Umweltgerechtigkeit Berlin 2013

Methode

Inhaltliche Herangehensweise

Der Berliner Ansatz der Bewertung der Umweltgerechtigkeit beruht im Wesentlichen auf der Auswertung und Aggregation vorhandener Daten. Er ist als zweistufiges Verfahren mit fünf Kern- und unterschiedlichen Ergänzungsindikatoren angelegt, wobei die Datengrundlagen in unterschiedlichen Abständen kleinräumig, auf der Ebene der Planungsräume (PLR), erhoben werden und als jeweiliger Arbeitsstand über längere Zeiträume verfügbar gehalten werden.

Um die kleinräumige Verteilung der Umweltbelastungen zu erfassen und abzubilden, wurden zunächst vier wichtige umweltbezogene Themenfelder (Lärm, Luftbelastung, Grünflächenversorgung und bioklimatische Belastung) ausgewählt, deren Gesundheitsrelevanz wissenschaftlich belegt ist. Als weiterer – fünfter – gesundheitlich relevanter Bereich wurde die soziale Problemdichte (Statusindex aus dem Monitoring Soziale Stadtentwicklung) in das Grundindikatorenset der fünf Kernindikatoren integriert.

Im ersten Schritt des Analyseverfahrens wurden die Daten zu den drei Kernindikatoren Luftgüte, Lärm und Thermische Belastung analysiert und entsprechend dem gesundheitlichen Risiko einheitlich in die ordinalskalierten Merkmale „gut“, „mittel“, oder „schlecht“. eingestuft. Die Einstufung der weiteren Kernindikatoren “Grünflächenversorgung” und “Soziale Problematik” erfolgte analog, jedoch ohne eine gesundheitliche Gewichtung. Danach wurde für jeden Planungsraum der Mehrfachbelastungsfaktor durch Summierung derjenigen Kernindikatoren ermittelt, die der Kategorie 3 („schlecht“/“hoch”)) zugeordnet wurden. Anzahl und Verteilung der mehrfach belasteten Räume sowie die verursachenden Belastungen sind somit nachvollziehbar und transparent.

Die Aussagen der Mehrfachbelastungskarte können in einer zweiten Stufe durch Ergänzungsindikatoren aus den Bereichen Gesundheit, Soziales, Städtebau und Stadtentwicklung fachlich-inhaltlich weiter differenziert werden. Als gesundheitlich orientierte „Risikomerkmale“ werden zum Beispiel Planungsräume mit

  • Mehrfachbelastungen durch die Kernindikatoren sehr hohe Luft- und/oder sehr hohe Lärmbelastung,
  • überwiegend einfacher Wohnlage bzw.
  • sehr hoher statistischer Mortalität

gekennzeichnet, die damit aus umweltmedizinischer Sicht besonders stark belastet sind.

Diese Statusbestimmung („Berlin heute“) durch das zweistufige Berliner Umweltgerechtigkeitsmonitoring stellt somit einen Überblick über die Umweltqualität in den 447 Planungsräumen der Stadt zur Verfügung.

Das Umweltgerechtigkeitsmonitoring ist so angelegt, dass weitere bestehende sektorale oder integrierte Monitoringansätze zur Präzisierung der kleinräumigen Umweltbelastungsanalyse genutzt und verknüpft werden können.

Räumliche Darstellungsebenen

Gesamtstadt

Analog zum Monitoring Soziale Stadtentwicklung (MSS) (SenStadtUm 2013) wird für die Datenauswertung und kartenmäßige Darstellung des Umweltgerechtigkeitsmonitorings die räumliche Gliederung Berlins in die drei Ebenen der Lebensweltlich orientierten Räume (LOR) zugrunde gelegt (SenStadt 2009). Für das gestufte Indikatorensystem des Umweltgerechtigkeitsmonitorings wurde die kleinste Einheit – die 447 Planungsräume – mit einer Raumgröße von durchschnittlich 7.500 Einwohnerinnen und Einwohnern gewählt.

Abgrenzung des „Schwerpunktbereichs Innenstadt“

Die kleinräumigen Umweltbelastungsanalysen belegen, dass sich ein Großteil der mehrfach belasteten Gebiete in der Innenstadt und in den angrenzenden Bereichen (außerhalb des S-Bahn-Rings) befindet. Um den Wirkungsbereich des Umweltgerechtigkeitsansatzes im Hinblick auf die ungleiche Verteilung der Belastungen und bezüglich der stadträumlichen Bezüge besser erfassen zu können, erschien es notwendig, den Betrachtungsraum um den Innenstadtbereich zu erweitern. Dieser neue „Schwerpunktbereich Innenstadt” ist neben dem gesamtstädtischen Untersuchungsgebiet sowie den Bezirken die dritte Kulisse im Berliner Umweltgerechtigkeitsansatz.

Grundlage der Abgrenzung „Schwerpunktbereich Innenstadt“ ist der im Flächennutzungsplan (FNP) Berlin als „Vorranggebiet für Luftreinhaltung“ dargestellte Bereich (SenStadtUm 2015a). Dieser Raum umfasst im Wesentlichen die Berliner Innenstadtbezirke mit rund 100 km² Fläche und überwiegend geschlossener mehrgeschossiger Bauweise. Entsprechend der Darstellung des Flächennutzungsplanes sind bei Planungen in diesem Bereich Maßnahmen zur Emissionsminderung vorzusehen. Mit der Darstellung „Vorranggebiet für Luftreinhaltung“ werden räumliche Prioritäten für die Einschränkung von Emissionen der Verursachergruppen Hausbrand und Industrie gesetzt. Das „Vorranggebiet für Luftreinhaltung“ ist durch die Darstellung im FNP planungsrechtlich gesichert und durch weitere immissionsschutzrechtliche Regelungen präzisiert.

Diese Untersuchungskulisse ist sinnvoll, weil die Stärkung der Innenstadt, die angestrebte urbane Mischung und die Qualifizierung des Bestandes wichtige Ziele einer nachhaltigen und klimagerechten Berliner Stadtentwicklung sind. Hinzu kommt, dass bei der Umsetzung von Strategien und Maßnahmen vor allem Stadtstrukturen im Bestand Bedeutung haben. Die bestehenden hochverdichteten städtebaulichen Strukturen befinden sich vorwiegend in Quartieren, die in diesem neudefinierten Bereich – dem „Schwerpunktbereich Innenstadt“ – liegen.

Bezirksweise Darstellung und Auswertung

Die gesamtstädtische Darstellung der integrierten Mehrfachbelastungskarte „Umweltgerechtigkeit im Land Berlin 2014/15“ nach Planungsräumen wird auch für die bezirksweise Betrachtung differenziert. Durch vergleichende Auswertung zwischen der Situation im jeweiligen Bezirk und in der Gesamtstadt ist eine differenziertere Einordnung des Grades der Umweltgerechtigkeit auf bezirklicher Ebene möglich. Der Blick auf den Bezirk erlaubt den lokal Handelnden wie den Betroffenen ein einfaches Erkennen der besonders betroffenen Bereiche und entsprechende Schwerpunktsetzungen bei der Formulierung und Umsetzung von Projekten bzw. Maßnahmen.

Neben der Ausprägung in der Karte gehören zur bezirklichen Darstellung die grafischen Auswertungen

  • „Anteil der Einwohnerinnen und Einwohner im Bezirk an den Kategorien der Mehrfachbelastung in %“ und
  • „Anteil der Planungsräume im Bezirk an den Kategorien der Mehrfachbelastung in absoluten Zahlen“. Diese werden jeweils zur Gesamt-Berliner Situation in Beziehung gesetzt.

In Tabellenform können planungsraumscharf dargestellt werden:

  • die Bevölkerungszahl, d.h. die Betroffenen der Umweltsituation,
  • die Klassifikationen der Kernindikatoren,
  • die integrierte Darstellung der Belastung (Null- bis Fünffachbelastung),
  • die Einordnung der Planungsräume in die einfachen Wohnlagen mit sehr hoher Lärm- und/oder Luftbelastung.