Klimamodell Berlin - Entwicklung der Anzahl klimatologischer Kenntage in der Zukunft 2015

Kartenbeschreibung

Wie bereits angemerkt, prägen sich die nutzungstypischen Unterschiede im (sommerlichen) Temperaturverhalten einer Stadt insbesondere in den Nachtstunden bei wolkenlosem Himmel aus. Tagsüber liegen die Temperaturspitzen über den einzelnen Flächen auch bei stark abweichenden Bebauungs- und Versiegelungsgraden deutlich näher zusammen. Aufgrund ihrer grundsätzlichen Aussagekraft wird daher an dieser Stelle nochmals eine Darstellung aus dem Begleittext zur Karte 04.04 Temperaturverhältnisse in mäßig austauscharmen Strahlungsnächten (Ausgabe 2001) zur Verdeutlichung genutzt (vgl. Abb. 5).

Tagesgang der Lufttemperatur in 2 m Höhe an einem heißen austauscharmen Strahlungstag (8. Juli 1991) an verschiedenen Standorten in Berlin

Abb. 5: Tagesgang der Lufttemperatur in 2 m Höhe an einem heißen austauscharmen Strahlungstag (8. Juli 1991) an verschiedenen Standorten in Berlin

Diese grundsätzlichen Effekte wirken sich auch auf die nutzungsbezogene Verteilung der Anzahl der Kenntage aus.

Tabelle 1 zeigt die mittlere Anzahl klimatologischer Kenntage pro Flächentyp (06.08 Stadtstruktur differenziert, Stand 2010, SenStadtUm 2011a) für die berechneten Zeitspannen 1981-2010, 2011-2040 und 2041-2070 sowie die prognostizierten Zunahmen im Vergleich zur Gegenwart. Sie ergänzt damit die Kartenaussagen, die die tabellarischen Aussagen räumlich je nach Lage der Flächentypen verorten.

Grundsätzlich bleibt zu beachten, dass die Projektionen Mittelwert-Angaben der definierten Zeitabschnitte darstellen, die aufgrund der natürlichen Schwankungen des Klimas im Laufe der betrachteten Jahrzehnte mehr oder weniger nach oben bzw. unten ausschlagen können („interanuelle Schwankungen“).

Deutlich wird jedoch auch, dass für alle Kenntage von den Modellergebnissen eine Zunahme der Häufigkeit pro Jahr vorhergesagt wird, deren Stärke aber „kenntagsabhängig“ ist.

Die Tropennächte (Minimumtemperatur ≥ 20 °C) treten bisher und auch in Zukunft im Vergleich zu den Sommer- und Hitzetagen am seltensten auf. Jedoch liegen hier aufgrund der grundsätzlichen tagesgangbezogenen Effekte die größten Differenzierungen zwischen den einzelnen Flächentypen. Die stärksten nächtlichen Abkühlungsleistungen und damit die geringste zu erwartende Anzahl an Tropennächten (> 2 bis 5 im Zeitraum 1981-2010) treten auf Grün- und Freiflächen mit offenen Strukturen auf. Hier zeichnen sich vor allem Landwirtschaftsflächen („Ackerland“ sowie „Grünland“), Brachflächen mit wiesenartiger Struktur (z.B. die Wiesen der Flughäfen), aber auch Kleingärten – und mit Abstand die Parkanlagen aus. Letztere umfassen auch waldartige Anteile, deren Ausstrahlungsleistung in der Nacht durch die Baumkronen gebremst wird. Die genannten Flächentypen weisen auch bezüglich der Zukunfts-Zeitabschnitte die geringsten Werte und potenziellen Belastungen auf. Im Zeitabschnitt bis 2070 ist dort mit einer Anzahl an Tropennächten in der Größenordnung von > 12 bis 20 Tagen zu rechnen, was einem bis zu fünffachen Zuwachs nahe kommt.
Umgekehrt die größten Zahlenwerte heute und in der Zukunft treten bei Flächentypen mit hohem Bebauungs- und Versiegelungsgrad auf; Beispiele sind die Typen „Kerngebiet“, „dichte Blockbebauung“ und „Gewerbe- und Industriegebiet dichter Bebauung“.

Die Kenntage mit Bezug zur täglichen Maximum-Temperatur (Sommer- und Hitzetag) liegen entsprechend Abb. 5 in ihren absoluten Werten und auch den Zuwächsen für die Zukunft sehr viel enger zusammen. Die absoluten Zahlen zu den Eintrittswahrscheinlichkeiten unterscheiden sich jedoch beträchtlich voneinander.

Wie im Kapitel „Ergebnisse der Stationsauswertungen“ zur Karte 04.13 (SenStadtUm 2015) beschrieben, steigt seit Jahrzehnten die Zahl der Hitzetage in Berlin an. Die Klimamodellierung durch WETTREG 2010 A1B zeigt, dass in Zukunft dieser Anstieg sehr viel schneller von statten gehen wird. Wird im Analyseabschnitt 1981-2010 noch von 5 (Waldgebiet) bis knapp 10 (Flughafen, Verkehrsfläche, aber auch offene Vegetationsfläche) Hitzetagen pro Jahr ausgegangen, so werden es 2041-2070 voraussichtlich bereits 19-24 Tage sein, wobei sich die flächentypenbezogene Verteilung nicht ändert.

Diese Ergebnisse liegen etwas über den Berechnungen, die unter Nutzung des Szenario RCP8.5 (IPCC 2014) im Rahmen des AFOK durchgeführt wurden (Hauptbericht „Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Berlin (AFOK)“, Klimaschutz Teilkonzept, Kap. 3.1.2 Temperaturextreme, Reusswig, Becker et al. 2016). Dort wird für die „nahe Zukunft“ (2031-2060) von der Mehrheit der eingesetzten Modelle ein Zuwachs an Hitzetags-Ereignissen in der Größenordnung bis zu einer Verdoppelung erwartet.

Auch bei der prognostizierten Entwicklung für die Sommertage, die in dieser Untersuchung definitionsgemäß die Anzahl der Hitzetage einbezieht, liegen die einzelnen Flächentypen relativ eng beieinander. Die Spannbreite liegt zwischen 38,1 Ereignistagen in Waldgebieten bis zu 43,5 auf Flughafen-Standorten für den Ausgangszeitraum 1981-2010. Bis zum Ende des Zeitraums 2041-2070 wird die Anzahl der Sommertage pro Jahr in etwa um die Hälfte zunehmen, das heißt durchweg über 60 Tagen pro Jahr liegen.

Deutlich wird, dass Sommer- und Hitzetage in ihrer Ausprägung korrelieren. Dennoch zeigt die Steigung der Werte gegenüber dem Ausgangszeitraum 1981-2010, dass der Anstieg der Sommertage insgesamt schneller von statten geht, als der Anstieg der Hitzetage. Zwischen den Flächentypen gibt es keine relevanten Unterschiede in der absoluten Ausprägung der Ereignishäufigkeit.

Tab. 1: Zeitreihen der mittleren Anzahl klimatologischer Kenntage für verschiedene Zeitabschnitte pro Flächentyp (Erfassungsstand 31.12.2010)

Tab. 1: Zeitreihen der mittleren Anzahl klimatologischer Kenntage für verschiedene Zeitabschnitte pro Flächentyp (Erfassungsstand 31.12.2010)