Stadtschönheiten: Auf Salz gebaut und reich an Geschichte

Das Salzhaus im Zentrum Zittaus

von Hans Eblok

Zittau liegt am Fuße des Zittauer Gebirges. Dem mit dem Tuchhandel und der Leineweberei gewonnenen wirtschaftlichen Reichtum verdankte es Zittau, von den anderen Orten des Oberlausitzer Sechsstädtebundes anerkennend und sicher ein wenig neidvoll „die Reiche“ genannt zu werden. Die Zeiten, in denen der Städtebund ein Schutzbund gegen Räuberbanden und Wegelagerer war, sind lange vorbei und die ehemals so blühende Textilindustrie ist längst nicht mehr so kraftvoll wie einst. Doch eine reiche Stadt ist Zittau noch heute. Gehen Sie auf eine Entdeckungsreise zu den zahlreichen kulturellen, architektonischen und musealen Schätzen Zittaus.

Da die Händler im Mittelalter unverschämt hohe Zölle an die Stadt Görlitz abzugeben hatten, legten die Löbauer Ratsherren 1367 kurzerhand eine für sie vorteilhaftere Umgehungsstraße zwischen Bautzen und Zittau an. Es war dann Zittau, das wegen seiner verkehrsgünstigen Lage in der Nähe zweier Gebirgspässe einen größeren Nutzen aus der neuen Handelsstraße ziehen konnte. Die Stadt erlebte einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung, den sie vor allem der Tuchmacherei, dem Handel mit Leinwand und der Bierbrauerei zu verdanken hatte.

1389 erhielt Zittau das Recht, Salz zu stapeln. Man baute zu diesem Zweck unweit des Neustädter Platzes eine Salzkammer. Anstelle dieses Gebäudes wurde 1511 ein mächtiger, dreigeschossiger Marstall errichtet. Ein Pferdekopf über dem Portal westlich des Haupteinganges erinnert daran, dass sich im Erdgeschoss die Ställe und die Kutscherstube der Stadt Zittau befanden. In den übrigen Geschossen wurden Waren gelagert, darunter auch weiterhin das kostbare Salz. 1572 erhöhte man den Marstall auf vier, 1730 gar auf acht Stockwerke.

Im 18. Jahrhundert diente das Gebäude vor allem als Kornmagazin. Nur leicht beschädigt, überstand es den schweren Angriff der österreichischen Truppen, welche die damals zu Preußen gehörende Stadt während des Siebenjährigen Krieges am 23. Juli 1757 zu drei Viertel zerstörten. Auch im 19. Jahrhundert blieb der Marstall Speicherhaus, beherbergte aber darüber hinaus den städtischen Fuhrpark, das Stadtarchiv sowie die 9. und 10. Kompanie eines sächsischen Infanterieregiments.

Nach 1945 behielt das Gebäude seine Funktion als Lager und Speicher. Man richtete dort auch Arbeitsräume für städtische Bedienstete ein. Im zweiten und dritten Stockwerk entstanden Wohnungen. Das Salzhaus, wie der Marstall von den Zittauern allgemein genannt wird, ist der bedeutendste Profanbau der Stadt und zählt wegen seiner enormen Größe zu den wichtigsten Speicherbauten Deutschlands.

Als sich herausstellte, dass ein Investor in dem historischen Gebäude ein Parkhaus mit elektronisch gesteuertem Aufzug für Kraftfahrzeuge, eine Diskothek und eine Bowlingbahn einrichten wollte, initiierte der Verein “Tradition und Zukunft Salzhaus Zittau e.V.” 1997 ein Bürgerbegehren. Die Nutzung, die das Denkmal weitgehend zerstört hätte, konnte schließlich abgewendet werden.

Mit einer Spende der gebürtigen Zittauerin Ingeborg von Ehrlich-Treuenstätt, Gründungsmitglied des Vereins, über 500.000 Mark für die Dachinstandsetzung begann 1998 die Sanierung des Salzhauses. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz stellte in den Jahren 1998 bis 2000 rund 1,5 Millionen Mark bereit.

Seit 2005 gehört das Gebäude der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft mbH, eine Einrichtung des Landkreises Görlitz, die ein Marketing- und Werbekonzept für das mächtige Salzhaus entwickelte. Heute sind dort die Christian-Weise-Bibliothek, eine Ladenpassage und Büros untergebracht. Außerdem finden regelmäßig Themenmärkte und andere Veranstaltungen statt. Das stadtbildprägende Gebäude, das 2011 seinen 500. Geburtstag feierte, ist wieder zu einem Mittelpunkt im täglichen Leben der Zittauer geworden.