Reale Nutzung der bebauten Flächen / Grün- und Freiflächenbestand 2015

Einleitung

Veränderungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft führen zu neuen Funktionen und Aufgaben einer Stadt. Auch fast drei Jahrzehnte nach der Vereinigung der getrennten Stadthälften befindet sich Berlin in einem anhaltenden Prozess der wirtschaftlichen und demografischen Umstrukturierung. Die zu Beginn der 1990er Jahre formulierten und im Flächennutzungsplan Berlin 1994 beschriebenen Entwicklungserwartungen (vgl. Text Ausgabe 1995) hatten sich zunächst nur teilweise erfüllt. Der Metropole Berlin und dem unmittelbaren Umland war bis zum Jahr 2010 ein starker Wachstumsschub vorausgesagt worden. Die reale Entwicklung verlief jedoch entgegengesetzt. Während die unmittelbaren Nachbargemeinden Berlins ab Mitte der 1990er Jahre überwiegend rasch wuchsen, brachte demgegenüber die Bevölkerungsentwicklung Berlins bis Anfang der 2000er Jahre eine leicht sinkende Einwohnerzahl hervor, die erst im Jahr 2010 wieder etwa den Stand von 1991 erreichte. Gleichzeitig kam es auch zu einem Rückgang bei den Arbeitsplätzen. Ab dem Jahr 2005 hat sich in Berlin ein zunächst leichtes Bevölkerungswachstum eingestellt, das sich in den Folgejahren verstetigte und seit 2010 dynamisch entwickelt und aktuell eine jährliche Bevölkerungszunahme von 40.000 bis 50.000 Einwohner umfasst (siehe auch Bevölkerungsprognose Berlin 2018-2030).

Neue stadträumliche Entwicklungen erfordern angepasste strategische Überlegungen für die Stadt- und Landschaftsplanung, für die eine Kenntnis der momentanen Flächennutzung unerlässliche Voraussetzung ist. Die Auswirkungen städtischer Entwicklungs- und Bauprozesse auf die Umwelt sind dabei in besonderem Maße von der Art und Intensität der konkreten Flächennutzung abhängig. Aus diesem Grunde können die Wirkungen auf die Umwelt, aber auch die natur- und stadträumlichen Potenziale eng an Nutzungen und Baustrukturen gekoppelt werden.

Die Realnutzungs- und die Stadtstrukturkartierungen des Umweltatlas gehen auf Konzepte und Strategien aus den 1980er Jahren zurück und haben seitdem immer mehr an Bedeutung gewonnen. Von der räumlichen und fachlichen Differenzierung her sind die Kartierungen vor allem für stadtweite übergeordnete Analysen, Modelle und Programme der Umwelt-, Stadt- und Landschaftsplanung von grundlegender Bedeutung. Eine enge inhaltliche Verflechtung der vorliegenden Realnutzungskarten besteht zu den Karten zur Stadtstruktur 06.07 und 06.08 des Umweltatlas. Die in den Karten 06.01, 06.02, 06.01.1 und 06.02.1 abgebildete Realnutzung wird in diesen Karten teilweise weiter differenziert. Besonders für die Flächennutzung „Wohnen“, die ein breites Spektrum von Stadtstrukturen enthält, ist diese weitere Differenzierung von besonderem Interesse, um verschiedene städtebauliche oder ökologische Indikatoren und Kenngrößen ableiten zu können. Da nicht alle für bestimmte Berechnungen oder Planungen erforderliche Daten vorliegen oder mit vertretbarem Aufwand vor Ort erhoben werden können, hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Ansatz durchgesetzt, der als stadtstrukturtypologisch bezeichnet werden kann. Dabei werden durch Stichprobenkartierungen vor Ort, durch Literaturwerte oder durch gutachterliche Abschätzung Indikatoren abgeleitet und den Kartiereinheiten Kenngrößen zugeordnet. Diese können dann über die flächendeckend vorliegende Kartierung von Nutzung und Stadtstruktur mit für viele Anwendungsfälle hinreichender Genauigkeit auf die gesamte Stadt übertragen werden.

Insbesondere für die Aufgaben der Stadt- und Landschaftsplanung sind Informationen zur realen Flächennutzung unentbehrlich. So sind für die Beurteilung des Bedarfs der Bevölkerung an wohnungsnahen Erholungsmöglichkeiten Informationen über die Lage von Wohngebieten und Freiflächen notwendig. Auch können aus dem dichten Nebeneinander bestimmter belastender und sensibler Flächennutzungen wie Gewerbe in Nachbarschaft zu Wohnbebauung oder Kleingärten Hinweise zu bestehenden Konflikten (Lärm- und Luftbelastung, Schadstoffbelastung der Böden) abgeleitet und Lösungsstrategien entwickelt werden. Ebenso wäre die Entwicklung planerischer Konzepte für die Anpassung an den Klimawandel ohne die differenzierte Kenntnis unterschiedlicher Stadtstrukturen nicht möglich.

Darüber hinaus finden die Daten der Realnutzungskartierung als Teil des Informationssystems Stadt und Umwelt (ISU) auch durch ihre Verwendung als Informationsgrundlage für Landschaftspflegerische Begleitpläne, für Umweltberichte im Rahmen der Bauleitplanung sowie für sonstige Umweltverträglichkeitsstudien und -prüfungen Eingang in den Planungsalltag.

Die Karten 06.01 und 06.02 ergänzen sich zu einer flächendeckenden Darstellung der realen Flächennutzung Berlins und sind inhaltlich als eine Einheit zu betrachten. Methodisch bedingt überlagern sich diese Karten zum Teil. Seit 2010 werden daher zwei weitere Karten zur Verfügung gestellt, in denen die beiden bislang getrennt gehaltenen Informationen zusammengefasst sind und damit flächendeckend die reale Nutzung über alle Nutzungsarten abgebildet wird. Der folgende Text bezieht sich grundsätzlich auf alle Karten, sofern nicht ausdrücklich auf eine der Karten verwiesen wird.