Die Neuordnung der Welt

Die Potsdamer Konferenz der Siegermächte der Antihitlerkoalition, 17.7. bis 2.8.1945

Die Potsdamer Konferenz der Siegermächte der Antihitlerkoalition, 17.7. bis 2.8.1945

von Matthias Simmich

Die Sonderausstellung zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz thematisiert die folgenreichen Entscheidungen und schreibt die Geschichtedes Schlosses Cecilienhof bis heute fort.

Die Bedeutung und der Bekanntheitsgrad eines Schlosses hängen meist von seiner Architektur, seiner Ausstattung und der dort lebenden Persönlichkeit ab. Auf Schloss Cecilienhof im Neuen Garten Potsdam treffen all diese Kriterien nicht zu. Der englische Landhausstil ist bestenfalls als kurios zu bezeichnen, die Einrichtung ist zusammengewürfelt und ohne durchgehende Linie, und Wilhelm, der letzte Kronprinz des Deutschen Reiches, lebte dort erst, als es keine Monarchie mehr gab und er nur noch Ex-Kronprinz war. Und doch ist Cecilienhof weltweit bekannt und hat mehr ausländische als einheimische Besucher, denn an diesem Ort wurde Weltgeschichte geschrieben.

Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 trafen sich auf der Potsdamer Konferenz die Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkriegs. Die Vereinigten Staaten von Amerika unter Präsident Truman, die Sowjetunion unter Generalissimus Stalin und das Vereinigte Königreich Großbritannien unter Premierminister Churchill kamen hier zusammen, um über die Nachkriegsordnung Deutschlands, Europas und der Welt zu entscheiden.

In dreizehn Sitzungen mühten sich die »Großen Drei« zu weitreichenden Beschlüssen, die vorrangig das besiegte Deutschland betrafen. Durch den Beschluss zur Entnazifizierung wurden die NSDAP verboten und NS-Gesetze aufgehoben. Im November 1945 folgten die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des »Dritten Reiches« vor dem internationalen Militärtribunal in Nürnberg.

Die »völlige Abrüstung und Demilitarisierung Deutschlands«, die »Umgestaltung des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage« und schließlich die »Dezentralisierung der deutschen Wirtschaft« fanden sich im Abschlussdokument der Konferenz wieder.

Einen Kompromiss erzielten die Verhandlungsführer bei den Beschlüssen zu den Reparationen. Jede Besatzungsmacht sollte ihre Reparationsforderungen ausschließlich aus der eigenen Besatzungszone befriedigen. Als Folge wurden die einzelnen Besatzungszonen unterschiedlich stark belastet, was zu einem wirtschaftlichen Auseinanderdriften der Zonen führte.

Hatten sich in der Reparationsfrage die westlichen Alliierten durchgesetzt, so triumphierte Stalin bei der Festlegung der neuen deutsch-polnischen Grenze entlang der Oder und Lausitzer Neiße. Diese Grenzziehung stand zwar unter dem Vorbehalt einer »endgültigen Festlegung« auf einer späteren Friedenskonferenz, doch bis dahin galten die deutschen Gebiete östlich der Grenze »nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland«, sondern standen unter der »Verwaltung des polnischen Staates.« Erst 1990 wurde dieses Provisorium im »Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland« (Zwei-plus-Vier-Vertrag) endgültig und völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben.

Die 1945 in Potsdam beschlossene territoriale Neuordnung Europas führte zu einer der größten Bevölkerungsverschiebungen innerhalb des Kontinents. Sie erzwang die Ausweisung von zwölf Millionen Deutschen aus Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei. Ebenso mussten zwei bis drei Millionen Polen ihre Heimat verlassen. Diese östlichen polnischen Gebiete fielen nun an die Sowjetunion.

Die Auswirkungen reichten bis Asien. Tausende Kilometer vom Cecilienhof entfernt steht Potsdam bis heute für die »Potsdamer Deklaration« vom 26. Juli 1945. Darin forderten Truman, Churchill und der chinesische General Chiang Kaishek (per Telegraf) ultimativ die bedingungslose Kapitulation Japans. Ansonsten drohe »sofortige und völlige Zerstörung«.

Analog zum Deutschen Reich sollten Kriegsverbrecher verurteilt und das Land besetzt und entmilitarisiert werden. Japans Territorium sollte im Wesentlichen auf seine vier Hauptinseln beschränkt bleiben. Die japanische Regierung ignorierte die Potsdamer Deklaration und so erfolgten am 6. und 9. August 1945 die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.

Der Krieg ging zu Ende, doch für die Menschheit begann das Atomzeitalter mit der bis heute unbeantworteten Frage, wie diese ungeheure Zerstörungsgewalt gebändigt werden kann. Das atomare Wettrüsten begann und die Welt zerfiel im Kalten Krieg in zwei feindliche Blöcke.

Am Konferenztisch von Schloss Cecilienhof entschieden drei Großmächte über das Schicksal ganzer Völker. Die Verhandlungen von Potsdam haben Spuren hinterlassen, und diese Spuren sind bis heute sichtbar, auch in der Geschichte des Schlosses Cecilienhof.

So wurden anlässlich der Konferenz die Haupträume neu möbliert und der Rote Stern im Ehrenhof des Schlosses angelegt. Schließlich waren die von 1961 bis 1989 unweit des Gebäudes gelegenen Grenzanlagen eine indirekte Folge der Verhandlungen von 1945.

Die Sonderausstellung zum 75. Jahrestag der Potsdamer Konferenz nimmt die Besucher am authentischen Ort mit auf eine multimediale Zeitreise in das Jahr 1945. Die sachliche Präsentation zeichnet ein vielschichtiges Bild des Konferenzablaufs und kontrastiert die abstrakten Entscheidungen der Siegermächte mit bewegenden Exponaten zum konkretenErleben der Konsequenzen.

Matthias Simmich ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sonderausstellung