Stolpersteine Arcostraße 14

Hausansicht Arcostr. 14

Der Stolperstein für Fanny Mendelsohn wurde am 19.4.2010 verlegt. Der Stolperstein für Margarete Hamburger wurde auf Wunsch der Enkelin Leonora (Wendy) Howard, die in den USA lebt, am 19.5.2016 verlegt.

Stolperstein für Fanny Mendelsohn

Stolperstein für Fanny Mendelsohn

HIER WOHNTE
FANNY MENDELSOHN
JG. 1881
AUS ‘HEILANSTALT’
BENDORF-SAYN
DEPORTIERT 22.3.1942
IZBICA
ERMORDET

Fanny Mendelsohn geb. Stein wurde am Silvestertag, dem 31. Dezember 1881, in Berent (Koscierzyna, damals Westpreußen) geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Louis Stein und seine Frau Pauline geb. Brann. Fanny hatte sechs ältere Geschwister: Ephraim/ Emil *1869, Emilie verh. Cohn *1871, Isidor *1874, Bertha verh. Simonis *1876; Max *1878. (er wurde am 13. Juni 1942 nach Sobibor deportiert) und Adolf *1880.
Fanny lebte wie auch ihre Schwestern Emilie Cohn und Bertha Simonis in Köpenick. Diese starb 1935 in Berlin im Rudolf-Virchow-Krankenhaus und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Köpenick beigesetzt.
Am 16. November 1911 heiratete Fanny in Köpenick Emil Eugen Mendelsohn, geb. am 7. Januar 1877 in Soldau Krs. Neidenburg. Am 30. August 1912 wurde die Tochter Edith geboren. Emil Mendelsohn starb am 15. August 1936 in Berlin Charlottenburg. Sein Tod wurde von Edith angezeigt, damals war sie Kontoristin. Zu dieser Zeit wohnte die Familie in der Havelstraße (heute Arcostraße)7.
Fanny war vermutlich zwischen 1940 und 1942 bei ihrem Bruder Max, Untermieter von Grete Schlesinger geb. Jessel (geb. 23. Mai 1867 in Stettin, deportiert 18. Oktober 1941 nach Lodz), in der Havelstraße (heute Arcostraße) 14 in Charlottenburg gemeldet.
Offenbar litten sowohl Fanny Mendelsohn wie auch ihre Tochter Edith unter einer nervlichen Erkrankung.
Edith wurde zunächst in die Wittenauer Heilstätten eingewiesen, am 12. Juli 1940 verbrachte man sie in die „Heil und Pflegeanstalt Berlin – Buch” und schließlich wurde sie in der Tötungsanstalt Brandenburg a. d. Havel ermordet.
Fanny wurde aus der jüdischen psychiatrischen Jacoby’schen Anstalt in Bendorf-Sayn bei Koblenz – wann genau und auf wessen Veranlassung sie dorthin eingeliefert wurde, ist nicht bekannt – am 22. März 1942 von dort in einem Zug mit 1000 Insassen, davon etwa 100 aus Sayn, aus Koblenz in das Ghetto Izbica nach Polen deportiert und kurz nach ihrem 60. Geburtstag ermordet.
Vermutlich gehörten Fanny und ihre Tochter Edith zu den Opfern des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten, das unter dem Decknamen „T4“ lief. Von 1939 bis 1945 wurden schätzungsweise fast 200.000 wehrlose Menschen umgebracht. Sechs Stolpersteine sind in Sayn unweit der ehemaligen Israelitischen Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke, der Jacoby’schen Anstalt, symbolisch für alle verlegt worden.

Biografische Zusammenstellung: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf mit Ergänzungen von Martina Rohde.

Stolperstein Margarete Hamburger

HIER WOHNTE
MARGARETE
HAMBURGER
GEB. PETZALL
JG. 1875
DEPORTIERT 9.7.1942
THERESIENSTADT
1942 TREBLINKA
ERMORDET

Margarete Hamburger geb. Petzall wurde am 24. Januar 1875 in Berlin
geboren. Verheiratet war sie mit Leopold Hamburger, sie wohnten an der Havelstraße 14, die heute Arcostraße heißt, und hatten einen Sohn Gerhard.

Leopold Hamburger ist 1940 gestorben, er wurde auf dem Friedhof Weißensee beerdigt. Seine erste Ehefrau vor Bronislawa Hamburger geb. Meyer, geboren am 11. Dezember 1883 in Lodz, war Margarete Hamburger.

Er war Direktor der Deutschen Privat Telephon Gesellschaft (PRITEG), die er zusammen mit Max Salomon gegründet hatte. Dieses Unternehmen installierte und betrieb Telefonsysteme, die von der Firma H. Fuld & Co. Telephon- und Telegraphenwerke in Frankfurt a.M. hergestellt wurden. Eines Tages erhielt Edmund Meyer, vermutlich der Bruder Bronislawas, zum Dank für seine Dienste als sein Rechtsanwalt von Harry Fuld ein goldenes Zigarettenetui.

Margarete Hamburger, seine geschiedene Ehefrau, ist am 9. Juli 1942 vom Anhalter Bahnhof in einem verriegelten Waggon mit 100 im Sammellager Hamburger Straße 26 für diesen Abtransport willkürlich eingeteilten Menschen in das Ghetto Theresienstadt deportiert worden. Am 19. September 1942 wurde sie nach Treblinka weiterdeportiert wo sie ermordet worden ist.

Der Sohn Gerhard war vorher nach New York geflüchtet. Seine Tochter Wendy Howard wohnte in Richmond (Virginia).

Zum Gedenken an Leopold Hamburgers zweite Ehefrau Bronislawa Hamburger ist ein Stolperstein an der Richard-Strauss-Straße (früher Jagowstraße) 30 verlegt worden.

Text: Helmut Lölhöffel (Stolpersteine-Initiative Charlottenburg, Wilmersdorf). Quellen: Bundesarchiv und Brandenburgisches Landeshauptarchiv sowie Erinnerungen von Christian Ulrich Meyer, Großneffe von Bronislawa Hamburger.