Neue Engel braucht das Land

Buchcover Neue Engel braucht das Land von Peter Josef Dickers

von Peter Josef Dickers

„Freut euch.“ „Gaudete.“ „Der Herr ist nahe.“ In der Liturgie der Katholischen Kirche wird mit diesem Ruf der Dritte Adventssonntag bezeichnet. Keine fröhliche Stimmung ist gemeint. Wer sich auf Gott einlässt, dem wird Heil und Friede zugesichert. Haben wir nichts zu befürchten?

Der Roman „Die Königin der Berge“ von Daniel Wisser ist eine Tragikomödie über die „Krankheit zum Tod“. Der Tod als Menschenfreund. Ein an multipler Sklerose im Endstadium Erkrankter erlebt seine letzten Tage im Pflegeheim. Er fährt im Rollstuhl zur Cafeteria und ins Einkaufszentrum und wartet gelassen auf das, was kommt. Zeiten zum Fürchten liegen hinter uns. Erschöpfte Ärzte und Pfleger hatten Angst vor ihrem nächsten Dienst. Hilflose Menschen an Beatmungs-Geräten in seelisch-körperlicher Not.

Wenn „Markt und Straßen verlassen stehen“, wie Joseph von Eichendorff es beschrieb, wenn Menschen einander fremd wurden, hilft ihnen kein utopisches Versprechen. Wege, die nicht gangbar erschienen, müssen gegangen werden. Auch an kleinen Brunnen löscht man den Durst.

„Wir tun, was nötig ist, solange es nötig ist.“ Das verspricht ein Werbe-Slogan. Uns wird nur ein einziges Leben geschenkt. Damit es gelingt, sind wir dankbar für Zuspruch und Hilfe. Nicht von Menschen aus den Glitzer- und Glamourwelten. Nicht von Helfern, die sich als Wohltäter preisen, dann aber untertauchen, wenn es konkret wird. Nicht alle erinnern sich an das, was sie versprochen haben. Wieder andere bieten ihre Hilfe an, verirren sich aber im Paragrafen-Labyrinth aus Angst, etwas falsch machen zu können.

Gefragt sind Menschen, die wenig reden, sich aber Herausforderungen stellen. Gefragt sind jene, die keine Rezepte für alle Lebenslagen zur Hand haben, aber Wege zeigen, die weiterführen könnten. Gefragt sind Leute, die nicht in Geschichtsbüchern nach Lösungen suchen, sondern die Gegenwart abklopfen. Albert Camus erinnert an den Sisyphos-Mythos: Ein Klotz, den man den Berg hinauf geschafft hat, kann wieder herunter rollen. Man sollte daher nicht so hoch steigen, dass man nicht wieder zurück findet. Man sollte nichts versprechen, was man nicht einhalten kann.

Der Barock-Dichter „Angelus Silesius“, „Schlesischer Engel“ Johann Scheffler, hinterließ uns das Lied „Morgenstern der finstern Nacht, der die Welt voll Freuden macht“. Neue Engel braucht das Land. Nicht Engel, die aus den Weihnachtstagen übrig geblieben sind. „Man muss in den Himmel gehen, um Engel zu finden.“ Das behauptet eine polnische Redewendung. Nein, jeder kann Engel werden. Weihnachtsengel haben nach den Feiertagen Dienstschluss.