Gestaltungsempfehlungen für Oberschöneweide - Gründerzeit

Oberschöneweide - Gründerzeit

Historische Gestaltungsmerkmale für den Bereich A: Gründerzeitbebauung

Von außerordentlicher Bedeutung für das Stadtbild sind die Fassaden, Dächer und Fenster/Türen als Zeugnisse der jeweiligen Bauepoche. Das Ortsbild bzw. ein Straßenraum mit den historischen Fassaden wirkt durch die Plastizität der Fassadenornamente und durch eine harmonische Farbgestaltung lebendig und freundlich. Die historischen Fassaden weisen oftmals eine Vielzahl dekorativer Elemente (Stuckdekor, Reliefs, Putzquaderung u.a.) auf, die nach bestimmten gestalterischen Prinzipien verwendet wurden, so dass ein Gleichgewicht in der Gliederung entstand. Als zusätzliche Gestaltungselemente sind Erker, Balkone, Loggien, Eckbekrönungen und Dachaufbauten oder Frontispize vorzufinden.

Die historischen Fassaden waren durch eine zurückhaltende Farbigkeit geprägt; der Schattenwurf der Stuckelemente und die farbliche Gestaltung der Fenster und Türen setzten Akzente. Die Bedeutung der einzelnen Gestaltungselemente der Fassaden wird immer dann besonders auffällig, wenn die Fassaden ihres Schmucks beraubt wurden und an Plastizität verloren haben. Es ist daher ein wesentliches städtebauliches Ziel, historisch überlieferte Fassaden zu erhalten. Gleichzeitig ist es erforderlich, den Umgang mit abgestuckten Fassaden zu klären.

Historische Fenster wurden aus Holz und in der Regel vierflüglig (geteiltes Oberlicht) gefertigt. Die horizontale feststehende Trennung der Flügel wird als Kämpfer bezeichnet, die vertikale Trennung erfolgte als Pfosten bzw. Stulp. Die Farbgebung der Fenster und Türen war auf die Fassadenfarbigkeit abgestimmt. Die zahlreichen, zum Teil mehr als einhundert Jahre alten Holzfenster beweisen, dass Holz für qualitätsvolle Fenster hervorragend geeignet und bei fachgerechter Pflege sehr langlebig ist. Es besteht daher kein Grund, auf anorganische Stoffe auszuweichen. Als äußerst problematisch sind darüber hinaus Änderungen der Fensterteilung, der Öffnungsgröße und die Anordnung neuer Öffnungen anzusehen.

Die Eingangsbereiche der Gebäude wurden oftmals sehr aufwändig gestaltet. Im Allgemeinen sind die Türen als Holzrahmentüren mit Ausfachungen ausgeführt. Häufig sind Hofdurchfahrten mit großen schweren Holztoren vorzufinden. Vielfach ist über Türen und Toren ein Oberlicht anzutreffen, das teilweise als Rundbogen ausgeführt wurde.

Als das Gebäude nach oben hin abschließendes Bauteil bildet das Dach eine Einheit mit der Fassade. Im gebiet der Gründerzeitbebauung sind unterschiedliche Dachformen vorhanden: Berliner Dach, Satteldach, Pultdach. Wirtschaftliche Überlegungen und attraktive Möglichkeiten zur Wohnraumgestaltung führen vermehrt zum Ausbau von Dachgeschossen. Entscheidend für eine solche Maßnahme ist es, dass das Erscheinungsbild des historischen Daches weitestgehend erhalten bleibt, unter Ausnutzung der ortsüblichen Gestaltungselemente.

Ziele Fassaden:

Grundsätzlich sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Erhaltung der historischen Gliederung wie Gesimse, Erker, Balkone, Achsen und Öffnungen mit allen gestalterischen Details; Schäden sind material- und handwerksgerecht zu reparieren;
  • abgestuckte Fassaden sind vorrangig als Glattputzfassaden auszubilden; gemusterte Putze (soweit nicht bauzeitlich nachweisbar), glänzende Wandverkleidungen oder Werkstoffimitationen sind auszuschließen;
  • geplante gestalterische Veränderungen müssen dem Gebäudetypus entsprechen – z.B. einfache angepasste Gestaltung von Balkonen und Brüstungen;
  • eine äußere Wärmedämmung ist nur zulässig, wenn dadurch weder der historische Wert des Gebäudes noch das Stadtbild negativ beeinflusst werden;
  • die Farbgebung soll entweder nach Farbbefund oder bauzeitlich erfolgen; es sind helle Erdtöne zu verwenden – Sockel sind dunkler, Faschen und Gesimse heller abzusetzen (polychrom);
  • Neubauten bzw. Ergänzungsbauten unterliegen den gestalterischen Hinweisen zur Fassadeninstandsetzung bezüglich Gliederung, Betonung von Achsen und Oberflächenmaterial;
  • An- und Umbauten müssen sich maßstäblich einfügen.

Ziele Fenster/ Türen:

Im Vordergrund muss die Erhaltung der historischen Fenster und Türen stehen. Bei der Fensterinstandsetzung und -erneuerung sind folgende Hinweise zu beachten.

Es ist ein einheitliches und dem Baualter des Gebäudes entsprechendes Erscheinungsbild einer Fassade umzusetzen in Bezug auf:

  • Material: Holz; Fensterformate: stehende Formate;
  • Teilung: vier Flügel; Gliederung: Verhältnis Oberlicht zu unteren Flügeln ca. 1/3 zu 2/3;
  • Maßstäblichkeit des Fensterkreuzes: Verhältnis zwischen Kämpfer und Pfosten bzw. Stulp ca. 1:1;
  • Plastizität bzw. profilierte Ausbildung vom Kämpfer und Pfosten bzw. Stulp;
  • liegende Schaufensterformate sind mit Bezug auf die Gliederung der Obergeschosse zu teilen;
  • auf die Fassade aufgesetzte Rolladenkästen sind nicht zulässig;
  • die Anordnung von Klingelanlagen, Namens- und Werbeschildern sollen sich der historischen Gestaltung unterordnen;
  • bei Neubauten bzw. Ergänzungsbauten sind Anordnung, Formate und Größen der Türen und Fensteröffnungen als ortsbildprägende Merkmale aufzunehmen.

Ziele Dachgestaltung:

Traditionell wurden als sichtbare Dacheindeckung überwiegend rote Tonziegel, in der Form des Berliner Biberschwanzziegels oder des Falzziegels verwendet.

  • Bei Neueindeckungen ist die Wiederherstellung der historischen Dacheindeckung bezüglich Form, Farbe und Oberfläche vorzunehmen; Instandsetzungen sind bezüglich des Materials originalgetreu vorzunehmen, die Verwendung von Tonziegeln wird empfohlen;
  • Dachausbauten dürfen das historische Erscheinungsbild des Daches und damit des Gebäudes nicht wesentlich verändern oder gar verfälschen; Veränderungen von Traufe, First sowie Dachneigungswinkel sind nicht zulässig, Dacherker, Ecktürme oder Frontispize sind zu erhalten;
  • Dachaufbauten und -einschnitte haben in der Anordnung auf die Eigenart und Struktur des Gebäudes z.B. Fensterachsen, Balkone, Erker, Traufkante etc. Bezug zu nehmen;
  • Dachflächenfenster sind nur zu verwenden, wenn die Dachfläche im Straßenraum nicht einsehbar ist oder wo die Errichtung von Dachgauben der Gestalt des Gebäudes nicht entgegensteht.
  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Instandgesetzte abgestuckte Fassade

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Originalgetreu sanierte Fassade/ Dachgeschossausbau

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Instandgesetzte Fassade mit historischen Dachaufbauten

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Überdimensionierte Dachaufbauten

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Vorbildlich instandgesetzte Fassade

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Überbetonung durch auffällige Farbgebung

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Gut erhaltenes Hoftor mit Oberlicht

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Vorbildlich Aufarbeitung der Fenster

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Kunststofffenster mit unproportionierter Gliederung

  • Oberschöneweide - Gründerzeit

    Traditionelle Dacheindeckung