Planungshinweise zum Bodenschutz 2005

Methode

Differenzierte Bewertung der Bodenfunktionen

Zur Lösung der beiden Aufgaben – differenzierte Bewertung der Bodenfunktionen und Umsetzung der Bodenfunktionsbewertung in Planungshinweise – werden in der Karte 01.13 folgende Überlegungen und Arbeitsschritte umgesetzt: Zunächst werden die Bodenfunktionen (Karten 01.12.1 bis 01.12.5) in ihrer Bedeutung entsprechend den besonderen Bedingungen in Berlin unterschiedlich gewichtet (ausführlich bei Gerstenberg et al. 2007):

  • Archivböden und Böden, die Standorte für naturnahe und seltene Pflanzengesellschaften darstellen, werden wegen ihrer Unwiederbringlichkeit als überaus schützenswert eingestuft.
  • Leistungsfähige Böden in Bezug auf die Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt und auf die Puffer- und Filterfunktion sind generell schützenswert; die Bedeutung steigt an den Standorten noch an, wo diese beiden Funktionen zusammen mit hoher Bewertung auftreten.
  • Böden, die eine hohe Ertragsfunktion für Kulturpflanzen aufweisen, sind auf landwirtschaftlich genutzten Flächen zu erhalten.

Damit wird eine Priorisierung bezüglich Bedeutung und Empfindlichkeit der Bodenfunktionen getroffen.

Darüber hinaus werden Böden mit deutlichen Potentialen für stoffliche Belastungen (z. B. Rieselfelder) bezüglich der Regelungs- und Filter- und Pufferfunktion aus der Bewertung herausgenommen, da sie eine mögliche Belastungsquelle für das Grundwasser darstellen.

Zur Bewertung der Böden hinsichtlich ihrer Schutzwürdigkeit werden 4 Schutzkategorien gebildet; diese zeigen eine Staffelung vom höchsten bis zum geringen Schutzstatus, woraus Konsequenzen für Handlungshinweise und -empfehlungen bei Eingriffen in den Boden durch Planungen und Bauvorhaben abgeleitet werden können.

Die Schutzbedürftigkeit der Böden wird in vier Bodenschutzkategorien differenziert:

  • Tabu (Unzulässigkeitsbereich),
  • Vorrang 1 (Besonders schutzwürdige Böden),
  • Vorrang 2 (Sehr schutzwürdige Böden) und
  • Vorrang 3 (Schutzwürdige Böden).

Der Begriff „Vorrang“ bezieht sich zunächst auf das Fachgebiet des Bodenschutzes und ist hier nicht zu verwechseln mit dem Vorrangbegriff der (zwischen den Belangen abgewogenen) Raumordnung. Da der Betrachtungsgegenstand die gesamte Fläche des Landes Berlins umfasst, soll mit dem Begriff „Vorrang“ die Bedeutung einer Fläche im Berliner Maßstab aus Sicht des Bodenschutzes ausgewiesen werden.

Die nicht ausgewiesene Stadtfläche zählt zum „Unerheblichkeitsbereich“.

Wie bei allen Umweltatlaskarten des Bereiches Boden (Ausnahme Versiegelung) beziehen sich die dargesteltlen Informationen und Bewertungen auf den unversiegelten Teil des Bodens. Da das Ausmass der Versiegelung jedoch von großer Bedeutung ist, wird der Versiegelungsgrad nicht nur in der Sachdatenanzeige dargestellt, sondern die farbliche Darstellung der Schutzkategorie nimmt in ihrer Farbintensität mit dem Versiegelungsgrad in drei Stufen ab.

Als Stufen wurden hier die Grenzen von 5 und 30 % Versiegelung gewählt: Bis 5 % kann praktisch von einer unversiegelten Fläche gesprochen werden, die nur durch einzelne Bauten, Wege o.ä. unterbrochen wird. Hierzu zählen Wälder, Äcker und Grünland. In der mittleren Kategorie dominieren Kleingärten, Einzelhausbebauung, Parkanlagen und sonstige Freiflächen, die auch noch naturnahe Böden aufweisen können. Mehr als 30 % Versiegelung weisen vor allem Wohn- und Gewerbegebiete sowie Verkehrsflächen auf, die meist keine natürlichen Bodengesellschaften mehr erkennen lassen.

Tabu (Unzulässigkeitsbereich)

Die Tabuflächen leiten sich ab aus hohen Bewertungen für die „Lebensraumfunktion für naturnahe und seltene Pflanzengesellschaften“ und/oder für die „Archivfunktion für die Naturgeschichte“.

Diese Kategorie weist den höchsten Schutzstatus auf und umfasst lediglich ca. 5 % der bewerteten Fläche. Die Kategorie wird mit Blick auf mögliche Planungen als Unzulässigkeitsbereich bezeichnet, da die Lebensraumfunktion für naturnahe und seltene Pflanzenarten kaum und die Archivfunktion für die Naturgeschichte gar nicht wiederherstellbar sind (SMETTAN & LITZ 2006). Daher können hier Projekte oder Vorhaben, die mit Eingriffen in den Boden verbunden sind, aus Sicht des Bodenschutzes grundsätzlich keine Zulässigkeit erlangen.

Der Terminus „Tabu“ hat keine (planungs-) rechtliche Dimension, sondern soll die besondere Bedeutung dieser Flächen aus fachlicher Sicht des Bodenschutzes unterstreichen.

Abb. 1: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Tabu“

Abb. 1: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Tabu“

Vorrang 1 (Besonders schützwürdige Böden)

Die Kategorie Vorrang 1 leitet sich aus mehreren Bewertungsmöglichkeiten ab:

  1. Die „Lebensraumfunktion für naturnahe und seltene Pflanzengesellschaften“ und gleichfalls die „Archivfunktion für die Naturgeschichte“ sind mittel, oder
  2. die Ertragsfunktion für Kulturpflanzen ist hoch, oder
  3. die „Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt“ und gleichfalls die „Puffer- und Filterfunktion“ sind hoch

bewertet worden.

Die Mehrheit der Flächen in dieser Schutzkategorie wurde wegen der Lebensraum- und Archivfunktion dort eingeordnet, ein kleinerer Teil wegen der Regelungs- bzw.und Puffer- und Filterfunktion und nur ganz wenige Flächen wegen der Ertragsfunktion für Kulturpflanzen.

Bei der Flächenkategorie „Vorrang 1“ sollten aus Bodenschutzsicht Eingriffe prioritär vermieden werden.

Abb. 2: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 1“

Abb. 2: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 1“

Vorrang 2 (Sehr schutzwürdige Böden)

Die Kategorie Vorrang 2 leitet sich ab aus hoher Bewertung für die „Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt“ oder für die „Puffer- und Filterfunktion“.

Die Abschwächung des Schutzstatus zum Vorrang 1 ergibt sich durch eine deutlich geringere Anzahl betroffener Bodenfunktionen. Es reicht, dass nur ein Kriterium (entweder Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt oder Puffer- und Filterfunktion) als hoch bewertet wird.

Abb. 3: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 2“

Abb. 3: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 2“

Vorrang 3 (Schutzwürdige Böden)

Die Kategorie Vorrang 3 leitet sich ab aus mittleren Bewertungen für die „Regelungsfunktion für den Wasserhaushalt“ und gleichzeitig für die „Puffer- und Filterfunktion“.

Die Klasse mit der schwächsten Schutzkategorie stellt den größten Flächenteil unter den Schutzkategorien (vgl. Abb. 5).

Abb. 4: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 3“

Abb. 4: Schema zur Einordnung in die Schutzkategorie „Vorrang 3“

Unerheblichkeitsbereich (Böden ohne besondere Anforderungen)

Die restlichen Böden (27.273 ha) werden in einer eigenen Kategorie „Böden ohne besondere Anforderungen an den Bodenschutz“ dargestellt.

Im Unerheblichkeitsbereich gelten die allgemeinen gesetzlichen Anforderungen des Bodenschutzes (BUNDES-BODENSCHUTZGESETZ 1998, BUNDES-BODENSCHUTZ- UND ALTLASTENVERORDNUNG 1999, BERLINER BODENSCHUTZGESETZ 2004, BAUGB 2004).

Abb. 5: Flächenanteile der Bodenschutzkategorien, differenziert in Versiegelungsklassen (Prozentan-gaben ohne Berücksichtigung der Straßen und Gewässer)

Abb. 5: Flächenanteile der Bodenschutzkategorien, differenziert in Versiegelungsklassen (Prozentangaben ohne Berücksichtigung der Straßen und Gewässer)

Abb. 6: Gesamtfläche und unversiegelte Fläche der Bodenschutzkategorien

Abb. 6: Gesamtfläche und unversiegelte Fläche der Bodenschutzkategorien

Abb. 7: Flächenanteil der Nutzungsklassen je Bodenschutzkategorie

Abb. 7: Flächenanteil der Nutzungsklassen je Bodenschutzkategorie

Hinweise zur Umsetzung in der Planungspraxis

Die Planungshinweise sind die aus Bodenschutzsicht relevanten Anforderungen und Maßgaben für die einzelnen Kategorien des Bodenschutzes. Sie beziehen sich auf die Ebene der Bauleitplanung, lassen sich inhaltlich sinngemäß aber auf andere raumwirksame Planungen oder Vorhaben übertragen. Die Darstellung erfolgt aus methodischen Gründen in der Karte selbst nur in sehr allgemeiner Form in der Legende. Detaillierte Informationen sind für jede Einzelfläche in der Sachdatenanzeige für die Karte über den FIS-Broker in Tabellenform verfügbar. Die gewählten Termini wie Vermeidung, Ausgleich, Unzulässigkeit sind nicht als Rechtsbegriffe zu verstehen, sondern stellen fachliche Maßgaben des Bodenschutzes dar. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang, dass sich die bewerteten Bodenfunktionen ausschließlich auf die unversiegelten Anteile der Blöcke beziehen.

In der Sachdatenanzeige wird die Bodenschutzkategorie, die der Beurteilung zugrunde liegende Bodengesellschaft und Flächennutzung, die Bewertung der fünf einzelnen Bodenfunktionen (aus der Karte 01.12) sowie der Versiegelungsgrad angezeigt. Von zentralem Interesse ist jedoch die Tabelle Planungsanforderungen, die ebenfalls für jede Fläche individiuell angezeigt werden kann.

Aufbau und Inhalt der Tabelle Planungsanforderungen:

Zeile 1 nennt die Bodenschutzkategorie und gibt den Grad der Schutzwürdigkeit aus Bodenschutzsicht an.

Zeile 2 gibt die Gründe für die Einstufung in Kurzform wieder (vgl. hierzu „Methoden Punkt 1“). Die Aussagen in den weiteren Zeilen begründen sich jeweils durch diese wertgebenden Bodenfunktionen.

Zeile 3 nennt das bodenschutzfachliche generelle Ziel.

Zeile 4 beurteilt aus Bodenschutzsicht aufzustellende oder zu ändernde Bebauungspläne.

Zeile 5 zeigt detailliert die grundsätzlich anzustrebenden Vermeidungs- und Minderungsschritte auf. Auf eine Unterscheidung zwischen Vermeidung und Minderung wurde verzichtet, da eine Zuordnung im gestellten Kontext je nach Akteurssicht anders entschieden wird. Im Kern kommt es auf die Verhinderung von Eingriffen in schutzwürdige Böden und nicht auf die sprachliche Feinabstufung der Begriffe an.

Zeile 6 gibt Vorschläge für einen (möglichst) funktionsbezogenen Ausgleich. Hierbei werden zunächst solche Anforderungen benannt, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs bedingt festsetzbar sind.

Zeile 7 enthält z.T. weitere Maßnahmen, die aus Bodenschutzsicht zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen sinnvoll sind.

Zeile 8 enthält sonstige Hinweise oder Erläuterungen.