Ist mehr Arbeit gleich Mehrarbeit? Ein Überblick.

Wann ist mehr Arbeit Mehrarbeit?

Im Schuldienst wird der Begriff Mehrarbeit nur verwendet, wenn Unterricht über die festgesetzte Pflichtstundenzahl hinaus erteilt wird. Zusätzliche außerunterrichtliche Belastungen (bspw. Korrekturen, Konferenzen, Wandertage, Klassenfahrten, vgl. AV Veranstaltungen) werden von Verwaltungen und Gerichten nicht als Mehrarbeit angesehen. Die Arbeitszeitverordnung sagt: Mehrarbeit ist auf Ausnahmefälle bei kurzfristigen Vertretungen sowie zwingende dienstliche Verhältnisse zu beschränken. Bietet sich eine Lehrkraft freiwillig an, hat dies Vorrang vor einer gleichmäßigen Verteilung.

In welchem Umfang erfolgt Mehrarbeit?

Alle Lehrkräfte (verbeamtet oder angestellt) können angewiesen werden, unbezahlte Mehrarbeit zu leisten, allerdings nur bis zur sogenannten „Bagatellgrenze“, siehe Tabelle, letzte Zeile. (Fair ist das sicher nicht. Drei Vertretungsstunden im Monat sind keine Bagatelle.) Fällt zwingende Mehrarbeit an, die diese Stundenzahl überschreitet (bspw. Übernahme einer Klasse), so muss diese schriftlich von der Schulleitung begründet werden. In der folgenden Tabelle ist der Umfang ad hoc anweisbarer Mehrarbeit pro Kalendermonat dargestellt:

Teilzeit bis 66% Teilzeit über 66% Vollzeit
ISS, Gymnasium 9-17 18 – 25 26
Förderzentrum 9 – 17 18 – 26 27
Grundschule 10 – 18 19 – 27 28
Anweisbare Mehrarbeit 1 2 3

alle Angaben in Unterrichtsstunden

Was ist Minderarbeit?

Als „Minderarbeit“ werden in der Verwaltung Pflichtstunden bezeichnet, die nicht von der Lehrkraft gehalten werden (können), dazu zählen z.B. entfallene Stunden durch abwesende Klassen. Diese Stunden können monatsweise mit Mehrarbeitsstunden verrechnet werden oder als Freizeitausgleich für angesammelte Mehrarbeitsstunden abgerechnet werden.

Ausgleich von Mehrarbeit mit Freizeit und eventuelle Bezahlung von Mehrarbeit

Zu einer Bezahlung kommt es in der Realität eher selten, denn angewiesen wurde: Freizeitausgleich ist dienstrechtlich zu bevorzugen.

Das bedeutet meistens, dass eine Verrechnung mit „Minderarbeit“ erfolgt. Der Bezugszeitraum für die Berechnung geleisteter Mehrarbeit ist der Kalendermonat. Innerhalb dessen können z.B. ausgefallene Pflichtstunden mit der Mehrarbeit verrechnet werden, unabhängig davon, ob diese innerhalb des Kalendermonats vor oder nach der geleisteten Mehrarbeit angefallen ist.

Bleibt am Ende eines Monats immer noch Mehrarbeit übrig, ist diese zu bezahlen, jedoch kann das erst nach zwölf Monaten beantragt werden – bis dahin ist auch wieder ein Freizeitausgleich, i. d. R. mit „Minderarbeit“, möglich. Die Einjahresfrist beginnt für jeden neuen Monat wieder neu mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Mehrarbeit geleistet wurde. Sie kann innerhalb eines Jahres immer noch mit Freizeit ausgeglichen werden.

Bei der Bezahlung gibt es Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitlehrkräften.

In Vollzeit Arbeitende bekommen Stunden nicht bezahlt, die unter die „Bagatellgrenze“ (3 Unterrichtsstunden im Monat) fallen. Sie haben jedoch das Recht, alle Mehrarbeitsstunden bezahlt zu bekommen, sobald sie über diese Grenze hinausgehen (also z.B. bei 4 Vertretungsstunden: alle vier).

Eine Teilzeitkraft ist berechtigt, alle Mehrarbeitsstunden von Anfang an bezahlt zu bekommen. Die Bezahlung erfolgt auch nicht nach den Sätzen der Mehrarbeitsvergütung, sondern nach ihrem anteiligen Gehalt; dieser Satz liegt etwas höher. Dies gilt bis zur Erreichung ihrer vollen Stundenzahl. Erreicht sie die, wird sie behandelt wie eine Vollzeitkraft, muss also wieder unbezahlte Mehrarbeit leisten. Die Bezahlung der Vollzeitkräfte bewegt sich in Abhängigkeit der Besoldungs-/Vergütungsgruppe zwischen 20 und 30 € pro Unterrichtsstunde.

Beispiel

Eine Vollzeitlehrkraft vertritt im Januar vier Stunden, im Februar drei, im März vier. Die vier Stunden vom Januar kann sie Anfang Februar des nächsten Jahres zur Bezahlung beantragen, die drei im Februar bleiben unbezahlt, die vier im März können dann im nächsten April zur Bezahlung über den Dienstweg beantragt werden. Am besten, man lässt sich deshalb die geleistete Mehrarbeit von der Schulleitung bestätigen.

Nun sagt aber die Schulleitung vielleicht im Mai: „Die Klasse x ist zwei Wochen im Praktikum, ich setze Sie in diesen vier Stunden nicht ein, die sind dann der Ausgleich für die vier Mehrarbeitsstunden im Januar.“ Und wer weiß, was dann in den Folgemonaten noch verrechnet wird. Ein Ausfall im September kann immer noch mit den vier Maistunden verrechnet werden, das muss allerdings auch als Freizeitausgleich angesagt werden.

Verschiedene Begriffe, verschiedene Konzepte

Vertretungseinsätze fallen oft spontan an, sie sind so früh wie möglich den Lehrkräften mitzuteilen. Als sinnvoll erweist sich ein schulangepasstes Vertretungskonzept, welches die Gesamtkonferenz beschließt.

Man kann z.B. festlegen, dass sich Lehrkräfte zur besseren Planbarkeit an gewissen Stunden in der Woche, z.B. in einer Lücke zwischen Unterrichtsstunden, einer sogenannte Springstunde, zur Vertretung bereithalten. Die Schulleitung kann jedoch nicht generell über Ihre Springstunden oder über die Stunden vor oder nach Ihrem Unterricht verfügen. Es sollten auch nicht zu viele sein.

Manche Schulen planen eine sogenannte Vertretungsreserve oder Bereitschaftsstunde direkt in die Pflichtstundenzahl mit ein, (weil vielleicht noch Stunden außerhalb der Abdeckung des Regelunterrichts bereitstehen oder z.B. durch epochalen Unterricht einmal eine Stunde übrig bleibt). Beliebt sind diese Stunden eher nicht, viele hätten lieber feste Kurse, statt Vertretungsstunden in vielleicht sogar unbekannten Klassen. Aber eine solche Planung ist zu begrüßen, sie vermeidet (oft auch noch unbezahlte) Mehrarbeitsstunden für alle Lehrkräfte, denn es sind Budgetstunden, in denen vertreten wird.
Fällt jemand länger aus (Schwangerschaft, Krankheit), sollte die Schulleitung PKB-Kräfte einstellen.

Wandertage und Klassenfahrten

Wandertage, Exkursionen und Fahrten werden als Tage mit regulärer Unterrichtsverpflichtung behandelt, auch wenn man länger (oder kürzer) unterwegs ist, als man Unterricht zu erteilen hätte. Wir erinnern daran, dass Teilzeitkräfte bei Fahrten auf Vollzeit aufstocken sollten. Ein Teilzeitkonzept der Schule kann Ungerechtigkeiten bei außerschulischen Veranstaltungen abfedern.

Schutz vor Mehrarbeit

Kolleginnen, die schwanger sind oder stillen, dürfen keine Mehrarbeit leisten, auch dann nicht, wenn eine Kollegin sie freiwillig anbietet. Schwerbehinderte Kolleg/innen und ihnen Gleichgestellte werden auf Verlangen von Mehrarbeit freigestellt, ohne es begründen zu müssen. Bei Lehramtsanwärter/innen soll keine Mehrarbeit angeordnet werden.

Ihr Personalrat (Dezember 2020)