Heiligensee

Dorfanger Heiligensee

Erstmals urkundlich erwähnt, wurde der Ort 1308 und fand seinen Aufschwung durch die Nutzung der vom Ritter Johann von Bredow als Herrn von Heiligensee errichteten Fährverbindung über die Havel nach Spandau. Scharen von Gläubigen pilgerten nach der wunderbaren Erscheinung blutender Hostien in der von Raubrittern zerstörten Kirche von Wilsnack dorthin. Sie benutzen u.a. die alte Straße von Berlin über Heiligensee nach Hamburg. Danach entwickelte sich Heiligensee zu einem bedeutenden Ort für Ausflugsrestaurants, Badebetrieb, Wassersport und Anglervereine bis in die heutige Zeit. Wie der Ort zu seinem Namen kam, konnte nie eindeutig festgestellt werden. Steht der Besucher aber an einem schönen Herbstnachmittag am See und läßt sich von der Romantik der ihn umgebenden Idylle einfangen, wird er verstehen, dass in der Vergangenheit viele Sagen gerade hier entstanden sind. So könnte es sein, dass vielleicht die Sage um die weiße Frau im Schifferberg, die von Sonntagskindern mittags am Johannestag gesehen wurde – eine germanische Göttin, die einst auf den Baumbergen verehrt wurde – Anlass für die Namensfindung gewesen sein könnte. Es gibt aber auch die Sage um die Glocken, die auf dem Grund des Heiligen See liegen sollen. Dazu steht geschrieben:

Tief auf dem Grunde des Heiligen Sees liegen Glocken. Vor alter Zeit sind sie versunken. Zuweilen kommen sie aber zum Vorschein. Man sieht sie dann meistens mitten im See auf einer flachen Stelle liegen. Dort wärmen sie sich im Strahle der Mittagssonne. Einige Leute hörten sie auch schon sprechen. Es war gerade am Johannistag. Sie kamen aus dem See heraus, und die eine sagte zur anderen: “Anne Susanne, wiste mett to Lanne?” Darauf antwortete die andere: “Nimmermeh!” Dann sanken sie, nachdem sie noch einmal angeschlagen hatten, wieder in die Tiefe.

Dem alten Dorf Heiligensee widmen sich viele Sagen, die von einem verwunschenen Schloss, welches im See versank, von der Weihung des Sees mit einem silbernen Heiligenbild alle hundert Jahre und dessen Heilkraft, Lahme wieder gehend zu machen, oder auch von einem Gespann schwarzer Stiere, die im See versanken, berichten. In der ersten urkundlichen Erwähnung Heiligensees aus dem Jahre 1308 wird von dem Verkauf einer Spandauer Wiese an das Spandauer Nonnenkloster berichtet; in einem nur wenige Jahre jüngeren Dokument von 1313 wird bereits eine Fähre erwähnt, die bis zum Jahre 1506, als man eine Brücke bei Hennigsdorf errichtete, stark frequentiert wurde.

Als historisch gewachsener und behutsam modernisierter Ortsteil Reinickendorfs ist Heiligensee auch für Neu-Reinickendorfer, die die Ruhe und Natur am Rande der Metropole Berlin suchen, sehr beliebt. Das größte Restaurant mit Hotelbetrieb, seit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz, ist das “Haus Dannenberg”. Das ist sowohl mit dem Bus und natürlich dem Auto, aber auch mit den auf der Havel verkehrenden Fahrgastschiffen als beliebtes Ausflugsziel zu erreichen. Seit April 2003 können Berlin-Besucher, die den Wasserweg über die Havel wählen, durch die Beschilderung “Gelbe Welle” gleich erkennen, hier kann ich anlegen – hier finde ich alles, was ich benötige.

Und was findet man hier noch? Ebenfalls seit mehr als 100 Jahren ist hier das Unternehmen Underberg ansässig. Jeder weltweit getrunkene “Underberg – der Magenbitter” kommt aus Heiligensee. Die Rezeptur wird nur nach einem Generationswechsel innerhalb der Familie weitergegeben. Nun wissen auch Sie es!
Das Dorf liegt im Nordwesten des Bezirkes auf einer Landzunge zwischen dem Heiligensee und der Havel, die sich zum Nieder-Neuendorfer See erweitert. Während der Teilung Berlins konnte man Heiligensee von Süden her über die Sandhauser Straße von Konradshöhe, über die Heiligenseestraße und über die Ruppiner Chaussee von Tegel oder dem Kiefheider Weg, dem Autobahnabzweig Schulzendorfer Straße/Heiligensee bzw. über die von den französischen Alliierten angelegte Rote Chaussee, die direkt durch den Tegeler Forst führt und Frohnau mit Heiligensee verbindet, erreichen. Hinzugekommen ist jedoch nach dem Fall der Berliner Mauer die alte Verbindung zum Umland nach Hennigsdorf über die Ruppiner Chaussee.

Alt-Heiligensee hat bis heute seine Form als Angerdorf bewahrt, zum einen auf Grund der Entfernung von Berlin, zum anderen, weil es in seiner Ausdehnung – wegen seiner Lage zwischen dem Heiligensee und der Havel – weitgehend eingeschränkt war.

Sehenswert ist die alte Dorfkirche aus dem 15./16. Jahrhundert mit einem verputzten Mischmauerwerk, die an der Stelle einer mittelalterlichen Vorgängerin errichtet wurde. Der Westturm wurde 1761 angefügt. Die letzte Restaurierung 1958/59 gab dem Außenputz die barocke Gliederung. Um die Kirche herum befindet sich der alte Dorffriedhof, auf dem bereits um die Jahrhundertwende aus Angst vor Seuchen die Bestattungen verboten waren. Er wurde durch den 1908 bis 1912 errichteten Städtischen Friedhof an der Sandhauser Straße 78-130 ersetzt. Auf diesem Friedhof befindet sich auch eine Abteilung der französischen Alliierten, in der Kriegsopfer und Verstorbene der Nachkriegszeit beerdigt liegen.

Zu dem historischen Angerdorf Heiligensee gehören das neben der Dorfkirche stehende Spritzenhaus und das später angefügte Amthaus, die alte Schmiedewerkstatt Alt-Heiligensee 61 und das hinter der Schmiede gelegene Wirtshaus Alt-Heiligensee 67 von 1869. Um die Dorfaue herum sind zahlreiche Bauern- und Kossätenhäuser mit zum Teil klassizistischen Stuckfassaden erhalten (Alt-Heiligensee Nr. 22, 76, 82/84 und 83/85). Besondere Attraktionen sind das Bürgerhaus aus Fachwerk (Alt-Heiligensee 43) aus dem 18. Jahrhundert und das um 1780 errichtete Wohnhaus eines Kossätenhofes Alt-Heiligensee 71. Auf der Ostseite des Angers, dem Heiligensee zugewandt, befindet sich das heute als Atelier und Wohnhaus umgestaltete ehemalige Straßenbahndepot (Alt-Heiligensee 73/75), das nach der Einrichtung der Straßenbahnverbindungen nach Tegel bzw. Tegelort errichtet wurde. Hier haben jetzt Künstler Einzug gehalten und arbeiten in ihren Ateliers.

Seit den zwanziger Jahren wurden die Gebiete zwischen dem alten Dorf Heiligensee und der Ruppiner Chaussee bebaut. So wurde seit Anfang der dreißiger Jahre nach Trockenlegung des Geländes Neu-Heiligensee westlich der Straße Am Dachsbau von der “Heimstätten Primus mbH” und der “Gemeinnützigen Heimstättengesellschaft Tempelhofer Feld” erstellt.In dem ehemaligen Flugwärterhäuschen am Eingang eines von 1915 bis 1919 genutzten Flugfeldes (An der Wildbahn 33) wohnte von 1938 bis zu ihrem Tode im Jahre 1978 die berühmte Malerin und Künstlerin des Dadaismus Hannah Höch.

In der Arztpraxis von Dr. Max und Dr. Maria Klesse (Am Hirschwechsel 34) befand sich während des Zweiten Weltkrieges der zentrale Treffpunkt der Widerstandsgruppe “Mannhart.

Im Nordosten von Heiligensee liegt zwischen der Ruppiner Chaussee, dem Stolpmünder Weg, dem Sonnenwalder Weg und dem Kiefheider Weg die 1935 errichtete Werkssiedlung der “Gemeinnützigen Siedlungsgenossenschaft Borsigscher Werksangehöriger eGmbH. und der “Hennigsdorfer Siedlungsgesellschaft mbH. (AEG), eine reine Arbeitersiedlung, die durch kleine Häuser und winzige Vorgärten geprägt ist. Der erste Bauabschnitt wurde nach Plänen von Hermann Jansen errichtet.

Die sog. Borsig-Siedlung -der Begriff wurde für die einzelnen Siedlungsteile angewendet-grenzt im Süden an die ehemaligen Flakkasernen von 1936/37 in der Ruppiner Chaussee 268, in der sich heute der Polizei Abschnitt 11, eine Feuerwehrschule das Landeseinwohneramt sowie eine Einrichtung des offenen Strafvollzugs befinden. In den Gebäuden der Kaserne, die nach dem Krieg “Centre Jeanne d’Arc” hieß, befanden sich von 1945 bis 1952 Einrichtungen der französischen Alliierten.

Einige hundert Meter südöstlich der Kaserne erstreckt sich auf einem Terrain zwischen dem Forstamt im “Tegelgrund” und der Beyschlagstraße der Ortsteil Schulzendorf. Am 6. Juli 1772 unterschrieb der Alte Fritz die Gründungsurkunde von Schulzendorf, eine Erbpachtverschreibung, in der es heißt: “…bey dem Theer-Ofen in der Heiligenseeschen Heyde in ein einziges Etablissement unter der Benennung Schultzendorff zusammengezogen werden sollen.” Mit einem Teerofen, der zur Verschwelung von Kienholz errichtet worden war, begann die Geschichte dieses Reinickendorfer Ortsteils. Der gewonnene Teer wurde zum Schmieren der hölzernen Wagenachsen genutzt. Der Teerofen befand sich seit 1708 auf dem Apolloberg an der Ruppiner Chaussee (heute hinter der Autobahntrasse), der alten Hamburger Fernhandelsstraße. 1743 wurde in der Nähe des Teerofens ein Bierausschank mit einer Postkutschen-Versorgungsstation gebaut, die dann um eine Herberge für Durchreisende erweitert wurde. Im Jahre 1801 hatte Schulzendorf 35 Einwohner. 1822 ließ sich der Kolonist Wilhelm Neue nieder, dessen Nachkommen heute unter dem Namen Neye in Schulzendorf ansässig sind. Seit mehreren Generationen besitzen sie das Restaurant “Sommerlust”. Die Gaststätte existiert heute noch und war für viele Berliner ein bekanntes Ausflugsrestaurant, in dem man seinen Kaffee auf der gegenüberliegenden Seite der Ruppiner Chaussee in einem Garten direkt im Wald trank.