Abschnitt 3 – Unterbringung und Verlegung

§ 13

Trennungsgrundsätze

(1) Jugendstrafgefangene unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung zum Zweck der medizinischen Behandlung und gemeinsame Maßnahmen, insbesondere zur schulischen und beruflichen Qualifizierung, sind zulässig.

(2) Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung gemäß Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Jugendstrafgefangenen, der Erreichung des Vollzugsziels und der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt, einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Jugendstrafgefangenen, insbesondere dann abgewichen werden, wenn sich Jugendstrafgefangene

1. auf Grund ihrer geschlechtlichen Identität nicht dem in ihrem amtlichen Personenstandseintrag angegebenen, sondern einem anderen Geschlecht oder
2. dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht

als zugehörig empfinden.

§ 14

Unterbringung während der Einschlusszeiten

(1) Die Jugendstrafgefangenen werden im geschlossenen Vollzug während der Einschlusszeiten in ihren Hafträumen einzeln untergebracht. Mit ihrer Zustimmung können sie in dafür zugelassenen Hafträumen zu zweit untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind. Die Anstalt setzt die Einschlusszeiten unter Berücksichtigung der in § 3 geregelten Grundsätze der Vollzugsgestaltung und der in § 6 bestimmten Leitlinien der Förderung und Erziehung fest.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 Satz 2 hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur im offenen Vollzug, während der stationären Behandlung im Justizvollzugskrankenhaus oder vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig. Schädliche Einflüsse auf die Jugendstrafgefangenen dürfen hierdurch nicht zu befürchten sein.

§ 15

Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten dürfen sich die Jugendstrafgefangenen in Gemeinschaft aufhalten.

(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden,

  1. wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Jugendstrafgefangene zu befürchten ist,
  2. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert
  3. wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist oder
  4. während der stationären Behandlung im Justizvollzugskrankenhaus.

§ 16

Wohngruppenvollzug

(1) Geeignete Jugendstrafgefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht, die entsprechend dem individuellen Entwicklungsstand und Förderbedarf zu bilden sind. Bei der Belegung der Wohngruppen sind vornehmlich das Alter der Jugendstrafgefangenen, die Dauer der zu vollziehenden Jugendstrafe sowie die dem Vollzug zu Grunde liegenden Straftaten zu berücksichtigten. Nicht für den Wohngruppenvollzug geeignet sind in der Regel Jugendstrafgefangene, die aufgrund ihres Verhaltens nicht gruppenfähig sind.

(2) In der Wohngruppe sollen insbesondere Werte, die ein sozialverträgliches Zusammenleben ermöglichen, gewaltfreie Konfliktlösungen, gegenseitige Toleranz und Verantwortung für den eigenen Lebensbereich vermittelt und eingeübt werden.

(3) Wohngruppenvollzug zeichnet sich durch eine besondere pädagogische Betreuung aus. Die Wohngruppen werden von fest zugeordneten Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes betreut. Sie werden baulich abgegrenzt für eine überschaubare Anzahl von Jugendstrafgefangenen eingerichtet und verfügen neben Hafträumen über wohnlich gestaltete Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung, insbesondere über Küchen und Gemeinschaftsräume.

(4) Eine erzieherische Betreuung in den Wohngruppen ist auch in der ausbildungs- und arbeitsfreien Zeit der Jugendstrafgefangenen, vor allem auch am Wochenende, im erforderlichen Umfang zu gewährleisten.

§ 17

Unterbringung von weiblichen Jugendstrafgefangenen mit ihren Kindern

(1) Bis zur Vollendung ihres dritten Lebensjahres können Kinder von weiblichen Jugendstrafgefangenen mit Zustimmung der oder des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten mit ihrer Mutter gemeinsam in der Anstalt untergebracht werden, wenn Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten der für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung gefährdet würde.

§ 18

Geschlossener und offener Vollzug

(1) Die Jugendstrafgefangenen werden im geschlossenen oder im offenen Vollzug untergebracht. Abteilungen des offenen Vollzugs sehen keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.

(2) Die Jugendstrafgefangenen sind im offenen Vollzug unterzubringen, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich weder dem Vollzug entziehen noch die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden.

(3) Genügen die Jugendstrafgefangenen den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs nicht oder nicht mehr, so werden sie im geschlossenen Vollzug untergebracht. Jugendstrafgefangene können abweichend von Absatz 2 im geschlossenen Vollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zur Erreichung des Vollzugsziels notwendig ist. § 19 Absatz 3 gilt entsprechend.

§ 19

Verlegung und Überstellung

(1) Die Jugendstrafgefangenen können abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn

  1. die Erreichung des Vollzugsziels hierdurch gefördert wird,
  2. in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung oder Befreiung gegeben ist oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt darstellt und die aufnehmende Anstalt zur sicheren Unterbringung der Jugendstrafgefangenen besser geeignet ist oder
  3. Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern.

(2) Die Jugendstrafgefangenen dürfen aus wichtigem Grund, insbesondere zur Durchführung medizinischer Maßnahmen, zur Begutachtung oder Besuchszusammenführung, befristet in eine andere Anstalt überführt werden (Überstellung).

(3) Vor Verlegung oder vor Überstellung sind die Jugendstrafgefangenen anzuhören. Bei einer Gefährdung der Sicherheit kann dies auch nachgeholt werden. Die Personensorgeberechtigten werden von der Verlegung und Überstellung und die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter sowie das zuständige Jugendamt von der Verlegung unverzüglich benachrichtigt. Die Verteidigerinnen, Verteidiger und Beistände nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes erhalten auf Antrag der Jugendstrafgefangenen eine entsprechende Mitteilung über die Verlegung.