Gründächer 2020

Methode

Die entwickelte Methode zur Gründacherfassung besteht aus zwei Arbeitsschritten:
  • der automatisierten Vorkartierung, einschließlich der Referenzflächenermittlung sowie
  • der Prüfung und Verbesserung der Vorkartierungsergebnisse mittels Luftbildinterpretation (visuelle Nachkartierung).

Das folgende Schema zeigt den Verfahrensablauf im Detail. Eine entsprechend detaillierte Beschreibung des Verfahrens findet sich im Abschlussbericht (Pauligk & Stöckigt 2022).

Abb. 1: Verfahrensschema - Erfassung des Gründachbestands im Land Berlin 2020

Automatisierte Vorkartierung

Im Rahmen der automatisierten Vorkartierung wurde eine überwachte Klassifizierung zur Vorhersage von Gründächern durchgeführt. Dafür mussten Referenzdaten in einem Teilgebiet (~2000 ha) von Berlin detailliert erfasst werden. Bei der Herleitung von Referenzdaten bilden die Gebäudeumrisse die Analysefläche, d. h. es wurde nur innerhalb dieser nach Vegetation gesucht. Gebäude, die nicht in den Datengrundlagen (ALKIS, NOT-ALKIS) vorhanden waren, wurden nicht analysiert. Zur Erfassung der Gründächer innerhalb der Analysefläche erwies sich eine Kombination aus einer unüberwachten Klassifizierung und Schwellwertanalyse unter Nutzung des Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) als geeignete Vorgehensweise.

Im ersten Schritt wurde dabei ein dichtebasiertes Clustering (DBSCAN) bei Analyseflächen innerhalb der Gebäudeumrisse angewandt. Das DBSCAN ist ein unüberwachter Algorithmus, um Pixelwerte anhand der räumlichen Nähe im Merkmalsraum zu gruppieren und somit in Segmente zu unterteilen. Dabei wurden neben den Spektraldaten des TrueOrthophotos auch die Objekthöhe (nDOM) in die Analyse einbezogen. Die Segmente konnten daraufhin anhand ihres NDVI-Wertes charakterisiert werden und stellen bei einem durchschnittlichen Wert von über 0,1 eine erste Erfassung von Gründächern dar. Der NDVI ist ein synthetischer Kanal, der Informationen aus dem Nahen Infrarot (NIR-Kanal) und dem roten Spektralbereich (Rot-Kanal) miteinander kombiniert, wodurch Vegetationsflächen besonders hervorgehoben werden. In zahlreichen Untersuchungen hat sich dieser Zusatzkanal zur Differenzierung von vegetationsbedeckten und vegetationslosen Oberflächen sowie zur Klassifizierung von Versiegelungsgraden bewährt (Coenradie et al. 2021, Coenradie & Haag 2016a). Aufgrund der geringen Flächengröße von ~2000 ha des Teilgebiets zur Herleitung von Referenzdaten, konnte die erste Erfassung von Gründächern mit geringem Aufwand durch eine visuelle Korrektur angepasst werden und diente im Weiteren als genaue Referenz für die überwachte Klassifizierung.

Für die überwachte Klassifizierung wurde ein Convolutional Neural Network (CNN) verwendet. Dies stellt eine Art von Neuronalen Netzen dar und hat sich bei der Klassifizierung von Bilddaten etabliert, da es neben der spektralen Signatur auch räumliche Strukturen innerhalb des Bildes in die Vorhersage mit einbezieht (Kattenborn et al. 2021). Eines der meist genutzten CNN-Architekturen ist das U-Net, das auch in diesem Projekt zur Gründacherkennung verwendet wurde (Ronneberger et al. 2015). Die überwachte Klassifizierung benötigt neben den beschriebenen Referenzdaten auch die zugehörigen Eingangsvariablen. Diese sind neben den Spektralbändern des Orthophotos auch das normalisierte Digitale Oberflächenmodell (nDOM) und die daraus berechnete Neigung der Dachfläche. Nach Training des Algorithmus konnte das Modell auf die restliche Untersuchungsfläche angewandt werden und erleichtert dabei die nachfolgende Kartierung. Aufgrund des hohen Datenbedarfs von Neuronalen Netzen und der vergleichsweisen geringen Anzahl hergeleiteter Referenzdaten ist die Nachkartierung innerhalb der Prozesskette weiterhin ein essentieller Bestandteil. Die Modellvorhersage einer beispielhaften Teilfläche kann der folgenden Abb. 2 entnommen werden.

Abb. 2: Ergebnisse zur überwachten Klassifizierung; links: TrueOrthophoto 2020, rechts: automatisierte Vorkartierung Gründachbestand (grün)

Visuelle Nachkartierung

Die Zwischenergebnisse der automatisierten Vorkartierung wurden mittels Luftbildinterpretation geprüft und verbessert.

Die Interpretations- und Kartierregeln lauteten wie folgt:
  • Als Gründach gelten alle bewachsenen Dachflächen, unabhängig davon, ob sie als Gründach angelegt wurden (nicht immer erkennbar) oder durch Spontanvegetation entstanden sind.
  • Große Pflanzkübel und Dachgärten werden als Gründach kartiert.
  • Vorrangig werden die vorkartierten Flächen geprüft, große fehlende Gründächer werden zusätzlich digitalisiert, wenn sie gesichtet wurden.
  • Begrünte Dachflächen, auf denen zusätzlich Solaranlagen installiert sind, werden vollflächig als Gründach erfasst.
  • Ein Gründach gilt dann als erfasst, wenn es zu mehr als zwei Dritteln durch die Vorkartierung abgebildet ist. In diesem Fall findet keine flächenscharfe Nachdigitalisierung statt. Bei Gründächern, die zu weniger als zwei Dritteln erfasst sind, wird das Gründach nachdigitalisiert.
  • Wenn durch Schattenwurf oder Überdeckung durch Bäume (dies betrifft vor allem Garagendächer) das Gründach nicht erkennbar ist, wird eine vorhandene Vorkartierung gelöscht. Eine Ausnahme bilden überschirmte Dachflächen, auf denen 2016 ein Gründach erkannt wurde. In diesen Fällen werden TrueOrthophotos vom Februar 2021 geprüft. Sollte ein Gründach im unbelaubten Zustand erkennbar sein, wird dies nachkartiert.
  • Sehr schmale linienhafte Elemente oder Wege müssen nicht ausgegrenzt werden.

Nach Abschluss der Überprüfung der Flächen wurden diejenigen begrünten Dachflächen ausgewählt, die pro Gebäude > 10 m² begrünte Fläche aufweisen. Damit können einzelne Pixel und Kleinstflächen auftreten, entscheidend ist die Gesamtsumme pro Dachfläche. Auf Dachflächen mit weniger als 10 m2 begrünter Fläche wurden die Gründachflächen gelöscht. Anschließend wurden die Gründachflächen anhand eines NDVI-Schwellwertes in intensive (NDVI >0,162) und extensive Begrünung (NDVI <= 0,162) eingeteilt. Je nach Kategorienanteil der Dachbegrünung (> 50 %) wurde das gesamte Dach in „intensiv“ oder „extensiv“ begrünt eingeordnet. Als intensiv begrünte Flächen gelten hier stark bewachsene Flächen mit vitaler Vegetation. Extensiv begrünte Flächen weisen einen schwächeren und ggf. trockeneren Bewuchs auf.

Über die Verknüpfung zu weiteren Geodaten konnten folgende Ergebnis-Layer erstellt werden, die auch im Geoportal gezeigt werden:

begrünte Dachfläche (intensiv/extensiv),
Gebäudegrundfläche sowie
Block(teil)fläche des ISU mit Angaben zur Begrünung.