Spreewälder Aronia-Saison im Biohof Schöneiche

Reife Aroniabeeren

von Ursula A. Kolbe

Der Spreewald überrascht immer wieder mit neuen Facetten. Stichwort Aronia, auch als Apfelbeere bekannt. Seit wenigen Jahren gedeiht sie nun auch hier, im Brandenburgischen auf dem Biohof Schöneiche, einem Ortsteil der Gemeinde Steinreich (Oberspreewald-Lausitz).

2013 entstand auf rund 50 Hektar Westeuropas größte Bio-Aroniaplantage.
Gegründet hat sie Bio-Landwirt Heinz Peter Frehn gemeinsam mit dem Dresdner Unternehmen Aronia Original Naturprodukte. Inzwischen wird hier am Rand des Spreewalds auf 130 ha Bio-Aronia kultiviert. Deutschlandweit wächst diese Wildobstart auf 400 ha. Pro Hektar werden übrigens im Schnitt fünf bis zehn Tonnen geerntet.

Seit Mitte August ist nun die 2016er Ernte dieser immer beliebter werdenden Frucht bis in den Oktober hinein im Gange. Auch Inhaber Heinz-Peter Frehn und Christoph Frehn hatten auf ihrem Biohof am 19. August den offiziellen Startschuss in ihre Ernte-Saison gegeben.

Die süß-säuerlich-herb schmeckenden Beeren gehören zur Familie der Rosengewächse. Die gezüchteten Kulturbeeren sind größer als die Blaubeeren und erinnern in ihrer Form an einen Mini-Apfel.

Nach den Erfahrungen von Bauer Frehn sind die Pflanzen genügsam. Aber nötig seien ausreichend Wasser und Luft zum Atmen. Gleich beim Setzen der Pflanzen kommt ein Bewässerungsschlauch mit ins Pflanzloch, erklärt der Landwirt. Dünger, Pflanzenschutzmittel, Wachstumsbeschleuniger sind tabu.

Ursprung im nordöstlichen Nordamerika

Ihren Ursprung hat die Pflanze im nordöstlichen Nordamerika. Dort wächst sie auf den verschiedensten Böden. Bereits Indianer haben die Aroniabeere geschätzt und als Winterproviant genutzt. Für das, aus der Cree-Sprache abgeleitete, Pemmikan, eine nahrhafte und haltbare Mischung aus zerstoßenem Dörrfleisch und Fett, wurden, wenn vorhanden, Aroniabeeren untergemischt. Ähnlich Rezepturen kannten auch andere Stämme.

Um 1900 kamen die ersten Pflanzen nach Russland und Deutschland

Die obstbauliche Bearbeitung der Apfelbeere begann in Russland und wurde in der ehemaligen Sowjetunion fortgesetzt. In Osteuropa ist das Wissen um die heilende Wirkung der Aronia seit Jahrzehnten Allgemeingut. Hierzulande nimmt ihr Erfolg erst jetzt so richtig Fahrt auf; die ersten Pflanzen hatten um 1900 den Weg nach Deutschland gefunden.

Der russische Botaniker Iwan Wladimir Mitschurin (1855 – 1935) brachte Pflanzen um die Wende zum 20. Jahrhundert für Zuchtzwecke nach Russland. Um 1910 bis 1920 kreuzte er die Apfelbeere mit den Gattungen Sorbus (hier: Eberesche) und Mespilus (Mispel). 1935 legte dann sein Nachfolger, der Ukrainer Michael Afanasjewitsch Lisawenko (1897 – 1967), eine Versuchsanlage in Gorno-Altaisk (Altaigebiet) an.

Weil damit gute Erfahrungen gemacht wurden, ist die Apfelbeere 1946 erstmals in der Sowjetunion als Obstart anerkannt und für den Anbau im Altai-Kreis empfohlen worden. In den folgenden Jahren vergrößerten sich die Anbauflächen; allein in der Gegend des heutigen Sankt Petersburg (damals Leningrad) sind 20.000 Stück in verschiedenen Versuchsanlagen gepflanzt worden.

Fazit 1971: Aronia-Anbau in Russland außerhalb der Schwarzerdeböden auf nunmehr insgesamt 5.400 Hektar. Um diese Zeit sind die Pflanzen ebenfalls in Moldawien, Weißrussland und in der Ukraine kultiviert worden.
1975 dann die Aufnahme in die Sortenliste der UdSSR. In Russland gilt Aronia bis heute als herausragendes Volksheilmittel, das besonders den Zellschutz verbessert und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt.

In der DDR startete der Anbau 1976. Die erste Plantage wurde in der LPG Berglandobst in Schirgiswalde bei Bautzen bepflanzt. Sie gehört heute zum Obsthof Stolle. Den Weg nach Deutschland fanden übrigens die ersten Pflanzen so um 1900.

Anfangs wurde ihr Saft zum Färben von Lebensmitteln genutzt. Jetzt wird die Beere meist wegen ihrer Inhaltsstoffe geschätzt – sie trägt deshalb den Beinamen Gesundheitsbeere. Die Früchte werden zu Säften; für einen Liter sind etwa 1,2 bis 1,5 kg nötig – sowie Marmeladen, Gelees und Kosmetika verarbeitet.

Die von Aronia entwickelten Flavonoide gelten als hochwirksame Radikalfänger. Freie Radikale wiederum sollen Auslöser zahlreicher Krebserkrankungen sowie Arteriosklerose und der Alzheimer Krankheit sein.

Die Beeren enthalten weiterhin zahlreiche Vitamine wie B1, B2 (Riboflavin), B3 (Niacin), B5, B6, B7, B9 (Folsäure) und B12. Der Anteil der fettlöslichen Vitamine in Aronia besteht aus den Vitaminen A, E und K sowie dem Provitamin A. An Mineralien sind vor allem Eisen und Jod zu nennen.

Das ebenfalls enthaltene Phenol ist ein hoch wirksamer Inhaltsstoff zur Entgiftung des Körpers. Er hat die Eigenschaft, aggressive Sauerstoff- und Stickstoffmoleküle an sich zu binden, weshalb beispielsweise in der Fachliteratur bei Belastungen durch Metalle (z. B. Blei, Quecksilber, Amalgan) Phenol-Zugaben empfohlen werden.

Auf jeden Fall können wir konstatieren: Von der steigenden Nachfrage nach regionalen Produkten, regionalen Geschmacksrichtungen und Rezepturen profitieren seit einigen Jahren auf jeden Fall die Wildobstarten. Neben Sanddorn und Holunder ist Aronia, die Apfelbeere, im Kommen. Sehen wir dem mit Interesse entgegen.