, Hüttenkultur im Pfälzerwald, Idee und Praxis der Kunstvereine, Kamenzer Forstfest, Kaspertheater als Spielprinzip, Marktredwitzer Krippenkultur, Papiertheater, Ringreiten, Schwörtagstraditionen in ehemaligen Reichsstädten, Streuobstanbau, traditionelle Bewässerung der Wässerwiesen in Franken, traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Bayern, Uhrmacherhandwerk, Weinkultur.

Insgesamt gibt es nun 126 Einträge im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes von der Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland.

Thüringer Bratwursttradition – ein weiterer Anwärter?
Acht Thüringer Traditionen und Institutionen bewerben sich um eine Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe. Neben der Bratwursttradition stehen laut Staatskanzlei auch die Gartenzwerg-Fertigung in Gräfenroda, das Kindergarten-Konzept von Friedrich Fröbel und der Anbau von Brunnenkresse auf der Liste. Unter den bisher 125 Einträgen gehören mit dem Skatspiel aus Altenburg, dem Eisenacher Sommergewinn, der Heiligenstädter Palmsonntagsprozession und dem Lauschaer Christbaumschmuck bereits vier Thüringer Beiträge zum Immateriellen deutschen Kulturerbe. Das Auswahlverfahren findet bis 2023 statt.