Grundwasserneubildung 2017

Methode

Die Höhe der Grundwasserneubildung wurde nach dem methodischen Vorschlag von Glugla (Glugla und Fürtig, 1997, Glugla und Müller, 1997, Glugla und Eyrich, 1993, Glugla und König, 1989, Glugla et al., 1999) aus den Versickerungsraten berechnet.

Nach Glugla (s.o.) entspricht bei unbedecktem Grundwasserleiter, so z.B. in den Urstromtälern und Sandern Norddeutschlands die Grundwasserneubildung der Sickerwasserbildung, dort gilt:

GWNB = Ri = P – Eta – Row

mit

GWNB = Grundwasserneubildung,

Ri = Sickerwasserbildung,

P = langjährige mittlere Jahresniederschlagssummen,

Eta = langjährige mittlere tatsächliche Evapotranspiration,

Row = langjähriger mittlerer Oberflächenabfluss.

In Gebieten mit bedecktem Grundwasserleiter, z.B. den Grundmoränen mit Geschiebemergel oder -lehm, gelangt hingegen nur ein Teil der Sickerwasserbildung in das Grundwasser. In diesen Gebieten wird ein Teil des versickernden Wassers oberflächennah als Zwischenabfluss in die Gewässer (Vorfluter) abgeführt. Oberflächenabfluss und Zwischenabfluss bilden gemeinsam den mittleren Abfluss MQ der Vorfluter. In Gebieten mit bedecktem Grundwasserleiter kann demnach die Grundwasserneubildung aus der Differenz zwischen der berechneten Gesamtabflussbildung (R = P – Eta) und dem realen Abfluss MQ des die Fläche entwässernden Vorfluters abgeleitet werden. In diesen Gebieten gilt:

GWNB = Ri – Rzw

GWNB = P – Eta – Row – Rzw

GWNB = P – Eta – MQ

mit :

GWNB = Grundwasserneubildung,

P = langjährige mittlere Jahresniederschlagssummen,

Eta = langjährige mittlere tatsächliche Evapotranspiration,

Row = langjähriger mittlerer Oberflächenabfluss,

Rzw = langjähriger mittlerer Zwischenabfluss,

MQ = mittlerer Abfluss des Vorfluters ( = Row + Rzw).

Für die Berechnung der Grundwasserneubildung in den Gebieten mit bedeckten Grundwasserleitern sind Daten über die mittleren Abflüsse der Vorfluter in den (Teil-) Einzugsgebieten eine wichtige Grundlage. Diese Daten stehen jedoch nur teilweise zur Verfügung. Die Datenlage zur Anwendung der Methode für das Landesgebiet Berlins ist als schwierig zu bewerten. Dennoch konnten mit dem Methodenvorschlag von Glugla insgesamt plausible Grundwasserneubildungsraten aus den Daten zur Abfluss- und Sickerwasserbildung berechnet werden.

Zur Ermittlung der Grundwasserneubildungsraten wurden zunächst Gebiete mit bedecktem und unbedecktem Grundwasserleiter unterschieden, denn nur für die Gebiete mit bedecktem Grundwasserleiter weicht die Grundwasserneubildung von der Sickerwasserbildung ab. Die Gebiete mit bedecktem Grundwasserleiter wurden im Wesentlichen aus der digitalen „Karte zur Charakterisierung der Deckschichten nach WRRL“ (SenStadt, 2002) abgeleitet. Ferner wurden alle auskartierten Gebiete mit gespanntem Grundwasser (s. Karte 02.07, Ausgabe 2010), die über die als bedeckt dargestellten Gebiete der o. g. Karte “Grundwasserüberdeckung” hinausgehen, als bedeckte Gebiete ausgewiesen. Die Abb. 1 zeigt die für die Ermittlung der Grundwasserneubildungsraten unterschiedenen Gebiete mit unbedecktem und bedecktem Grundwasserleiter.

Abb. 1: Gebiete mit bedecktem und unbedecktem Grundwasserleiter

Abb. 1: Gebiete mit bedecktem und unbedecktem Grundwasserleiter

Als zusammenhängende, bedeckte Gebiete werden hier im Wesentlichen die Grundmoränen des Barnims und des Teltows ausgewiesen. Das Warschau-Berliner-Urstromtal und die größeren Talniederungen des Barnims, insbesondere das Panke-Tal sind im Wesentlichen, abgesehen von einzelnen Inseln mit bindigen Substraten, Gebiete mit unbedecktem Grundwasserleiter. Große, zusammenhängende Gebiete mit unbedecktem Grundwasserleiter finden sich auch im Bereich der Hochflächensande der Teltow-Hochfläche und der Nauener Platte. Bezogen auf die Landesfläche Berlins überwiegt die Fläche mit unbedecktem Grundwasser (mit 518 km²) die Fläche mit bedecktem Grundwasserleiter (335 km²).

In einem weiteren Bearbeitungsschritt wurden auf den zusammenhängen Flächen mit bedecktem Grundwasserleiter die Einzugsgebiete der Vorfluter ausgegrenzt (Datengrundlage SenStadt, 2003). Diesen Einzugsgebieten wurden, soweit vorhanden, Abflussmessungen an Pegeln der Vorfluter zugeordnet. Aus dem langjährigen mittleren Abfluss MQ und der Größe des dazugehörenden Einzugsgebietes wurde der durchschnittliche, jährliche Zufluss (Summe aus Oberflächen- und Zwischenabfluss) in die jeweiligen Vorfluter ermittelt. Problematisch ist hier zum einen die häufig zu geringe Datendichte (z.B. Teltow-Hochfläche), zum anderen sind die gemessenen Abflüsse vielfach durch Einleitungen aus Kläranlagen und Überleitungen sowie durch den z.T. hohen Versiegelungsgrad geprägt und spiegeln nur bedingt das natürliche Abflussverhalten wieder. Aus diesen Gründen lassen die an Vorflutern gemessenen Abflüsse insgesamt nur eingeschränkt Aussagen zu.

Aufgrund dieser sehr heterogenen Datenbasis mussten für die Abflussdaten der Vorfluter insgesamt drei Fälle unterschieden werden (vgl. Tabelle 1):

  • Fall 1: es liegen an Pegeln gemessene Abflusswerte vor.
  • Fall 2: es liegen keine Daten zu Messwerten vor. Daher wurden zusätzlich Daten aus der Literatur (Glugla und Müller, 1997) ausgewertet.
  • Fall 3: es liegen weder gemessene Abflussdaten noch Literaturangaben vor. Für den Fall 3 wurde in den bedeckten Einzugsgebieten, die aufgrund starker Versiegelung einen sehr hohen Oberflächenabfluss aufweisen, ein anzunehmender mittlerer Abfluss abgeschätzt. In diesen Gebieten wurde ein Zwischenabfluss von 80 mm/Jahr angenommen. Der mittlere Abfluss wurde aus der Summe des angenommen Zwischenabflusses und des Oberflächenabflusses nach Karte 02.13.1. des Umweltatlas für Blockteilflächen innerhalb eines Einzugsgebietes berechnet.

Werte nach Fall 2 und Fall 3 in Tabelle 1 geben daher lediglich Anhaltswerte wieder.

Auf dieser Datenbasis wurde jedes der abgegrenzten Einzugsgebiete auf der Grundlage der Methode von Glugla (Glugla und Fürtig, 1997, Glugla und Eyrich, 1993) der Anteil der Abflussbildung berechnet, der als Oberflächen- und lateraler bzw. Zwischenabfluss in die Vorfluter abgeführt wird und daher nicht zur Grundwasserneubildung beiträgt. Dabei besteht grundsätzlich das Problem, dass Teile der von den Vorflutern entwässerten Einzugsgebiete außerhalb der Landesfläche Berlins liegen und für die Bearbeitung keine entsprechend differenzierenden Abflussdaten aus diesen Gebieten zur Verfügung standen. Da die geologischen und klimatischen Verhältnisse der betrachteten Einzugsgebiete innerhalb und außerhalb der Landesgrenze Berlins jedoch nicht wesentlich abweichen, werden die vorliegenden Abflussdaten aus Berlin als repräsentativ auch für die außerhalb Berlins liegenden Anteile der Einzugsgebiete angesehen. Aus dem Verhältnis von Abfluss- bzw. Sickerwasserbildung und der Summe von Oberflächen- und. Zwischenabfluss wurde für jedes Einzugsgebiet ein Reduktionsfaktor für die Berechnung der Grundwasserneubildung aus der Sickerwasserbildung abgeleitet (s. Tab. 1).

Der Berechnungsgang sei am Beispiel des Einzugsgebietes „Tegeler Fließ“ im Folgenden kurz erläutert (Stand 2002). Die berechnete durchschnittliche Gesamtabflussbildung R in diesem Einzugsgebiet beträgt 229 mm/a (flächengewichtetes Mittel des Gesamtabflusses aus Niederschlägen aller Blockteilflächen in diesem Einzugsgebiet nach Karte 02.13.3 des Umweltatlas). Die durchschnittliche Sickerwasserbildung Ri (flächengewichtetes Mittel der Versickerung aus Niederschlägen aller Blockteilflächen in diesem Einzugsgebiet nach Karte 02.13.2 des Umweltatlas) beträgt 192 mm/Jahr. Der Oberflächenabfluss entspricht also 229 mm/a–192 mm/a = 37 mm/a. Das Tegeler Fließ, welches dieses Einzugsgebiet entwässert, weist aber einen realen mittleren Abfluss MQ von 183 mm/a auf. Dieser mittlere Abfluss MQ wird durch den Oberflächenabfluss (37 mm/a) sowie den Zwischenabfluss (183 mm/a–37 mm/a = 146 mm/a) gebildet. Die durchschnittliche Grundwasserneubildung berechnet sich aus der Differenz von durchschnittlicher Gesamtabflussbildung R (229 mm/a) und dem mittleren Abfluss MQ (183 mm/a). Sie beträgt in diesem Gebiet 46 mm/a, d.h. sie ist gegenüber der Sickerwasserrate um 76 % reduziert, nur 24 % der Sickerwassermenge werden als Grundwasserneubildung wirksam. Die Grundwasserneubildung ist in diesem Gebiet also ganz erheblich niedriger als die durchschnittliche Sickerwasserbildung.

Diese Reduktion der Sickerwasserrate zur Bestimmung der Grundwasserneubildung wurde für die übrigen Einzugsgebiete analog durchgeführt (Reduktionsfaktor „RDF bezogen auf Ri“ in Tabelle 1, für das Beispielgebiet „Tegeler Fließ“ = 76 %). Für die flächendifferenzierte Berechnung der Grundwasserneubildungsraten wurde die Sickerwasserraten einer jeden einzelnen Blockteilfläche um den Reduktionsfaktor RDF des Einzugsgebietes reduziert, d.h. im Beispiel „Tegeler Fließ“ um 76 %.

Tab. 1: Abflussdaten, Sickerwasser- und Grundwasserneubildungshöhen sowie Reduktionsfaktoren RDF in den Teileinzugsgebieten Berlins (Stand 2002)

Tab. 1: Abflussdaten, Sickerwasser- und Grundwasserneubildungshöhen sowie Reduktionsfaktoren RDF in den Teileinzugsgebieten Berlins (Stand 2002)

Für die aktuelle Ausgabe der Karte wurden die auf diese Weise im Jahre 2003 auf der Grundlage der Wasserhaushaltsgrößen aus der Karte 02.13 (Ausgabe 1999, jedoch Neuberechnung mit Flurabstand Mai 2002) ermittelten Reduktionsfaktoren übernommen und auf die aktualisierten Sickerwasserraten der Karte 02.13 (Ausgabe 2019) angewendet.