Der 18. RegioTALK des Regionalinkubators Südwest: „Unternehmensführung mit Unternehmenskultur“

Pressemitteilung vom 24.01.2024

v.l.n.r.: Prof. Dr. Frank Schaal, Juri Effenberg, Silvio Schobinger

Der 18. RegioTALK des RIK Berlin Südwest, ausgerichtet am 22. Januar 2024 im Goerzwerk, beschäftigte sich unter dem Überthema „Unternehmensführung mit Unternehmenskultur“ mit der Frage, wie Führungspersönlichkeiten arbeiten, um erfolgreich zu wirtschaften. Im Rahmen von sieben Kurzvorträgen sowie einer anschließenden Podiumsdiskussion, sprachen die Protagonisten des Abends vor rund 70 anwesenden Gästen über ihren Arbeitsethos und wagten einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Unternehmenskultur.

Wie definiert man guten Führungsstil? Nicola Kleppmann ist promovierte Physikerin, sie hat in Cambridge studiert und leitet in Berlin die KT Elektronik GmbH, ein Unternehmen mit 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der ganzen Welt. Eine gestandene Frau. Sie macht ihren Job gern und erfolgreich und war genau deshalb ein wenig irritiert, als ihr ein Mitarbeiter erzählte, was er an ihren Führungsqualitäten schätzt: „Du hast mich nie angeschrien!“ Da lacht das Publikum im Club des Goerzwerks hoch über dem südlichen Rand des Berliner Südwestens. Nicola Kleppmann stimmt mit ein und konstatiert dann doch: „Also eigentlich ist das nicht die Messlatte, an der ich meine Führungsqualitäten bewertet sehen will.“

Diese Anekdote ist zum einen lustig und steht zum anderen für die Offenheit, mit der beim 18. RegioTALK des Regionalinkubators Südwest (RIK) debattiert wird. Sieben Unternehmerinnen und Unternehmer sind an die Goerzallee gekommen, um über ein ebenso spannendes wie zeitgemäßes Thema zu reden: „Unternehmensführung mit Unternehmenskultur – wie arbeiten Führungspersönlichkeiten, um erfolgreich zu sein?“ Den Anfang in der vom scheidenden RIK-Chef Professor Frank Schaal und seinem Nachfolger Juri Effenberg moderierten Runde macht der Gastgeber. Silvio Schobinger erzählt von der Erfolgsgeschichte des Goerzwerks, das er 2015 gekauft und mittlerweile zur Heimat von 135 Unternehmen gemacht hat. Welche Rolle spielt dabei das Zusammenspiel von Unternehmergeist und -philosphie? „Als ich hier ankam, mussten wir den leeren Kasten vollkriegen. Da war es wichtig, nachhaltige Beziehungen aufzubauen. Sonst funktioniert das nicht.“

Blick ins Publikum beim 18. RegioTALK im Goerzwerk

Nina Freund ist eine von denen, die sich hier einquartiert haben. 2017 ist sie mit der Freund GmbH ins Goerzwerk eingezogen und hat sich sofort verliebt in die großen Flächen, auf die ihr auf grüne Wohlfühloasen spezialisiertes Unternehmen so dringend angewiesen ist. Ihr Anspruch ist es, die Natur in geschlossene Räume zu bringen und damit eine Atmosphäre zu kreieren, wie sie auch in ihrem Unternehmen herrschen soll. „Ich gehe auf die Menschen zu und versuche, nie laut zu werden“, sagt Nina Freund. Aber wenn sie persönlich betroffen sei, könne sie auch schon mal emotional werden. Und was die Unternehmenskultur betrifft: „Schreibt man so etwas auf? Oder findet sich das? Es braucht auf jeden Fall Zeit“, und wo sollte man sich die besser nehmen als in einer ihrer grünen Wohlfühloasen.

Von den bemoosten Wänden fällt der Übergang leicht zur Domäne Dahlem, die Frank Schaal in seiner Anmoderation als „einen meiner Berliner Lieblingsorte“ anpreist. Steffen Otte ist vor zwei Jahren aus Hamburg als neuer Geschäftsführer zu dem Bio-Bauernhof mit angeschlossenem Freilandmuseum gekommen und war erst einmal beeindruckt davon, „welches Standing die Domäne in Berlin hat“. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die hauseigene Stiftung und noch einmal zehn die ausgegliederte GmbH, die sich um die Organisation von Veranstaltungen kümmert. Nach einem harten Sparkurs und allerlei Einschränkungen in Folge der Corona-Pandemie war das Betriebsklima bei seinem Amtsantritt eher bescheiden. Steffen Otte hat sich vorgenommen, ein paar Sachen anders zu machen, das heißt: fast alles. „Ich will präsent sein, die Arbeit der Kollegen wertschätzen, selbst mitarbeiten, transparent sein, die Mitarbeiter zu Eigenverantwortung motivieren“ und noch einiges mehr. Ganz schön viel Veränderung, aber der neue Mann sieht sich bestätigt: „Im Großen und Ganzen läuft alles positiv. Auch wenn ein paar Leute schon mal komisch gucken, wenn plötzlich der Chef vorbeischaut und ihnen bei der Arbeit über die Schulter schaut.“

v.l.n.r.: Silvio Schobinger, Erik Ostach, Sven Dosch, Nina Freund, Cornelis Hemmer, Dr. Nicola Kleppmann, Steffen Otte, Juri Effenberg, Prof. Dr. Frank Schaal

Dass früher mal alles anders war, bekommt auch Erik Ostach öfter zu hören. Als Werkstattmeister beim Mercedes-Benz-Werk Marienfelde, dem größten im gesamten Konzern, fällt ihm die Aufgabe zu, altverdienten Mitarbeitern die Notwendigkeit der Digitalisierung näher zu bringen. „Da geht es um Leute, die ihr Leben lang als Facharbeiter hochgeschätzt waren und in deren Berufsbild sich von einem auf den anderen Tag alles ändert. Das ist eine unglaubliche Herausforderung!“ Im Digital Factory Campus lernen ehemalige Metallarbeiter, wie sich Elektronik programmieren lässt. Wie das angenommen wird? „Durchwachsen“, sagt Erik Ostach. „Nicht jeder freut sich über Veränderungen“, und manchmal müssten regelrecht neue Aufgaben für alte Kollegen gefunden werden. „Aber wir nehmen jeden mit, es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen“, und das ist schon eine bemerkenswerte Unternehmenskultur.

Das Prinzip der Wertschätzung treibt auch Cornelis Hemmer um. Gemeinsam mit seiner Ehefrau hat er vor 13 Jahren die Stiftung für Mensch und Umwelt gegründet. „Wir kümmern uns um Artenschutz, das heißt: Heute nennt man das ja biologische Vielfalt“, sagt Cornelis Hemmer. Dieser Respekt vor der Vielfalt fügt sich in den Umgang mit den zehn Männern und Frauen, die für die Stiftung arbeiten. Zur besseren Veranschaulichung wirft Cornelis Hemmer eine Matrix an die Wand, in der Menschenwürde, Transparenz, Solidarität und Nachhaltigkeit ganz bewusst ganz großgeschrieben sind. Ohne Respekt geht nichts bei Mensch und Umwelt.

Diesen Respekt hat sich Sven Dosch auf ganz besondere Weise bei seiner Belegschaft erarbeiten müssen. In vierter Generation führt er die Geschäfte der Dosch Messgeräte GmbH, und ein paar seiner 45 Beschäftigten haben schon für seinen Großvater gearbeitet. Das macht es für den Chef nicht unbedingt einfacher, wenn ihn die Kollegen schon als kleinen Jungen kennen. Sven Dosch hat seinen Papa mal gefragt: „Was ist eigentlich unsere Unternehmenskultur?“ – „Ist halt so.“ – „Aber was ist denn nun unsere spezielle Kultur?“ – „Ach, das ist schwer zu definieren.“ Sven Dosch hat daraus den Schluss gezogen, dass Unternehmenskultur ein fließender Prozess ist, „und dass man am besten gut klaut, also schauen, wo es gut läuft und dann übernehmen. Aber am wichtigsten ist es mir, dass ich authentisch bleibe.“